Gerat uberlassen!«

»Dann hat er nur noch drei, von denen eines unbedingt den Sudpol erreichen mu?«, wandte Lackland ein. Er runzelte nachdenklich die Stirn und sprach dann in sein Mikrophon: »Barl, du mu?t selbst entscheiden, was in diesem Fall zu tun ist.

Vielleicht kommst du mit drei Geraten aus, und meine Freunde hier waren bestimmt nicht unglucklich, wenn die Wilden das vierte behielten.«

»Vielen Dank, Charles.« Barlennans Entschlu? war bereits gefa?t. Zum Gluck hatte der Hauptling die Unterhaltung gespannt verfolgt, ohne sich einzumischen; jetzt beobachtete er, wie Barlennan seinen Leuten rasch einige Befehle erteilte.

Das Funkgerat wurde vorsichtig aus ›sicherer‹ Entfernung mit Stangen auf eine doppelte Seilschlinge geschoben. Barlennan erhielt ein Seilende und ubergab es seinerseits ehrfurchtig dem Hauptling, der vier Ratgeber heranwinkte, die das Gerat tragen sollten. Die Eingeborenen naherten sich vorsichtig dem au?ersten Flo?, und das Kanu des Hauptlings kam heran – ein langer Einbaum mit papierdunnen Seitenwanden.

Barlennan warf einen mi?trauischen Blick auf das seltsame Boot, weil er sich nicht vorstellen konnte, da? dieses verruckte Ding das schwere Funkgerat tragen wurde. Zu seiner Uberraschung sank das Kanu jedoch nur wenig tiefer, als die Last abgesetzt wurde. In diesem Augenblick wurde Barlennan klar, da? er sich das Boot unbedingt verschaffen mu?te, um herauszubekommen, weshalb Schiffe dieser Art im Verhaltnis zu ihrer Gro?e verbluffend schwere Lasten tragen konnten.

Als der Hauptling und seine vier Ratgeber an Bord des Kanus gingen, folgte Barlennan ihnen unaufgefordert. Die Eingeborenen beobachteten ihn erstaunt, hielten ihn a ber nicht zuruck. Der Kommandant wu?te genau, was er wollte, war sich aber noch nicht daruber im klaren, wie er es anfangen sollte. Deshalb naherte er sich zuerst dem Funkgerat.

»Charles, ich mu? dieses kleine Schiff haben, selbst wenn ich es den Kerlen nachts stehlen mu?te. Antworte bitte irgend etwas, sobald ich nicht mehr spreche. Die Leute sollen den Eindruck h aben, ihr Boot sei nicht mehr fur den Alltagsgebrauch geeignet, sondern musse statt dessen den Platz des Funkgerats auf Deck einnehmen. Willst du mir dabei helfen?«

»Es widerstrebt mir eigentlich, Erpressern – das Wort erklare ich dir spater – behilflich zu sein, aber ich bewundere deine Unverschamtheit. Viel Gluck, Barl, hoffentlich merkt unser Freund nicht, da? du ihn hereinlegen willst.« Lackland schwieg und beobachtete gespannt, wie der Mesklinit sich an die Arbeit machte.

Barlennan verzichtete auch diesmal auf gro?e Worte, aber seine Gesten waren selbst fur Menschen verstandlich, und die Eingeborenen begriffen sofort, was er im Sinn hatte. Er untersuchte zunachst das Kanu und gab seine Zufriedenheit zu erkennen, dann verscheuchte er ein zweites Boot, das zu nahe gekommen war, und machte dem Hauptling klar, da? seine Leute unter allen Umstanden genugend Abstand halten sollten.

Als nachstes kehrte er an Bord zuruck, lie? die restlichen Funkgerate zur Seite raumen und bereitete demonstrativ einen Platz vor, der fur das Kanu genugen mu?te. Vermutlich hatte er seinen wortlosen Uberredungsversuch weiter fortgesetzt, aber an dieser Stelle ging die Sonne unter. Die Eingeborenen lie?en sich davon nicht abhalten; bei Sonnenaufgang lag das Kanu bereits am Ufer. Barlennan beobachtete aufmerksam, wie der Hauptling und seine Ratgeber die kostbare Last aus dem Boot hoben und stellte befriedigt fest, da? alle ubrigen Eingeborenen sich in respektvoller Entfernung hielten. Dann verschwand der ganze Stamm jenseits der Uferboschung; die Bree hatte jetzt weiterfahren konnen, aber der Kommandant gab nicht so rasch auf, sondern wartete geduldig, bis wieder mehrere Eingeborene am Ufer auftauchten. Der Hauptling und zwei seiner Ratgeber bestiegen das Kanu, stie?en ab und naherten sich der Bree, wahrend ein zweites Boot in gro?erer Entfernung folgte.

