Colonel Congreve schuttelte amusiert den Kopf und wedelte mit der Hand. »Sie mussen sich vor mir nicht rechtfertigen, Sir Charles.«

Der Erste Seelord ist erstaunlich indiskret, dachte Hawkwood. Aber ich verstehe seine Befurchtungen. Der Prinz ist fur seine extravaganten Kostume bekannt. Er entwirft sie oft selbst und kront sie mit Geschmacklosigkeiten, wie Sabelscheiden aus Leopardenfell und goldenen Epauletten.

»Au?erdem ist er mitten in London nicht in Gefahr«, fuhr der Erste Seelord fort. »Sobald das Schiff die Themsemundung erreicht, sieht die Lage jedoch anders aus. Ich mochte den Kapitan der Thetis sprechen. Und verstandigen Sie den Kommandanten der Marinewerft in Sheerness. Nein, es ware noch besser, Sie wurden alle Kommandanten der Schiffe in der Themsemundung zu besonderer Wachsamkeit auffordern. Sicher ist sicher.«

Wahrend Sir Charles seine Anweisungen gab, schritt er zu der Wand uber dem Kamin. Dort hing ein Dutzend zusammengerollte Seekarten. Er wahlte eine aus, nahm sie herunter und breitete sie auf dem Tisch aus. Hawkwood sah, dass die Karte den Bereich der Themsemundung von Tilbury nach Harwich und Margate umfasste. Ihm kam das Gebiet riesengro? vor. Wie konnte man ein Schiff vor einer unsichtbaren Waffe unter Wasser schutzen?

»Wir konnen die Patrouillen verstarken«, sagte Yorke, als hatte er Hawkwoods Gedanken gelesen. »Tarnnetze versenken, Schiffe sich zu einem Verteidigungsring formieren lassen und zusatzliche Wachen aufstellen.«

»Warum beordern Sie die Schiffe nicht in ihre Heimathafen zuruck?«, fragte Hawkwood.

»Kommt nicht in Frage!«, schnaubte der Erste Seelord wutend. »Schiffe der Koniglichen Marine fluchten nicht wie aufgescheuchte Hasen! Nein! Bei Gott, wir stellen uns dieser Bedrohung mutig und entschlossen. Wir zeigen Napoleon, dass England noch immer die Meere beherrscht und nicht irgendein hergelaufener Emporkommling in einem umgedrehten Rumfass!«

Wahrend sich Charles Yorke, Admiral Dalryde, Generalinspekteur Blomefield und Colonel Congreve uber die Seekarte beugten, nahm James Read seinen Runner beiseite. »Verstehen Sie jetzt«, flusterte er, »warum wir diese Stra?enrauber unbedingt fassen mussen? Damit wir herausfinden, fur wen diese Verbrecher arbeiten.«

»Denken Sie etwa, es sind franzosische Agenten?«, fragte Hawkwood.

»Durchaus moglich. Napoleons Spione sind auch in England aktiv. Wahrscheinlich haben Ramillies Verfolger in Frankreich die hiesigen Agenten daruber informiert, welche Kutsche Ramillies nach London nahm. Au?erdem mussen wir herausfinden, welche Rolle Runner Warlock in dieser Geschichte gespielt hat. Wie sind diese Plane in seinen Besitz gelangt? Und mich beunruhigt die Verbindung zu Lord Mandrake. Ich schlage vor, Sie ermitteln zunachst in dieser Richtung, da sich Ihr Freund aus der Unterwelt noch nicht gemeldet hat.«

»Ich kenne jemanden, der uns vielleicht dabei behilflich sein konnte«, schlug Hawkwood vor.

»Gut!« Read warf einen ausdruckslosen Blick auf Charles Yorkes breiten Rucken. Als er sich wieder zu Hawkwood umdrehte, fugte er leise hinzu: »Tun Sie, was getan werden muss. Wohin es auch fuhren mag.«

13

»Aber, aber, Captain Hawkwood! Sie haben doch beteuert, Sie seien kein Soldat mehr!« Catherine de Varesne kokettierte und zog einen Schmollmund. Dann lachelte sie verfuhrerisch und senkte den Blick. »Und doch stehen Sie stramm wie ein Grenadier!«

Als sie ihn beruhrte, zuckte Hawkwood zusammen.

Sofort horte sie auf, ihn zu streicheln, und sah ihn besorgt an. »Schmerzt deine Wunde noch immer?«

»Nein. Ich war auf Ihre Attacke nur nicht vorbereitet, Ma’am«, entgegnete Hawkwood grinsend.

»Na, mein Lieber«, gurrte sie, jetzt wieder lachelnd. »Dann will ich besonders zartlich zu dir sein.« Ohne ihren sanften Griff von ihm zu losen, beugte sie sich vor, kusste ihn und streichelte mit der Zunge seine Lippen. Ihre dunklen Augen leuchteten, wie die einer Katze.

Die beiden sa?en nackt, dicht aneinander geschmiegt auf dem Bett. Das flackernde Licht der Kerze warf tanzende Schatten auf den Baldachin uber ihnen.

