Last nach oben und uber den Rand zu ziehen; als das Bundel vor ihnen lag, wies das Seil deutliche Abnutzungserscheinungen auf. Dagegen mu?te etwas getan werden, und wahrend die Gruppe das Ende der Lebensmittelrationierung feierte, uberlegte Barlennan, was sich in dieser Beziehung machen lie?. Dann setzte er sich mit Dondragmer in Verbindung und gab ihm entsprechende Anweisungen.
Die nachsten Lasten bestanden folglich aus Masten, Rahen, Seilen und Rollen, die schon dazu g edient hatten, die Bree uber eine andere Felswand herabzulassen. Aus diesen Teilen wurde ein Dreibein konstruiert, an dessen ausladender Spitze eine der Rollen hing, wahrend die ubrigen Rollen dazu dienten, das Zugseil umzulenken. Der Bau nahm einige Zeit in Anspruch, da die einzelnen Teile hochgehoben werden mu?ten, um in der richtigen Stellung festgebunden zu werden. Da die Meskliniten wieder die fruhere Angst vor massiven Gegenstanden uber sich empfanden und sich ohnehin nicht hoch genug aufrichten konnten, wurden die meisten Teile auf dem Boden liegend zusammengebunden.
Dann folgte der schwierige Teil der Arbeit, denn das Dreibein mu?te aufgerichtet und in die richtige Stellung gebracht werden, was unter Beachtung aller Sicherheitsvorkehrungen geschah. Eine gleichstarke Gruppe von Mannern hatte diese Arbeit auf der Erde in einer Stunde geschafft; die Meskliniten brauchten zehn Tage dazu – und die Beobachter auf Toorey hatten volles Verstandnis dafur.
Das Dreibein wurde zwei Meter vom Rand entfernt errichtet und dann vorsichtig in Position geschoben; dort beschwerten Barlennan und seine Leute die Beine mit kleinen Felsbrocken, die in den Augen der Menschen winzige Kiesel waren. Die schwerste Rolle wurde an einen Mast gebunden, das Seil eingelegt und der Mast in die richtige Stellung gehoben, so da? ein Viertel seiner Lange uber das stutzende Dreibein und den Rand der Klippe hinausragte. Das andere Ende des Mastes wurde ebenfalls mit Steinen belastet.
Diese Arbeit nahm einige Zeit in Anspruch, aber die Muhe machte sich bezahlt. Zunachst wurde nur eine Rolle benutzt, so da? die ganze Last zu bewaltigen war; die Reibung war jedoch weitgehend ausgeschaltet, und eine Klemme am unteren Ende des Mastes hielt das Seil fest, wahrend die Meskliniten sich ausruhten.
Eine Ladung nach der anderen wurde heraufgezogen, wahrend Dondragmer und seine Leute unermudlich jagten und fischten, um die Versorgung nicht abrei?en zu lassen. Die Umgebung des Dreibeins wirkte allmahlich bewohnbarer, und Barlennans Gruppe fand sogar Zeit, an verschiedenen Stellen funf Zentimeter hohe Einfriedungen aus kleinen Steinen zu errichten, so da? der Platz bald an ihre Heimatstadt erinnerte. Tuch fur Dachabdeckungen stand leider nicht zur Verfugung – der Kommandant war nicht bereit, kostbare Zeit dadurch zu vergeuden, da? seine Leute es von unten heraufzogen –, aber in jeder anderen Beziehung konnte man sich hier oben an die Heimat erinnert fuhlen.
Die angesammelten Vorrate wogen bereits mehr, als die kleine Gruppe zu schleppen vermochte, denn Barlennan hatte die Absicht, entlang des Weges Vorratslager einzurichten. Der zweite Teil des Marsches wurde kurzer sein, aber zwangslaufig war noch nicht abzusehen, wie lange sie in der Nahe der Rakete bleiben mu?ten, und der Kommandant wollte kein uberflussiges Risiko eingehen.
