offnete und zu unser aller Verbluffung als erstes ein sauberes, blutenwei?es Hemd hervorholte. Es sah ganz so aus, als kame es frisch aus einer Lon-doner Dampfreinigung. Als nachstes tauchten mehrere Kleidungsstucke auf. Sie waren zuerst in braunes, dann in wei?es, und schlie?lich in Silberpapier eingewickelt. Wir beobachteten das Auspacken mit gro?tem Interesse und atemloser Spannung. Mit gro?ter Sorgfalt offnete Good eine Hulle nach der anderen und lie? die Pracht, die sich in ihrem Innern verbarg, offen zutage treten. Dann faltete er sorgsam jeden einzelnen Bogen Papier wieder zusammen und legte ihn zuruck in den Koffer. Und was glaubt Ihr, verehrter Leser, was da vor uns lag? Vor uns in dem Kanu lag in ihrer ganzen majestatischen Pracht, im Glanze ihrer goldenen Schulterstucke, Tressen, Borten und Knopfe - die Paradeuniform eines Fregattenkapitans der Royal Navy, komplett mit Galadegen, Dreispitz, Lackstiefeln und allem Drum und Dran! Uns verschlug es buchstablich den Atem!
»Naturlich«, antwortete Good gefa?t; »wie ihr wissen solltet, hangt ungeheuer viel vom ersten Eindruck ab. Besonders ...«, fuhr er fort, »wenn, wie ich feststelle, Damen in der Nahe sind. Wenigstens einer von uns sollte ordentlich gekleidet sein.«
Wir wu?ten nichts weiter zu sagen; wir waren ganz einfach sprachlos, besonders, wenn wir daran dachten, auf welch gerissene Weise Good wahrend all der Monate den Inhalt dieses Koffers vor uns verheimlicht hatte. Wir schlugen ihm lediglich vor, er solle sein Kettenhemd unter der Uniform anziehen. Er erwiderte, da? er befurchtete, das Hemd wurde dem guten Sitz seines Mantels, den er sorgfaltig in der Sonne ausgebreitet hatte, um die Kniffe und Eselsohren herauszukriegen, abtraglich sein, stimmte jedoch schlie?lich dieser Vorsichtsma?nahme zu. Das Lustigste an der ganzen Sache war jedoch, Umslopogaas' Verbluffung und Alphonses Entzucken uber Goods unglaubliches Verwandlungskunststuck zu beobachten. Als er schlie?lich in voller Pracht dastand, sogar mit den Orden auf der Brust, und sich in den stillen Wassern des Sees betrachtete, so wie einst der junge Mann in jener alten Geschichte, dessen Name mir entfallen ist, aber von dem ich wei?, da? er sich in sein eigenes Spiegelbild verliebte, da konnte der alte Zulu seine Gefuhle nicht langer im Zaum halten.
»O Bougwan!« rief er. »O Bougwan! Ich hielt dich immer fur einen ha?lichen kleinen Mann - und fett, fett wie eine Kuh vor der Kalbung; und nun siehst du aus wie ein blauer Eichelhaher, wenn er stolz seinen Schwanz spreizt. O Bougwan, meine Augen sind geblendet, wenn ich dich anschaue.«
Good liebte diese Anspielungen auf seine Fettleibigkeit ganz und gar nicht; ich mu? der Wahrheit halber auch hinzufugen, da? sie nicht mehr allzu berechtigt waren; denn die harten Anstrengungen der letzten Monate hatten seinen Leibesumfang bestimmt um drei Zoll verringert. Aber ansonsten fuhlte er sich durch Umslopogaas' offensichtliche Bewunderung au?erst geschmeichelt. Alphonse war in hochstes Entzucken geraten.
»Ah! Monsieur 'at das 'errliche Aussehen von ... von eine Krieger. Das werden die Demoiselles sagen, wenn wir an Land gehen. Monsieur ist vollkommen; er erinnert misch sehr an meine 'eroische Gro?...«
An dieser Stelle unterbrachen wir seinen Redeflu?.
