«Das is gut; das is ausgezeichnet. Der kann uns viel Nutze bringe. Aber verschtehste denn ooch, dermit ze schie?e?«

«Naturlich! Ich bin so lange bei Old Shatterhand, da? ich sein Gewehr genau so kenne, wie er selbst. Aber jetzt vorwarts! Wenn's den Roten einfallt, flu?ab zu reiten, so holen sie uns ein, und wir sind perduh. Ich aber mu? mein teures Leben in acht nehmen, um es fur die Rettung meiner Freunde offzuopfern. Wehe den Indianern, und wehe dem ganzen wilden Westen, wenn eenem von unsern Leuten een falsches Haar gekrummt wird! Ich bin een guter Mensch; ich bin so zu sagen zwee Seelen und een Gedanke; aber wenn ich rabbiat werde, so haue ich die ganze formidable Weltgeschichte in die Pfanne. Du wirst mich schon noch kennen lernen. Ich bin een Sachse. Verschtehste mich! Wir Sachsen sind schtets een schtrategisch amusantes Volk gewesen und haben in allen Kriegen und diatonischen Schtreitigkeeten die schwersten Prugel ausgeteelt.«

«Oder gekriegt!«versetzte Droll, indem er den Gefahrten fortzog.

«Schweig!«antwortete dieser.»Ihr Altenburger seid nur Kasesachsen; wir aber an der Elbe sind die richtigen. So lange die menschliche Lippe von Kulturereignissen spricht, sind Moritzburg und Perne die symplegaden Mittelpunkte aller kalospinthechromokrenen Gro?e und Anschtandigkeet gewesen. Bei Leipzig wurde Napoleon geschlagen, und in Racknitz bei Dresden is Moreau um seine zwee eenzigen beeden Beene gekommen; an der Wei?eritz liegt die Pflanzschtatte der Kuhnheet und der Tapferkeet, die ich in meinem Busen konsumiere, und so will ich den Roten nich raten, es bei mir bis zur Berserkerwut kommen zu lassen. Ich bin adstringiert in meinem Zorne und incapabel in meinem Grimme. Morgen, morgen schpreche ich weiter mit euch, morgen, wenn der Schtrahl der erschten Sonne dos a dos mit dem letzten Scheine der Finsternis ins blutige Gefilde schturzt!«Er ballte die Faust und schuttelte sie drohend hinter sich. Noch nie im Leben war er so aufgeregt und wutend gewesen wie jetzt; das zeigte sich nicht blo? in seinen Worten, sondern auch in der Weise, wie er jetzt trotz der Finsternis vorwarts sturmte, als gelte es, die Feinde zu ereilen, welche er doch hinter sich hatte.

Und doch war die Richtung, welche die beiden eingeschlagen hatten, die richtige und fur sie am besten geeignete, an die Roten zu kommen, wie sie zu ihrer Uberraschung spater erkennen sollten. Um ja nicht von den Indianern eingeholt zu werden, beschleunigten sie ihre Schritte so sehr, wie es bei der herrschenden Dunkelheit moglich war. Das Wasser rechts und die Felsenwand zur linken Hand, gingen sie immer sudwarts, bis nach ungefahr einer Stunde der Canon eine Wendung nach Osten machte. Uber dem dadurch gebildeten Winkel erschien zu ihrer rechten Hand und zu ihrer Uberraschung der Mond am Himmel, nach welchem empor sich ein freier Blick dadurch offnete, da? von dieser Seite ein Neben- in den Hauptcanon mundete. Droll blieb stehen und sagte:»Halt! Hier musse mer uberlege, wohin mer uns wende wolle, nach 'rebber oder nach 'nebber.«

«Daruber kann's gar keenen Zweifel geben, «meinte Frank.»Wir mussen in das Nebenthal.«

«Warum?«

«Weil mit absoluter Konsekration anzunehmen is, da? die Roten im Hauptcanon bleiben werden. Verschtecken wir uns in den Nebencanon, so ziehen sie an uns voruber, und wir konnen uns dann fruh mit obligatorischer Hypnologie an ihre hintersten Fersen heften. Meenste nich?«

«Hm, der Gedanke is nich ubel, zumal der Mond grad uber dem Seitenthale schteht und uns den Weg beleuchtet.«

«Ja, Luna schtrahlt mir Trost ins Herz und ku?t mir die brausenden Schtrome meiner Thranen aus dem vor Wut vertrockneten Gemute. Folgen wir ihrem su?en Schtrahle! Vielleicht fuhrt uns der traute Schein an eenen Ort, wo wir uns gut verschtecken konnen, was in unsrer imponderabeln Situation die Hauptsache is.«

Sie sprangen uber das Wasser und drangen in den Seitencanon ein, in welchem jetzt kein Wasser flo?, doch gab es Anzeichen genug, da? zu einer andern Jahreszeit die ganze Sohle des schmalen Thales ein Wasserbett bildete. Ihre Richtung war jetzt genau westlich. Sie mu?ten tief in den Canon eindringen, um nicht von den Indianern doch entdeckt zu werden. Wohl eine halbe Stunde lang waren sie demselben gefolgt, als sie plotzlich, auf das angenehmste uberrascht, stehen blieben. Die Felswand zu ihrer Rechten horte namlich plotzlich auf, um mit einer von Norden kommenden Wand eine scharfe Ecke zu bilden. Da lag nun vor ihnen nicht etwa freies Terrain, sondern Wald, ein wirklicher Wald, wie kein Fremder ihn hier hatte ahnen konnen. Uber nur wenigem Unterholz wolbten sich die Wipfel so dicht, da? das Licht des Mondes nur an einzelnen Stellen durchzudringen vermochte. Es war der Wald des Wassers, in welchem die Utahs ihr Kriegslager aufgeschlagen hatten.

