ins Gesicht. »Ich habe Euch immer davon abgeraten, sie in Euer Haus aufzunehmen, Herr. Doch seid gewi?, sie wird uns nicht entwischen. Es gibt nur ein einziges Stadttor, durch das sie Tyros verlassen kann. Dort ist sie bislang nicht gesehen worden. Da auch kein Schiff aus dem Hafen ausgelaufen ist, mu? sie sich noch innerhalb der Mauern befinden. Sorgt Euch also nicht! Wir werden sie auf jeden Fall finden, und wenn ich mit ihr fertig bin, dann wird sie niemandem mehr etwas verraten konnen.«
Samu spurte, wie sich ihre Gedarme verkrampften. Vorsichtig versuchte sie, noch ein wenig weiter zwischen den Gewurzsacken zuruckzukriechen. Wie hatte sie nur jemals glauben konnen, da? Hophra sie liebte? Er hatte sie mi?braucht und sein Spiel mit ihr getrieben! Doch woher wu?te er, warum sie nach Tyros gekommen war?
»Behaltet einen kuhlen Kopf,
Samu traute ihren Ohren kaum. Hophra war also mehr als nur ein Soldner! Er war ein Spitzel in Diensten Berenikes! Er, der immer so treu zu seinem
Jetzt erkannte sie, da? ihre Mission hier in Tyros von dem Augenblick an verloren gewesen war, an dem sie Hophra im Hafen begegnete. Der Krieger hatte wissen mussen, da? sie noch am Hof des
Schweigend beobachteten der Kaufmann und sein Soldner, wie ihre Lastentrager die Bundel mit den Waffen aus dem verborgenen Keller fortschafften. Als die Manner schlie?lich mit ihrer Arbeit fertig waren und die Steinplatte uber den Zugang zu dem verborgenen Kellergewolbe schieben wollten, trat Hophra dazwischen.
»La?t es offen. Wir verriegeln das Lagerhaus gut, das genugt! Morgen fruh mussen die Schreiber die frisch gebrannten Dokumente in das geheime Archiv bringen. Ihr wi?t doch, was fur Schwachlinge sie sind und was fur ein Aufhebens sie immer darum machen, die Steinplatte anzuheben.«
»Was fur Dokumente?« Elagabal blickte seinen Leibwachter fragend an.
»Die Kopien des Briefes, den Ihr an Berenike geschickt habt, Herr. Ihr erinnert Euch doch noch.«
»Ja, der Brief ... Du hast recht.« Der Kaufmann machte auf Samu keineswegs den Eindruck, als erinnere er sich. Sie hatte mehr und mehr das Gefuhl, als sei er Wachs in Handen des Soldners. Was Hophra wohl mit ihm gemacht haben mochte, da? Elagabal sich so sehr gangeln lie??
Die Manner verlie?en das Gewolbe, und als Samu schlie?lich horte, wie das schwere Portal des Lagerhauses verschlossen wurde, wagte sie es, aus ihrem Versteck herauszukommen. Im nachhinein betrachtet war dieser Zwischenfall geradezu ein Geschenk der
So entzundete sie wieder ihre Ollampe und holte dann mit Hilfe einer eisernen Zange die gebrannten Tafeln aus der fast verloschenen Glut des Feuers. Der Text auf den funf Tafeln war in aramaischer Sprache verfa?t. Die Schriftzeichen erschienen Samu ein wenig verzerrt, doch mochte es daran liegen, da? sie nicht dazu geschaffen waren, mit einem Schreibkeil in frischen Ton gepre?t zu werden. Was den Inhalt anging, waren die Schreiben eine Enttauschung. Es war lediglich eine Bestatigung dessen, was sie ohnehin schon wu?te. Elagabal schien der Kopf der Verschworung in Tyros zu sein, auch wenn Hophra der zerstorerische
Die Treppe war aus dem Felsen geschlagen und fuhrte in einer leichten Krummung in die Tiefe. Hier und da waren an den Seitenwanden die Reste von primitiven Zeichnungen zu erkennen.
