»Das
»Ach, habe ich vergessen, das zu erwahnen?«, sagte der Colonel. »Dieses Kriegsgerat ist nicht neu. Es wurde uns bereits vor sieben Jahren angeboten.«
Da mischte sich James Read ein und sagte leise: »Vielleicht sollten wir die Geschichte von Anfang an erzahlen. Was meinen Sie, Colonel?«
»Wir haben seinen beruflichen Werdegang schon seit langerem verfolgt«, sagte der Colonel. »Unser Mr. Fulton ist ein sehr flei?iger Mann, ein Kunstler, Ingenieur und Kanalbauer …«
»Kanalbauer?«, wiederholte Hawkwood, als ware er schwer von Begriff.
Congreve nickte. »Er kam im Jahr 1787 aus Philadelphia nach Europa. Angeblich aus gesundheitlichen Grunden. Eine Zeit lang hat er fur Bridgewater und Brindley gearbeitet.«
Hawkwoods Miene druckte vollige Unwissenheit aus.
»Lord Bridgewater hatte den Plan, Manchester durch eine Wasserstra?e mit dem Meer zu verbinden. Konnen Sie sich nicht daran erinnern?«
In Hawkwood regte sich eine vage Erinnerung an einen diesbezuglichen Plan.
Congreve fuhr unbeirrt fort: »Und Fulton hatte die Idee, flache Flussboote mit Winden uber Hugel zu hieven. Dieser vielseitig begabte Mistkerl hat sogar ein Buch uber die Schifffahrt auf Kanalen geschrieben. Damit ist er 1797 nach Frankreich gegangen, weil er hoffte, bei den Franzosen diesbezuglich auf Interesse zu sto?en. Dort hat er sich fur die Revolution begeistern lassen, ist geblieben und hat als Ingenieur fur das Direktorium gearbeitet.«
»Und … dieses Unterseeboot?«
Jetzt ergriff Generalinspekteur Blomefield das Wort. »Die Idee dafur hat er aufgrund seiner Hypothese entwickelt, Nationen konnten nur im Frieden miteinander leben, wenn die Freiheit der Meere gesichert werde. Mit anderen Worten: Wenn alle Kriegsflotten zerstort und der globale Freihandel eingefuhrt werde, gebe es nur noch gluckliche Menschen auf der Welt. Was naturlich volliger Unsinn ist. Entschuldigen Sie, Colonel. Ich wollte Sie nicht unterbrechen. Fahren Sie bitte fort.«
»Ich wollte gerade erganzen, dass Fulton zur Halfte Ire ist«, sagte Congreve ohne Groll. »Dreimal durfen Sie also raten, wessen Marine er zuerst zerstoren wollte.«
Der Erste Seelord, offensichtlich nicht daran gewohnt, jemandem langer als unbedingt notig das Wort zu uberlassen, schnaubte verachtlich. Congreve lie? sich davon jedoch nicht beirren, sondern sprach weiter.
»Fulton griff diese Idee von einem amerikanischen Revolutionar namens Bushnell auf, der ein Unterseeboot gebaut hatte. Er nannte es
»Ein Begriff aus dem Lateinischen«, warf Blomefield ein. »Er bedeutet Seefahrer und bezeichnet eine Spezies aus der Gattung der Mollusken.«
»Stimmt«, bestatigte Congreve und fuhr fort: »Unsere Spione in Frankreich haben uns berichtet, dass Napoleons Ingenieure sogar Experimente mit Unterwasserexplosionen durchfuhrten. Damals hat uns das nicht weiter beunruhigt, doch Geruchten zufolge entwickelten die Froschfresser eine Geheimwaffe. Dabei fiel Fultons Name immer haufiger.
Zuerst vermuteten wir, es handele sich um eine Art Seemine, denn unsere Spione berichteten von in die Luft gesprengten Flusskahnen. Und dann tauchte das Gerucht von einem Unterseeboot auf. Wir hielten das fur ein Hirngespinst, aber das Gerucht hielt sich hartnackig. Und dann landeten wir einen Gluckstreffer.
Wir erfuhren, dass dieses Wassergefahrt im Meer getestet worden war, was jedoch erst etwa einen Monat spater bestatigt wurde. Namlich als der Kapitan eines Zollkutters mit dem Kapitan einer Handelsbrigg, die zu der Zeit der Probelaufe vor der Insel St. Marcouf ankerte, ins Gesprach kam.
Der Briggkapitan schilderte dem Zollbeamten eine merkwurdige Geschichte: Er sei von einem Wal gejagt worden! Nun, Hawkwood, wie viele Wale gibt es Ihrer Meinung nach im Armelkanal, hm?«
Hawkwood kam diese Assoziation ziemlich fadenscheinig vor, aber der Colonel versicherte, es habe noch mehr Hinweise gegeben.
