also von Anfang an ein starker Druck und hochgesteckte Erwartungen: hier seine ehrgeizige Mutter, dort der machtbesessene Vater, dazu noch das kriegerische Volk. Nicht zu unterschatzen waren auch Alexanders eigene hohe Anspruche.

Er wuchs am Hof von Pella auf und wurde dort auf die Rolle als Nachfolger seines Vaters gut vorbereitet. Philipp engagierte, als Alexander dreizehn Jahre alt war, den beruhmten Philosophen Aristoteles als Lehrer, der zustandig sein sollte fur Bildung und Erziehung nach griechischem Ideal. Alexander erwies sich als talentiert, neugierig und intelligent. Worin genau Aristoteles ihn unterrichtete, wei? man nicht. Fest steht, dass er Alexanders Interesse an griechischer Kultur und Literatur, an Forschung und Wissenschaft geweckt hat. Der junge Prinz wurde ein Verehrer Homers; ein Exemplar der »Ilias«, aus der er auswendig rezitieren konnte, lag spater angeblich immer zusammen mit einem Kurzschwert unter seinem Kopfkissen.

Doch auch die militarische Ausbildung sollte nicht zu kurz kommen: Philipp selber ubernahm hier die Uberwachung. Stellen Sie sich einen selbstbewussten jungen Mann vor, der sehr gegensatzliche Zuge in sich vereinigte. Am hervorstechendsten waren jedoch Alexanders urwuchsiger Elan und eine beispiellose Willenskraft, die sich in unermudlich tatiger Energie au?erte. Mit ihr hingen auch Schnelligkeit und Zahigkeit seines Handelns zusammen, die bereits den Jugendlichen kennzeichneten. In diese Zeit fiel auch die Begegnung Alexanders mit einem Freund, der ihn zwanzig Jahre begleiten sollte: mit seinem Rappen Bukephalos (griech. = der Stierkopfige).

Das temperamentvolle Pferd war ursprunglich das Geschenk eines Freundes an Philipp, den es aber immer wieder abwarf. Erst Alexander gelang es, den Willen des Tieres zu brechen und auf ihm zu reiten. Philipp soll daraufhin tief beeindruckt gesagt haben: »Mein Sohn, such dir ein Reich, das deiner wurdig ist. Denn Makedonien ist zu klein fur dich!« So weit die Legende. Was allerdings feststeht, ist: Alexander liebte dieses Pferd so sehr, dass er in Schlachten oft ein anderes ritt, um Bukephalos zu schonen. Es begleitete Alexander bis nach Indien, wo der Rappe wahrend einer Schlacht am Hydaspes-Fluss starb. Alexander grundete daraufhin ihm zu Ehren die Stadt Bukephala, das heutige Jhelam in Pakistan.

Alexander wurde seit 340 v. Chr. von seinem Vater zunehmend in die Regierungsgeschafte mit einbezogen und unter anderem zum Statthalter gemacht, ein Amt, das er mit Erfolg ausubte. Kurz darauf entschied Philipp, dass sein Sohn bereit sei zum Kampf. In der (eingangs erwahnten) Schlacht bei Chaironeia 338 v. Chr. standen sich 30 000 makedonische Manner einem Heer von ebenfalls 30 000 Soldaten aus Athen und Theben gegenuber, das vor allem 10 000 Hopliten und die beruhmte thebanische »Heilige Schar« - das waren 300 Elitesoldaten - umfasste. Alexander kommandierte die Reiterei auf der linken Flanke und erkampfte zusammen mit seinem Vater einen ersten gro?en Sieg. Es war damit etwas eingetreten, was keiner erwartet hatte und was noch niemandem vorher gelungen war: Ganz Griechenland, au?er Sparta, wurde von den Makedoniern beherrscht.