Die Senkung, welche er fullte, zog sich genau von Norden nach Suden, parallel mit dem nicht viel uber eine halbe Stunde entfernten Hauptcanon. Zwischen diesem letzteren und dem Walde gab es zwei Verbindungswege, zwei Seitenthaler, ein nordliches, welches der» gro?e Wolf «benutzt hatte, und ein sudliches, durch welches Droll und Frank jetzt gekommen waren. Diese beiden von Osten nach Westen gehenden Nebenthaler bildeten mit dem Hauptcanon und dem Walde ein Rechteck, dessen innere Flache aus dem hohen, stundenlangen Felsenblocke bestand, in welchen die Gewasser sich ihre senkrechten und mehrere hundert Fu? tiefen Wege eingefressen hatten.»Een Wald, een Forscht, mit richtigen Buschen und Beemen, als ob er von eenem koniglich sachsischen Oberforschter angelegt worden ware!«sagte Frank.»Besser konnten mersch gar nich treffen, denn das gibt een Verschteck, wie's im Hauptbuche schteht. Meenste nich?«

«Nee, «antwortete die Tante Droll.»Dieser Wald kommt mer verdachtig oder gar beinahe farchterbar vor. Ich trau' ihm nich.«

«Wieso denn und warum denn? Denkste etwa, da? da Baren ihr nachtliches Difficil offgeschlagen haben?«

«Das weniger. Baren sind grad nich ze farchte, sondern andre Kreature, welche aber genau ebenso gefahrlich sind.«

«Was denn fur welche?«

«Indianersch.«

«Das ware dumm; das ware freilich dumm!«

«Es sollt mich freue, wenn ich mich irre that', aber meine Gedanke werde wohl de richtige sein.«

«Willste wohl die Gewogenheet haben, mir diese Gedanken logisch zu perturbieren?«

Die beiden standen an der Felsenecke, wo es Schatten gab, und hielten die Augen scharf auf den vom Monde beschienenen Waldesrand gerichtet. Dabei fragte Droll:»Wer wird wohl besser wisse, da? hier een Wald is, wir oder die rote Kerls?«

«Die Indianer.«

«Werde se ebensogut wisse wie wir, da? mer sich im Walde am beste verschtecke kann?«

«Naturlich.«

«Habe ich dir nich schon erklart, da? Indianer in der Nahe sein musse?«

«Ja, denn bei ihnen hat der» gro?e Wolf «sich Hilfe geholt.«

«Wo werde nun diese Leute schtecke? Im oden, nackten Canon oder im bequemen Walde?«

«In dem letzteren.«

«Gut, also musse mer uns hier sehr in acht nehme. Ich bin uberzeugt, da? mer Grund habe, sehr vorsichtig zu sein.«

«So meenste wohl, da? wir den Wald vermeiden mussen?«

«Nee, aber offpasse musse mer. Siehste vielleicht was Verdachtiges?«

«Nee, gar nischt.«

«Ich ooch nich. So wolle mersch also versuche. Rasch 'nuber, und dann unter de Schtraucher niedergeduckt und gehorcht, ob sich was regt. Vorwarts!«

Sie sprangen uber die lichte, vom Monde beschienene Stelle hinuber. Bei den Baumen angekommen, kauerten sie sich nieder, um zu lauschen. Sie horten nichts; kein Blattchen regte sich; aber Droll sog die Luft ein und fragte leise:»Frank, schnuppere mal! Es riecht nach Rooch. Denkste nich?«

«Ja, «antwortete der Gefragte;»aber der Geruch is kaum zu bemerken. Es is nur eene halbe Ahnung von eener Viertelschpur von Rooch.«

«Weil's weit herkommt. Mer musse de Sache untersuche und uns naher schleiche.«

Sie nahmen sich bei den Handen und schritten langsam und leise vorwarts. Es war dunkel unter dem Kronendache, und sie mu?ten sich also mehr auf ihren Tastsinn als auf ihr Gesicht verlassen. Je weiter sie vorwarts kamen, desto bemerkbarer wurde der Rauchgeruch: freilich avancierten sie nur langsam. Dem Hobble- Frank mochte doch ein Bedenken gegen ihr gefahrliches Unternehmen kommen, denn er fragte flusternd:»War's nich besser, wir lie?en den Rooch Rooch sein? Wir begeben uns ganz nutzlos in eene Gefahr, die mir nicht komprimieren kann.«

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