Nun ging es in die Tiefe hinab. Die Senkung war so bedeutend, da? man vom Pferde steigen mu?te. Es gab sogar Stellen, an welchen die Passage fast gefahrlich wurde. Man hatte die Gefangenen naturlich von den Pferden gebunden und ihnen die Beine freigegeben, damit sie hinabsteigen konnten. Der junge Navajo hielt sich hart hinter ihnen und lie? sie nicht aus dem Auge. Unten angekommen, mu?ten sie wieder aufsteigen, um festgebunden zu werden.

Nun wollte Old Firehand den Gefahrten seinen Fund zeigen, aber die Utahs durften nichts von demselben wissen. Darum wurden sie, ein Stuck in die Felsenenge hineingebracht, und einige Rafters blieben mit dem Navajo bei ihnen, um sie zu bewachen. Die andern waren gar nicht wieder in den Sattel gestiegen. Die Kunde, da? man sich an dem langersehnten Fundorte befinde, versetzte sie in die gro?te Aufregung. Der Kessel hatte einen Durchmesser von wenigstens einer englischen Meile. Sein Boden bestand aus tiefem Sande, untermischt mit abgescheuerten Steinen bis zur Gro?e einer Mannerfaust. Zwei Manner waren hier von gro?er Bedeutung, namlich Old Firehand, welcher die Ader anzugeben hatte, und Butler, der Ingenieur, welcher den Fund und die Moglichkeit der Ausbeutung technisch begutachten sollte. Dieser letztere lie? seinen prufenden Blick rund umherschweifen und meinte dann:»Es ist moglich, da? wir hier auf eine reiche Bonanza sto?en. Gibt es wirklich edles Metall hier, so steht allerdings zu erwarten, da? es gleich in bedeutenden Mengen vorhanden ist. Diese ungeheure Vertiefung wurde im Laufe der Jahrhunderte ausgewaschen. Das Wasser stromte durch die Felsenenge von Suden herbei und bildete, da es nicht weiter konnte, einen Strudel, welcher das Gestein abloste und zu Gries und Sand zerrieb. Der Boden, auf welchem wir stehen, wurde durch den allmahlichen Niederschlag gebildet und mu? die ausgewaschenen Metalle enthalten, welche infolge ihrer Schwere am tiefsten sanken und also unter dem Sande liegen. Wenn wir einige Ellen tief nachgraben, wird es sich zeigen, ob unsre Reise erfolgreich oder vergeblich war.«

«Wir brauchen nicht nachzugraben. Es genugt doch, nachzuweisen, da? die Ufer dieses einstigen Wasserloches das gesuchte Metall enthalten?«antwortete Old Firehand.

«Allerdings. Gibt es in diesen Wanden Gold oder Silber, so ist ganz bestimmt auch der Boden des Kessels mit diesen Metallen geschwangert.«

«So kommt! Ich will euch den Beweis liefern.«

Er schritt in gerader Richtung nach einer Stelle, welche er genau zu kennen schien. Die andern folgten ihm in gro?ter Spannung.

«Vetter, mir schuckert das Herz, «gestand der Hobble-Frank dem Altenburger.»Wenn wir hier Silber finden oder gar Gold, so raffe ich mir alle Taschen voll und fahre nachher heeme, nach Sachsen. Dort baue ich mir am lieblichen Schtrande der Elbe eene sogenannte Villa und recke von fruh bis abends den Kopp zum Fenster 'raus, um den Leuten zu zeigen, was fur een vornehmer und gro?artiger Kerl ich geworden bin.«

«Und ich, «antwortete Droll,»koof mer ee Bauergut mit zwanzig Pferden und achtzig Kuhen und mache weiter nischt als Quark und Ziegenkase. Dadroff kommt's namlich im Altenburgischen hauptsachlich an.«

«Und wenn wir aber nischt finden?«

«Ja, wenn nischt gefunde wird, so konne mer ooch nischt mache. Aber ich denk, da? mer schon Gluck habe werde, denn es verschteht sich ganz von selber, da? es in der Nahe des Silbersees ooch Silber gebe mu?.«

Seine Zuversicht sollte nicht zu Schanden werden. Old Firehand war an der Felswand angelangt, welche sich hier unterwaschen und zerbrockelt zeigte. Er zog einen lockern Stein heraus, noch einen und noch mehrere. Es entstand ein Ri?, welcher mit diesen Steinen verschlossen worden war. Dieser Ri? war durch naturlichen Einflu? entstanden und, wie man deutlich sah, kunstlich erweitert worden. Old Firehand langte mit der Hand hinein und sagte dabei:»Von dem, was ich hier fand, habe ich mir eine Probe mitgenommen und untersuchen lassen. Jetzt will ich sehen, ob das Gutachten Butlers dasselbe ist.«

Als er nun die Hand zuruckzog, hielt er in derselben ein wei?es, braunlich angelaufenes und drahtahnliches Gebilde, welches er dem Ingenieur hinreichte. Kaum hatte dieser es genommen und einen Blick darauf geworfen, so rief er laut:»Himmel! das ist ja reines gediegenes Silber! Und das hat ursprunglich hier in diesem Spalt gesteckt?«

«Ja, der ganze Spalt war damit ausgefullt. Er scheint sich tief in das Gestein hineinzuziehen und sehr reich an Metall zu sein.«

«So kann ich garantieren, da? wir hier eine au?erordentlich reiche Ausbeute machen werden. Jedenfalls gibt es noch mehr solche Klufte und Sprunge, welche Gediegenes enthalten.«

«Und auch feste Gange mit Erz, wie ich gleich zeigen werde, «lachelte Old Firehand.