Doch der eigentliche Feind stand im Osten: Dareios III., der persische Gro?konig, dessen Reich zwar nicht mehr so stark und machtig war wie vor 150 Jahren, aber immer noch bedrohlich. Zudem hatte er im Hintergrund die griechischen Stadtstaaten unterstutzt, Waffen und Soldaten geliefert. Die Kriegsvorbereitungen Makedoniens gegen die Supermacht der Antike begannen.

Philipp war 45 Jahre alt und auf dem Gipfel seiner Macht. Und Sie konnen glauben: Es war ihm tatsachlich alles zuzutrauen. Doch es sollte anders kommen. Philipp heiratete noch einmal. Diesmal war es eine zwanzigjahrige Makedonierin aus altem Adel, Eurydike. Was nicht verwundert: Es kam zum Zerwurfnis mit der wutenden Olympias, die mit der moglichen Geburt eines weiteren Sohnes einen neuen Konkurrenten um den Thron befurchtete, und auch zum Bruch mit Alexander. Beide verlie?en den Hof und flohen nach Epirus. Alexander kehrte allerdings recht bald und halb versohnt mit seinem Vater nach Pella zuruck.

Das nachste gro?e Fest, das Philipp ausrichten wollte, die Vermahlung seiner Tochter Kleopatra, Alexanders Schwester, wurde dem Konig zum Verhangnis: Der Anfuhrer seiner personlichen Leibwache, Pausanias, erstach Philipp vor den Augen der versammelten Gaste. Es gibt um diesen Mord und sein Motiv zahlreiche Geruchte, Geschichten und Spekulationen, viele mogliche Anstifter kommen in Betracht, einschlie?lich der Olympias. Aufgeklart wurde das Verbrechen nie und bleibt so im Dunkel der makedonischen Geschichte.

Der Konig ist tot. Es lebe der Konig! Alexander begann seine Regentschaft mit, wie Sie vermutlich finden werden, brutalen Ma?nahmen: Drei Verwandte, die Thronanspruche erhoben oder erheben konnten, lie? er toten.

Die Nachricht von der Ermordung seiner Rivalen verbreitete sich uberall wie ein Lauffeuer. Trotzdem glaubten die Griechen und andere Stamme, dass es jetzt, nach Philipps Tod, der richtige Zeitpunkt sei, um gegen die makedonische Herrschaft zu rebellieren. Mit einer unvermuteten und beeindruckenden Schnelligkeit erschien Alexander daraufhin vor Korinth, wo man ihm angstlich und eiligst huldigte. Dann ging es weiter zum Balkan, uber die Donau: Die makedonischen Truppen, die dem Charisma ihres jungen und entschlossenen Fuhrers offensichtlich begeistert anhingen, unterwarfen die Illyrer, die Triballer, die Geten, die Kelten und die Thraker. 335 v. Chr. schlie?lich eroberte Alexander, der sich einmal mehr als souveraner Taktiker und Feldherr erwies, das abgefallene Theben. Ein Exempel sollte statuiert werden als Zeichen fur alle anderen Griechenstadte: Theben wurde niedergebrannt, seine Einwohner als Sklaven verkauft. Die Ma?nahme verfehlte ihre Wirkung nicht, und Alexander konnte es sich deswegen erlauben, mit Athen erheblich milder zu verfahren. Man einigte sich bei Verhandlungen auf die Ausweisung der Aufruhrer.

Das alles geschah innerhalb eines Jahres, in dem gleichzeitig in Makedonien eine gewaltige Aufrustung stattfand, die nur ein Ziel hatte: Dareios und sein Perserreich zu besiegen.

Alexanders Plan war kuhn, das Perserreich riesig, an seiner Ostseite - so glaubte man - lag das Ende der Welt. Nichts wurde dem Zufall uberlassen, Alexander konnte auf den Planen seines Vaters aufbauen. Die Generalstabe tagten schon lange, Spionagedienste waren seit Monaten unterwegs. Schlie?lich uberschritt Alexander 334 v. Chr. mit 37 500 Makedoniern, 7000 Griechen und einigen tausend Soldnern den Hellespont, die Meerenge, die Europa von Asien trennt. Zum Heer gehorten 5000 Reiter mit Helm, Halsschutz, Panzer und Beinschienen, ausgerustet mit Sto?speer und Schwert, auch die Pferde trugen einen Panzer an Kopf und Brust. Au?erdem zahlten dazu die bewahrten kretischen Bogenschutzen und Fu?volk.

