lagen, einen kleinen Helden genannt.«

«Einen — kleinen — Helden!«wiederholte Frank, indem ein seliges Lacheln uber sein Gesicht ging.»Einen — kleinen — Helden! Das mu? ich mir aufschreiben! Ihr habt richtig geraten, wer ich bin; aber ob auch ich richtig geraten habe?«

«Fur wen haltet Ihr mich denn?«

«Fur die Tante Droll, wie ich schon gesagt habe.«

«Die bin ich auch.«

«Wirklich? Das freut mich herzlich!«

«Wie seid Ihr denn auf die Vermutung gekommen, da? ich diese Tante bin?«

«Eure Kleidung sagte es mir, und ebenso Euer Verhalten. Ich habe oft erzahlen gehort, da? die Tante Droll ein ganz au?erordentlich couragiertes Weibsbild ist, und als ich Euch vorhin so mit dem Hauptlinge der Utahs umspringen sah, dachte ich mir gleich: Das und keine andre ist die Tante!«

«Sehr ehrenvoll fur mich! Na, wir sind wohl beide Kerle, welche ihre Schuldigkeit thun. Aber die Hauptsache fur mich ist, da? ich vernommen habe, Ihr seid ein Landsmann von Old Shatterhand?«

«Das ist richtig.«

«Also ein Deutscher?«

«Ja.«

«Woher denn da?«

«Gerade aus der Mitte heraus. Ich bin namlich ein Sachse.«

«Alle Wetter! Was fur einer? Konigreich? Altenburg? Koburg-Gotha? Meiningen-Hildburghausen?«

«Konigreich, Konigreich! Aber Ihr kennt diese Namen so genau. Seid Ihr etwa auch ein Deutscher?«

«Naturlich!«

«Woher denn da?«fragte Frank nun seinerseits entzuckt.

«Auch aus Sachsen, namlich Sachsen-Altenburg.«

«Herrjemerschnee!«fiel da der Kleine in seinem heimischen Dialekte ein.»Ooch een Sachse, und zwar een Altenburger? Is es denn die Moglichkeet! Aus der Schtadt Altenburg oder vom Lande, he?«

«Nich aus der Residenz, sondern aus der Langenleube.«

«Langen— leube?«fragte Frank, indem ihm der Mund offen stehen blieb.»Langenleube-Niederhain?«

«Jawohl! Kennen Sie es?«

«Warum sollte ich nich? Ich habe ja Verwandte dort, ganz nahe Verwandte, bei denen ich als Junge zweemal off der Kirmse gewesen bin. Horen Sie, dort gibt's aber Kirmsen, im Altenburgischen! Da wird gleich vierzehn Tage lang Kuchen gebacken. Und wenn so eene Kirmse alle is, da geht sie off dem nachsten Dorfe wieder an. Drum schpricht man dort nur so im allgemeenen vom Altenburger Landessen.«

«Das is richtig!«nickte Droll.»Mache konne mersch, denn habe thune mersch. Aber Se habe Verwandte bei uns? Wie hei?e denn die Leute, und wo schtamme se her?«

«Es is ganz nahe Verwandtschaft. Das is namlich so! Mein Vater hat eenen Paten gehabt, dessen selige Schwiegertochter sich in der Langenleube wieder verheiratet hat. Spater schtarb sie, aber ihr Schtiefsohn hat eenen Schwager, und der is es, den ich meene.«

«So! Was war er denne?«

«Alles mogliche. Er war een ganzer Kerl, der alles fertig brachte. Bald war er Kellner, bald Kirchner, bald Burgergardenfeldwebel und bald Hochzeitsbitter, bald — «

«Halt!«unterbrach ihn Droll, indem er heruberlangte und seinen Arm ergriff.»Wie war sein Name?«

«Seinen Vornamen kenne ich nicht mehr; aber sein Familienname war Pampel. Ich nannte ihn nur immer Vetter Pampel.«

«Wie? Pampel? Hore ich recht?«rief Droll.»Hatte er Kinder?«

«Die schwere Menge!«

«Wisse Se, wie Se gehee?e habe?«

«Nee, nich mehr. Aber off den gro?ten kann ich mich noch sehr gut besinnen, denn ich war dem Kerl gut. Er hie? Bastel.«

«Bastel, also Sebastian?«

«Jawohl, denn Sebastian wird off Altenburgisch Bastel ausgeschprochen. Ich gloobe, er hie? ooch noch Melchior dazu, een Name, der in Altenburg sehr gang und gabe is.«

«Richtig, sehr richtig! Es thut schtimme, es thut sehr genau schtimme! Sebastian Melchior Pampel? Wisse Se, was aus ihm geworde is?«

«Nee, leider nich.«

«So sehe Se mal mich an, schaue Se mal her zu mir!«

«Warum?«

«Weil ich es bin, der draus geworde is.«

«Sie — Sie?«fragte der Kleine.

