etwas festere Hieb, durchschlug dann die Schadeldecke des Feindes, und er fiel zu Boden, ein sauberes, kleines, kreisrundes Loch in seiner Stirn oder in seinem Schadel. Umslopogaas nahm die breite Schneide der Axt nur dann zu Hilfe, wenn er arg in Bedrangnis geriet, oder wenn er einen Schild durchschlagen wollte. Spater erzahlte er mir, da? er diese Art zu kampfen fur unsportlich hielt.
Good und seine Manner waren nun dichtauf, und unsere Leute mu?ten damit aufhoren, pausenlos mitten in die Masse von schwarzen Leibern hineinzufeuern, um nicht unsere eigenen Manner zu treffen (in der Tat waren, wie sich spater herausstellte, auf diese Weise ein paar von Goods Leuten unseren eigenen Kugeln zum Opfer gefallen). Wahnsinnig vor Angst und mit der Kraft der Verzweiflung brachen nun die Masai mit einem gewaltigen Ruck durch die Dornenbusche und den Wall von Leibern und gelangten, Curtis und Umslopogaas gleichsam wie eine Lawine hinwegfegend, ins Freie. Und nun machten wir sehr schnell Verluste. Als erster fiel der tapfere Askari, der mit der Axt bewaffnet war; ein langer Speer drang ihm in die Brust und durchbohrte seinen Korper mit solcher Wucht, da? er mindestens einen Fu? aus seinem Rucken herausragte. Und kurze Zeit spater fielen auch die beiden Speermanner, die neben ihm gestanden hatten. Noch im Sterben kampften sie wie die Lowen. Andere aus unserer kleinen Gruppe teilten alsbald ihr Schicksal. Eine Weile furchtete ich, der Kampf ware verloren - mit Gewi?heit hing er jetzt in der Schwebe. Ich rief meinen Mannern zu, ihre Gewehre wegzuwerfen, sich mit Speeren zu bewaffnen und in das Kampfgewuhl zu sturzen. Todesmutig und durch den Tod ihrer Kameraden aufs au?erste erbittert, gehorchten sie. Mr. Mackenzies Leute folgten ihrem Beispiel.
Diese Ma?nahme erwies sich zwar fur den ersten Moment als erfolgreich, aber noch immer war der Ausgang des Kampfes vollig ungewi?.
Unsere Manner fochten gro?artig; sie warfen sich todesmutig in die dunkle Masse der Elmorane; sie schlugen stachen und toteten - und manch einer von ihnen wurde selbst getotet. Und uber all dem Kampfgetose erscholl immer wieder Goods gellender Kriegsschrei, mit dem er unseren Mannern neuen Mut machte. Er selbst war immer da zu finden, wo der Kampf am heftigsten wogte. Und immer wieder, mit fast maschinenartiger Regelma?igkeit, hoben sich die beiden Axte und sausten herab, mit jedem Schlag Tod und Verderben saend. Aber ich konnte erkennen, da? die ubermenschliche Anstrengung begann, ihre Spuren bei Sir Henry zu hinterlassen; er blutete aus mehreren Fleischwunden; sein Atem ging schnell und keuchend, und die Adern auf seinen Schlafen waren hervorgequollen und sahen aus wie blaue, knotige Schnure. Selbst Umslopogaas, der Eiserne, war hart in Bedrangnis. Ich bemerkte, da? er aufgehort hatte, wie ein Specht auf die Schadel seiner Gegner einzuklopfen. Er nutzte jetzt die breite Schneide von Inkosi-kaas und teilte damit furchterliche Rundschlage aus. Ich selbst begab mich nicht in das Kampfgetummel, sondern lauerte abseits wie ein >Abstauber< vor dem gegnerischen Strafraum und scho? auf einzelne Masai sobald sich auch nur die geringste Chance dazu bot. Auf diese Weise konnte ich mich weit nutzlicher machen. Ich verscho? an jenem morgen neunundvierzig Patronen, und nur die wenigsten meiner Kugeln erreichten nicht ihr Ziel.
So verbissen und geschickt wir auch ans Werk gingen - das Pendel der Waage begann langsam, aber sicher gegen uns auszuschlagen. Es sah immer schlechter fur uns aus. Wir verfugten vielleicht noch uber funfzehn oder sechzehn kampffahige Manner, die Masai hingegen hatten immer noch mindestens funfzig. Wenn sie kuhlen Kopf bewahrt hatten und sich formiert hatten, ware der Kampf naturlich sehr schnell zu ihren Gunsten entschieden gewesen; aber gerade das taten sie nicht. Sie hatten anscheinend den Schock noch immer nicht uberwunden; dazu kam, da? einige von ihnen in ihrer Verwirrung blindlings von ihren Schlafstellen weggerannt waren, ohne ihre Waffen mitzunehmen. Einige jedoch hatten sich inzwischen erholt und kampften nun mit ihrer gewohnten Tapferkeit und Ubersicht, und allein dies mu?te unter normalen Umstanden ausreichen, uns bald zu besiegen. Zu allem Uberflu? wurde auch noch Mr. Mackenzie gerade in dem Moment, da er sein Magazin leergeschossen hatte, von einem muskulosen Burschen mit dem Kurzschwert angegriffen. Der Geistliche sah den Wilden auf sich zusturzen, warf sein Gewehr zu Boden, ri? sein gro?es Schnitzmesser aus dem Gurtel (sein Revolver war ihm wah-rend des Kampfes herausgefallen), und schon waren die beiden in wildem Handgemenge miteinander umschlungen. Eng umklammert rollten die beiden hinter die Mauer, und da ich selbst alle Hande voll zu tun hatte, mich meiner Haut zu wehren, blieb mir der Ausgang des Duells zunachst verborgen.
