deinem Herzen liebst du mich, mein Vater Macumazahn, der alte Fuchs, wiewohl ich nichts bin als ein alter, zerbrochener Zulukrieger - ein Hauptling, fur den es keinen Platz gibt in seinem eigenen Kraal, ein Ausgesto?ener, ein Wanderer in einem fremden Land; ja, und ich liebe dich, Macumazahn, denn zusammen sind wir ergraut, und zwischen uns ist etwas, das man nicht sehen kann, und doch ist es zu stark, um zu zerbrechen.« Dann nahm er seine Schnupftabaksdose, eine alte Messingpatrone, aus dem Schlitz in seinem Ohr, wo er sie aufzubewahren pflegte, und reichte sie mir mit der Aufforderung, mich zu bedienen.

Mit einem Gefuhl der Ruhrung nahm ich die Prise. Er hatte recht; ich hing sehr an dem alten, blutrunstigen Raufbold. Ich wei? auch nicht, was eigentlich seinen Charme ausmachte; jedenfalls hatte er welchen; vielleicht war es seine leidenschaftliche Aufrichtigkeit und Direktheit; vielleicht war es auch seine schier ubermenschliche Geschicklichkeit und Kraft, was ich an ihm so bewunderte; vielleicht war es auch allein die Tatsache, da? er so absolut einzigartig war. Ich mu? freimutig bekennen: Obwohl ich wahrend meines Lebens viele Wilde kennengelernt habe; nie habe ich einen Mann kennengelernt, der ihm ahnlich war; er war so weise, und zugleich naiv wie ein Kind. Und - so lacherlich sich das auch anhoren mag - er hatte, wie jener Held aus der Yankee- Parodie, »ein weiches Herz«. Nun, jedenfalls mochte ich ihn sehr; ich ware jedoch nie auf den Gedanken gekommen, ihm das zu sagen.

»Jaja, du alter Wolf«, sagte ich, »deine Liebe ist schon eine sehr seltsame. Du wurdest mir schon morgen den Schadel bis zum Kinn spalten, wenn ich dir im Wege stunde.«

»Du sprichst die Wahrheit, Macumazahn. Das wurde ich auch tun, wenn die Pflicht es von mir verlangte. Aber dennoch wurde ich dich lieben, wenn der Hieb sein Ziel erreicht hatte. Sag, Macumazahn, glaubst du, da? ich bald wieder die Moglichkeit habe, Inkosi-kaas zu schwingen?« fuhr er mit einschmeichelnder Stimme fort. »Mich dunkt, da? das, was ich in der letzten Nacht sah, bedeutet, da? die beiden gro?en Koniginnen Streit miteinander haben. Sonst hatte die >Herrin der Nacht< nicht den Dolch bei sich getragen.«

Ich bestatigte seine Vermutung und erklarte ihm, da? die beiden ziemlichen Arger miteinander hatten. Dann erzahlte ich ihm rundheraus, wie die Dinge standen, und da? sie sich wegen Incubu in die Haare geraten waren.

»Ah! Ist es so?« rief er und machte vor Freude einen Luftsprung. »Wenn es so ist, dann wird Krieg sein, so sicher, wie der Flu? nach einem Regen anschwillt. Ein Krieg bis zum bitteren Ende! Frauen lieben den letzten Schlag genauso wie das letzte Wort, und wenn sie fur die Liebe kampfen, dann sind sie so gnadenlos wie ein verwundeter Buffel. Ich sage dir, Macumazahn: eine Frau schwimmt durch Blut, ohne sich etwas dabei zu denken. Mit meinen eigenen Augen habe ich es einmal gesehen, und noch ein zweites Mal. Oh, Macumazahn, wir werden noch erleben, wie diese schone Statte von Hausern in Flammen aufgeht, und wir werden horen, wie die Schlachtrufe durch die Stra?en hallen. So bin ich nun doch nicht umsonst gewandert. Kann dieses Volk kampfen? Was glaubst du?«

In diesem Augenblick trat Sir Henry ein. Kurz darauf kam auch Good, jedoch aus einer anderen Richtung. Er sah bla? und hohlaugig aus. Als Umslopo-gaas Good erblickte, horte er mit seiner blutrunstigen Schwelgerei auf und begru?te ihn.

