sie die Utahs im Bereiche ihrer Kugeln wu?ten, ganz offen in der Mitte des Canons stehen, legten die Gewehre an, zielten und druckten ab. Ein Geheul von seiten der Utahs bewies, da? die Kugeln getroffen hatten. Noch vier Schusse, ein erneutes Heulen. Die Timbabatschen duckten sich nieder und krochen vorwarts, um auch zum Schu? zu kommen.

Der Humply-Bill war der Ansicht, da? die vier Wei?en nicht zugleich schie?en durften, weil in diesem Falle wahrend des Ladens eine zu lange Pause entstehe. Zwei laden und zwei schie?en, so sollte es gehalten werden, und die andern stimmten bei.

Es zeigte sich nur zu bald, was vier tuchtige Manner mit guten Gewehren vermogen. Jeder Schu? traf seinen Mann. Diejenigen Utahs, welche Gewehre besa?en, zielten jetzt nicht mehr auf die Navajos, sondern auf die Wei?en. Dadurch bekamen die ersteren Luft.

Seitwarts von den Jagern hatte sich der» kleine Bar «auf das Knie niedergelassen und gebrauchte sein Gewehr, da? es eine wahre Freude war. Schu? auf Schu? sa? bei ihm. Die Utahs wichen zuruck. Nur diejenigen von ihnen, welche Gewehre besa?en, blieben stehen; aber ihre Kugeln flogen zu kurz, und naher wagten sie sich nicht heran. Da rief der Hobble-Frank dem» kleinen Baren «zu:»Wir funf bleiben halten. Die Navajos mogen sich hinter uns zuruckziehen. Sage es ihnen!«

Der Sohn des Hauptlings gehorchte dieser Aufforderung, und die Roten sprangen auf und rannten zuruck, um sich hinter den Wei?en festzunisten. Es war ein trauriger Anblick. Erst jetzt sah man, wie sehr die Navajos gelitten hatten. Sie zahlten hochstens noch sechzig Mann, und nicht die Halfte von ihnen hatten ihre Pferde noch. Glucklicherweise konnten sie sich ungehindert zuruckziehen, denn die Timbabatschen blieben liegen und hielten die Utahs im Schach. Es war eine Schande fur die letzteren, da? sie nicht ein allgemeines, schnelles Vordringen wagten; aber dann waren eine Anzahl von ihnen gefallen, und das vermeidet der Indianer stets. Er greift am liebsten nur dann an, wenn er fur sich nichts zu befurchten hat.

So kam es, da? auch die Navajos ruckwarts rannten und dann die Wei?en mit dem» kleinen Bar «eine Strecke retirierten, ohne daran gehindert zu werden. Die Utahs ruckten ganz einfach nach. Sie sparten ihre Pfeile und setzten nur mit ihren wenigen Gewehren das Gefecht fort. So zogen sich die einen von Strecke zu Strecke zuruck, und die andern folgten nach, bis die ersteren in die Nahe der Stelle gekommen waren, an welcher sie sich vorher versteckt gehabt hatten. Die Wei?en rieten, nun schnell die Hohlen und Vertiefungen aufzusuchen; der» kleine Bar «machte den Dolmetscher — ein plotzlicher, allgemeiner Ruckzug, und die bisher so hart Bedrangten waren verschwunden. Sie befanden sich in Sicherheit, denn hier gab es Deckung gegen jedes Gescho?, wahrend die Utahs sich nicht verstecken konnten. Wenn nun bald die erwartete Hilfe kam, so konnte man getrost dem weitern Verlaufe des Kampfes entgegensehen.

Und diese Hilfe war schon unterwegs. Winnetou hatte dem» gro?en Baren «in kurzen Worten erzahlt, was geschehen war. Der letztere machte ein hochst bedenkliches Gesicht und meinte:»Ich habe die Navajos gewarnt. Ich riet ihnen, zu warten, bis alle ihre Krieger beisammen seien. Aber sie glaubten, da? die Utahs sich auch noch nicht vereinigt hatten, und wollten die einzelnen Haufen derselben einen nach dem andern vernichten. Nun haben sie das Schicksal erlitten, welches sie den Feinden bereiten wollten.«

