es wurde langer dauern, bis ich uber euch die Berichte von Reffel erhalte. Vielleicht kannst du mir sagen, wie seine Suche nach Kervenser verlauft. Ich nehme an, da? sie noch erfolglos ist, denn der Scheinwerfer des Seouls ist noch sichtbar und seine Flugweise unverandert. Womoglich konnt ihr mir einige Gelandebeschreibunge n durchgeben. Ich wurde gern soviel wie moglich uber dieses Gebiet wissen.“
Easy unterdruckte erneut eine Au?erung, bevor Benj ihre Absicht bemerkte. Wahrend der Junge seine Aufmerksamkeit dem Bildschirm widmete, der die von dem im Helikopter befindlichen Kommunikatorsatz ubermittelten Bilder wiedergab, fragte sie sich, ob Dondragmer ihren Sohn nur abzuwimmeln suc hte, oder ob er einen wirklichen Begriff von dem menschlichen Bedurfnis nach Geschaftigkeit und dem Gefuhl der Nutzlichkeit besa?. Letzteres war unwahrscheinlich, aber selbst Easy Hoffman, die die mesklinitische Natur wahrscheinlich besser kannte als jeder lebende Mensch, war sich dessen nicht sicher.
Benj hatte den betreffenden Bildschirm nicht beobachtet und mu?te sich deshalb erkundigen, ob es inzwischen Neuigkeiten gab. Einer der Beobachter antwortete knapp, da? bis jetzt nichts als eine steinubersate Oberflache, unterbrochen von gefrorenen Tumpeln, ahnlich jenem in dem die Kwembly steckte, in Sicht gekommen sei. Noch gabe es keine Spur von dem anderen Helikopter oder seinem Piloten. Vorerst rechnete auch niemand damit. Hatte Kervenser nur in geringer Entfernung Bruch erlitten, ware das Ereignis wahrscheinlich vom Fahrzeug aus gesehen worden.
Benj gab die Information weiter und fugte eine Frage hinzu. „Warum sucht Reffel so langsam und sorgfaltig in der Nahe des Fahrzeugs? Befand sich Kervenser nicht schon lange au?er Sicht?“
Diesmal verschaffte die Antwort der Hilflosigkeit des Jungen ein wenig Erleichterung. „Doch, Benj.
Es schien mir vernunftiger, uns erst einen vollstandigen Uberblick der unmittelbaren Umgebung zu verschaffen und die Suche dann auszudehnen, zumal sich hieraus der Vorteil ergibt, da? mehr Informationen fur eure Wissenschaftler gesammelt werden. Falls sie jedoch darauf warten konnen, richte Reffel bitte aus, er solle sich westwarts halten, so lange er das Licht der Brucke sehen kann, und die Suche uber dieser Stelle fortsetzen.“
„Selbstverstandlich, Captain.“ Die Unterhaltung war auf Stennish gefuhrt worden, so da? keiner der anwesenden Wissenschaftler sie verstanden hatte.
Benj hielt sich nicht damit auf, ihre Zustimmung einzuholen, bevor er die Anweisung in derselben Sprache weitergab. Offenbar bereitete Benjs Akzent Reffel keine Schwierigkeiten, denn sogleich wandte sich seine kleine Maschine nach Westen.
„Und was soll mit unseren Karten werden? Wir sind jetzt mitten in der Arbeit“, grollte ein Topografiker.
„Der Captain wollte es so“, antwortete Benj knapp.
„So? Hatte ich ihn verstanden, ich hatte mich dagegen ausgesprochen, aber ich vermute, da? es nun zu spat ist. Darf man wenigstens annehmen, da? sie diese Lucke spater ausfullen werden?“
„Ich frage Dondragmer“, antwortete der Junge mit einem unsicheren Blick zu seiner Mutter. Sie trug jene ausdruckslose Miene zur Schau, die er nur allzu gut kannte. Glucklicherweise verlie? der Wissenschaftler, nicht ohne einige erboste Bemerkungen zu murmeln, den Kommunikationsraum, und Benj wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Bildschirm zu, der mit dem Kommunikatorsatz von Reffels Helikopter korrespondierte, bevor Easy ihre Gefa?theit verlor.
Mehrere andere der Anwesenden, die den Inhalt des Gesprachs mit Dondragmer ebenfalls erfa?t hatten, mu?ten sich nicht minder anstrengen, ernste Gesichter zu bewahren. Aus mancherlei Grunden bereitete es ihnen Vergnugen, wenn die Wissenschaftler eins ausgewischt bekamen. Benj bemerkte davon nichts. Er sorgte sich noch immer um Beetchermarlf.
Dondragmers Versicherung, da? Wasserstoffmangel kein akutes Problem sei, hatte ihn ein wenig beruhigt, aber der Gedanke, die beiden vermi?ten Steuerleute konnten ebenfalls im Eis festfrieren, qualte ihn genug. Unter dem Rumpf der Kwembly mochte dies langere Zeit beanspruchen, doch ausbleiben wurde es letztlich nicht. Es konnte sogar schon geschehen sein. Etwas mu?te getan werden konnen.
Hitze schmilzt Eis. Hitze ist Energie. Die Kwembly enthielt genug Energie, um unter dem Einflu? von Dhrawns Gravitation fahren zu konnen, aber es gab keinen Weg, ihre Energie zum Schmelzen des Eises zu verwenden. Besa? das Fahrzeug nicht irgendwelche Warmequellen innerhalb seines Versorgungssystems, die sich demontieren und auf der Oberflache einsetzen lassen konnten?
