reklamieren sie doch den Namen »Mazedonien« exklusiv fur ihre eigene gleichnamige Provinz. Die Alexander- Tradition gehore allein in das griechische Erbe. Haben die griechischen Burger doch gerade 2009 bei der Umfrage eines Fernsehsenders Alexander zum gro?ten Griechen aller Zeiten gekurt.

Die Mazedonier lassen sich davon nicht beeindrucken: Viele Stra?en und Platze sind inzwischen nach Alexander benannt, seit 2006 tragt der Flughafen von Skopje, der Hauptstadt, seinen Namen: Aerodrom Skopje Aleksandar Veliki. Und wenn die Streitereien darum es nicht noch verhindern, werden Sie dort bald eine Reiterstatue besichtigen konnen: Alexander auf Bukephalos. 22 Meter hoch soll sie werden. Finden Sie nicht auch: Das ist nun wirklich gro?!

  

11. Alle Wege fuhren nach Rom - wirklich?

Glauben Sie nicht, was auch heute noch gern behauptet wird! Han-nibal auf dem Rucken des Elefanten Surus ist eine Legende. Tatsache ist: Hannibal fuhrte im Fruhjahr 217 v. Chr. vom heutigen Bologna aus 26 000 karthagische Soldaten in Richtung Rom. 36 Dickhauter, von denen lange angenommen wurde, dass sie die strapaziose Alpenuberquerung zunachst uberlebt hatten, waren zu diesem Zeitpunkt bereits gestorben - ob wegen der feuchtkalten Witterung im winterlichen Oberitalien oder infolge der wutenden Attacken der Angreifer, lasst sich indes heute nicht mehr herausfinden.

In Rom verbreitete sich inzwischen panische Angst vor dem jungen Feldherrn aus Karthago, dem etwas gelungen war, was bis dahin unmoglich schien: die Uberquerung der Alpen mit einem riesigen Heer, das Eindringen auf italischen Boden und - kurz darauf - die Vernichtung zahlreicher romischer Legionen.

Klein angefangen hatte dieses Weltreich. Betrachtet man die Rekonstruktionen der ersten Siedlungen auf den sieben Hugeln am Tiber, kann man kaum glauben, dass aus dieser idyllisch anmutenden Landschaft mit Pferden, Rindern und Schafen spater einmal das Imperium entstehen sollte, das sich zum Zeitpunkt seiner gro?ten Ausdehnung unter Kaiser Trajan im Jahr 116 n. Chr. uber drei Kontinente erstreckte: von Gallien und gro?en Teilen Britanniens uber den Nordrand Afrikas bis zu den Gebieten rund um das Schwarze Meer. Damit beherrschte Rom den gesamten Mittelmeerraum und hatte ungefahr sechzig Millionen Einwohner auf einer Flache von fast sechs Millionen Quadratkilometern. Sie hatten vom Atlantik bis zum Euphrat und von der Sahara bis zum Rhein und zur Donau reisen konnen, ohne - was nach Ende des Imperium Romanum bis heute eine Utopie bleiben sollte - Staatsgrenzen uberschreiten und Zoll entrichten zu mussen. Es galt dieselbe Wahrung und dasselbe Recht, lingua franca, die gemeinsame Verkehrssprache, war im Westen das Latein Ciceros, im Osten das Griechisch des Apostels Paulus.

Doch noch war es nicht so weit, noch fuhrten nicht alle Wege nach Rom. Der Tiber trennte das Gebiet der Latiner von dem der Etrusker, die um 600 v. Chr. ihre Siedlungen zu einer Stadt zusammenfuhrten, deren Konige von da an die »Sieben-Hugel-Gemeinden« regierten. Die Bezeichnung »Rom« stammt wahrscheinlich vom Namen einer etruskischen Familie, den Romuliern. Die Grundungszwillinge Romulus und Remus und ihre zunachst anruhrende, spater martialische Geschichte mussen wir der Sagenwelt uberlassen - auch wenn die beiden mit der Markierung 753 v. Chr. die Basis fur die romische Zeitrechnung geliefert haben: ab urbe con-dita (lat. = im Jahr seit der Stadtgrundung).

Viele archaologische Funde bezeugen den Rang dieser ersten Hochkultur in Italien. Die Etrusker hatten sich orientalische Elemente aus Assyrien, Agypten, Zypern und Phonizien angeeignet. Ihre Statuen und Skulpturen, zum Beispiel der Hermes von Veji und der Krieger von Orvieto, sehen wie Geschwister griechischer Helden- und Gotterfiguren aus. Sie zeigen ein geheimnisvolles Lacheln, als ob sie einer inneren Stimme lauschten, die ihnen vom Gluck erzahlt. Es muss eine heitere Lebensauffassung gewesen sein, die die Kunst der Etrusker inspiriert hat.

