Friedensvertrag.

Mit echter Begeisterung setzte sich Friedrich Barbarossa 1190 an die Spitze des dritten Kreuzzugs, an dem au?er dem franzosischen Konig auch Konig Richard I. Lowenherz von England teilnahm. Nach der Uberquerung des Hellespont erreichten die deutschen Ritter unter unsaglichen Strapazen das anatolische Hochland und eroberten am 13. Mai die seldschukische Hauptstadt Ikonium, das heutige Konya. Am 10. Juni 1190 starb der Kaiser an der Grenze des christlichen Konigreichs Armenien, als er den Gebirgsfluss Saleph uberqueren wollte. Er ertrank. Sein Sohn Herzog Friedrich von Schwaben fuhrte die Kreuzritter noch nach Akkon, erlag dort aber einer seuchenartigen Krankheit.

38 Jahre hat Friedrich Barbarossa regiert. Bevor Friedrich II. den Thron bestieg, fuhrte Heinrich VI. die Politik seines Vaters weiter. Durch seine Heirat mit Konstanze, der Erbin des normannischen Konigreichs Sizilien, erreichten die Staufer den Hohepunkt ihrer Macht. Wie es weiterging, haben Sie schon erfahren.

Und die Kreuzzuge? Die Ritterheere und mehr noch die in einem Massenrausch aufbrechenden Volkshaufen waren auf die Strapazen einer solchen Unternehmung nicht vorbereitet. Sie kannten Wege, Lander und Menschen nur vom Horensagen. Sie waren mangelhaft ausgerustet. Ohne angemessene Logistik wurden die Heerscharen der Kreuzfahrer in vielen Schlachten und Scharmutzeln aufgerieben. Nur ein vom franzosischen Heerfuhrer Gottfried von Bouillon gefuhrtes Ritterheer hatte auf dem Landweg das Heilige Land erreicht. Er belagerte und eroberte 1099 Jerusalem - und metzelte die muslimische Bevolkerung nieder.

Das Ansehen der Kreuzzuge erfuhr im Jahr 1212 einen traurigen Tiefpunkt, als Tausende von Halbwuchsigen, aber auch die Armsten der Armen - Knechte, Landarbeiter, Tagelohner - dazu missbraucht wurden, sich auf einen sogenannten Kinderkreuzzug zu begeben. Er scheiterte schon in Italien. Die Kinder wurden im Namen Gottes in ihr Verhangnis getrieben: Viele der Madchen landeten in der Zwangsprostitution, die meisten Jungen wurden in die Sklaverei verkauft.

Von sieben Kreuzzugen war nur der erste im Sinne der Veranstalter bedingt erfolgreich. Alle anderen endeten als Debakel, auch wenn gern die Beruhrung zwischen Orient und Okzident als Argument fur angeblich positive Nachwirkungen bemuht wird. Aber von dieser »Ehrenrettung« bleibt bei genauer Prufung nicht viel ubrig. Der Westen erweiterte hochstens sein Weltbild und sein Handelsvolumen, staunte uber Stadte mit Kanalisation, flie?endem Wasser und befestigten Stra?en, hatte seinerseits aber dem uberlegenen Osten wenig zu bieten. Und die meisten kulturellen und wissenschaftlichen Impulse der muslimisch-arabischen Welt drangen nicht uber den Vorderen Orient nach Europa, sondern uber Sizilien und vor allem das maurische Spanien.

Die Ideale der Ritter und die Moral der Christen insgesamt wurden durch die Fehlschlage der Kreuzzuge immer mehr ausgehohlt. Die Bindung an die Kirche nahm ab. Gleichzeitig stieg das Selbstbewusstsein des Islam. Die Idee des Dschihad, des Heiligen Krieges, erneuerte sich, das Verhaltnis zwischen Islam und Christentum blieb auf Jahrhunderte vergiftet. Dubiose Finanzierungspraktiken (Kreuzzugsablass, Kreuzzugssteuer) losten eine Welle der Abwendung von der Kirche aus. Wer von den Vorgangen wusste, ging innerlich auf Distanz zu ihr.

  

21. Ritter, Tod und Teufel

Sie war nur eine von Hunderttausenden, denen als Ketzerin oder Zauberin im Europa der fruhen Neuzeit der Prozess gemacht wurde. Eines von 40 000 bis 60 000 Todesopfern, die die Hexenverfolgung vom 15. bis ins 18. Jahrhundert hinein forderte. Und doch ist Johanna, die ihren »inneren Stimmen« folgte und fur ihr Land in die Schlacht zog, etwas ganz Besonderes: Nationalheldin, Befreierin, Martyrerin, Hauptfigur vieler Theaterstucke, Opern, Horspiele und Filme - in Erinnerung geblieben aber, zu Recht, nicht als die glorreiche Heerfuhrerin, sondern »eine aus dem Volk«, ein schlichtes, demutiges Bauernmadchen. Von Heiligen wie Jeanne d’Arc und Hexen, von Ritter, Tod und Teufel erzahlt dieses Kapitel.

Auf nichts war im spaten Mittelalter so sehr Verlass wie auf die Erz- und Erbfeindschaft zwischen England und Frankreich. Ihr Hohepunkt war der sogenannte Hundertjahrige Krieg, der sich von 1337 bis 1453 hinzog und am Streit um die englischen Besitztumer auf dem franzosischen Festland entzundet hatte. Aber ihre Ursprunge reichten bis ins ausgehende erste Jahrtausend zuruck, als sich Teile der Wikinger, die von Skandinavien aus nach West- und Osteuropa vorgesto?en waren, in Frankreich ansiedelten. Die Bezeichnung Normandie leitet sich von diesen Nordmannern oder Normannen ab.

