zunehmend als unertraglich. Das Signal zum Aufstand ging von der Stadt des Thales, der ionischen Metropole Milet, aus. Aber auch der Satrapensitz Sardes, einst Sitz des lydischen Konigs Krosus, der als Erfinder des Munzgeldes in Erinnerung geblieben ist, wurde in die Rebellion einbezogen.
In Milet hatte sich um 500 v. Chr. der wankelmutige Tyrann Aristagoras an die Spitze der aufbegehrenden Griechen gestellt und suchte nun im Westen nach Verbundeten. Die Suche nach Waffenbrudern zeitigte bei Kleomenes I., dem Konig von Sparta, keinen Erfolg. Sparta war - wie die meisten anderen griechischen Stadtstaaten - ausreichend damit beschaftigt, Kriege in unmittelbarer Nahe zu fuhren. Aktuell war ein Angriff gegen den Erzfeind Argos in der Argolis geplant, der die Aktivierung samtlicher Ressourcen erforderte.
In Athen hatte Aristagoras mehr Gluck; man war bereit, zwanzig Schiffe zur Verfugung zu stellen. Aus Eretria an der Westkuste der Insel Euboa kamen weitere funf dazu. In der Seeschlacht bei der kleinen Insel Lade vor Milets Kuste erlitten die Griechen nach hoffnungsvollem Auftakt eine empfindliche Niederlage (494 v. Chr.). Zwar hatten sie sich zuvor durch Flottenverbande von den Inseln Chios, Samos und Lesbos deutlich verstarken konnen, waren aber trotz der Waffenhilfe den 600 Schiffen der Perser klar unterlegen.
Die Uneinigkeit und mangelnde Geschlossenheit der Bundnispartner auf griechischer Seite trug zu der Niederlage bei. Die Perser dagegen konnten sich auch auf Einheiten aus Phonizien, Kilikien, Zypern und Agypten verlassen, die dem Weltreich angehorten.
Der milesische Tyrann Aristagoras war schon vor der persischen Gegenoffensive nach Thrakien gefluchtet und kam dort um. Die Perser konnten mit der Zerstorung von Milet den Aufstand zu ihren Gunsten beenden. Die Stadt, die bis dahin das kulturelle Zentrum des griechischen Ostens, wenn nicht ganz Griechenlands gewesen war, wurde 479 wieder aufgebaut.
Der eigentliche Dorn im Auge der Weltmacht blieb aber Athen, das den ionischen Aufstand nach Kraften unterstutzt hatte. Dareios I., der in Agypten als Pharao anerkannt war, sah die Zeit gekommen, den Griechen einen Denkzettel zu verpassen und - im besten Fall -Hellas zu einer persischen Satrapie zu machen.
Zunachst aber versuchte er es mit einer Art Drohdiplomatie und schickte Gesandte gen Westen, um die griechischen Poleis zur Unterwerfung zu bewegen. In Mittel- und Nordgriechenland konnte er auf diese Weise einige Gebiete und diverse Bundesgenossen hinzugewinnen. Es kann allerdings nicht verwundern, dass in Athen wenig Neigung bestand, sich erneut in eine Tyrannis zu begeben, und dass Sparta um keinen Preis bereit war, seine Vormachtstellung auf der Peloponnes aufzugeben. An beiden Orten wurden die Gesandten getotet.
Damit war, aus persischer Sicht, das Ma? voll. Der Gro?konig schickte eine Expeditionsflotte in die Agais, um die Unterwerfung Griechenlands nun - moglichst rasch - mit militarischen Mitteln durchzusetzen.
Der Feldzug begann verhei?ungsvoll. Zunachst traf es Eretria, den anderen Bundnispartner der ionischen Rebellen. Die Stadt wurde zerstort, die Bevolkerung verschleppt. Erstmals traten nun die Perser im griechischen Mutterland in Erscheinung.
Im Spatsommer 490 v. Chr. naherte sich die gewaltige persische Armada der Nehrung von Schoinias, einer Landzunge nahe der Ebene von Marathon, 37 Kilometer nordlich von Athen, wo 20 000 Infanteristen und Reiter an Land gingen. Die Stadt war unmittelbar bedroht und schickte Eilboten nach Sparta, um Unterstutzung einzufordern. Dort weigerte man sich allerdings mit dem Hinweis auf die gerade stattfindenden Festlichkeiten zu Ehren des Gottes Apollon, die eine gleichzeitige Teilnahme an kriegerischen Handlungen verboten. Erst Tage danach wurden Hilfstruppen auf den Weg gebracht.
Verstarkung kam nur aus Plataa. Die Stadt schickte tausend Hopliten - schwer bewaffnete Fu?truppen, die in der geschlossenen
Die persischen Bogenschutzen, im Besitz der wichtigsten Fernwaffe ihrer Zeit, zeigten sich der ansturmenden Phalanx der Athener, die den Pfeilhagel weitgehend unterlief, nicht gewachsen. Au?erdem hatte Miltiades die Flugel seiner Schlachtreihen verstarkt, weil hier die gefurchtete persische Reiterei erwartet wurde, die aber nicht rechtzeitig Position bezog. Auf diese Weise konnten die Seiten der griechischen Phalanx kampfentscheidend zur Mitte schwenken.
Die Perser flohen auf ihre Schiffe; ihre Verluste sollen hoch gewesen sein, wahrend die Athener wohl tatsachlich nur 192 Soldaten verloren hatten. Dies jedenfalls ist die Zahl der »Vollburger«, die gefallenen Sklaven und die Toten aus Plataa wurden nicht mitgerechnet.
