getrocknete Pilze hin.

„Das mu? nun wirklich nicht sein“, sagte Dick, „wir brauchen die Pilze selber. Durchaus moglich, da? wir keine mehr finden — wie sollen wir dann den Ruckweg uberstehn?“

„Hinter dem Gebirgspa? gibt es genug Nahrung“, sagte Thomas.

„Wer wei?, ob das noch jetzt so ist“, erwiderte Dick.

„War doch dumm, zu verhungern. Bei Kalte sollte man uberhaupt viel essen.“

„Im Notfall verspeisen wir den Ziegenbock“, sagte Oleg. „Was hei?t im Notfall?“ sagte Dick. „Wir verspeisen ihn in jedem Fall. Und zwar schon bald, bevor er das Weite sucht.“

„Das schlag dir aus dem Kopf“, sagte Marjana, „es kommt nicht in Frage.“

„Aber warum denn nicht?“ fragte Dick verwundert.

„Weil er ein gutes Tier ist. Er wird mit uns in die Siedlung zuruckkehren und bei uns leben. Es wird sowieso Zeit, da? wir ein paar Haustiere halten.“

„Solche Ziegenbocke kann ich dir jede Menge anschleppen“, sagte Dick.

„Stimmt nicht, du gibst blo? an. So oft findet man sie im Wald gar nicht, und gegen ihren Willen schaffst du’s erst recht nicht.“

„Sie ranzuschleppen ist schwer, das stimmt. Aber wir gehen zusammen, du kannst ja gut mit Tieren umgehn“, sagte Dick und begann den Hasen in gleiche Teile zu zerlegen, damit keiner zu kurz kam.

„Ich la? es nicht zu, da? du ihn totest“, sagt Marjana, „er bekommt bald Junge.“

„Wer?“ fragte Oleg verblufft.

„Der Ziegenbock“, antwortete Marjana, „er ist namlich eine Sie.“

„Was denn, es ist eine Ziege?“ fragte Thomas.

„Ja doch, eine Ziege, da bin ich ganz sicher.“

„Marjana hat recht, wenn es eine Ziege ist, soll sie am Leben bleiben“, sagte Thomas. „Es konnte ein erfolgversprechendes Experiment werden. Man mu? stets ans Morgen denken.“

„Man sollte aber auch daran denken, wie man heute uberlebt“, entgegnete Dick.

„Wir futtern die Ziege ein bi?chen“, sagte Marjana.

„Untersteh dich!“ emporte sich Dick.

„Ich geb ihr meine Ration.“ Marjana, das Kinn vorgereckt, sah Dick starrsinnig an. Dick neigte den Kopf; er betrachtete das Madchen, als sei sie ein kleines unbekanntes Tier.

Thomas erhob sich als erster und machte sich daran, das Zelt zusammenzupacken. Es schuttelte ihn.

„Und wenn du nun umkehrst?“ sagte Dick.

„Dazu ist es zu spat“, erwiderte Thomas, „ich komme mit.“

„Also hor mal“, schimpfte Marjana mit Dick, „wie kannst du so etwas vorschlagen. Einer allein erreicht Siedlung nie.“

„Oleg kann ihn ja begleiten.“

Dick sagte das nur, um das letzte Wort zu haben. Dabei hatte in Wirklichkeit immer Marjana das letzte Wort.

„Es wird Zeit, wir mussen los“, sagte Thomas. „Wenn wir heute gut vorankommen, schaffen wir’s vielleicht bis zur Hochebene. Voriges Mal sind wir in dieser Schlucht steckengeblieben. Wir sanken bis zum Gurtel im Schnee ein, und es sturmte heftig.“ Thomas ging voran, an dem breiten Bach entlang, der sich bei starken Regenfallen gewi? in einen rei?enden Strom verwandelte. Jetzt dagegen platscherte er nur leise uber die abgeschliffenen Steine dahin und ri? die uber Nacht entstandenen kleinen Eisschollen von den Ufern.

Die Ziege sturmte zunachst vorweg, als wollte sie ihnen den Weg zeigen, dann jedoch uberlegte sie es sich anders und blieb stehen. Dick drohte ihr mit dem Finger, da seufzte sie auf und trottete hinter den Leuten her, nicht ohne zwischendurch zu bocken und langgezogen zu jaulen, was wohl Umkehren hei?en sollte.

Es war etwas warmer geworden, der Schnee unter den Fu?en begann zu tauen. Auch war es glatt, und da sie im Laufe des Tages an die zehn Mal den Bach uberqueren mu?ten, der sich von Hang zu Hang durch das Tal schlangelte, fielen ihnen fast die Beine ab.