Der letzte romisch-etruskische Konig Tarquinius Superbus wurde im Jahr 509 v. Chr. vom Volk unter Fuhrung von Lucius Iunius Brutus aus Rom vertrieben. Doch die Romer waren so klug, die etruskische Kultur nicht zu zerstoren, sondern fur sich fruchtbar zu machen. Sie behielten die etruskischen Zahlen bei und die griechisch- etruskische Schrift, aus der sich das lateinische Alphabet entwickelte. Sie ubernahmen die Goldschmiedekunst und etliche Musikinstrumente. Etruskische Gottheiten wurden dem Personal ihrer eigenen Religion hinzugefugt, und wie ihre Vorganger pflegten sie die Leber- und Vogelschau. Auch das Begrabnisritual - ein Schwerterkampf zwischen zwei Mannern -, das spater in den Gladiatorenkampfen eine grausame Spatblute fand, wurde ubernommen. Die Romer lie?en sich von den Etruskern in der Architektur, in der Kleidermode und in der Bewaffnung anregen und lernten viele Zivilisationstechniken: von der Wasserversorgung bis zur Trockenlegung von Sumpfen, vom Stra?enbau bis zur Landvermessung.

Deutlich eingeschrankt wurden indessen die romischen Frauen in ihren Moglichkeiten, sich in der Offentlichkeit zu bewegen. Das Niveau der Selbstbestimmung, auf dem sich die etruskischen Frauen hatten entfalten konnen, sollte uber Jahrhunderte nicht mehr erreicht werden.

Das romische Staatswesen wuchs uber die Jahre und anderte sich laufend. Polybios (circa 200 -120 v. Chr.), ein griechischer Gelehrter, charakterisierte es als Mischung aus Monarchie, Adelsherrschaft und Demokratie. Zum historischen Symbol fur dieses heranwachsende Imperium wurde - neben dem Grundungsmythos von der Wolfin, die Romulus und Remus saugt - das Forum Romanum, der Marktplatz des antiken Rom. Dieser Platz in einer Talsenke zwischen den Hugeln - ursprunglich ein unwegsames Sumpfgebiet - war wahrend der Etruskerherrschaft im neunten und achten Jahrhundert v. Chr. und in der anschlie?enden Epoche des Konigtums (753 - 510 v. Chr.) als Friedhof genutzt worden. In republikanischer Zeit, ab dem funften Jahrhundert v. Chr., entstand hier das Zentrum des religiosen, gesellschaftlichen und politischen Lebens: ein Versammlungsplatz, ein Rathaus, eine Basilika, der Amtssitz der beiden Konsuln, Tempel und Heiligtumer, Triumphbogen und Denkmaler. Hier war der Sitz des Pontifex Maximus, der die religiosen Zeremonien leitete. Hier war der Mittelpunkt eines gro?en Reiches. Hier wurde ein goldener Meilenstein in der Erde eingelassen, der die Entfernungen zu den gro?en romischen Stadten angab.

Von spateren Epochen aus betrachtet, ist das Forum Romanum aber nicht nur das Symbol fur den Aufstieg des romischen Imperiums, sondern auch fur seinen Niedergang. Immer wieder zerstorten Angreifer, Naturgewalten oder die Romer selbst die Gebaude des Forums. Am Ende war das ehemalige Zentrum des romischen Erdkreises nur noch ein Steinbruch. Und tatsachlich trug es zeitweilig den Namen Campo Vacchino (Kuhweide), aus der - wie zur wehmutigen Erinnerung - die Trummer vergangener Pracht hervorlugten. In der Renaissance gingen die Reste der meisten Bauwerke durch Plunderung und als Baumaterial, unter anderem auch fur den Petersdom, verloren.

Das alles ist mehr als Erinnerung. Zu viel hat Rom der Welt geschenkt, als dass man es vergessen konnte: eine herausragende Kultur; eine Verfassung, die auch die sozial Schwachen an der Politik beteiligt (participatio); einen Sittenkodex, der die traditionellen Werte zur Grundlage des Zusammenlebens macht: Tugend (virtus), Glaubwurdigkeit (fides), Zucht (disciplina), Ehrerbietung gegenuber Gottern und Menschen (pietas), Gerechtigkeit und kodifiziertes Recht (iustitia) und nicht zuletzt die Gute (clementia), ohne die auch die beste Rechtsstruktur ihr Ziel verfehlt.

Selbst in scheinbar abfalligen Wendungen wie »Jagerlatein« oder »Kuchenlatein« klingen die Verdienste der Romer nach: Latein war lange Zeit die internationale Wissenschaftssprache, auf die zahlreiche Pflanzen- und Tiernamen, aber auch viele medizinische Termini zuruckgehen. Und unsere kulinarische Palette ist durch so unterschiedliche romische Mitbringsel wie Wein, Pflaumen, Knoblauch, Dill oder Esskastanien, die spater auch in der germanischen Fremde heimisch wurden, deutlich bereichert worden.

In der Erinnerung bleiben auch die Leistungen der Romer fur die modernen zivilisatorischen Standards beim Bau von Stra?en, Wasserleitungen und Gebauden. Wenn wir heute wie selbstverstandlich Wande verputzen oder Steine setzen konnen, haben wir das der Entwicklung von opus caementitium zu verdanken, einem Gemisch aus Bruchstein oder Ziegelschrot, Bindemittel und Wasser. Es gilt als Vorlaufer von Zement und Beton, und die Romer hatten damit eine Art Mortel zur Verfugung, der sogar fur die Konstruktion von Gewolben geeignet war. Sie waren Meister im Umgang mit Marmor, konstruierten die Wand- und Fu?bodenheizung

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