entwischt.«
»Sie machen das sehr gut, Patient Hewlitt«, ermunterte ihn die Schwester, wobei sie die erst kurz zuvor verabreichte Beruhigungsspritze wieder in die Tasche zurucksteckte. »In wenigen Sekunden wird allesvorbei sein. Das vorubergehende Nachlassen Ihrer Umklammerung kann durch die Beruhrung Ihrer Finger mit dem Fell verursacht worden sein, das mit dem oligen Medikament des Wundverbands und dem Schwei? der Patientin durchtrankt ist. Au?erdem habe ich erfahren, da? DBDG-Terrestrier selbst dann in den Handflachen schwitzen, wenn sie sich korperlich nicht anstrengen und keinen Temperaturanstieg haben. Dabei kann es sich um ein Anzeichen fur eine heftige Gefuhlsreaktion auf eine bestehende oder bevorstehende Stressituation handeln, die durch…«
»Aber meine Handflachen schwitzen bis zu den Ellbogen hoch!« unterbrach Hewlitt sie, zumal er absolut nicht willens war, sich in dieser Situation schon wieder einen medizinischen Vortrag der Schwester anzuhoren.
»Auf jeden Fall besteht fur Sie keine Gefahr«, beruhigte ihn die Hudlarerin. »Kelgianische Krankheitserreger konnen die Speziesbarriere nicht durchbrechen… Oh! Ich glaube, Patientin Morredeth entspannt sich allmahlich.«
Die Kelgianerin bewegte nun auch ihre Beine nicht mehr, und ihr Korper lag schlaff und mit vollem Gewicht auf Hewlitts Bauch und Brust. Die Schwester schob nun die wieder freien Greiftentakel von beiden Seiten unter den Korperschwerpunkt der Kelgianerin und hob Morredeth auf das Bett. Wahrend Hewlitt wieder auf die Beine kam, brachte sie den schlaffen Korper Morredeths in die fur ruhende Kelgianer anscheinend bequeme S-Form. Er konnte gerade noch einen Blick auf die gro?e aufgedeckte Hautflache und das strahnige, verfarbte Fell werfen, bevor sie die gelosten Verbande wieder anlegte.
»Bitte waschen Sie sich das Medikament der Kelgianerin von den Handen ab, Patient Hewlitt«, forderte ihn die Schwester auf. »Es wird Ihnen zwar nicht schaden, aber es konnte sein, da? sie den Geruch unangenehm finden, dann gehen Sie ins Bett zuruck und versuchen zu schlafen. Ich werde spater bei Ihnen vorbeischauen, um zu sehen, ob Sie kleinere Abschurfungen erlitten haben, die Sie in der momentanen Aufregung vielleicht gar nicht bemerken.Bevor Sie gehen, mu? ich mich noch fur mein spates Eintreffen entschuldigen. Wie Sie wahrscheinlich wissen, befinden sich in den Sensorenme?geraten auch Mikrofone, so da? auch die akustischen Signale von Patienten auf die Uberwachungsmonitore ubertragen werden. Diese Signale werden ubrigens aufgezeichnet, damit sie auch fur spatere Untersuchungen zur Verfugung stehen. Durch die Richtung, in die sich Ihre Unterhaltung entwickelte, war mir schnell klar, da? etwas passieren und eine schnelle Injektion des Beruhigungsmittels erforderlich werden konnte. Da es sich dabei um ein neu entwickeltes Medikament handelt, bin ich dazu verpflichtet, eine Verabreichung des Mittels vorher mit der Pathologie genau abzusprechen, wenn kein Chefarzt auf der Station ist. Deshalb bin auch erst eingetroffen, als Sie bereits um Hilfe riefen.«
Hewlitt lachte. »Und ich habe die ganze Zeit das Gefuhl gehabt, da? Sie unglaublich schnell da waren. Aber wenn das Gesprach mit Morredeth aufgezeichnet wurde, bedeutet das nicht auch, da? Sie Schwierigkeiten bekommen werden? Ich meine, schlie?lich habe ich ihr davon erzahlt, da? Sie mit der Dienstanweisung, ihr keine Beruhigungsmittel mehr zu geben und sich nachts nicht mehr mit ihr unterhalten zu durfen, nicht einverstanden sind. Was bedeutet das jetzt fur Sie? Sind Sie sich sicher, da? man Ihnen keine Vorwurfe machen wird?«
Zwar wu?te er nicht, was die Schwester gerade dachte, doch hatte er das Gefuhl, da? sie besorgt war, als sie antwortete: »Einige Leute, zu denen auch Medalont, Leethveeschi und Lioren gehoren, werden sich die Aufnahme genau anhoren, und man wird mich ausdrucklich kritisieren. Doch wie Sie bereits bemerkt haben durften, haben Hudlarer ein sehr viel dickeres Fell als die meisten anderen Lebewesen. Trotzdem vielen Dank fur Ihr Verstandnis, Patient Hewlitt. So, und nun werden Sie bitte zuruck ins Bett gehen. Morredeth schlaft friedlich, und es geht ihr…« Sie hielt plotzlich inne, denn die unwillkurlichen Wellenbewegungen von Morredeths Fell waren so langsam geworden, da? sie fast zum Stillstand gekommen waren. Sofort beruhrte die Schwester mit einer Tentakelspitze eine Stelle in der Nahe von Morredeths Genick, um dort mit den fingerartigen Fortsatzenden Puls zu fuhlen. Danach griff sie in die Ausrustungstasche und zog einen Scanner heraus, den sie uber zwei verschiedene Stellen in der Brustgegend der Patientin bewegte. Mit der anderen Tentakelspitze druckte sie auf einen Knopf des Kornmunikators, und uber dem Bett begann an der Decke ein rotes Licht schnell und gleichma?ig zu blinken.
