Lebewohl.

Henry Curtis

15.12.18..

P.S. - Ich habe ganz vergessen, zu erwahnen, da? mir Nylephta (der es im ubrigen gut geht, und die - zumindest in meinen Augen - von Tag zu Tag schoner wird) vor ungefahr neun Monaten einen Sohn und Thronfolger schenkte. Er sieht wie ein richtiger blondgelockter, blauaugiger kleiner Englander aus, und wenn er auch dazu bestimmt ist - wenn er gesund bleibt, eines Tages den Thron von Zu-Vendis zu besteigen, so werde ich mich doch nach allen Kraften darum bemuhen, ihn so zu erziehen, da? er einst so wird, wie ein echter englischer Gentleman sein sollte - denn das ist fur mich allemal noch etwas Schoneres und Wertvolleres, als der Thronerbe der gro?en Dynastie der Treppe zu sein. Es ist wohl in der Tat der hochste Ehrentitel, den ein Mann auf dieser Erde erreichen kann.

H. C.

ANMERKUNGEN VON GEORGE CURTIS, Esq.

Das Manuskript dieser Geschichte erreichte mich unversehrt am 20.12.18.., also etwas mehr als drei Jahre nach seiner Absendung tief im Herzen Afrikas. Die Adresse ist unverkennbar in der Handschrift meines lieben Bruders Henry Curtis geschrieben, den wir langst totgeglaubt hatten. Der Umschlag tragt den Poststempel von Aden. Die in ihm enthaltene, hochst erstaunliche Geschichte werde ich unverzuglich an die Offentlichkeit bringen. Ich selbst habe sie mit sehr gemischten Gefuhlen gelesen; denn obwohl ich zu meiner gro?en Erleichterung erfuhr, da? Henry und Captain Good wohlauf und auf solch wundersame Weise zu Gluck und Wohlstand gelangt sind, kann ich mich doch nicht des traurigen Gefuhls erwehren, da? sie fur mich und fur alle ihre Freunde so gut wie tot sind, da wir nicht damit rechnen konnen, sie jemals wiederzusehen.

Sie haben fur immer alle Bande zu England und zu ihren Freunden und Verwandten zerschnitten, und vielleicht haben sie, tragt man allen Umstanden Rechnung, gut daran getan. Wir werden es niemals erfahren.

Wie das Manuskript nach Aden gelangte, habe ich beim besten Willen nicht herausfinden konnen. Doch ich vermute aufgrund der Tatsache, da? es uberhaupt erst dorthin gelangte, da? jener kleine Franzose, Alphonse, seine wagemutige Reise heil uberstand. Ich habe alles daran gesetzt, ihn ausfindig zu machen, und habe zahlreiche Nachforschungen in Marseille und anderen franzosischen Stadten veranla?t, mit dem Ziel, etwas uber seinen Verbleib zu erfahren. Bisher jedoch war meinen Bemuhungen nicht der geringste Erfolg beschieden. Moglicherweise ist er tot, und ein anderer gab das Paket auf; vielleicht ist er auch langst glucklich mit seiner Annette verheiratet und zieht es vor, aus Angst vor dem Arm des Gesetzes incognito zu bleiben. Ich wei? es nicht. Ich habe jedoch noch immer nicht die Hoffnung aufgegeben, ihn eines Tages zu finden, aber ich mu? gestehen, da? sie von Tag zu Tag geringer wird. Was mir meine Suche so uberaus schwer macht, ist die Tatsache, da? Mr. Quatermain an keiner Stelle der Geschichte seinen Nachnamen erwahnt. Er wird immer nur >Al-phonse< genannt, und es gibt so schrecklich viele Alphonses in Marseille. Die Briefe die mein Bruder zusammen mit dem Paket abschickte, sind niemals eingetroffen. Ich nehme daher an, da? sie verlorengingen oder vernichtet worden sind.

George Curtis

NACHWORT

Der Zauberer des Zululandes

Sir Henry Rider Haggard (22.6.1856 Bradenham Hall/Norfolk - 14.5.1925 London) ist einer jener Autoren von Abenteuerromanen, weder literarisch vollig unangefochten noch ganzlich zur Trivialliteratur zu rechnen, an denen die englischsprachige Literatur so reich ist. Er ist vor allem ein Geschichtenerzahler von schier unerschopflicher Phantasie, ohne allzu gro?e literarische Ambitionen. Zu Lebzeiten war Haggard einer der erfolgreichsten Autoren der Welt (in England verkaufte sich nur Kipling noch besser), und wenn seine Popularitat nach seinem Tode auch rapid absank, so wird er doch nach wie vor gelesen. In den Jahrzehnten um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, als der Imperialismus seinem Hohepunkt zustrebte, hat Haggard sozusagen jene Gegenden Afrikas, deren letzte Reste die europaischen Machte eben unter sich aufteilten, auch literarisch in Besitz genommen; in Romanen, in denen sich malerische Abenteuer mit Elementen des Okkulten, aber auch mit einem Schu? des Entwurfes idealer Wesen vermischen, die den sogenannten Wilden zuweilen sogar jene Gerechtigkeit zumindest literarisch zuteil werden lassen, die ihnen die wei?en Herren politisch sooft verweigerten.

