Der altere Steuermann gehorchte; mehrere Minuten verstrichen, in denen man kein Gerausch au?er dem Scharren der Klinge vernahm.

Beetchermarlf kam voran, aber es war offensichtlich, da? die Arbeit, da das Wasser abkuhlte, sich wieder erschwerte. Keiner der beiden wu?te es, aber tatsachlich war der einzige Grund, aus dem das Wasser in ihrem Gefangnis so lange in flussigem Zustand geblieben war, da? das Einsetzen des Gefrierprozesses rings um die Kwembly das Entweichen des Ammoniaks aus dem Bereich unter ihrem Rumpf unterbunden hatte. Das Eis unter dem Fahrze ug bildete sich lediglich, da nach und nach winzige Ammoniakmengen zwischen den Eiskristallen durchsickerten. Der Captain hatte allerdings auch in Kenntnis dieser Sachlage nicht mehr fur seine beiden unter dem Rumpf gefangenen Steuerleute tun konnen. Und Beetchermarlf, hatte man ihn in diesem Moment informiert, wurde nicht ernsthaft daruber nachgedacht haben; er war viel zu beschaftigt. Sein ganzes Trachten richtete sich ausschlie?lich darauf, mit der Klinge so viel Eis wie moglich zu losen, ohne zu riskieren, da? sie brach.

Aber sie brach. Aus welchem Grund auch immer, jedenfalls besa? der Messergriff, den er mit seinem rechten vorderen Zangenpaar hielt, plotzlich keine Klinge mehr, und das Bruchstuck, das vor ihm lag, lie? sich von seinen Zangen nicht besser handhaben als eine blo?e Klinge von menschlicher Hand.

Verargert warf er den Griff beiseite, und da er sich unter Wasser befand, war ihm nicht einmal das Vergnugen vergonnt, einen heftigen Aufprall zu horen.

Takoorch begriff sofort. Sein Kommentar, hatte man ihn sechs Millionen Meilen uber Dhrawns Oberflache vernommen, ware als zynisch ausgelegt worden, doch Beetchermarlf fa?te ihn nur als zutreffend auf.

„Haltst du es fur besser, hier unter der Steuerbordseite einzufrieren, oder sollen wir uns unter die Rumpfmitte begeben? Der Zeitunterschied wird nicht gro? sein, schatze ich.“

„Keine Ahnung. An der Seite finden sie uns vielleicht rascher, aber das hangt davon ab, an welcher Stelle sie zuerst durchsto?en; vorausgesetzt, es gelingt ihnen uberhaupt. Falls nicht, ist es ohnehin gleichgultig. Ich wurde nur zu gerne wissen, welche Auswirkungen es fur eine Person hat, die in einen Eisblock einfriert.“

„Nun, man wird sehen“, sagte Takoorch.

„Vielleicht. Denke an die Esket.“

„Was hat das hiermit zu tun? Dies ist ein echter Notfall.“

„Nur, da? eine Menge Personen nicht wissen, was dort geschehen ist.“

„Ich begreife. Auf jeden Fall, ich personlich ziehe es vor, mich unter der Rumpfmitte aufzuhalten und mir Gedanken zu machen, so lange ich kann.“

Beetchermarlf war uberrascht. „Was gibt es nachzudenken? Wir werden hier bleiben, bis man uns herausholt oder ein Tauwetter uns befreit.“

„Trotzdem bleibe ich nicht an dieser Stelle.

Ubrigens, glaubst du, es wurde genug Warme erzeugen, wenn wir die Walze ohne Bereifung rotieren lassen, um wenigstens einen Teil des Wassers am Gefrieren zu hindern?“

„Versuche es, wenn du willst. Ohne Reibung, vermute ich, kann man diesen Effekt nicht erwarten, und bei ungebremster Rotation wurde ich der Walze lieber nicht zu nahe kommen. Finde dich damit ab, Tak, dies ist Wasser — Wasser, kein heimatlicher Ozean; und sobald es gefriert, stecken wir darin fest. Wir konnen nicht hinaus — oh!“

„Was?“

„Du hattest recht, Tak. Man soll niemals zu denken aufhoren. Tut mir leid. Komm mit!“

Neunzig Sekunden spater, nachdem sie sich mit einiger Muhe durch die Schlitze in der Pneumatikmatratze gewunden hatten, die von ihren Messern stammten, befanden die beiden Meskliniten sich in der vom Gas nahezu vollig entleerten Zelle der pneumatischen Matratze in Sicherheit, au?erhalb des Wassers.