»Reanimationsteam!« sagte sie. »Station sieben, Bett Nummer zwolf, Klassifikation DBLF, Kelgianerin. Seit etwa neunzig Sekunden Herzstillstand beider Herzen… Patient Hewlitt, gehen Sie in ihr Bett zuruck. Sofort!«
Ohne den Blick von dem vollig regungslos daliegenden Korper abwenden zu konnen, trat Hewlitt von der Bettkante zuruck, bis er sich au?erhalb der Sichtblenden befand. Doch anstatt ins Bett zu gehen, wartete er in der Nahe, bis in weniger als einer Minute das Reanimationsteam mit dem Ausrustungswagen eintraf. Das rote Licht an der Decke horte auf zu blinken, und weil man um Morredeths Bett herum ein schalldichtes Feld errichtet hatte, herrschte plotzlich absolute Stille auf der Station.
Das
Er hatte keine Ahnung, wie lange er dort schon in der Dunkelheit gewartet und wie gebannt auf die sich bewegenden Schatten gestarrt hatte, die auf die Sichtblenden projiziert wurden, als endlich die beiden Arzte des Reanimationsteams wieder auftauchten. Seine Neugier wurde jedoch nicht befriedigt, da sich die beiden beim Verlassen der Station nicht unterhielten, so da? seine Besorgnis nur um so gro?er wurde. Die hudlarische Schwester, deren machtiger Schatten sich nicht bewegte, verharrte hinter den Sichtblenden.
Er wartete scheinbar eine Ewigkeit, doch die hudlarische Schwester wich nicht von Morredeths Seite. Betrubt, schuldbewu?t und enttauscht wandte er sich ab und ging in den Waschraum, um sich die Reste der kelgianischen Wundsalbe von den Handen und Armen abzuwaschen. Danach kehrte er zu seinem Bett zuruck, legte sich hin und schlo? die Augen.Wahrend der restlichen Nacht horte er, wie sich die Hudlarerin zweimal auf der Station entlangbewegte, um nach den schlafenden Patienten zu sehen und nach dem einen, der nur so tat, als wurde er schlafen. Doch brauchte sie nicht mit ihm zu sprechen, um Bescheid zu wissen, denn das Me?gerat lieferte ihr samtliche medizinischen Informationen, die sie dazu brauchte. Wahrscheinlich fuhlte sich die Schwester fur das, was geschehen war, verantwortlich, weil Sie ihm vorgeschlagen hatte, sich mit Morredeth zu unterhalten. Dennoch fuhlte er sich genauso verantwortlich, und er hatte beinahe Angst davor, sie darauf anzusprechen. Deshalb machte er keinerlei Anstalten dazu und blieb lieber ruhig liegen, wobei er sich immer wieder die Frage stellte, wie es moglich sein konnte, da? er das Leben der Kelgianerin allein dadurch gefahrdet hatte, weil er sich mit ihr unterhalten hatte. Er fuhlte sich sowohl korperlich als auch seelisch so schlecht wie in seinem ganzen Leben noch nicht.
Er war immer noch wach und grubelte vor sich hin, als das Licht angeschaltet wurde und die Tagschicht ihren Dienst antrat.
14. Kapitel
Die morgendliche Visite fiel sowohl verkurzt als auch unvollstandig aus. Zum einen wurde Chefarzt Medalont