Henry Rider Haggard wurde am 22. Juni 1856 als achtes von zehn Kindern eines eigensinnigen englischen Landedelmannes geboren. Sein Vater hatte ein polterndes, prosaisches Wesen, wahrend die Mutter eine sanfte, zuruckhaltende Frau war. Die Haggards fuhrten ein aktives Leben, das von den Notwendigkeiten des taglichen Daseins bestimmt war, nicht von geistigen Dingen, obwohl der Vater ein gebildeter Mensch war und die Mutter sogar selbst Gedichte schrieb.

Der junge Henry Rider Haggard las nicht viel, seine Lieblingsbucher waren der Robinson Crusoe, Tausendundeine Nacht und Die drei Musketiere, aber er zog es zeitlebens vor, Erfahrungen lieber im Leben zu sammeln, als sie aus Buchern zu beziehen. Er war ein schwieriges Kind, und die Familie hielt ihn fur dumm; er lernte nicht leicht, merkte sich nur, was ihn interessierte, und dazu gehorte keinesfalls die Mathematik. Als einziger von den Sohnen hatte er keine hohere Schulbildung, sondern besuchte nur die Grammar School und wurde eine Zeitlang auch privat unterrichtet. Er hatte das Gluck, in dem Geistlichen H. J. Graham einen verstandnisvollen Lehrer zu finden, so da? diese Jahre zu den schonsten Erinnerungen seines Lebens gehoren.

In der Gegend gab es einen jungen Bauern namens William Quatermain, mit dem Haggard gut Freund wurde. Den Namen Quatermain verewigte er spater in der Gestalt seines wohl beruhmtesten Helden Allan Quatermain, der in insgesamt 18 Buchern in Erscheinung trat. Noch ein anderer beruhmter Name in seinen Buchern geht auf seine Jugendtage zuruck: She-Who-Must-Be-Obeyed. Das war eine besonders scheu?liche Puppe mit bose grinsendem Gesicht, die ein Kindermadchen, das die Furcht Haggards vor dieser Puppe rasch erkannte hatte, dazu benutzte, sich durch seine Angst Gehorsam zu erzwingen. Sie ist bekanntlich Haggards beruhmte Frauengestalt Ayesha aus der Tetralogie She. A History of Adventure (1887), Ayesha: The Return of She (1905), She and Allan (1921) und Wisdom's Daughter: The Life and Love Story of She-Who-Must-Be-Obeyed (1923).

Die starke Phantasie des Knaben zeigte sich schon damals, nicht zuletzt in seinen Schulaufsatzen; er war auch damals schon ein guter Schutze. Diese Erziehung dauerte bis zum Alter von 17 Jahren; dann setzte sich sein Vater in den Kopf, den Sohn die diplomatische Laufbahn einschlagen zu lassen und ihn fur die Aufnahmeprufung in den auswartigen Dienst vorzubereiten. Damals kam Haggard auch mit spiritistischen Zirkeln in Beruhrung, ein Einflu?, der ihn zeit seines Lebens nicht mehr loslie?. Er nahm auch an Seancen teil, fragte sich aber, ob alles blo? Illusion oder Wirklichkeit gewesen sei. Haggard glaubte indes fest an die Kommunikation der individuellen, noch auf Erden weilenden Seele mit den Seelen der Verstorbenen, und Reinkarnation und Metempsycho-se bilden einen Zug vieler seiner Erzahlungen.

Aus der diplomatischen Laufbahn indessen wurde nichts, denn in einem plotzlichen Sinneswandel schickte ihn der Vater, als er horte, da? einer seiner Freunde zum Gouverneur von Natal ernannt worden war, mit diesem nach Sudafrika. Als Privatsekretar dieses Mannes und spater als Gerichtsbeamter in Pretoria hatte Haggard Gelegenheit, entscheidende Ereignisse in der Geschichte Sudafrikas unmittelbar kennenzulernen. Im Kampf mit den eingeborenen Ba-sutos und Zulus und standigem Ruckzug vor der Ausbreitung der englischen Macht waren die Buren entschlossen, sich ihre Unabhangigkeit zu bewahren und den englischen Vorstellungen von Recht und Ordnung auszuweichen. 1877 wurde der burische Transvaal annektiert, ohne da? dadurch eine Beruhigung der gespannten Lage eingetreten ware. Einerseits drohten standig Aufstande der mit der englischen Herrschaft unzufriedenen Buren, andererseits konnten die Zuluarmeen Cetywayos jederzeit losschlagen, denn es war Sitte, da? die jungen ZuluKrieger erst heiraten durften, nachdem sie ihre Speere in das Blut ihrer Feinde getaucht

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