Die drei Eingeborenen legten an der gleichen Stelle wie zuvor an und verlie?en sofort das Kanu.

Barlennan hatte bereits vier seiner Leute eingeteilt, die jetzt das Boot aus dem Flu? hoben, es vorsichtig uber Deck trugen und es dort absetzten, wo fruher das Funkgerat gestanden hatte. Die Eingeborenen sahen nicht lange zu; der Hauptling und seine beiden Ratgeber bestiegen das zweite Kanu, lie?en sich ans Ufer zuruckbringen und sahen nur von Zeit zu Zeit zur Bree hinuber. Die Abenddammerung verschluckte sie, als sie die Uferboschung hinaufstiegen.

»Du hast es geschafft, Barl«, sagte Lackland e rleichtert. »Ich wunschte nur, ich ware so gerissen wie du; dann ware ich wahrscheinlich steinreich, wenn meine Opfer mich nicht schon gelyncht hatten. Willst du noch bis morgen warten, um mehr aus ihnen herauszulocken?«

»Wir fahren sofort ab!« versicherte der Komma ndant ihm.

Lackland verlie? den dunklen Bildschirm und ging in seine Kabine zuruck, um endlich wieder einmal zu schlafen.

11

Der Ubergang vom Flu? zum Meer kam so allmahlich, da? niemand genau angeben konnte, wann und wo sich die Veranderung bemerkbar gemacht hatte. Der Wind wurde von Tag zu Tag starker, bis die Bree endlich wieder segeln konnte; die Flu?ufer traten immer weiter zuruck und waren schlie?lich von Deck aus nicht mehr sichtbar. Vorlaufig fehlten noch die Myriaden kleiner und kleinster Lebewesen, die fur Ozeane typisch waren, aber die Besatzung wu?te, da? das Meer bald von ihnen wimmeln wurde.

Die Bree segelte weiter nach Osten, denn die Flieger hatten festgestellt, da? eine langgestreckte Halbinsel ihr vorlaufig den Weg nach Suden versperrte. Das Wetter war gut, und die Besatzung konnte sich darauf verlassen, da? sie rechtzeitig gewarnt werden wurde, falls sich ein Umschwung abzeichnete. Die Bree hatte reichlich Vorrate an Bord, die jedenfalls genugten, bis die ausgeworfenen Netze eingeholt wurden. Die Besatzung hatte also allen Grund zur Zufriedenheit.

Auch ihr Kommandant war mit sich und der Welt zufrieden. Er hatte durch eigene Versuche und Lacklands beilaufige Erklarungen herausbekommen, weshalb das ausgehohlte Kanu im Verhaltnis zu seiner Gro?e wesentlich mehr als ein Flo? tragen konnte. Nun beschaftigte er sich mit Planen fur ein riesiges Schiff – gro?er als die Bree –, das die zehnfache Ladung transportieren konnte.

Dondragmers Pessimismus brachte ihn nicht von dieser Idee ab; der Maat hatte das Gefuhl, es musse einen bestimmten Grund dafur geben, weshalb Schiffe dieser Art nicht benutzt wurden, obwohl er diesen Grund nicht erklarein konnte.

»Das ist zu einfach«, sagte er immer wieder. »Irgend jemand ware bestimmt auf die gleiche Idee gekommen, wenn die Sache wirklich so einfach ware.« Barlennan wies in solchen Fallen nur schweigend auf das Kanu, das an einer Leine im Schlepp der Bree folgte; er hatte solches Vertrauen zu diesem neuen Prinzip, da? er das Boot sogar mit der Halfte ihrer Vorrate beladen hatte. Dondragmer konnte nicht ableugnen, was er mit eigenen Augen sah, aber als die Bree endlich nach Suden steuerte, fiel ihm etwas ein.