Sie presste sich noch dichter an ihn, liebkoste zart mit den Lippen seine Wange und flusterte: »Sag mir, was du mit mir machen mochtest, Matthew. Alles, was du begehrst … alles.«

Hawkwood streichelte ihre schlanke Taille. Ihr Atem stockte, als sie ihre Huften anhob und sich langsam auf ihn senkte. Das Becken vorgeschoben, lehnte sie sich zuruck und warf den Kopf in den Nacken. Ihr uppiger Busen hob und senkte sich aufreizend. Hawkwood schob seine Hand unter ihren Po und zog sie an sich. Die Arme um seinen Hals geschlungen, fingen sie an, sich rhythmisch zu bewegen.

Hinterher sa?en sie mit gekreuzten Beinen auf den zerwuhlten Laken und tranken Wein. Neben ihnen stand ein Teller mit Birnenvierteln. Catherine hatte die Frucht mit ihrem Stilett geteilt und entkernt. Jetzt tauchte sie ein Viertel in den Wein und steckte es Matthew zwischen die Lippen. Hawkwood biss ein Stuck ab, und sie steckte sich die andere Halfte in den Mund. Dabei tropfte etwas Saft auf ihre Brust. Mit der Fingerspitze fing sie den Tropfen auf, verrieb ihn auf ihrer Brustwarze, steckte den Finger zwischen ihre Lippen und saugte den Saft langsam von ihrer Haut. Dabei sah sie ihn unentwegt an.

Hawkwood hatte eine Stunde vor Mitternacht an ihre Haustur geklopft, unsicher, wie ihre Begru?ung ausfallen wurde. Doch er war mit einem strahlenden Lacheln von ihr empfangen und ins Haus gebeten worden. Und wie bei ihrem ersten Zusammensein hatte sie sich ihm mit einer Ruckhaltlosigkeit dargeboten, die ihm den Atem raubte.

Jetzt stand Catherine mit katzenhafter Geschmeidigkeit auf und griff nach ihrem Negligee.

Hawkwood nippte an seinem Wein und betrachtete bewundernd ihren nackten Korper. »Erzahl mir von Lord Mandrake«, sagte er.

»Lord Mandrake?«, fragte Catherine verwundert.

»Was wei?t du uber ihn?«

»Ich wei?, dass er reich ist«, sagte sie mit strahlendem Lacheln.

»So viel wei? ich auch«, sagte Hawkwood. »Was wei?t du sonst noch?«

Mandrakes Vermogen stammte aus vielen Quellen, aber hauptsachlich aus Spekulationsrenditen des Uberseehandels. Die Mandrakes hatten uber Generationen hinweg ein lukratives Importgeschaft aufgebaut, sei es mit Tabak aus Amerika, Seide und Gewurze aus dem Fernen Osten oder mit anderen Luxusgutern wie indischem Tee und Weinen aus Sudeuropa.

Catherine legte sich ihr Negligee um die Schultern. »Warum stellst du mir diese Fragen, mein Schatz?«

»Aus purer Neugier«, sagte Hawkwood achselzuckend.

»Kann es sein, dass du ein bisschen neidisch auf ihn bist?«, fragte sie amusiert. Sie kam zum Bett zuruck und lachte uber seinen Gesichtsausdruck. »Das hast du nicht notig«, fugte sie hinzu und setzte sich wieder zu ihm. Dabei wippte ihr Busen unter dem nur lose ubergeworfenen Negligee verlockend.

Sie nahm ihm das Glas aus der Hand, nippte daran, zuckte mit den Schultern und erzahlte: »Lord Mandrake gehort seit Jahren zu den Freunden der Familie meines Onkels. Die beiden sind au?erdem Geschaftspartner. Viele Weine, die Lord Mandrake importiert, stammen von den Weingutern meines Onkels in Portugal. Als ich meinem Onkel mitteilte, dass ich in England bleiben wolle, bat er Lord Mandrake, sich um mich zu kummern. Er war immer ein treuer und zuverlassiger Freund. Ich darf sogar in seinem Haus wohnen, solange ich in London bin. Er ist einer der liebenswurdigsten Menschen, die ich kenne, und hat den Comte d’Artois auf gro?zugige Weise unterstutzt.«

Was er sich bestimmt leisten kann, folgerte Hawkwood, als er an die uberaus luxuriose Festivitat dachte.

»Und was wei?t du uber seine Freunde?«

»Nur, dass er viele hat. Ich glaube, er diniert hin und wieder sogar mit dem Premierminister.« Dann sah sie ihn fragend an. »Matthew, du stellst Fragen, als wurdest du ihn verdachtigen. Was soll das alles?«

Mit einem etwas gezwungenen Grinsen sagte Hawkwood: »Das bringt mein Beruf zwangslaufig mit sich. Weil ich Polizist bin, verdachtige ich jeden.«

»Sogar mich?«

Trotz ihres betorenden Lachelns erschreckte ihn ihre Frage.

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