Als wir den Glanz betrachteten, den Good da so unerwartet enthullt hatte, wurden wir mit einem Mal von dem eifersuchtigen Gedanken beseelt, es ihm gleichzutun, und wir machten uns daran, uns ebenfalls so gut es ging herzurichten. Das einzige jedoch, was wir tun konnten, war, uns mit unseren Jagdanzugen aufzuputzen, von denen wir jeder einen besa?en. Unsere Panzerhemden behielten wir darunter an. Was meine Erscheinung; anbetrifft, so hatten auch alle feinen Kleider der Welt nichts daran andern konnen, da? sie schabig und unbedeutend wirkte. Sir Henry hingegen hinterlie? in seinem fast neuen Tweedanzug, seinen Gamaschen und Stiefeln einen hervorragenden Eindruck. Alphonse putzte sich ebenfalls machtig heraus und zwirbelte seine enormen Bartspitzen besonders hoch. Selbst der alte Umslopogaas, der im allgemeinen kein Freund eitler Selbstbespiegelung war, schlo? sich dem allgemeinen Trend an und polierte mit etwas Werg und dem Ol aus der Lampe solange an seinem Kopfring herum, bis er glanzte wie Goods Lackstiefel. Dann zog er das Panzerhemd an, das Sir Henry ihm geschenkt hatte, sowie seinen >Moocha<, und schlie?lich komplettierte er seine Erscheinung noch, indem er Inkosi-kaas grundlich reinigte.
Mittlerweile hatten wir uns schon ein ganzes Stuck dem Land, beziehungsweise der Mundung eines gro?en Flusses genahert (das Segel hatten wir, gleich nachdem wir unser Bad beendet hatten, wieder gesetzt). Kurz darauf sahen wir - inzwischen waren ungefahr anderthalb Stunden vergangen, seit das kleine Boot uns verlassen hatte -, wie vom Flu? oder Hafen her eine gro?e Anzahl von Booten auftauchte.
Die gro?ten von ihnen hatten wohl an die zwolf Tonnen. Eines von ihnen wurde von vierundzwanzig Rudern vorwartsbewegt; fast alle anderen waren Segelboote. Wir spahten durch das Glas und erkannten sogleich, da? das Ruderboot ein offizielles Schiff war; die Mannschaft trug eine Art Uniform. Vorn auf dem Halbdeck stand ein alter, ehrwurdig aussehender Mann mit einem langen wei?en Bart und einem Schwert im Gurtel. Offensichtlich war er der Befehlshaber des Schiffes. Die anderen Boote waren anscheinend voll mit Leuten, die die Neugier herausgetrieben hatte. Sie segelten oder ruderten, so schnell sie konnten, auf uns zu.
»Was sollen wir wetten?« fragte ich. »Werden sie uns freundlich empfangen, oder werden sie kurzen Proze? mit uns machen?«
Keiner wu?te eine Antwort auf diese Frage. Das kriegerische Aussehen des Alten und sein Schwert machten uns ein wenig nervos.