8

Dondragmer hatte seinen Wissenschaftlern befohlen, vor der Hauptluftschleuse den Bohrer aufzustellen und eine Eisprobe zu entnehmen, da er die Gefahr, da? sich einer der vermi?ten Steuerleute direkt darunter befinden konnte, als gering erachtete. Die Bohrung ergab, da? der Tumpel, in dem die Kwembly stand, zumindest an dieser Stelle bis auf den Grund gefroren war. Es bestand Hoffnung, da? dies nicht fur den Bereich unterhalb des Rumpfes galt, von wo weder Warme noch Ammoniak rasch entweichen konnten; aber der Captain verwarf den Vorschlag einer Schragbohrung, da die Wahrscheinlichkeit, da? die beiden verschwundenen Steuerleute sich dort aufhielten, am hochsten war. Sie hatten dort unten zu tun gehabt, und man konnte sich kaum vorstellen, da? ihnen das Einsetzen des Gefrierprozesses entgangen war, falls sie gerade woanders gewesen waren. Auf jeden Fall gab es keine sichere Methode, sich mit ihnen in Verbindung zu setzen. Die Plastikhulle der Kwembly war selbstverstandlich schalleitfahig; Klopfzeichen hatten das Verstandigungsproblem gelost, ware nicht die pneumatische Matratze gewesen. Trotz der geringen Erfolgsaussichten befahl Dondragmer einem Matrosen, das tiefste Deck vom Heck bis zum Bug mit einer Brechstange abzuklopfen. Das Resultat war negativ, das hie?, nicht aufschlu?reich. Es lie? sich nicht feststellen, ob sich unter dem Rumpf niemand befand, ob die Klopflaute nicht durchdrangen oder ob die beiden einfach keine Moglichkeit hatten zu antworten.

Auf dem Eis arbeitete eine Einsatzgruppe, aber man hatte den Captain bereits informiert, da? nur mit langsamen Fortschritten zu rechnen war. Auch mit der ungeheuren Muskelkraft von Meskliniten lie? sich hier nur wenig erreichen. Werkzeuge von der Gro?e einer Nagelfeile, gehandhabt von vierzig Zentimeter langen und (unter irdischen Bedingungen) zwanzig Pfund schweren Raupen, wurden eine lange Zeit brauchen, um ein Fahrzeug von der Gro?e der Kwembly vom Eis zu befreien, von dem man uberdies nicht wu?te, bis in welche Tiefe es sich erstreckte.

Unterdessen startete der zweite Helikopter nochmals, gesteuert von Reffel. Der Kommunikatorsatz befand sich noch an Bord, und die menschlichen Beobachter untersuchten die Landschaft, die die Scheinwerfer der kleinen Maschine enthullten, nicht weniger sorgfaltig als Reffel. Au?erdem fluchten sie nicht minder herzlich als der Pilot uber die Lange von Dhrawns Nachten. Die angebrochene Nacht wurde noch langer als sechshundert Stunden wahren, und vor Sonnenaufgang war jede wirklich effektive Suchaktion ausgeschlossen.

Die Beschaffenheit mesklinitischer und menschlicher Augen verlangte es, das Scheinwerferlicht in einem ziemlich stark gebundelten Strahl zu konzentrieren, der nur wenige Meter Gelande erleuchtete. Reffel flog langsam im Zickzackkurs uber das Tal nach Westen. Im Satelliten wurden die Bilder, die seine Kamera ubermittelte, aufgezeichnet, reproduziert und den Topografikern zugeleitet. Die Suche nach Kervenser war vorerst kaum erfolgversprechend; doch nebenbei lieferte sie immerhin Informationsmaterial.

Dondragmer war nicht buchstablich besorgt um seinen Ersten Offizier und die Steuerleute, da er sich nicht zu sorgen vermochte. Angemessen formuliert, war er beunruhigt; aber er hatte fur die Vermi?ten alles getan, was er tun konnte, und darauf wandte sich seine Aufmerksamkeit anderen Dingen zu. Grundsatzlich beschaftigten ihn zwei Fragen. Er hatte gern gewu?t, wann das Eis aller Wahrscheinlichkeit nach wieder schmelzen und wann eine weitere Flutwelle folgen wurde.

Au?erdem hatte er viel fur einen ausfuhrbaren Vorschlag gegeben, wie sich das Fahrzeug schnell und sicher aus dem Eis befreien lie?. Beide Wunsche hatte er sowohl den Menschen wie auch seinen eigenen Wissenschaftlern vorgetragen, wobei er jedoch den letzteren gegenuber klarstellte, da? er keineswegs ein Blitzprogramm forderte. Die ursprunglichen Forschungsaufgaben blieben vorrangig. Man konnte Dondragmer nicht unbedingt kaltblutig nennen, aber seine Wertvorstellungen umfa?ten auch die Auffassung, da? selbst seine letzte Handlung eine nutzliche sein musse.

Die Menschen reagierten auf diese bemerkenswert sachliche und nichtmenschliche Gelassenheit unterschiedlich. Die Meteorologen und Planetologen hielten sie fur selbstverstandlich.

Die meisten von ihnen besa?en wahrscheinlich keine genaueren Kenntnisse vom Schicksal der Kwembly. Easy Hoffman, die im Kommunikationsraum geblieben war, nachdem sie Barlennan, wie Aucoin es wollte, restlos in Kenntnis gesetzt hatte, war nicht uberrascht. Falls sie uberhaupt emotional reagierte, so mit Respekt fur die Fahigkeit des Captains, in einer personlich gefahrlichen Situation jede Panik zu vermeiden.

Ihr Sohn dachte sehr viel anders daruber.

McDevitt, ein taktvoller und freundlicher Mann, dem die sich entwickelnde Freundschaft zwischen dem Jungen und Beetc hermarlf nicht entgangen war, hatte ihn vorubergehend von der Mitarbeit im Meteorologischen Labor entbunden. Seither war Benj aus dem Kommunikationsraum nicht mehr wegzudenken.

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