Barlennan wunschte nur, er hatte mehr Leute mi tgenommen, um einige an dieser Stelle zurucklassen zu konnen, die weitere Vorrate auf das Plateau hinaufziehen wurden, aber daran lie? sich nun nichts mehr andern. Es war ausgeschlossen, da? eine zweite Gruppe den Umweg uber die Gerollhalde machte, um zu ihnen zu sto?en, und niemand dachte gern an die einzige andere Moglichkeit. Der Kommandant befa?te sich selbstverstandlich damit, und je langer er sich damit beschaftigte, desto reizvoller erschien sie ihm. Barlennan war sich daruber im klaren, da? seine Gruppe fur die bevorstehenden Aufgaben zu schwach war; folglich mu?te er diese Moglichkeit ausnutzen, sie zu verstarken, und der Kommandant gehorte nicht zu den Leuten, die irgendwelche Projekte aufgaben, nur weil ihr Erfolg zu Anfang noch zweifelhaft war. Er machte also eines Tages den Vorschlag, einen Aufzug einzurichten, und begegnete dem erwarteten ablehnenden Schweigen; er lie? sich jedoch nicht beirren, sondern erwahnte das Thema immer wieder.
Lackland war bereits seit einiger Zeit klar, da? der Kommandant ein regelrechter Uberredungskunstler war; deshalb bedauerte er es jetzt, da? er die Eingeborenensprache nicht genugend beherrschte, um verfolgen zu konnen, wie Barlennan seine Leute allmahlich umstimmte. Der Kommandant gab sich alle Muhe, und seine Zuhorer wurden langsam weich; zuerst hatten sie seine Idee strikt abgelehnt, dann befa?ten sie sich immerhin damit, diskutierten sie widerwillig und stimmten endlich zu. Ihre Begeisterung war nie uberma?ig gro?, aber Barlennan hatte von Anfang an keine Wunder erwartet.
Im Grunde genommen verdankte er diesen Erfolg jedoch nicht ausschlie?lich eigenen Bemuhungen.
Dondragmer hatte sich sehnlich gewunscht, zu der Gruppe zu gehoren, die bis zu der Rakete vordrang; er war enttauscht gewesen, als Barlennan ihm b efahl, mit seinen Leuten an Bord der Bree zuruckzukehren und die Versorgung zu ubernehmen. Als sich ihm nun die Moglichkeit bot, wieder in die aktive Gruppe aufgenommen zu werden, war er sogar bereit, sich an einem Seil uber die Felswand hinaufziehen zu lassen. Deshalb benutzte er die Argumente des Kommandanten, um seine Leute davon zu uberzeugen, da? dieses Unternehmen im Grunde genommen harmlos sei; er hatte vermutlich weniger Erfolg damit gehabt, wenn er nicht immer wieder betont hatte, da? er selbstverstandlich als erster die Fahrt wagen werde.
Schlie?lich wurde eine kleine holzerne Plattform gebaut.
deren niedrige massive Reling – Dondragmers Erfindung – verhindern sollte, da? der Fahrgast nach unten sehen konnte. Nachdem alle Knoten und Seilverbindungen doppelt und dreifach uberpruft worden waren, wurde das Gerust an die Felswand geschleppt und dort in das Zugseil eingehangt.
Dondragmer zogerte nicht langer, sondern bestieg die Plattform, setzte das letzte Stuck Reling ein und gab das Zeichen zum Anheben.
Die Plattform schwebte langsam in die Hohe.
Zum Gluck war selbst der kraftige Wind nicht imstande, das Pendel zu bewegen, an dessen tiefstem Punkt Dondragmer hing; das Seil war zu dunn, um Widerstand zu bieten, und die Plattform lie? sich wegen ihres hohen Gewichts kaum bewegen. Auf diese Weise war die Auffahrt nicht nur bequemer, sondern auch sicherer; hatte die Last aus irgendeinem Grund zu schwingen begonnen, waren die ersten Ausschlage von etwa einer halben Sekunde Dauer standig kurzer geworden und bald in hochfrequente Schwingungen ubergegangen, die bestimmt dazu gefuhrt hatten, da? das Dreibein am Rand der Klippe ebenfalls in Bewegung geriet und sich losri?.
