und entwickelten Vermessungsgerate vom Winkelmesser bis zu einer Vorform der Wasserwaage. All dieses trugen die Romer zum Nutzen der Volker Europas in die Welt hinaus.

Das Vehikel dieser Vermittlung war, was leicht vergessen wird, das Militar. Am Anfang eroberten kleine Kohorten die Siedlungen in der Umgebung von Rom. Dann besetzten wohlausgebildete und gut bewaffnete Legionen die Stadte der italischen Halbinsel und schlie?lich die Lander rund um das Mittelmeer, das in Rom mare nostrum, »unser Meer«, hie?. Diese Heere erzwangen nicht nur Unterwerfung und Tribut, sie brachten den Nachbarvolkern oft auch Wohlstand und Teilhabe am Funktionieren des Weltreichs. Wenn ein Territorium zur romischen Provinz wurde, konnten die Einwohner romische Burger mit allen Rechten und Pflichten werden. Dieses Burgerrecht war begehrt, denn es ging mit wirtschaftlichen und rechtlichen Vorteilen einher.

Trotzdem zog es ein Teil der Volker vor, von Rom unabhangig zu bleiben. Aber die Gro?macht forderte Gehorsam und Gefolgschaft. Der romische Staat versprach zwar, seine Burger zu schutzen, aber jede Eigeninitiative fasste er als Angriff auf. Der Riese war empfindlich und reagierte auf Unabhangigkeitsbestrebungen gereizt.

Das tat er auch, als die Karthager als starke Seemacht im westlichen Mittelmeer mit ihren Dependancen Sizilien, Korsika und Sardinien aufbegehrten. Sie griffen das machtige Rom an, verloren aber die entscheidenden Schlachten im Ersten Punischen Krieg (264 - 241 v. Chr.). Das Ergebnis war ein Vertrag, den Hamilkar Barkas, der Vater Hannibals, mit den Romern aushandelte. Die Bedingungen waren fur Karthago nur mit Muhe zu verkraften. Das Heer fiel auseinander, die Reparationszahlungen waren enorm, und die Inseln vor der Westkuste wurden dem Romischen Reich zugeschlagen. Dennoch konnte Karthago seine Rolle als Gro?macht bewahren, blieb den Romern auch deswegen ein Dorn im Auge.

Um den Verlust der Inseln zu kompensieren, begann die nordafrikanische Stadt ihren Einflussbereich auf der Iberischen Halbinsel auszubauen. Besonders aktiv tat sich bei diesem Kolonisierungsunternehmen der Karthager die Familie der Barkiden hervor: Hamilkar Barkas, Feldherr im Ersten Punischen Krieg, und dessen Sohne Hannibal und Hasdrubal Barkas sowie der Schwiegersohn Hasdrubal der Schone. Der Zweite Punische Krieg (218 - 201 v. Chr.) begann, als Hannibal (246 -183 v. Chr.), ein junger Mann mit au?ergewohnlichen strategischen Fahigkeiten, sich zu einer offensiven Kriegfuhrung entschloss: Um einem romischen Angriff auf Spanien oder Nordafrika zuvorzukommen, plante er die Uberquerung der Alpen mit den Elefanten, die Sie schon kennengelernt haben, und Tausenden von Soldaten.

Und tatsachlich stand er Ende 218 v. Chr. mit seinem Heer in der Po-Ebene und versetzte die Anhanger Roms auf der ganzen Halbinsel in Angst und Schrecken. Dazu hatten sie auch allen Grund: 216 v. Chr. brachte Hannibal den Romern in der Schlacht von Cannae die schwerste Niederlage ihrer Geschichte bei.

Sein Kriegsziel reichte allerdings weiter: die Reduzierung des Imperiums auf eine latinische Mittelmacht. Dazu galt es aber zunachst, das starke Bundesgenossensystem der Romer zu zerstoren. Deshalb marschierte Hannibal nach seinem sensationellen Triumph eben nicht gegen Rom, wozu seine militarischen Kapazitaten auch kaum gereicht hatten, sondern konzentrierte sich auf wankelmutige Partner der Weltmacht. Doch auch wenn die Kelten Oberitaliens und andere untreue Nachbarn Roms in der Folgezeit zu Hannibal ubertraten, blieb der Kern des romischen Einflussbereichs erhalten. Entscheidend war, dass Rom sich - anders als die Perser im Kampf gegen Griechenland - als ausgesprochen zah erwies und zu keinem Zeitpunkt bereit war, auch nur uber einen Frieden mit Hannibal zu verhandeln.

Schon bald sollte sich zeigen, dass Hannibal trotz seiner gro?en militarischen Erfolge nur wenige Optionen hatte. Das Imperium ging zu einem langjahrigen Abnutzungs- und Zermurbungskrieg uber, der die Karthager aufrieb und mit dem Sieg des alteren Scipio bei Zama in Nordafrika (202 v. Chr.) den Kampf um die Vorherrschaft im Mittelmeerraum endgultig zugunsten Roms entschied, das seine Oberherrschaft uber Spanien und im Osten uber Syrien ausbauen konnte.