Er holte einen zweiten noch viel gro?eren Gegenstand heraus und gab ihn dem Ingenieur. Es war ein mehr als zwei Faust gro?es Erzstuck, welches Butler aufmerksam betrachtete, um dann auszurufen:»Die chemische Untersuchung ist freilich viel sicherer; aber ich mochte darauf schworen, da? wir es hier mit Chlorsilber, also Silberhornerz, Kerargyrit zu thun haben!«

«Das stimmt. Die chemische Analyse hat Chlorsilber ergeben.«

«Mit wie viel Prozent?«

«Funfundsiebzig Prozent reines Silber.«

«Welch ein Fund! Allerdings findet man in Utah vorzugsweise Silberhornerz. Wo ist die betreffende Ader?«

«Weiter dahinten an der andern Seite des Kessels. Ich habe sie hoch mit Geroll bedeckt, werde sie euch aber zeigen. Und nun, was ist das?«

Er brachte aus der Spalte mehrere Korner von der Gro?e einer Haselnu?.

«Nuggets, Gold!«schrie der Ingenieur.»Auch von hier?«

«Ja. Wir hatten uns damals hier versteckt und konnten nicht fort, weil die Roten auf uns lauerten. Es fehlte uns an Wasser, und ich grub den Sand auf, um zu versuchen, ob der Boden Feuchtigkeit enthalte. Wasser gab es nicht, aber solche Nuggets fand ich mehrere.«

«So gibt es auch Goldgange hier, ganz wie ich vorhin gesagt habe! Old Firehand, hier liegen Millionen, und der Entdecker ist ein reicher, steinreicher Mann!«

«Nur der Entdecker? Ihr alle sollt teilhaben. Ich bin der Entdecker, Butler ist der Ingenieur, und die andern helfen ausbeuten. Zu diesem Zwecke habe ich euch mitgenommen. Die Bedingungen, unter denen wir zusammen arbeiten, und der Anteil, den jeder einzelne bekommt, das werden wir noch bestimmen.«

Die Worte riefen einen allgemeinen Jubel hervor, einen Jubel, welcher gar nicht nachlassen wollte. Old Firehand zeigte nun den Gang des Silbererzes, welcher ein ganz bedeutender war. Es stand zu erwarten, da? dies nicht der einzige sei. Die meisten zeigten Lust, gleich auf der Stelle nachzuforschen, doch Old Shatterhand that dem Einhalt, indem er warnte:»Nicht so eilig, Mesch'schurs! Wir haben zunachst an noch andres zu denken. Wir befinden uns ja nicht allein hier oben.«

«Aber wir sind den Roten zuvorgekommen, «bemerkte der Lord, welcher zwar keinen Anspruch auf den Metallfund machte, aber sich wenigstens ebenso sehr wie die andern uber denselben freute.

«Zuvorgekommen, ja, aber nicht weit. Der Navajo, welcher sich bei uns befindet, kennt die Ruckzugslinie der Seinen ganz genau. Er hat berechnet, da? sie kaum einige Stunden spater als wir am See eintreffen werden, und hinter ihnen folgen jedenfalls sofort die Utahs. Wir haben also keine Zeit zu verlieren, uns darauf vorzubereiten.«

«Das ist wahr, «stimmte Old Firehand bei.»Aber wissen mochte ich doch, ob die Ausbeutung hier auf gro?e Schwierigkeiten sto?en wird. Uns das zu sagen, wird Master Butler wohl nur einiger Minuten bedurfen. Also Butler, gebt Antwort!«

Master Butler prufte mit einem langen Blicke die Umgebung und sagte dann:»Wasser ist's, vor allen Dingen Wasser, dessen wir bedurfen. Welches ist die nachste Stelle, an welcher dasselbe vorhanden ist?«

«Eben der Silbersee.«

«Wie weit liegt er von hier?«

«In zwei Stunden sind wir dort.«

«Liegt er hoher als diese Stelle?«

«Bedeutend.«

«So ware also das notige Gefalle vorhanden. Nur fragt es sich, ob die Moglichkeit da ist, es hierher zu leiten.«

«Die Felsenenge, welche den einzigen Zugang zu diesem Kessel bildet, fuhrt ja hinauf und mundet in der Nahe des Sees.«

«Das ist wichtig, denn da kann ich annehmen, da? die Zuleitung auf keine unuberwindlichen Schwierigkeiten

Вы читаете Der Schatz im Silbersee
Добавить отзыв
ВСЕ ОТЗЫВЫ О КНИГЕ В ИЗБРАННОЕ

0

Вы можете отметить интересные вам фрагменты текста, которые будут доступны по уникальной ссылке в адресной строке браузера.

Отметить Добавить цитату