Mitte des elften Jahrhunderts spitzt sich die Lage zu. Als der angelsachsische Konig Eduard der Bekenner kinderlos bleibt und die Erbfolge unsicher ist, beansprucht der normannische Herzog Wilhelm der Eroberer den englischen Thron. Mit einem stattlichen Heer landet er 1066 auf der britischen Insel, besiegt im Oktober bei Hastings die Verteidiger und lasst sich Weihnachten desselben Jahres in Westminster zum Konig kronen. Er ist so klug, die englische Rechtsordnung zu bestatigen, organisiert aber die Verwaltung nach franzosischem Muster und setzt eine normannische Oberschicht in Amt und Wurden.

Die Eroberung der angelsachsischen Insel durch die Normannen wird auf einem knapp siebzig Meter langen gewebten Leinenteppich geschildert, der um 1077 entstanden und heute in Bayeux zu sehen ist. Die Darstellung zeigt, dass schon die Zeitgenossen die historische Bedeutung der Verbindung von angelsachsischer und romanischer Kultur erkannt haben, wenngleich gerade die erzwungene Vermischung auch schwerwiegende Probleme und gewalttatige Auseinandersetzungen mit sich bringt.

Zum offenen Konflikt kommt es 1337. Der Hundertjahrige Krieg, der ausschlie?lich auf franzosischem Boden ausgetragen wird, sieht zuerst die Englander im Vorteil. Ihre Truppen sind zwar den Ritterheeren des Gegners zahlenma?ig klar unterlegen, aber dank ihrer neuen Fernwaffen, den Langbogen, gewinnen sie die fruhe Schlacht von Crecy (1346) und erringen 1415 einen erneuten Sieg bei Azincourt.

Angesichts der Schlacht von Crecy (nordlich der Somme) hat der Historiker Horst Fuhrmann von der »selbstmorderischen Antiquier-theit des Ritters« gesprochen, dessen Zeit endgultig zu Ende ging. Um nicht von den Franzosen uberrannt zu werden, die mit funffacher Ubermacht aufmarschiert waren, hatten die Englander den Kern ihrer Reiterei durch einen Flankenschutz aus Armbrust- und Bogenschutzen verstarkt. Die im dreizehnten Jahrhundert aufgekommenen Plattenpanzer der Ritter hielten zwar die Pfeile der kleinen Handbogen ab, nicht aber die mit gro?er Wucht geschleuderten Geschosse der Armbrust und des aus dehnbarem Eschenholz geschnitzten englischen Langbogens.

Jeder der gut ausgebildeten Bogenschutzen war in der Lage, in nur einer Minute bis zu sechs gezielte und wirksame Schusse auf eine Distanz von fast 200 Metern abzugeben. In diesem Pfeilhagel der Englander verfing sich Angriff auf Angriff, und von den stolzen und scheinbar uberlegenen franzosischen Rittern blieb nur ein trostloses Getummel aus todlich getroffenen oder verwundeten Menschen und Pferden ubrig. Nach nur neunzig Minuten war die Schlacht fur die Franzosen verloren.

Eine Wende im Hundertjahrigen Krieg bringt erst das Eingreifen von Jeanne d’Arc, einem 17-jahrigen Bauernmadchen. Dabei zeigt sich, dass dieser Konflikt, der ursprunglich eine der ublichen dynastischen Auseinandersetzungen war, im 15. Jahrhundert langst eine Angelegenheit des ganzen Volkes geworden ist. Das einfache Madchen vom Lande fuhlt sich von Gott berufen, die Englander zu besiegen, den Dauphin als rechtma?igen Konig einzusetzen und ihn in Reims als Karl VII. kronen zu lassen. Sie ist politisch und militarisch erfolgreich, muss dies aber mit ihrem Leben bezahlen. Es gelingt den Burgundern, die mit den Englandern verbundet sind, Jeanne gefangen zu nehmen. Ein englisches Gericht unter Beteiligung von Bischofen verurteilt sie als Zauberin zum Tode. In Rouen wird sie 1431 auf dem Scheiterhaufen verbrannt - mit Duldung der Franzosen (Karl VII. ruhrt keinen Finger!), die in der Folgezeit die Englander wieder aus ihrem Land vertreiben. 1453 ist der Hundertjahrige Krieg beendet. Nicht aber die Jagd auf angebliche Zauberinnen, Hexen und Ketzer.

Schon seit Jahrhunderten geht die mittelalterliche Kirche gegen alle Auflosungserscheinungen mit besonderer Harte vor. Zwar wird zunachst noch die Anwendung von physischer Gewalt gegen Haretiker - Anhanger einer von der kirchlichen Linie abweichenden »Irrlehre« - abgelehnt. Doch die Strafen sind fur die Betroffenen schlimm genug: Enteignung und Verbannung. Bald aber werden Ketzer bei lebendigem Leibe verbrannt. Als erster Herrscher hatte der franzosische Konig Robert II. 1017 in Orleans dreizehn Haretiker auf den Scheiterhaufen geschickt. Da die Haresie als Majestatsverbrechen und als Angriff auf die universale Ordnung gilt, verstandigen sich die weltlichen

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