«Das ware das Schlimmste, was wir thun konnten, denn es gibt fur den Indianer keine gro?ere Beleidigung, als Schlage. Sie wurden uns uber den ganzen Kontinent verfolgen.«

«So legt ihnen eine Geldstrafe auf!«

«Haben sie Geld?«

«Nein, aber Pferde und Waffen.«

«Ihr meint, da? wir ihnen diese nehmen sollen? Das ware grausam. Ohne Pferde und Waffen mu?ten sie verhungern oder in die Hande ihrer Feinde fallen.«

«Ich begreife Euch nicht, Sir! Je nachsichtiger Ihr mit diesen Leuten seid, desto undankbarer werden sie. Gerade Ihr solltet nicht so milde denken, da gerade eben Ihr es seid, an dem sie sich vergangen haben.«

«Und gerade weil sie sich an mir, Frank, Davy und Jemmy vergangen haben, sollten wir vier es sein, die uber ihr Schicksal zu bestimmen haben.«

«Macht, was Ihr wollt!«sagte der Lord, indem er sich unwillig abwendete. Gleich aber drehte er sich ihm wieder zu und fragte:»Wollen wir wetten?«

«Woruber?«

«Daruber, da? diese Kerle es Euch ubel vergelten, wenn Ihr sie mit Nachsicht behandelt?«

«Nein.«

«Ich setze zehn Dollar!«

«Ich nicht.«

«Ich setze zwanzig gegen zehn!«

«Und ich wette gar nicht.«

«Niemals?«

«Nein.«

«Schade, jammerschade! Ich habe es wahrend dieses ganzen langen Rittes vom Osagenook bis hierher zu keiner Wette gebracht. Nach allem, was ich von Euch horte, mu? ich Euch fur einen veritablen Gentleman halten, und nun sagt auch Ihr mir, da? Ihr niemals wettet. Ich wiederhole es: Macht, was Ihr wollt!«

Er war beinahe zornig geworden. Er hatte sich sehr leicht und gut in das Leben des fernen Westens gefunden, aber da? nie jemand mit ihm wetten wollte, das wollte ihm nicht behagen.

Die Worte Old Shatterhands, da? er, Frank, Jemmy und Davy allein das Recht besa?en, uber das Schicksal der Roten zu entscheiden, war nicht ohne Wirkung geblieben, und nach langerer Debatte einigte man sich dahin, da? diesen genannten vier die Entscheidung anheimgegeben werden solle, doch sei dabei darauf zu achten, da? man von den Roten keine weiteren Feindseligkeiten zu erwarten habe. Es sollte also ein festes Abkommen mit ihnen getroffen werden. Dazu genugte es nicht, da? mit dem Hauptlinge allein verhandelt wurde; seine Untergebenen mu?ten auch horen, was er sagte und versprach. Vielleicht blieb er dann aus Rucksicht auf ihre gute Meinung uber seine Ehrenhaftigkeit seinen Versprechungen getreu.

Es wurde also ein weiter Kreis gebildet, der aus allen Wei?en und Roten bestand. Zwei Rafters mu?ten aufwarts und abwarts im Canon Wache halten, um die Annaherung eines Feindes sofort zu melden. Der Hauptling sa? vor Winnetou und Old Shatterhand. Er sah sie nicht an, vielleicht aus Scham, vielleicht auch aus Verstocktheit.

«Was denkt der» gro?e Wolf«, was wir jetzt mit ihm machen werden?«fragte Old Shatterhand in der Utahsprache.

Der Gefragte antwortete nicht.

«Der Hauptling der Utah hat Angst; darum antwortet er nicht.«

Da erhob er den Blick, bohrte ihn mit grimmigem Ausdrucke in das Gesicht des Jagers und sagte:»Das Bleichgesicht ist ein Lugner, wenn es behauptet, da? ich mich furchte!«

«So antworte! Uberhaupt darfst nicht du von Lugen sprechen, denn du selbst bist es, der welche geredet hat.«

«Das ist nicht wahr!«

«Es ist wahr. Als wir uns noch in eurem Lager befanden, fragte ich dich, ob wir frei sein wurden, wenn ich den Sieg errungen hatte. Was antwortetest du mir?«