Dondragmer war vernunftig genug, keinen Blick uber die Reling nach unten zu werfen; statt dessen hielt er die Augen fest geschlossen und schamte sich deswegen nicht einmal, weil er wu?te, da? er vernunftig handelte. Die Fahrt nach oben schien endlos lange zu dauern; tatsachlich nahm sie sechs Tage in Anspruch. Barlennan lie? die Arbeit gelegentlich einstellen und uberprufte sorgfaltig das gesamte Hebezeug, ohne Fehler zu entdecken.
Schlie?lich erreichte der Aufzug den Rand der Klippe, wurde dort angehoben und langsam nach innen geschwenkt. Dondragmer hatte wieder die Augen geoffnet, sobald Stimmen in seiner Nahe zu horen waren; jetzt verlie? er sichtlich erleichtert seinen schwankenden Untersatz und setzte sich sofort mit den Zuruckgebliebenen in Verbindung, die seine Fahrt angstlich beobachtet hatten. Der Kommandant nutzte die dadurch erzeugte gunstige Stimmung aus, lie? die Plattform zu Boden bringen und forderte den nachsten Passagier zum Einsteigen auf.
Das Unternehmen wurde ohne gro?ere Schwierigkeiten oder gar Unfalle abgeschlossen; der Fahrstuhl machte die Reise insgesamt zehnmal, bis der Kommandant entschied, weitere Fahrten seien nicht zu verantworten, da sie die Aufgaben der Zuruckbleibenden fast unlosbar gemacht hatten.
Nachdem dieses Problem bewaltigt war, konnten die Meskliniten damit beginnen, den letzten Teil ihres Auftrages zu erfullen.
»Wenn du noch ungefahr zwei Minuten wartest, Barl«, sagte Lackland und warf einen Blick auf den Rechenstreifen des Computers, »steht die Sonne genau in der Richtung, die ihr einhalten mu?t. Wir konnen den Standort der Rakete bis auf zehn Kilometer berechnen und euch in die Mitte des Gebiets fuhren, in dem sie stehen mu? – aber von dort ab mu?t ihr euch selbst auf die Suche machen. Falls das Gelande dort nicht wesentlich gunstiger aussieht, habt ihr eine schwierige Aufgabe vor euch, furchte ich.«
»Wahrscheinlich hast du recht, Charles; wir haben in dieser Beziehung keine Erfahrung. Trotzdem bin ich davon uberzeugt, da? wir es schaffen; wir h aben auch alle anderen Probleme gelost – meistens mit eurer Hilfe. Steht die Sonne schon richtig?«
»Augenblick – jetzt! Siehst du irgendwo einen Gelandepunkt, den ihr als Anhalt nehmen konnt, bis die Sonne wieder an der gleichen Stelle steht?«
»Leider nein, Charles. Aber wir kommen auch so zurecht, wenn du jeden Tag unsere Richtung korrigierst.«
»Das ist eine Art Koppelnavigation ohne Kenntnis der Wind- und Stromungsrichtungen, aber uns bleibt schlie?lich keine andere Wahl. Ich melde mich regelma?ig wieder. Viel Gluck!«
18
Barlennan und seine Leute hatten tatsachlich eine schwierige Aufgabe zu losen, denn es stellte sich als unmoglich heraus, in gerader Richtung zu marschieren; der Boden war mit Felsbrocken ubersat, die umgangen werden mu?ten und der Gruppe dabei die Sicht nahmen. Der Korperbau der Meskliniten erhohte diese Schwierigkeiten noch, da ihre Augen sich so dicht uber dem Boden befanden. Der Kommandant bemuhte sich, Umwege in entgegengesetzten Richtungen zu machen, konnte die dabei zuruckgelegte Strecke jedoch nicht genau beurteilen. Deshalb war es kein Wunder, da? die taglichen Uberprufungen regelma?ig zwanzig bis drei?ig Grad Abweichung von der ursprunglichen Richtung ergaben.
Alle funfzig Tage wurde die Position des Funkgerats neu bestimmt, das sich jetzt als einziges b ewegte, da das zweite am Rand der Klippe zuruckgeblieben war. Barlennan benutzte diese Pausen dazu, mit