»Ah, Bougwan!« rief er. »Sei gegru?t, o Hauptling! Sicher bist du mude. Hast du in der letzten Nacht zuviel gejagt?« Und ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr er fort:

»Hore, Bougwan, ich will dir eine Geschichte erzahlen; sie handelt von einer Frau, und du wirst sie sicher horen wollen, ist es nicht so?

Es war ein Mann, und der hatte einen Bruder. Und da war eine Frau, die liebte den Bruder des Mannes und wurde von dem Mann geliebt. Aber der Bruder des Mannes hatte eine andere Frau und liebte die Frau nicht, sondern verspottete sie. Aber die Frau, die sehr verschlagen war und Rache in ihrem Herzen trug, beratschlagte mit sich selbst und sagte zu dem Mann: >Ich liebe dich, und wenn du einen Krieg gegen deinen Bruder machst, dann werde ich deine Frau.< Und er wu?te, da? es eine Luge war, und dennoch, weil er die Frau sehr liebte, lauschte er ihren Worten und machte einen Krieg. Und als schon viele Menschen getotet waren, schickte sein Bruder nach ihm und fragte ihn: >Warum machst du Krieg gegen mich? Was habe ich dir angetan? Habe ich dich nicht von Kindesbeinen an geliebt? Und als du klein warst, habe ich dich da nicht genahrt und aufgezogen? Und sind wir nicht zusammen in den Krieg gezogen und haben das Vieh bruderlich geteilt, Frau fur Frau, Ochse fur Ochse und Kuh fur Kuh? Warum willst du mich toten, Bruder, Sohn meiner eigenen Mutter?<

Und das Herz des Mannes war schwer, und er wu?te, da? er auf einem bosen Pfade wandelte, und er widerstand der Versuchung der Frau und horte auf, Krieg gegen seinen eigenen Bruder zu fuhren. Und sie lebten wieder zusammen in Frieden in ihrem Kraal. Und nach einer Weile kam die Frau zu dem Mann und sprach zu ihm: >Ich habe die Vergangenheit verloren, ich will deine Frau sein.< Und tief in seinem Herzen wu?te er, da? es eine Luge war, und da? sie Boses im Schilde fuhrte, doch da er sie noch immer liebte, nahm er sie zur Frau.

Und noch in derselben Nacht, in der sie gekaut wa-ren, stand die Frau, als der Mann in tiefen Schlaf gesunken war, auf und nahm die Axt aus seiner Hand und schlich in die Hutte seines Bruders und erschlug ihn im Schlaf. Und dann stahl sie sich davon wie eine vollgefressene Lowin und legte die blutrote Axt wieder auf seinen Arm und ging ihres Weges.

Und beim Morgengrauen kamen die Menschen und schrien: >Lousta ist in der Nacht getotet worden!< Und dann gingen sie zu der Hutte des Mannes, und da lag er in tiefem Schlummer, und die blutige Axt lag neben ihm. Und sie erinnerten sich wieder, da? Krieg zwischen den beiden Brudern gewesen war, und sie sprachen: >Seht her! Gewi? hat er seinen Bruder getotet<, und sie hatten ihn sicherlich ergriffen und getotet, wenn er nicht schnell aufgestanden und geflohen ware. Und wahrend er floh, sah er die Frau und totete sie.