«Doch nicht!«sagte Old Shatterhand.»Sie sind doch nicht vernichtet worden.«

«Meinst du. Ich denke anders. Ich kenne die Versammlungsorte der Utahs. Wenn die Navajos vom Thal der Hirsche ruckwarts fliehen, mussen sie an mehreren solchen Orten voruber und konnen leicht von allen Seiten eingeschlossen werden. Und selbst wenn es ihnen gelingt, in die Berge zu entkommen, so wird die Zahl der Utahs von Ort zu Ort gro?er werden, und es kann leicht geschehen, da? wir tausend ihrer Krieger hier am Silbersee zu sehen bekommen. Ob die Navajos diesen unter solchen Umstanden erreichen, das ist sehr zweifelhaft.«

«Wie steht es dann mit dir? Werden die Utahs dich als Feind behandeln?«

«Ja.«

«So befindest du dich in der gro?ten Gefahr.«

«Nein.«

«Wohl weil du die Timbabatschen hier hast und auch noch einige Navajos erwartest?«

«Nein; ich verlasse mich weder auf die einen noch auf die andern, sondern ganz allein auf mich selbst.«

«So begreife ich dich nicht.«

«Ich furchte mich vor tausend Utahs nicht.«

«Und ich verstehe das nicht.«

«Ich brauche nur die Hand aufzuheben, so sind sie verloren. Ein einziger kurzer Augenblick totet sie alle.«

«Hm! Alle?«

«Du glaubst es nicht? Ja, du kannst so etwas nicht begreifen. Ihr Bleichgesichter seid sehr kluge Manner, aber auf einen solchen Gedanken wurde keiner von euch kommen.«

Er sagte das in stolzem Tone. Der Blick Old Shatterhands schweifte rund uber den See, an den Bergen hin, und dann antwortete er, indem ein leises Lacheln um seine Lippen zuckte:»Du bist es aber auch nicht, welcher auf diesen Gedanken gekommen ist.«

«Nein. Wer sagt dir das?«

«Ich selbst. Wir Wei?en konnen keinen solchen Gedanken hegen, weil wir Christen sind und den Massenmord scheuen; aber klug genug sind wir dennoch, euch in eure Seelen zu blicken.«

«Du meinst zu wissen, warum ich mich vor tausend Feinden nicht furchte?«

«Ja.«

«Sage es!«

«Soll ich dadurch dein Geheimnis verraten?«

«Du verratst es nicht, denn du kannst unmoglich das Richtige treffen. Es ist ein Geheimnis, welches jetzt nur noch zwei Personen kennen, ich und mein Sohn.«

«Und ich!«

«Nein! Beweise es!«

«Gut! Du totest tausend Utahs in wenigen Augenblicken?«

«Ja.«

«Wenn sie sich im Canon befinden?«

«Ja.«

«Das kann weder durch Messer, Gewehre oder sonstige Waffen geschehen.«

«Nein. Und eben das, wodurch und wie es geschieht, vermagst du dir gar nicht zu denken.«

«Gar wohl! Namlich durch eine Naturkraft. Durch die Luft, also Sturm? Nein. Durch Feuer? Auch nicht. Also durch das Wasser!«

«Deine Gedanken sind gut und klug; aber weiter kommst du nicht!«

«Wollen sehen! Wo hast du genug Wasser, um so viele Menschen zu toten? Im See. Werden diese Leute in den See gehen? Nein. Also mu? der See zu den Leuten gehen; er mu? seine Fluten plotzlich in den Canon ergie?en. Wie ist das moglich? Es liegt doch ein hoher, starker Damm dazwischen! Nun, dieser Damm ist vor alter Zeit nicht gewesen; er ist gebaut worden, und dabei hat man ihm eine Einrichtung gegeben, durch welche er plotzlich geoffnet werden kann, so da? der trockene Canon sich augenblicklich in einen rei?enden Strom verwandelt. Habe ich es erraten?«

Trotz der Ruhe, welche ein Indianer, und besonders ein Hauptling, in allen Lagen zu bewahren hat, sprang der» gro?e Bar «auf und rief:»Herr, bist du allwissend?«

«Nein, aber ich denke nach.«

«Du hast es erraten; wirklich, du hast es erraten! Aber wie bin ich zu diesem Geheimnisse gekommen?«

«Durch Erbschaft.«

«Und wie wird der Damm geoffnet?«

«Wenn du mir erlaubst, nachzuforschen, so werde ich dir diese Frage sehr bald beantworten.«

«Nein, das darf ich dir nicht erlauben. Aber kannst du auch erraten, weshalb dieser Damm errichtet worden ist?«

«Ja.«

«Nun?«

«Aus zwei Grunden. Erstens zur Verteidigung. Die Eroberer der sudlichen Gegenden kamen alle von Norden.

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