«Ja, «antwortete Tom einfach und ernst.

«Jawohl, «stimmte auch Droll bei.»Der Cornel mu? unser werden, auch schon um andrer willen. Erwischen wir ihn, dann genade ihm, wenn's notig ist!«

Drittes Kapitel

Nachtliche Kampfe

Am hohen Ufer des Black-bear-Flusses brannte ein gro?es Feuer. Zwar stand der Mond am Himmel, aber sein Licht vermochte nicht, die dichten Wipfel der Baume zu durchdringen, unter denen ohne das Feuer tiefe Finsternis geherrscht hatte. Die Flamme desselben beleuchtete eine Art Blockhaus, welches nicht aus horizontal ubereinander lagernden Stammen, sondern in andrer Weise errichtet war. Man hatte von vier in den Winkeln eines regelma?igen Vierecks stehenden Baumen die Wipfel abgesagt und auf die Stamme Querholzer gelegt, welche das Dach trugen. Dieses letztere bestand aus sogenannten Clap-boards, Brettern, welche man roh aus astlosen Cypressen- oder auch Roteichenstammen spaltet. In der vordern Wand waren drei Offnungen gelassen, eine gro?ere als Thur und zwei kleinere, zu den Seiten der vorigen, als Fenster. Vor diesem Hause brannte das erwahnte Feuer und um dasselbe sa?en gegen zwanzig wilde Gestalten, denen es anzusehen war, da? sie langere Zeit nicht mit der sogenannten Zivilisation in Beruhrung gekommen waren. Ihre Anzuge waren abgerissen und ihre Gesichter von Sonne, Wind und Wetter nicht nur gebraunt, sondern formlich gegerbt. Au?er den Messern hatten sie keine Waffen bei sich; diese mochten vielmehr im Innern des Blockhauses liegen.

Uber dem Feuer hing von einem starken Baumaste herab ein gro?er, eiserner Kessel, in welchem machtige Stucke Fleisches kochten. Neben dem Feuer standen zwei ausgehohlte Riesenkurbisse mit gegorenem Honigwasser, also Met. Wer Lust dazu hatte, schopfte sich einen solchen Trunk oder nahm sich einen Becher voll Fleischbruhe aus dem Kessel.

Dabei wurde eine lebhafte Unterhaltung gefuhrt. Die Gesellschaft schien sich sehr sicher zu fuhlen, denn keiner gab sich die Muhe, leise zu sprechen. Hatten diese Leute die Nahe eines Feindes angenommen, so ware das Feuer wohl nach indianischer Weise genahrt worden, so da? es eine nur kleine, nicht weit sichtbare Flamme gab. An der Wand des Hauses lehnten Axte, Beile, gro?e Sagen und andres Handwerkszeug, aus welchem sich erraten lie?, da? man eine Gesellschaft von Rafters, also von Holzhauern und Flo?ern, vor sich habe.

Diese Rafters sind eine ganz eigene Art der Hinterwaldler. Sie stehen zwischen den Farmern und Fallenstellern mitten inne. Wahrend der Farmer zur Zivilisation in naherer Beziehung steht und zu den se?haften Leuten gehort, fuhrt der Trapper, der Fallensteller ein beinahe wildes Leben, ganz ahnlich dem Indianer. Auch der Rafter ist nicht an die Scholle gebunden und fuhrt ein freies, fast unabhangiges Dasein. Er streift aus einem Staate in den andern und aus einer County in die andre. Menschen und deren Wohnungen sucht er nicht gern auf, weil das Gewerbe, welches er treibt, eigentlich ein ungesetzliches ist. Das Land, auf welchem er Holz schlagt, ist nicht sein Eigentum. Es fallt ihm auch nur selten ein, zu fragen, wem es gehort. Findet er passende Waldung und ein zum Verflo?en bequemes Wasser in der Nahe, so beginnt er seine Arbeit, ohne sich darum zu bekummern, ob der Ort, wo er sich befindet, Kongre?land ist oder schon einem Privateigentumer gehort. Er fallt, schneidet und bearbeitet die Stamme, sucht sich dazu nur die besten Baume aus, verbindet sie zu Flo?en und schwimmt auf denselben dann abwarts, um das erbeutete Gut irgendwo zu verkaufen.

Der Rafter ist ein nicht gern gesehener Gast. Zwar ist es wahr, da? manchem neuen Ansiedler der dichte Wald, den er vorfindet, zu schaffen macht, und da? er froh ware, denselben gelichtet vorzufinden, aber der Rafter lichtet nicht. Er nimmt, wie gesagt, nur die besten Stamme, schneidet die Kronen ab und la?t sie liegen. Unter und zwischen diesen Wipfeln sprossen dann neue Scho?linge hervor, welche durch wilde Reben und andre Schlingpflanzen zu einem festen Ganzen verbunden werden, gegen welches die Axt und oft sogar auch das Feuer nur wenig vermag.

Dennoch bleibt der Rafter meist unbelastigt, denn er ist ein kraftiger und kuhner Gesell, mit welchem in der Wildnis, fern von aller Hilfe, nicht so leicht jemand anzubinden wagt. Allein kann er naturlich nicht arbeiten, sondern es thun sich stets mehrere, meist vier bis acht oder zehn zusammen. Zuweilen kommt es auch vor, da? die Gesellschaft aus noch mehr Personen besteht; dann fuhlt sich der Rafter doppelt sicher, denn mit einer solchen Anzahl von Menschen, welche um den Besitz eines Baumstammes ihr Leben auf das Spiel setzen wurden, wird kein Farmer oder sonstiger Besitzer einen Streit beginnen.

