Minuten ist namlich Schichtwechsel, und das Tagespersonal wird dann alle Patienten wecken, damit sie noch vor dem Austeilen des Fruhstucks mit dem Waschen fertig sind. Au?er ihnen gibt es hier noch drei weitere gehfahige Patienten auf der Station, und wie ich Sie einschatze, ware es Ihnen bestimmt lieber, den Waschraum nicht gleich am ersten Morgen mit den anderen teilen zu mussen. Deshalb durfte es fur Sie angenehmer sein, als erster hineinzugehen, damit Sie fertig sind, bevor die anderen kommen.«

»Da haben Sie sicher vollkommen recht«, stimmte ihr Hewlitt ohne zu zogern zu. »Trotzdem bin ich furchtbar mude. Kann ich mich nicht spater waschen?«

»Wenn ich an das Unbehagen denke, das die Nahe von Extraterrestriern bei Ihnen auslost, werde ich Sie lieber nicht in den Waschraum begleiten«, fuhr die Hudlarerin fort, ohne auf Hewlitts Bitte einzugehen. »Ich warte dann drau?en vor der Tur, falls Ihr Sensorenme?gerat, das Sie wahrend des Waschens ubrigens nicht abzunehmen brauchen, einen Notfall meldensollte oder Sie Hilfe benotigen, weil Sie mit der Ausstattung nicht zurechtkommen.

Sollten Sie sich geistig und korperlich uberma?ig erschopft fuhlen, haben Sie auch die Moglichkeit, ein Dampfbad zu nehmen. Dabei waren Ihnen unsere drei jungsten Lernschwestern ubrigens gern behilflich. Die Melfanerin und die beiden Kelgianerinnen wurden sich namlich sehr freuen, wenn sie endlich einmal die Gelegenheit bekamen, mehr Erfahrung im Umgang mit einem korperlich gesunden Terrestrier wie Ihnen zu sammeln.

Wie ich wei?, freuen sie sich schon besonders darauf, das Abschaben der Fellstoppeln, die uber Nacht auf den mannlichen DBDG-Gesichtern wachsen, zu erlernen.«

Noch bevor die Hudlarerin den Satz beendet hatte, hatte Hewlitt die Bettdecke zuruckgeworfen und die Fu?e auf den Fu?boden geschwungen, wo bereits ein Paar weiche Hausschuhe bereitstand. Dann erhob er sich rasch vom Bett und versicherte der Schwester, da? ihm ihr erster Vorschlag weit besser gefalle.

Die Hudlarerin trat beiseite, um Hewlitt den Weg freizumachen.

Etwa zwanzig Minuten spater kletterte er ins Bett zuruck. Er fuhlte sich frisch und sauber und auch nicht mehr ganz so mude, als die Deckenlichter voll aufgedreht wurden und das Personal der Tagschicht geschaftig auf der Station hin und her eilte. Eine Kelgianerin, die einen kleinen Wagen mit Schusseln und Handtuchern vor sich herschob, stie? den pelzigen Kopf und die Schultern durch die Sichtblenden. »Guten Morgen, Patient Hewlitt«, begru?te sie ihn. »Sie sehen sauber aus. Haben Sie sich schon gewaschen?«

»Ja«, antwortete er kurz angebunden, und die Kelgianerin verschwand wieder.

Wenige Minuten spater horte er, wie sich zwei Patienten naherten und auf dem Weg zum Waschraum an seinem Bett vorbeigingen. Einer schien gro? und schwer zu sein und auf mehr als vier Fu?en zu gehen, wahrend sich der andere mit einem ungleichma?ig tippelnden Gerausch fortbewegte.Da? es sich bei den beiden um Patienten handelte, wurde ihm schnell klar, denn der eine beklagte sich daruber, geweckt worden zu sein, als es ihm gerade gelungen sei, endlich einzuschlafen. Der andere behauptete sogar, da? diese Leethveeschi nach seiner Auffassung illegale Forschungsarbeit auf dem Gebiet des Schlafentzugs betreibe und er nicht nur einer Gehirnwasche unterzogen worden sei, sondern auch noch immer darauf warte, da? endlich das Croamsteti in seinem Kuldergang ausgetauscht werde. Hewlitts Translator gab den Originalton der Worter wieder, also existierten vermutlich keine terrestrischen Entsprechungen fur diese Ausdrucke. Um welche Wesen es sich bei den beiden auch immer handeln mochte, was den Schlafentzug anging, so stimmte er mit ihnen vollig uberein.