Das kleine Tal, durch das der Bach flo?, wurde allmahlich enger, die dunklen steinigen Wande ragten nun immer steiler auf, ruckten naher zusammen, so da? sie den Bach in ewigen Schatten tauchten. Sein Murmeln wurde zu einem finsteren Murren, das von den Felsen wie in einem Fa? zuruckgeworfen wurde. Es war ungemutlich und furchterregend. Niemand au?er Thomas war bisher in den Bergen gewesen, selbst Dick verlor seine Selbstsicherheit, er rannte nicht mehr voran, schaute nur immer nach oben, ob nicht etwa ein Stein herabsturzte, und erkundigte sich ein ums andere Mal bei Thomas: „Sind wir nicht bald da? Wie lange dauert es noch?“

„Gegen Abend sind wir am Ziel“, sagte Thomas.

Thomas war, wie auch den anderen, mittlerweile warm geworden, er geriet sogar in Schwei?. Er hustete fast nicht mehr und ging schneller als am Vortag. Nur griff er sich manchmal an die Seite.

„Erkennen Sie die Gegend wieder?“ fragte Marjana.

Sie ging am Schlu? und trieb die Ziege vor sich her, der das ganze Unternehmen nun endgultig zuwider war. Das Tier blieb oft stehen und drehte sich zu Marjana um, als bitte es, wieder zuruck in den Wald zu durfen, in freies Gelande.

„Tja, wie soll ich sagen“, erwiderte Thomas. „Letztes Mal sind wir gar nicht erst bis hierher gelangt. Als wir aber vor funfzehn Jahren vom Pa? kamen, lag hier Schnee, die Tage waren kurz, und wir sahen uns kaum um. Wir hatten damals gerade etwas Hoffnung gefa?t, zum ersten Mal Hoffnung, waren aber auch sehr erschopft. Der Weg von hier bis zur Siedlung nahm mehr als eine Woche in Anspruch.“

Dick, der voranschritt, blieb plotzlich wie erstarrt stehen und hob den Arm.

Alle machten halt, sogar die Ziege, als hatte sie den Befehl verstanden. Dick, die Armbrust im Anschlag, bewegte sich langsam vorwarts, dann buckte er sich. „Seht mal“, rief er, „ihr seid damals tatsachlich hier entlanggegangen!“

Hinter einem gro?en Stein lag, matt glanzend und sich in einer Bachwindung spiegelnd, ein faszinierender Gegenstand. Er war aus Aluminium und besa? Ahnlichkeit mit einer plattgedruckten Kugel, auf der eine wei?e Kappe steckte. Er hatte auch einen Riemen, so da? man ihn uber der Schulter tragen konnte.

Dick hob den Gegenstand auf und sagte: „Wahrscheinlich ist ein Stein draufgefallen.“

„Nein“, erwiderte Thomas, der herangetreten war und Dick den Gegenstand aus der Hand nahm, „das mu? so sein. Wir machten an dieser Stelle Rast, und jemand … Aber ja, naturlich Waitkus! Es ist seine Feldflasche. Er wird sich freuen, wenn wir sie ihm bringen!“

„Eine Feldflasche ist das?“ fragte Marjana und betrachtete den glanzenden Gegenstand.

„Ja, man transportiert Wasser darin.“ Thomas schuttelte die Flasche, und alle horten eine Flussigkeit darin platschern.

„Eine praktische Sache“, sagte Dick.

„Sie ist ganz bewu?t so flach gearbeitet, damit man sie bequemer auf der Hufte tragen kann.“ Thomas schraubte vorsichtig den Verschlu? ab.

„Sie sieht hubsch aus“, sagte Marjana. „Ich werde sie zur Jagd mitnehmen“, sagte Dick.

„Waitkus braucht sie ja nicht mehr, er ist krank.“

Thomas fuhrte die Flasche an die Nase und roch daran.

„Teufel noch mal“, rief er aus, „man konnte glatt den Verstand verlieren!“

„Was ist los?“ fragte Oleg, der die Flasche gern mal in die Hand genommen hatte.

„Da ist Kognak drin, Kinder! Begreift ihr denn nicht “

Kognak!“

Die Ziege war inzwischen ein Stuck zur Seite gesprungen und hatte mit einem verwunderten Meckern auf sich aufmerksam gemacht.

Oleg ging zu ihr. In einer Vertiefung hinter Steinen lag ein kleiner Haufen Blechdosen und Kasserollen — einen solchen Schatz hatte Oleg noch nie zu Gesicht bekommen.

„Thomas“, rief er, „sieh mal, was ihr noch vergessen habt!“

„Nein, nicht vergessen“, erwiderte Thomas. „Wir waren zu diesem Zeitpunkt sicher, den Wald zu erreichen und machten ein letztes Picknick. Das sind Konservendosen, verstehst du? Unnutze Konservendosen.“

„Wieso unnutz?“

„Damals jedenfalls erschienen sie uns unnutz.“ Thomas fuhrte erneut die Flasche an die Nase und roch

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