Zwei Tage zuvor hatte ein Matrose der Brigg ein kleines Segelboot mit gebrochenem Mast in Seenot gesichtet. Durch ein Leck im Rumpf sei Wasser eingedrungen. Die Brigg habe ihren Kurs geandert, um die Mannschaft aufzunehmen. Doch inzwischen sei das Segelboot einfach verschwunden. Weder ein Wrack noch Leichen seien entdeckt worden. Nichts. Der Kapitan habe die Gegend noch eine Weile erfolglos absuchen lassen, die Brigg jedoch dann wieder auf Kurs gebracht.
»Und dann ist etwas Seltsames passiert«, fuhr der Colonel mit gesenkter Stimme fort, als habe er Angst, belauscht zu werden. »Der Ausguck im Heck entdeckte wieder ein Segelboot in Seenot! Dieses Mal jedoch naher an der Kuste. Durch sein Fernglas konnte der Kapitan erkennen, dass es sich um dasselbe Boot handelte. Und jetzt kommt das Entscheidende: Der Kapitan hat erzahlt, dieses Mal sei das Segelboot nicht untergegangen, sondern
Es war eindeutig dasselbe Boot«, fuhr Congreve fort. »Er habe es an der Takelage erkannt, sagte der Kapitan. So etwas sei ihm noch nie unter die Augen gekommen. Es habe ausgesehen wie ein halb geoffneter Regenschirm.«
»Weiter«, drangte Blomefield. »Erzahlen Sie Hawkwood den Rest der Geschichte.«
»Ja, ja«, winkte der Colonel ungehalten ab. »Dazu komme ich gleich. Sehen Sie, Hawkwood, der Briggkapitan hat die Entfernung zwischen dem Punkt, an dem er das angeblich in Seenot geratene Segelboot gesichtet hatte, und dem zweiten Punkt auf ungefahr eine Meile geschatzt. Eine Meile! Und das war der Beweis: Die Froschfresser haben ein Boot, das unter Wasser schwimmen kann!«
Der Colonel konnte sich vor Aufregung kaum noch beherrschen. »Was war zu tun? Wie konnen wir uns vor einem derart heimtuckischen Kriegsgerat schutzen?«
Die einfachste Losung schien zu sein, einen Agenten nach Paris zu schicken, um Fulton abzuwerben. Was die britische Regierung auch tat.
Jetzt erzahlte Generalinspekteur Blomefield weiter. »Fulton hatte zu jener Zeit Arger mit seinen franzosischen Verbundeten. Denn ein Wechsel an der Spitze des Marineministeriums hatte bewirkt, dass Fultons Projekt auf Widerstand stie?. Was Fulton naturlich auf die Palme brachte, wie Sie sich vorstellen konnen. Glucklicherweise machten wir ihm ausgerechnet zu jenem Zeitpunkt das Angebot, die Seiten zu wechseln. Er hat allerdings unverschamte Forderungen gestellt. Die Franzosen hatten ihm eine Pramie fur jedes versenkte Schiff zugesagt. Dieselbe Vereinbarung wollte er mit uns treffen. Au?erdem sollten wir ihm die Konstruktionsplane fur sein Unterwasserboot und seine Unterwasserbomben fur hunderttausend Pfund abkaufen. Was eine verdammte Frechheit war!«
Hawkwood traute seinen Ohren nicht. Das Gehalt eines Runners betrug funfundzwanzig Schilling pro Woche, plus vierzehn Schilling fur Spesen. Das ergab im Jahr etwas uber hundert Pfund. Tausendmal so viel war fur ihn eine unvorstellbare Summe. War die Erfindung des Amerikaners derart wertvoll, dass er dafur diese horrende Summe verlangen konnte?
»Wie auch immer«, warf Generalinspekteur Blomefield ein. »Wir haben uns naturlich geweigert, irgendeine Summe vertraglich festzulegen. Zuerst wollten wir seine Erfindung in heimischen Gewassern auf ihre Tauglichkeit prufen.«
»Mit anderen Worten«, warf Colonel Congreve ein, »es war weitaus besser, wenn er aus unserem Zelt nach drau?en pisste.«
Sir Charles Yorke, der Erste Seelord, und Admiral Dalryde verkneiften sich das Lachen. James Reads Miene blieb ausdruckslos, obwohl Hawkwood glaubte, ein Zucken in den Mundwinkeln des Obersten Richters bemerkt zu haben.
Fulton hatte ein weiteres Zugestandnis verlangt. Er hatte mit Dampf als Antriebskraft experimentiert und wahrend seines Aufenthalts in Paris an Boulton &Watt, eine Firma in Birmingham, geschrieben und darum gebeten, eine Maschine fur ein Dampfschiff in den Vereinigten Staaten bauen zu durfen. Womit die britische Regierung naturlich nicht einverstanden war und ein Exportverbot aussprach. Sollte Mr. Fulton jedoch nach