Aber auch der Tod konnte nicht die Schuld ausloschen, die sie auf sich geladen hatte, und nun ruhte all ihre Sunde auf seinen Schultern. Und darum ist er ein Geachteter, und sein Name wird in seinem Volke nur mit Verachtung ausgesprochen, denn auf ihm, und nur auf ihm, lastet die Burde von der, die betrogen und verraten hat. Und darum wandert er in der Ferne umher, ohne eigenen Kraal, ohne einen Ochsen oder eine Frau, und daher wird er in der Ferne sterben wie ein verwundetes Tier, und sein Name wird verflucht sein von Generation zu Generation, und die Menschen werden sagen, da? er es war, der seinen Bruder des Nachts heimtuckisch abschlachtete.«

Hier hielt der alte Zulu inne, und ich merkte, da? er selbst tief bewegt war von seiner eigenen Geschichte. Doch sogleich hob er wieder den Kopf, den er auf die Brust hatte sinken lassen, und fuhr fort:

»Dieser Mann war niemand anderes als ich, Boug-wan. Oh, ich war dieser Mann, und nun hore weiter zu! So wie ich war, wirst auch du sein - ein Werkzeug, ein Spielzeug, ein Lastochse, der die bosen Taten eines anderen tragen mu?. Hore! Als du hinter der >Herrin der Nacht< einherschlichest, da war ich dicht hinter dir. Und als sie dich mit dem Messer stach in der Schlummerstatte der Wei?en Konigin, da war ich auch zugegen. Und als du sie entgleiten lie?est wie eine Schlange zwischen den Steinen, da sah ich dich, und ich wu?te, da? sie dich verhext hatte und da? ein aufrichtiger Mann den Pfad der Wahrheit verlassen hatte, und da? der, der vorher den geraden Weg gegangen war, nun den krummen Pfad beschritten hatte. Vergib mir, mein Vater, wenn meine Worte scharf sind, aber sie kommen aus einem redlichen Herzen. Sieh sie nicht mehr, und du wirst als ehrenhafter Mann ins Grab gehen. Sonst wirst du, so wie ich, wegen der Schonheit einer Frau, die auf dir lastet wie ein Gewand aus Pelz, einhergehen; und vielleicht mit gro?erer Berechtigung als ich. Ich habe gesprochen.«

Wahrend dieser langen und wortreichen Ansprache hatte Good kein Wort gesagt. Als die Geschichte jedoch immer mehr Gestalt annahm und er merkte, da? sie seiner eigenen verteufelt ahnlich war, errotete er, und als er schlie?lich auch noch erfuhr, da? Ums-lopogaas alles von Anfang bis Ende mitbekommen hatte, war er zu Tode betrubt. Und als er sich dann schlie?lich zu dem Vorfall au?erte, tat er dies in einem so niedergeschlagenen Ton, wie man ihn bei ihm gar nicht kannte.

»Ich mu? gestehen«, sagte er mit einem bitteren Lacheln, »da? ich wohl niemals auch nur im Traum daran gedacht hatte, mir einmal von einem Zulu die Leviten lesen lassen zu mussen. Aber es zeigt doch einmal wieder, wie schnell man in die Tinte geraten kann. Ich frage mich, ob ihr Burschen mir nachfuhlen konnt, wie erniedrigt ich mich fuhle. Und was das Ganze um so bitterer macht: ich habe es nicht anders verdient. Naturlich hatte ich Sorais der Wache ubergeben mussen, aber ich konnte es einfach nicht, versteht ihr? Ich lie? sie laufen und versprach ihr, Stillschweigen zu bewahren. Mein Gott, wie ich mich schame! Sie sagte mir, da? sie mich heiraten und zum Konig dieses Landes machen wurde, wenn ich mich auf ihre Seite schluge. Aber Gott sei Dank brachte ich den Mut auf, ihr zu sagen, da? selbst dann, wenn sie mich heiraten wurde, ich nicht meine Freunde verlie?e. Und nun macht mit mir, was ihr wollt; verdient habe ich es auf jeden Fall. Eines jedoch will ich euch noch sagen: Ich will nur hoffen, da? keiner von euch jemals eine Frau von ganzem Herzen liebt und dann so schamlos von ihr in

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