Der unerwartete Triumph war nicht nur ein militarisches Ereignis, er war auch ein Sieg der athenischen Verfassung, wie sie Kleisthenes geschaffen hatte. Ein neues Gefuhl der Zusammengehorigkeit war entstanden, das sich durch die Mischung der zehn Phylen-Regimenter auch auf das Schlachtfeld ubertrug.
Athens Selbstbewusstsein war markant gestarkt. Auch deshalb, weil der epochale Sieg ohne die Spartaner zustande gekommen war. Diese trafen so spat ein, dass sie gerade noch das Schlachtfeld besichtigen und mit betretenen Mienen zu Hause davon berichten konnten. Ein empfindlicher Ruckschlag fur Spartas Hegemonialans- pruche auf der Peloponnes, ein spurbarer Machtzuwachs fur Athen, ein kraftiger Vitaminsto? fur die attische Demokratie.
Erst spater, im vierten Jahrhundert v. Chr., entsteht die Legende vom Marathonlauf. Ein Krieger in voller Rustung soll bis in das entfernte Athen gelaufen und nach dem Ruf »Wir haben gesiegt!« tot zusammengebrochen sein. Wie zahlreiche andere Mythen und Erzahlungen, die der Schlacht bei Marathon gewidmet wurden, ist auch diese Anekdote nicht belegt. Richtig ist freilich, dass bei der neuzeitlichen Wiederbegrundung der Olympischen Spiele im Jahr 1894 der »Marathonlauf« als eigenstandige Disziplin eingefuhrt wurde - in der Tat unter Bezugnahme auf dieses Schlusselereignis antiker Geschichte, bei dem, wie es der Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel ausdruckte, »der Lauf der ganzen Weltgeschichte zitternd in der Schwebe hing«.
Fur den persischen Expansionsdrang war die Niederlage gegen einen als zwergenhaft empfundenen Gegner ein Dampfer, fur die Gro?macht selbst eine Demutigung, ein Pfahl im Fleisch der Acha-menidenherrscher, der sie nicht zur Ruhe kommen lie?. Einer allerdings hatte seine Ruhe inzwischen gefunden, in einer Felswand sechs Kilometer nordlich von Persepolis: Gro?konig Dareios I., der im Jahr 486 v. Chr. starb, wahlte sie als Grabstatte. Sein Sohn Xer-xes I. folgte ihm auf den Thron.
Zehn Jahre nach Marathon steht erneut ein riesiges persisches Heer vor Griechenlands Toren. 100 000 Mann sind aufgeboten, 600 Schiffe liegen vor der Kuste im Norden. Auf beiden Seiten hatte zwischenzeitlich ein enormes Aufrusten stattgefunden. In eigenwilliger Interpretation des delphischen Orakelspruchs »Sucht Schutz hinter holzernen Mauern!« steckte der Athener Staatsfuhrer Themistokles das Geld aus kurzlich entdeckten Silbervorkommen in den Bau einer Flotte. Piraus wurde Kriegshafen, und auf den 200 neuen Schiffen mussten nach demokratischem Prinzip alle Manner Athens als Ruderer Dienst tun.
Auf persischer Seite wollte sich Xerxes mit keinerlei Halbherzigkeiten mehr abgeben. Er hatte soeben einen agyptischen und einen babylonischen Aufstand unterdruckt, fuhlte sich frei fur den entscheidenden Feldzug Richtung Westen und lie? das gesamte Reichsheer aufmarschieren. Im Sommer 480 v. Chr. uberschritt Xerxes mit seinen Truppen auf Pontonbrucken den Hellespont, die persische Flotte fuhr durch den eigens angelegten Athoskanal.
In Griechenland war es zwar nicht gelungen, eine geschlossene Koalition gegen die persische Bedrohung aufzubieten, aber immerhin hatten sich zahlreiche Poleis im Hellenenbund unter Fuhrung Spartas zusammengeschlossen. Das Abwehrbundnis stellte sich der persischen Flotte am Kap Artemision an der Nordspitze Euboas entgegen, zu Lande sollte eine kleinere Truppeneinheit am Engpass der Thermopylen in Thessalien den Gegner aufhalten.
Die Stelle war gut gewahlt und konnte tagelang gegen die anruckenden Perser gehalten werden. Dann aber verriet ihnen ein Einheimischer den versteckten Umgehungspfad, und sie erschienen im Rucken der Verteidiger. Tapferkeit, Heldenmut und Untergang der rund 300 Spartaner, die sich mit ihrem Konig Leonidas dem persischen Heer entgegenstellten, sind - wie die Schlacht bei Marathon -zum Mythos geworden.
Athen lag nun offen vor den persischen Truppen, die auch das bedeutende Theben auf ihre Seite gezogen hatten. Frauen und Kinder konnten mit Hilfe der neuen griechischen Flotte rechtzeitig auf die vorgelagerte Insel Salamis evakuiert werden. Xerxes lie? Athen plundern und niederbrennen. Die Akropolis, deren alteste Befestigungen bis in mykenische Zeit zuruckreichen und die im sechsten Jahrhundert v. Chr. zum Heiligtum der Pallas Athene ausgebaut worden war, wurde zerstort. Erst Phidias, Athens beruhmtester Bildhauer, wird sie ab 447 v. Chr. in neuem Glanz errichten, beginnend mit dem Parthenon und den Propylaen.
Die Truppen der Eroberer zogen weiter in den Suden und hinterlie?en eine Spur der Verwustung. Schlie?lich traf auch die - allerdings sturmgebeutelte und deshalb dezimierte - persische Flotte im Sund vor Salamis ein. Vom