«Ja, ich! Ich war der Bastel, und ich wee? noch ganz genau, wer bei uns off der Kirmse gewese is; des war der Vetter Frank aus Moritzburg, der nachher Forschtgehilfe geworde is.«

«Der bin ich, ich in eegener Person! Vetter, also hier, hier mitten in der Wildnis finden wir uns als schtammverwandte Menschen und Cousangs! Wer hatte das fur moglich gehalten! Komm her, Bruderherz, ich mu? dich an meinen Busen drucken!«

«Ja, ich ooch. Hier haste mich!«

Er langte heruber, und der andre langte hinuber. Die Umarmung war, da beide verkehrt auf ihren Pferden sa?en, mit einigen Schwierigkeiten verbunden, welche aber zur Not uberwunden wurden.

Die finster blickenden Indianer wu?ten jedenfalls nicht, was sie von dem Gebaren der beiden halten sollten; diese aber kehrten sich nicht an die bemalten Gesichter; sie ritten Hand in Hand nebeneinander, mit dem Rucken nach vorn, und sprachen von der seligen Jugendzeit. Sie hatten wohl noch lange kein Ende gefunden, wenn nicht im Zuge eine Stockung eingetreten ware. Man hatte namlich das Ende der Spalte erreicht, welche auf einen gro?eren und viel breiteren Canon mundete.

Zwar war die Sonne schon so tief gesunken, da? ihre Strahlen den Boden desselben nicht mehr erreichten, aber es gab doch Licht da und eine reine, bewegte Luft. Die Reiter atmeten erleichtert auf, als sie ins Freie gelangten, welches sie freilich nicht eher betraten, als bis sie vorsichtig Umschau gehalten hatten, ob keine feindlichen Wesen in der Nahe seien.

Dieser Canon war vielleicht zweihundert Schritte breit und hatte auf seinem Grunde ein kleines, schmales Flu?chen, welches man leicht durchwaten konnte. Am Wasser gab es Gras und Buschwerk, und auch einige Baume standen da.

Die Roten wurden von den Pferden genommen und dann mit wieder gefesselten Fu?en auf die Erde gesetzt. Nun erst war der richtige Augenblick zur ausgiebigen Begru?ung gekommen, und er wurde gehorig ausgenutzt. Diejenigen, welche sich bisher noch nicht gekannt hatten, lernten sich schnell kennen, und es dauerte gar nicht lange, so gab es keine andre Anrede als das trauliche» Du«. Davon waren naturlich Firehand, Shatterhand, Winnetou, der Lord und der Ingenieur ausgenommen.

Der Trupp Old Firehands hatte Proviant bei sich gehabt, und es wurde zunachst gegessen. Dann sollte uber das Schicksal der Roten entschieden werden. Hieruber gab es mehr als eine Ansicht. Winnetou, Old Firehand und Old Shatterhand waren bereit, sie frei zu geben; die andern aber verlangten eine strenge Bestrafung. Der Lord meinte:»Bis dahin, wo die Zweikampfe voruber waren, halte ich sie nicht fur strafbar, dann aber mu?ten sie euch die Freiheit geben. Statt das zu thun, haben sie euch verfolgt, um euch zu ermorden, und ich zweifle gar nicht daran, da? sie dies gethan hatten, wenn ihnen die Gelegenheit dazu geworden ware.«

«Das ist sehr wahrscheinlich, «antwortete Old Shatterhand;»aber sie haben die Gelegenheit dazu nicht gefunden, und es also auch nicht gethan.«

«Well! So ist die Absicht strafbar.«

«Wie wollt Ihr diese Absicht bestrafen?«

«Hm! Das ist freilich schwierig.«

«Mit dem Tode doch nicht?«

«Nein.«

«Mit Haft, Gefangnis, Zuchthaus?«

«Pshaw! Prugelt sie tuchtig durch!«

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