»Warte nur, wie es sinkt, sobald wir wieder schwerer werden!« rief er Barlennan zu. »Am Rand ist es vielleicht ein brauchbares Boot, aber unter normalen Verhaltnissen braucht man ein anstandiges Flo?!«

»Der Flieger ist anderer Meinung«, erwiderte Barlennan ungeruhrt. »Du wei?t selbst, da? die Bree hier am Rand nicht weniger Tiefgang hat, Don. Der Flieger behauptet, das kame daher, weil auch das Methan weniger wiegt, und ich finde seine Erklarung ganz vernunftig.«

Dondragmer war keineswegs uberzeugt und beobachtete das Kanu in den folgenden Tagen aufmerksam, ohne jedoch Anzeichen dafur zu sehen, da? der Freibord sich verringerte. Die zehn Zentimeter Tiefgang erhohten sich nicht weiter, und der Maat schien fast enttauscht zu sein. Vielleicht hatten Barlennan und der Flieger also doch recht.

Das primitive Me?gerat an Bord zeigte an, da? die Schwerkraft allmahlich zunahm; sie betrug jetzt etwa sieben g – kaum genug, um ein Gerat ausschlagen zu lassen, das fur Werte bis zu siebenhundert g ausgelegt war. Toorey meldete sich nicht zur ublichen Zeit, und Barlennan und sein Maat fragten sich schon, ob alle Funkgerate plotzlich ausgefallen sein konnten, als doch eine Stimme aus den Lautsprechern drang. Diesmal war es nicht Lackland, sondern ein Meteorologe, der schon oft mit den Meskliniten gesprochen hatte.

»Barl«, sagte der Wettermann, »ich wei? nicht, wie schwer ein Sturm sein mu?, den ihr fur gefahrlich haltet – ich nehme an, da? ihr so leicht vor keinem zuruckschreckt – aber in nachster Zeit ist einer zu erwarten, dem ich nicht auf einem zwolf Meter langen Flo? ausgesetzt sein mochte. Ich verfolge die Bahn des Sturms jetzt schon uber funfzehnhundert Kilometer weit. Er ist so gewaltig, da? er das Meer aufwuhlt und Material mit an die Oberflache rei?t, das seinen Weg durch verschiedene Farbung bezeichnet.«

»Das genugt mir«, antwortete Barlennan. »Wie kann ich ihm ausweichen?«

»Das ist gerade das Problem. Der Sturm ist noch weit von euch entfernt, und ich kann noch nicht beurteilen, an welcher Stelle er voraussichtlich euren Kurs kreuzt. Ich wollte euch nur schon jetzt warnen, denn achthundert Kilometer sudostlich von euch liegt eine Gruppe gro?erer Inseln, und ich dachte, ihr wurdet sie ansteuern. Der Sturm erreicht sie bestimmt, aber dort mu?te ein guter Hafen zu finden sein, in dem die Bree Schutz finden wurde.«

»Kann ich die Inseln rechtzeitig erreichen? Im Zweifelsfall bleibe ich lieber auf See, wo keine Gefahr besteht, da? ich an Land geworfen werde.«

»Macht ihr weiter so gute Fahrt wie bisher, mu?tet ihr die Inseln rechtzeitig erreichen und dort nach einem Hafen suchen konnen.«

»Gut, einverstanden. Wie lautet die Mittagspeilung?«

Die Station auf Toorey stellte die jeweilige Position der Bree mit Hilfe der gemessenen Ausstrahlung der Funkgerate fest, denn das winzige Schiff war selbst mit dem starksten Teleskop nicht zu erkennen. Der Meteorologe gab den neuen Kurs an, die Segelstellung wurde entsprechend verandert und die Bree steuerte die Inselgruppe an.

Das Wetter blieb vorlaufig noch klar, aber der Wind frischte merklich auf. Einige Tage spater schien ein leichter Nebelschleier vor der Sonne zu liegen, der allmahlich dichter wurde und die goldene Scheibe verdeckte. Die Bree war noch uber hundert Kilometer von der ersten Insel entfernt, als die Besatzung eine uberraschende Entdeckung machte. Die Farbe des Meers hatte sich wieder verandert, aber das allein storte niemand, denn alle waren daran gewohnt, es rot oder blau zu

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