Alexander nahm aber auch einen ganzen Hofstaat mit: Philosophen, Kunstler, Schauspieler, Musiker, Arzte und Priester; daneben Beamte, Ingenieure, Techniker, ebenso seine personlichen Berater, Freunde und Gefahrten. Sein Heerzug glich einer kleinen Volkerwanderung. Und Sie mussen wissen: Der 21-jahrige Konig sollte seine Heimat nie wiedersehen. 2000 Kilometer in zwolf Jahren lagen vor ihm: von Makedonien uber die heutige Turkei und Palastina nach Agypten, quer durch die Wuste bis zur Oase Siwa; dann wieder zuruck durch Palastina und uber Syrien nach Persien und ans Kaspische Meer; weiter durch Afghanistan, uber den Hindukusch und durch das heutige Pakistan bis nach Indien - und wieder zuruck bis Susa und Babylon.

Bei Ilion, am Strand des beruhmten Troja, stieg er an Land und wandte sich unmittelbar dem von ihm so vergottlichten Achilles zu: Nachdem er sich gesalbt hatte, lief er nackt zu dessen vermeintlichem Grab und bekranzte die Saule. Hephaistion, sein geliebter Gefahrte, lief genauso um das Grab des Patroklos, des besten Freundes von Achill. Als Alexander im Tempel der Athene seine Kriegsausrustung geopfert hatte, fuhlte er sich seinem homerischen Helden gleich. Er sollte auch in Zukunft auf seinem Weg kaum eine Orakel- oder Tempelstatte unbesucht lassen.

Doch vernachlassigen wir Alexanders kultische Handlungen und schauen nach Babylon. Dort, in der gro?en Metropole des Perserreiches, war man uber den Aufbruch der Makedonier noch nicht beunruhigt. Dareios, der sich darum nicht so recht kummern wollte, ging davon aus, dass seine Satrapen, die kleinasiatischen Statthalter, den jungen Wilden schon aufhalten wurden. Der Gro?konig ubernahm deshalb nicht selbst das Kommando, sondern uberlie? es Memnon, einem griechischen Soldner aus Rhodos, die Verteidigungsstellungen zu etablieren. Am kleinen Fluss Granikos in Nordwest-Anatolien trafen Ende Mai 334 Makedonier und Perser das erste Mal aufeinander. Wir konnen davon ausgehen, dass die Truppen Alexanders sehr erschopft gewesen sein mussen, sie hatten an diesem Tag in gluhender Hitze schon 16 Kilometer zuruckgelegt. Doch der junge Feldherr trieb seine Manner an, lenkte geschickt die verschiedenen militarischen Abteilungen gegen die sich heftig wehrenden Perser, exponierte sich selbst ungestum mit seiner Reiterei und fuhrte sein Heer damit schlie?lich zum ersten Sieg uber die Gro?macht. Die Satrapen und Memnon flohen, Tausende griechische Soldner wurden getotet oder als Sklaven in die makedonischen Bergwerke geschickt.

In den folgenden Monaten war Kriegspause. Dareios wusste, dass er nun selber eingreifen musste, und zog ein Heer von 60 000 bis 70 000 Mann zusammen. Im November 333 v. Chr. war es so weit: Bei Issos standen sich die beiden Heere und auch die beiden Feldherren gegenuber. Eine Neuauflage von Granikos wurde die Schlacht allerdings nicht. Diesmal war der Gegner starker, schien seine Lehren gezogen zu haben aus der Niederlage ein Jahr

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