Gerade als er sich im Bett zuruckgelehnt und die Augen geschlossen hatte, zumal die Gerauschkulisse auf der Station allmahlich ertraglicher wurde, tauchte erneut die kelgianische Krankenschwester auf und brachte ihm das Fruhstuck auf einem Tablett. Vielleicht war es auch eine andere Kelgianerin als vorhin, denn bisher konnte er den Unterschied zwischen einer uberdimensionalen pelzigen Raupe und einer anderen nicht erkennen, und er bezweifelte arg, da? sich dies jemals andern wurde.

»Setzen Sie sich bitte aufrecht hin, und essen Sie am Nachttisch, Patient Hewlitt«, forderte die Raupe ihn auf. »Wie ich gelernt habe, bekommt Ihre Spezies leicht Verdauungsstorungen mit einhergehendem Brechreiz, wenn die Schwerkraft beim Nahrungsflu? zum Magen nicht unterstutzend mitwirken kann. Guten Appetit.«

»Ich mochte jetzt nichts essen, Schwester«, entgegnete er, wobei er sich redlich bemuhte, seinen uberreizten Zustand zu verbergen. »Ich mochte schlafen. Bitte lassen Sie mich jetzt allein.«

»Nein, erst essen Sie, dann konnen Sie schlafen«, widersprach die Schwester. »Versuchen Sie wenigstens, etwas davon zu essen, denn sonst i?t Oberschwester Leethveeschi mich auf.«

»Im Ernst? Wurde sie das wirklich tun?« erkundigte sich Hewlitt besorgt, wahrend die alten Angste wieder in ihm hochkamen und ihn vollig wachwerden lie?en. Vielleicht machte die Kelgianerin ja wirklich keine Witze.

»Unsinn, naturlich nicht«, antwortete die Schwester. »Aber auch nur, weil sie eine Chloratmerin ist und mein Korperfleisch fur sie reines Gift ware.«

»Also gut, ich werde es versuchen«, willigte er schlie?lich ein, obwohl er wu?te, da? das Essen im Orbit Hospital genau wie auf dem Schiff fast ausschlie?lich synthetisch hergestellt wurde. Doch als er den Deckel des Tabletts anhob, um darunter zu gucken, und ihm der Duft in die Nase stieg, wurde ihm bewu?t, wie lange er schon nichts mehr gegessen hatte, und er fugte hinzu: »Das sieht wirklich lecker aus und riecht auch sehr gut, Schwester.«

»Optisch ist es mit das widerlichste und ekelerregendste Zeug, das mir je unter die Augen gekommen ist«, merkte die Schwester angewidert an und zog sich eilig durch die Sichtblenden hindurch zuruck. »Und riechen tut es sogar noch schlimmer.«

»Konnte es sein, da? es Ihnen ein wenig an Taktgefuhl mangelt, Schwester?« erkundigte sich Hewlitt mit ironischem Unterton, doch die Kelgianerin war bereits verschwunden, und man konnte nur noch das leise Trippeln ihrer vielen Fu?e horen.

»Was ist eigentlich Taktgefuhl?« erkundigte sich eine Stimme aus dem gegenuberstehenden Bett, die, wie er sich erinnerte, zu einem kelgianischen Patienten namens Henredth gehorte.

Hewlitt antwortete vorsichtshalber erst gar nicht, und er versuchte auch, die nachfolgenden Fragen zu uberhoren. Als er mit dem Fruhstucken fertig war, schlossen sich seine Augen wie von selbst.

Einige Stunden spater erwachte er beim Klang leiser Alienstimmen, und als er die rings ums Bett heruntergezogenen Sichtblenden sah, erinnerte er sich, wo er war. Dennoch hatte er langst nicht mehr solch ein beangstigendes Gefuhl, wie er es noch am Tag zuvor empfunden hatte, und nachdem er einige Minuten lang die Gesprache per Translator verfolgt hatte, druckte er auf einen Knopf, und die Sichtblenden wurden nach obengezogen.

Als erstes fiel ihm auf, da?, wahrend er geschlafen hatte, sein Bettnachbar, der ianische Patient Makolli, verlegt worden war, denn nun lag ein Orligianer in dem Bett. Diese Spezies erkannte Hewlitt sofort, weil ihr auch

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