«Da? ihr gehen konntet.«

«War das keine Luge?«

«Nein, denn ihr seid gegangen.«

«Aber ihr habt uns verfolgt!«

«Nein.«

«Willst du es leugnen?«

«Ja, ich leugne es.«

«Zu welchem Zwecke habt ihr dann das Lager verlassen?«

«Um nach dem Versammlungsorte der Utahs zu reiten, nicht um euch zu verfolgen.«

«Warum hast du denn funf deiner Krieger auf unsre Fahrte gesandt?«

«Das habe ich nicht gethan. Wir haben das Kriegsbeil ausgegraben, und wenn dies geschehen ist, so hat man vorsichtig zu sein. Als ich euch die Freiheit versprach, falls du mich besiegen wurdest, wu?te ich gar nicht, nach welcher Richtung ihr euch wenden wolltet. Wir wollten euch ziehen lassen und haben Wort gehalten. Ihr aber habt uns uberfallen, uns alles abgenommen und funf unsrer Krieger getotet. Die Leichen derselben liegen noch drin im Felsenspalt.«

«Du wei?t nur zu gut, was ich von deinen Worten zu denken habe. Warum schossen deine Wachter auf uns, als wir fortritten?«

«Sie wu?ten nicht, was ich euch versprochen hatte.«

«Warum stie?en alle deine Leute das Kriegsgeschrei aus? Diese kannten dein Versprechen ganz genau.«

«Dieses Geschrei galt nicht euch, sondern den Wachtern, da? diese nicht mehr schie?en sollten. Gerade das, was wir gut gemeint haben, legst du uns fur schlimm aus.«

«Du verstehst es, dich sehr scharfsinnig zu verteidigen; aber es gelingt dir nicht, deine Unschuld zu beweisen. Ich will einmal sehen, ob deine Krieger den Mut besitzen, aufrichtiger zu sein, als du bist.«

Er legte einigen der Roten die Frage auf, wem ihr jetziger Ritt gegolten habe, und sie antworteten ubereinstimmend mit dem Hauptlinge, da? sie keine bose Absicht gegen die Bleichgesichter verfolgt hatten.

«Diese Leute wollen dich nicht Lugen strafen, «fuhr er, zu dem» gro?en Wolfe «gerichtet fort.»Aber ich habe einen unumsto?lichen Beweis. Wir haben dein Lager umschlichen und deine Leute belauscht. Wir wissen, da? ihr uns toten wolltet.«

«Das vermutet ihr nur!«

«Nein, wir haben es gehort. Wir wissen auch, das Lager morgen abgebrochen wird, und da? alle Krieger dir nach dem Versammlungsorte der Utahs folgen werden, die Frauen und Kinder aber gehen zu den Alten in die Berge. Ist das wahr?«

«Ja.«

«Nun, so ist auch das andre wahr, was wir horten. Wir sind fest uberzeugt, da? ihr uns nach dem Leben getrachtet habt. Welche Strafe werdet ihr wohl dafur erhalten?«

Der Rote antwortete nicht.

«Wir hatten euch nichts gethan, und ihr nahmt uns mit, um uns zu toten. Jetzt habt ihr uns das Leben nehmen wollen; ihr hattet also mehr verdient als nur den Tod. Aber wir sind Christen. Wir wollen euch vergeben. Ihr sollt eure Freiheit und eure Waffen zuruckerhalten, und dafur mu?t ihr uns versprechen, da? keinem von uns, die wir hier sitzen, jemals von euch ein Haar gekrummt werde.«

«Spricht das deine Zunge oder dein Herz?«fragte der Hauptling, indem er einen unglaubig forschenden, scharf stechenden Blick auf Old Shatterhand warf.

«Meine Zunge hat niemals andre Worte als mein Herz. Bist du bereit, mir das Versprechen zu geben?«

«Ja.«

«Da? wir alle, welche wir uns hier befinden, rote und wei?e Manner, von heute an Bruder sind?«

«Ja.«

«Die einander beistehen wollen und mussen in jeder Not und in jeder Gefahr?«

«Ja.«

«Und bist du bereit, das mit der Pfeife des Friedens zu beschworen?«

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