Es gab einen knienden Helden, der einen Lowen umklammert hielt, und ein andermal eine Frauengestalt, der Waffen aus den Schultern zu wachsen schienen. Insgesamt hatte Samu den Eindruck, als habe man sich Muhe gegeben, die Zeichnungen wieder von den Wanden zu entfernen. An vielen Stellen fand sie tiefe Schrammen auf der Felswand, durch die die Gottergestalten unkenntlich gemacht worden waren. Auch waren die Wande und die Decke schwarz vor Ru?, so als habe es einst ein verzehrendes Feuer in dem Gewolbe am Ende der Treppe gegeben. Oder stammte der Ru? nur von den Fackeln Tausender Glaubiger, die uber Generationen das Gewolbe hinabgestiegen waren?
Nach ungefahr vierzig Stufen mundete die Treppe in ein Gewolbe, das so aussah, als ginge es auf eine Hohle zuruck, die spater kunstlich erweitert worden war. Am Ende des langlichen Raumes befand sich eine Nische, in der vielleicht einst eine Gotterstatue gestanden hatte. Samu spurte deutlich die machtige Aura dieses Ortes. Die magischen Krafte, die langst vergessene Priester hier einst beschworen hatten, schienen der Agypterin noch immer prasent. Samu spurte, wie sich die feinen Harchen auf ihren Armen aufrichteten. Ein Schaudern uberlief sie. Es ware besser, wenn sie an diesem Ort nicht zu lange verweilte! Hastig schlug sie ein Schutzzeichen gegen
Die holzernen Kisten hatten keine Deckel und waren durch schmale Brettchen in Facher unterteilt, in denen sich Tontafeln stapelten. Neugierig machte sich Samu daran, die Schriftstucke zu studieren, und war schon bald uberrascht, welchen Umfang die geheimen Aktivitaten des Kaufmanns annahmen.
So gab es Vertrage mit verschiedenen Piraten, in denen Elagabals Schiffen freies Geleit zugesichert wurde. Auf der anderen Seite wiederum schien der Vater des Kaufmanns Pompeius bei seinem Feldzug gegen die Piraten unterstutzt zu haben.
Es gab Handelsabkommen, die das Vorkaufrecht auf bestimmte Waren sicherten, und Absprachen, die dazu dienten, Kaufleute, deren Namen Samu nicht kannte, in die Isolation und schlie?lich in den Ruin zu treiben. Doch so sehr sie auch suchte, sie fand nichts uber den Einkauf der Geschenke, die an den Hof des Ptolemaios gebracht worden waren, keine Anweisungen an den Kapitan Oiagros, aus denen sich ableiten lie?, da? ein Mordanschlag geplant war. Der einzige Beweis, den sie nach wie vor hatte, war die Au?erung Elagabals uber die Fahrt nach Ephesos. Hatte der Kaufmann vielleicht etwas geahnt und alle Spuren verwischt? Samus Blick glitt uber die lange Reihe der Kisten mit den Tontafeln. Nein, der Phonizier dachte gar nicht daran, Spuren zu verwischen. Er war ein Pedant! Uber alle zwielichtigen Geschafte und Schurkereien seines jungen Lebens hatte er sorgfaltig Buch gefuhrt.
Ein Gerausch auf der Treppe lie? Samu herumfahren. Intuitiv zuckte ihre Hand zu dem Dolch, den sie unter ihrem Gewand verborgen trug.
Auf der Treppe stand Hophra. In der Rechten hielt er eine fast verloschene Fackel. Seine Linke lag auf dem Knauf des langen Reiterschwertes, das er umgegurtet hatte. Im unsteten Licht wirkte das Gorgonenhaupt auf seinem wei?en Leinenpanzer seltsam lebendig. Es grinste nicht nur, es schien Samu geradezu auszulachen. Die Priesterin stand wie versteinert da und starrte den Soldner an.
»Hattest du genug Zeit, um zu finden, was du suchst, meine Liebe?« Der Krieger lachelte, doch seine Augen blieben kalt.
»Du mu?t wissen, da? ich kein Verrater bin, Philippos. Ich konnte einfach nicht ...« Abimilku brach mitten im Satz ab und starrte auf das nachtliche Meer. Der Schiffer hatte Philippos nach den Kampfubungen gebeten, mit ihm zu kommen. Die beiden hatten an einer einsamen Stelle die Stadtmauer erklommen, um sich dort, weitab neugieriger Lauscher, auszusprechen.
Der Grieche hatte am Morgen nach der Prufung seine Sachen zusammengeschnurt und war in das Haus des