In diesem Augenblick erspahte Good eine Herde Flu?pferde auf dem Wasser, ungefahr zweihundert Yards von uns entfernt. Er schlug vor, es ware nicht das Schlechteste, den Eingeborenen mit unserer Macht Respekt einzuflo?en, indem wir einige der Tiere erschossen. Wir waren sofort von dieser Idee eingenommen (was sich noch als gro?er Fehler erweisen sollte) und holten unsere gro?kalibrigen Gewehre hervor, fur die wir noch ein paar Patronen hatten. Die Herde bestand aus vier Tieren; einem gro?en Bullen, einer Kuh und zwei Kalbern, von denen eines schon fast zwei Drittel der Gro?e eines ausgewachsenen Tieres hatte. Schnell hatten wir sie erreicht. Ihre einzige Reaktion auf unser plotzliches Erscheinen bestand darin, da? sie sich unter die Wasseroberflache sinken lie?en und ein paar Yards weiter gleich wieder auftauchten. Ihre unglaubliche Arglosigkeit kam mir in der Tat ungewohnlich vor. Als die herankommenden Boote etwa noch einen Abstand von etwa funfhundert Yards hatten, eroffnete Sir Henry den Reigen, indem er auf das gro?ere der beiden Kalber feuerte. Die schwere Kugel traf es genau zwischen den Augen, durchdrang den Schadel und totete es auf der Stelle. Als es unterging, zog es eine breite Blutspur hinter sich her. Dann feuerten Good und ich fast gleichzeitig unsere Kugeln ab; ich auf die Kuh, und Good auf den alten Bullen. Mein Schu? traf das Tier, verletzte es aber nicht todlich. Mit einem gewaltigen Platschen tauchte das Flu?pferd unter und kam sogleich mit wutendem Grunzen wieder hoch. Mit der Kugel aus dem zweiten Lauf gab ich ihm den Rest. Das Wasser farbte sich blutigrot, und dann versank das machtige Tier. Good, der ein erbarmlicher Schutze ist, verfehlte den Kopf des Bullen; die Kugel streifte ihn lediglich. Nachdem ich meinen zweiten Schu? abgefeuert hatte, blickte ich auf. Den Reaktionen nach zu urteilen, schienen die Menschen, mit denen wir hier in Beruhrung gekommen waren, noch nie Feuerwaffen gesehen zu haben: die Verwirrung, die unsere Schusse und ihre Wirkung auf die Tiere auslosten, war ungeheuer. Einige der Leute in den Booten stie?en laute Entsetzensschreie aus; andere wendeten und machten, da? sie so schnell wie moglich wieder davonkamen. Auch der alte Mann mit dem Schwert machte ein entsetztes und verwirrtes Gesicht und lie? sein gro?es Ruderboot auf der Stelle anhalten. Es blieb uns indessen nur wenig Zeit zum Schauen; denn just in dem Moment tauchte der alte Bulle, durch die Verletzung, die er durch den Streifschu? erlitten hatte, aufs au?erste gereizt, wieder aus dem Wasser auf, etwa vierzig Yards von unserem Boot entfernt, und glotzte uns wutschnaubend an. Wir schossen alle drei auf ihn und erwischten ihn an verschiedenen Stellen. Schwer getroffen ging er wieder unter. Bei den Zuschauern schien jetzt doch die Neugier uber die Angst zu siegen; denn einige segelten dicht an uns heran; unter ihnen befanden sich auch der Mann und die Frau, die wir als erste etwa zwei Stunden zuvor gesehen hatten. Sie kamen am dichtesten heran und waren bald fast auf gleicher Hohe mit uns. In dem Moment tauchte das riesige Tier, knapp zehn Yards von ihrem Boot entfernt, erneut auf, und mit wutendem Gebrull und weit aufgerissenem Maul griff es das Boot an. Die Frau stie? einen spitzen Schrei des Entsetzens aus, und der Mann versuchte noch, mit dem Boot auszuweichen; jedoch ohne Erfolg. In der nachsten Sekunde sah ich, wie der riesige rote Schlund mit den glanzenden Sto?zahnen sich mit einem knirschenden Gerausch uber dem einen Ende des zerbrechlichen Gefahrtes schlo?, buchstablich eine Ecke davon abbi? und das Boot umwarf. Das Fahrzeug kenterte auf der Stelle, und seine Insassen flogen in hohem Bogen ins Wasser. Gleich darauf, ohne da? wir auch nur eine Sekunde Zeit gehabt hatten, etwas zur Rettung der beiden zu unternehmen, war das bis aufs Blut gereizte Tier schon wieder zur Stelle und griff mit weit aufgerissenem Maul das arme Madchen an, das verzweifelt in den Fluten um sich schlug. Schon waren die mahlenden Kiefer der Bestie im Begriff, sich uber dem armen Madchen zu schlie?en, da hatte ich mein Gewehr auch schon hochgerissen und feuerte knapp uber den Kopf des Madchens hinweg mitten in den Schlund des Flu?pferdes. Es kippte nach hinten weg und begann, laut schnaubend und rote Blutfontanen aus