Hannibal sollte nach dieser Schlacht - wie es in vielen Biografien so schon hei?t - noch ein »bewegtes« Leben bevorstehen, aber er war wohl ein Weltenbummler wider Willen: Er engagierte sich uber mehrere Jahre erfolgreich beim Wiederaufbau und in der Politik Karthagos, musste aus dem romischen Machtbereich fliehen, wurde Feldherr in Syrien, baute eine Flotte in Phonizien und floh erneut -diesmal nach Kreta. Danach wurde er als Flottenkommandant in Bithynien (heute: nordliche Turkei) eingesetzt. Als der bithynische Konig 183 v. Chr. einem romischen Auslieferungsbegehren zugestimmt hatte, entzog sich Hannibal der Gefangennahme dadurch, dass er sich in der Festung von Libyssa mit Gift das Leben nahm.

Die wenigsten wissen etwas uber diese letzten zwolf Jahre in Hannibals Leben. Sein Name bleibt wohl auf ewig verbunden mit den verschneiten Alpen und vor allen Dingen mit den Elefanten. Im heutigen Tunesien sehen ihn viele als Helden, insbesondere in der Stadt Karthago ist der Name Hannibal Barkas sehr beliebt. Auch zu Werbezwecken eignet er sich offensichtlich ausgezeichnet; nicht umsonst wurde der erste private Fernsehsender in Tunesien nach ihm benannt.

Blicken wir noch einmal auf das historische Karthago, fur das ab 190 v. Chr. eine politische und wirtschaftliche Erholung, eine Regeneration des Staatswesens zu verzeichnen war. Den Romern konnte das nicht gefallen, es lie? das Misstrauen und die Skepsis gegenuber den Nordafrikanern wieder aufleben. Ein romischer Politiker galt als besonders entschiedener Befurworter der Vernichtung Karthagos: Marcus Porcius Cato (234 -149 v. Chr.). Bis in unsere heutige Zeit gilt er als Musterbeispiel eines romischen Konservativen. Er soll jede seiner Reden im Senat mit den Worten: »Ceterum censeo Carthaginem esse delendam« (»Im Ubrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstort werden muss«) beendet haben, auch wenn sie ein ganz anderes Thema hatte. Historische Belege gibt es dafur allerdings nicht.

In Catos letztem Lebensjahr kam es dann tatsachlich zum Ausbruch des Dritten Punischen Krieges (149 -146 v. Chr.), in dessen Folge Karthago durch den jungeren Scipio vollstandig vernichtet wurde. Ausloser war ein militarischer Schlag der Karthager gegen das aufsassige Numidien (Landschaft im heutigen Algerien/Tunesien), was Rom als Bruch des Vertrags von 201 v. Chr. betrachtete und zu einer grausamen Strafexpedition veranlasste: Nach heftiger Gegenwehr ergaben sich von den geschatzten ehemals 500 000 Einwohnern Karthagos 50 000 Uberlebende und wurden in die Sklaverei verkauft. Rom lie? die Stadt nach der Eroberung schleifen. Karthago existierte nicht mehr und wurde zur romischen Provinz Africa proconsularis. Augustus dann baute Karthago wieder auf, gro?er und schoner als je zuvor.

Der Sieg der Romer uber Karthago markiert den Hohepunkt einer beispiellosen Expansion von der beschaulichen Bauern- und Hirtensiedlung zu einem Weltreich. Die Macht des romischen Staates wuchs ins Unermessliche - trotz innerer Krisen wie zum Beispiel der catilinarischen Verschworung im Jahr 63 v. Chr. Sie war ein misslungener Umsturzversuch des Senators Lucius Sergius Catilina, mit dem dieser den Senat ins Schwanken brachte und die Macht in der romischen Republik an sich rei?en wollte. Bekannt ist der Putschversuch besonders durch Ciceros »Reden gegen Catilina«, sie gelten bis heute als rhetorische Meisterstucke.

  

12. Felsen des Todes

So hatten sich die Romer die Einnahme der judischen Felsenfestung, die sie zwei Jahre lang belagert hatten, gewiss nicht vorgestellt: Als die Soldaten den Gipfel sturmen, finden sie nur sieben Frauen und Kinder, die noch am Leben sind. Alle anderen haben sich selbst getotet. Seither gilt Masada nicht als eine Statte romischen Triumphs, sondern als ein Ort, der untrennbar mit judischem Selbstgefuhl und mit der Identitat des judischen Staates verbunden ist.

In der antiken Welt des Nahen Ostens hatte sich seit dem spaten zweiten Jahrtausend v. Chr. eine Religion entwickelt, deren Anhanger sich zugleich als Volk verstanden: der judische Glaube an einen Gott, der alle anderen Gotter uberragt. Von diesem Gott wird in einer jahrhundertelangen Uberlieferung gesagt, er habe die Welt und den Menschen aus dem Nichts erschaffen und begleite sein Volk durch die Geschichte bis zur endgultigen Errichtung der absoluten Gottesherrschaft.

Am Anfang steht die Vorstellung, dass dieser Gott unter allen Gottern und Geistern der Starkste ist. Auf ihn kann man sich verlassen, wenn es gilt, Gegner zu besiegen oder einfach zu uberleben. Aber der judische Gott verlangt Gefolgschaft und Gehorsam. Der Bund zwischen dem starksten aller Gotter - man nennt ihn Jahwe (»Ich bin, der ich bin«) - und seinem Volk wird von Priestern ausformuliert. Die

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