Hin und her wogte die Schlacht. Alles drehte sich im Kreise wie ein Wirbel aus menschlichen Korpern. Inzwischen sah die Lage fur uns so gut wie hoffnungslos aus. Doch da kam uns ein glucklicher Zufall zu Hilfe: Umslopogaas brach - sei es aus Zufall oder Absicht - aus dem Ring der Kampfenden aus und griff einen Krieger an, der ein paar Schritte abseits von den ubrigen Kampfenden stand. Im selben Moment kam von hinten ein anderer Masai herbeigeeilt und warf mit aller Kraft seinen langen Speer auf den Rucken des Zulu. Der Speer traf mit lautem Klirren auf das Kettenhemd und sprang wirkungslos zuruck. Einen Augenblick lang stand der Mann bewegungslos da und starrte mit vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen auf Umslopogaas Rucken - Rustungen oder schutzende Kleidung war bei diesen Stammen etwas vollig Unbekanntes. Dann schrie er mit gellender Stimme, so laut er konnte:
»Verhext, verhext!« schrien sie und stoben wie die Furien in alle Richtungen davon. Vollig demoralisiert warfen die meisten von ihnen noch wahrend des Lau-fens ihre Schilde und Speere auf die Erde.
Auf der letzten Szene dieser furchterlichen Schlacht brauche ich nicht zu verweilen. Es war ein gewaltiges, blutiges Gemetzel, bei dem auf keiner Seite Pardon gegeben wurde. Ein Ereignis jedoch mochte ich noch genauer schildern: Gerade als ich hoffte, da? nun endlich alles vorbei ware, kroch plotzlich unter einem Berg von Leichen ein unverletzter Masai hervor, der sich dort versteckt hatte. Er sprang wie eine Gazelle uber die Sterbenden und Toten hinweg und kam schnell wie der Wind den Kraal hinaufgerannt zu der Stelle, an der ich mich gerade befand. Aber er war nicht allein; auf seinen Fersen eilte, in der ihm eigentumlichen, schwalbenartigen Bewegung Umslo- pogaas heran, und als sie sich mir naherten, erkannte ich in dem Masai den Boten aus der vergangenen Nacht. Als er merkte, da? sein Verfolger, so sehr er auch rannte, immer mehr an Boden gewann, hielt der Mann an und wirbelte herum, um sich dem Kampfe zu stellen. Umslopogaas blieb ebenfalls stehen.
»Ha, ha«, rief er in spottischem Ton dem Elmoran zu, »du warst es doch, mit dem ich in der vergangenen Nacht gesprochen habe - der Lygonany! Der Herold! Der Bursche, der kleine Madchen entfuhrt! Der so tapfer ein kleines Kind umbringen wollte! Und du hofftest, Auge in Auge Umslopogaas gegenuberzustehen, einem Induna aus dem Stamme der Maquili-sini, vom Volke der Amazulu? Schau, deine Hoffnung hat sich erfullt! Und ich schwor, dir deine Glieder einzeln abzuhacken! Du raudiger Hund! Gib acht, ich mache es auf der Stelle!«
Der Masai bi? wutend die Zahne aufeinander und ging mit seinem Speer auf den Zulu los. Als er heran- geschossen kam, machte Umslopogaas einen raschen Schritt zur Seite, schwang Inkosi-kaas mit beiden Handen hoch uber dem Kopf und hieb die breite Schneide mit solch furchterlicher Wucht von hinten in die Schulter des Masai, da? der rasiermesserscharfe Stahl durch Knochen, Fleisch und Muskeln fuhr und fast den Kopf mitsamt einem Arm vom Korper des Elmoran abtrennte.
8
Und so endete der Kampf. Als ich meinen Blick von der entsetzlichen Walstatt abwandte, fiel mir mit einem Mal schlagartig Alphonse ein. Seit jenem Moment vor etwa zwanzig Minuten - der Kampf dauerte in Wirklichkeit bei weitem nicht so lange, wie es seiner ausfuhrlichen Beschreibung nach den Anschein hat -, als ich gezwungen war, ihm den Gewehrkolben in den Magen zu sto?en, und dabei selbst beinahe erschossen worden ware, hatte ich nichts mehr von ihm gesehen. Nun befurchtete ich, da? der arme kleine Mann in der Schlacht gefallen war, und begann mit meinen Blicken die Reihen der Toten abzusuchen, um vielleicht irgendwo seine Leiche zu entdecken. Da ich jedoch nichts fand, kam ich zu der Uberzeugung, da? er uberlebt haben mu?te, und ging an der Mauer des Kraals entlang zu der Stelle, an der wir zuerst postiert gewesen waren, wobei ich in regelma?igen Abstanden seinen Namen rief. Ungefahr funfzehn Schritt von der Kraalmauer entfernt stand ein uralter Feigenbaum. Er war so alt, da? im Laufe der Jahrhunderte das Innere des Stammes weggefault war und nur noch die leere Hulle aus Rinde existierte.