Freilich fuhren sie ein sehr hartes, anstrengungs- und entbehrungsreiches Leben, doch ist am Ende ihr Lohn kein geringer. Der Rafter verdient, da ihn das Material nichts kostet, ein schones Stuck Geld. Wahrend die andern arbeiten, sorgt ein Kamerad oder sorgen zwei oder mehrere, je nach der Gro?e der Gesellschaft, fur die Ernahrung derselben. Das sind die Jager, welche tagsuber und oft auch wahrend der Nacht umherstreifen, um» Fleisch zu machen«. In wildreichen Gegenden ist das nicht schwer. Mangelt es aber an Wild, so gibt es viel zu thun; der Jager hat keine Zeit ubrig, Honig und andre Delikatessen zu suchen, und die Rafters mussen auch diejenigen Fleischstucke essen, welche der Hinterwaldler sonst verschmaht, sogar die Eingeweide.

Die Gesellschaft nun, welche hier am schwarzen Barenflusse ihr Wesen trieb, schien, wie der volle Kessel bewies, keine Not zu leiden. Darum waren alle guter Laune, und es wurde nach der harten Tagesarbeit viel gescherzt. Man erzahlte sich heitre oder sonst interessante Erlebnisse; man schilderte Personen, welche man getroffen hatte und die irgend eine Eigenschaft besa?en, welche zum Lachen Veranlassung gab.

«Da solltet ihr einen kennen, den ich da oben mal in Fort Niobrara getroffen habe, «sagte ein alter, graubartiger Kerl.»Der Mann war ein Mann und wurde doch nur Tante genannt.«

«Meinst du etwa Tante Droll?«fragte ein andrer.

«Ja, grad den und keinen andern meine ich. Bist du ihm etwa auch begegnet?«

«Ja, einmal. Das war in Desmoines, im Gasthofe, wo sein Erscheinen gro?e Aufmerksamkeit erregte und sich alle uber ihn lustig machten. Besonders einer war es, der ihm keine Ruhe lie?, bis Droll ihn bei den Huften nahm und zum Fenster hinauswarf. Der Mann kam nicht wieder herein.«

«Das traue ich der Tante gut und gern zu. Droll liebt einen Spa? und hat nichts dagegen, wenn man uber ihn lacht, aber uber einen gewissen Punkt hinaus darf man nicht gehen, sonst zeigt er die Zahne. Ubrigens wurde ich einen jeden, der ihn ernstlich beleidigen wollte, sofort niederschlagen.«

«Du, Blenter? Warum?«

«Darum, weil ich ihm mein Leben verdanke. Ich bin mit ihm bei den Sioux gefangen gewesen. Ich sage euch, da? ich damals gewi? und wirklich von ihnen in die ewigen Jagdgrunde geschickt worden ware. Ich bin nicht der Mann, der sich vor drei oder funf Indianern furchtet; ich pflege auch nicht zu wimmern, wenn es mir einmal verkehrt geht; damals aber war keine Spur von Hoffnung mehr vorhanden, und ich wu?te wahrhaftig keinen Ausweg. Dieser Droll aber ist ein Pfiffikus sondergleichen; er hat die Roten so eingeseift, da? sie nicht mehr aus den Augen sehen konnten. Wir entkamen.«

«Wie war das? Wie ging das zu? Erzahle, erzahle!«

«Wenn es dir recht ist, werde ich lieber den Mund halten. Es ist kein Vergnugen, eine Begebenheit zu berichten, bei welcher man keine ruhmliche Rolle gespielt hat, sondern von den Roten ubertolpelt wurde. Genug, da? ich dir sage, wenn ich heut hier sitze und mir den Rehbock schmecken lassen kann, so habe ich das nicht mir, sondern der Tante Droll zu danken.«

«So mu? die Tinte, in welcher du sa?est, sehr tief und schwarz gewesen sein. Der alte Missouri-Blenter ist doch als ein Westmann bekannt, welcher gewi? die Thur findet, wenn uberhaupt eine vorhanden ist.«

«Damals aber habe ich sie nicht gefunden. Ich stand fast schon unter dem Marterpfahle.«

«Wahrhaftig? Das ist freilich eine Situation, in welcher es wenig Aussicht auf Entkommen gibt. Eine verteufelte Erfindung, dieser Marterpfahl! Ich hasse die Canaillen doppelt, wenn ich an dieses Wort denke.«

«So wei?t du nicht, was du thust und was du sagst. Wer die Indsmen ha?t, der beurteilt sie falsch, der hat nicht daruber nachgedacht, was die Roten alles erduldet haben. Wenn jetzt jemand kame, um uns von hier zu vertreiben, was wurdest du thun?«

«Mich wehren, und sollte es sein oder mein Leben kosten.«

«Und ist dieser Ort etwa dein Eigentum?«

«Wei? ganz und gar nicht, wem er gehort; ich aber habe ihn gewi? nicht bezahlt.«

«Nun, den Roten gehorte alles Land, es ist ihnen von uns genommen worden, und wenn sie sich wehren, wozu sie mehr Recht haben als du, so verurteilst du sie?«

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