Nein. Es war unwahrscheinlich, da? die Meskliniten auf Dhrawn jemals Warmequellen benotigten. Selbst jene Gebiete des Planeten, die der Eigenwarme zu entbehren schienen, wurden von der Sonne auf Temperaturen um funfzig Grad gehalten. Jene Regionen, in denen sie noch fur viele Jahre hauptsachlich zu tun haben wurden, zum Beispiel das Zentrum des Tiefdruckgebiets Alpha, waren fur sie eher zu warm als zu kalt. Die Kwembly besa? ein Kuhlsystem, das sich mittels der Konverter in Betrieb setzen lie?, doch soweit Benj wu?te, war es seit dem ersten Testlauf niemals mehr benutzt worden. Man erwartete, es erst wahrend der Erkundungen im Zentralbereich des Tiefdruckgebiets Alpha, also nicht vor Ablauf eines weiteren Erdjahres, vielleicht sogar erst spater gebrauchen zu mussen. Das Schicksal der Esket hatte einige der ursprunglichen Plane ein wenig ins Wanken gebracht.
Aber eine Kuhlanlage war unvermeidlich auch eine Warmepumpe. Soviel war Benj klar. Und wenigstens theoretisch lie? die Funktion der meisten Pumpen sich umkehren. Das Kuhlsystem mu?te irgendwo au?erhalb der Fahrzeughulle eine Vorrichtung zur Abgabe von Warme haben. Wo befand sie sich? Konnte sie verlegt werden?
Dondragmer mu?te es wissen. Aber war ihm dieser Gedanke nicht auch schon gekommen? Vielleicht nicht. Er war alles andere als einfaltig, aber seine Entwicklung war nicht analog der eines Menschen verlaufen. Seine Kenntnisse der Physik hatte er erst lange nach Abschlu? seiner mesklinitischen Reife von Nichtmeskliniten erhalten. Sie waren vermutlich nicht Bestandteil jener Grundkenntnisse, die die meisten intelligenten Wesen mit der Vorstellung von Allgemeinwissen verbanden. Bei diesem Gedanken nickte Benj, brauchte noch zwei oder drei Sekunden, um sich zu versichern, da? die Sache einen Versuch wert war, und langte nach seinem Mikrofonschalter.
Diesmal entstand, wahrend er seine Durchsage machte, keine Heiterkeit. Keiner war ausreichend uber die technischen Details der Fahrzeuge informiert, doch alle kannten sich in der Physik genug aus, um sich daruber zu argern, nicht selbst schon fruher auf diesen Gedanken verfallen zu sein.
Sie erwarteten Dondragmers Antwort mit der gleichen Ungeduld wie Benj.
„Das Kuhlsystem ist eine unserer elektronischen Anlagen, deren Funktion ich, wie ich zugebe, nicht in allen Einzelheiten begreife“, lautete die Antwort des Captains, als sie endlich den Satelliten erreichte. Zum Unmut einiger Zuhorer bediente er sich noch immer seiner eigenen Sprache. „Seit dem Abnahmetest war es nicht mehr in Betrieb; das Wetter war bisweilen ziemlich warm, aber nicht unertraglich. Zu beschreiben ist die Anlage ziemlich leicht; in allen Raumen des Fahrzeugs befinden sich Metallplatten, die kalt werden, wenn wir dem Kuhlsystem Energie zufuhren. Da ist eine Metallstange, eine Art von Schleife, die von beiden Seiten der Hulle aus bis zur Oberseite verlauft. Sie beginnt in Hecknahe, fuhrt auf der Backbordseite ungefahr bis zur Rumpfmitte, dann etwa vier Korperlangen hinter der Brucke uber den Rumpf und auf der anderen Seite wieder nach hinten zum Heck und endet dort. Ich vermute, da? diese Schlinge der Hitzeradiator ist. Mir ist klar, da? das Kuhlsystem ein solches Teil haben und da? es sich au?erhalb des Rumpfs befinden mu?. Allerdings konnte diese Stange gar nicht hoher uber dem Eis liegen, als es schon der Fall ist, und selbst wenn sie sich genug erhitzen wurde, um Eis zu schmelzen, konnte ich mir nicht vorstellen, da? sie es aus dieser Hohe uber dem Eis vermag. Ebenso sehe ich ein, da? sie sich hinreichend erhitzen la?t, indem man Elektrizitat hindurchleitet, aber der Gedanke, sie fur diesen Zweck von der Hulle zu losen, mi?fallt mir ein wenig.“
„Ich nehme an, es wurde das Kuhlsystem zerstoren“, pflichtete Benj bei. „Vor allem, falls man die Stange nachher nicht mehr montieren kann. Doch vielleicht ist es halb so schlimm. Ich werde einen Techniker zu finden versuchen, der das Kuhlsystem genau kennt. Ich werde mich wieder melden.“
Ohne auf eine Antwort von Dondragmer zu warten, stemmte sich der Junge aus dem Sessel und eilte aus dem Kommunikationsraum.
Kaum war er verschwunden, baten die Observer, die die mesklinitische Sprache nicht beherrschten, Easy um eine Zusammenfassung des Gesprachs.
Als Benj mit einem Techniker zuruckkehrte, der ebenfalls kein Stennish konnte, so da? der Junge fur ihn zu ubersetzen gezwungen war, horte man unter den ubrigen Anwesenden manchen erleichterten Sto?seufzer. Die beiden nahmen vor den Bildschirmen Platz, und Benj lie? sich von dem Techniker genau informi eren, was er zu sagen hatte, bevor er sein Mikrofon einschaltete. „Ich soll dem Captain ausrichten, da? die Radiatorstange