«Leider. Es ist das Klugste, und — «

Er hielt inne und machte mit der Hand eine Bewegung der Uberraschung, welche die andern nicht verstanden.

«Was ist's? Was hast du?«fragte ihn einer.»Sprich weiter.«

Der Cornel stand, ohne zu antworten, auf. Er hatte nahe an der Stelle gesessen, wo die beiden Lauscher lagen. Diese befanden sich nicht mehr nebeneinander wie vorher. Als namlich das Auge des alten Missouriers auf den Cornel gefallen war, hatte sich seiner eine ganz ungewohnliche Aufregung bemachtigt, welche sich bei dem Klange der Stimme des Genannten noch gesteigert hatte. Er blieb nicht ruhig liegen, sondern schob sich weiter und immer weiter im Schilfe vor. Seine Augen gluhten, und es schien, als ob sie aus ihren Hohlen treten wollten. In dieser Erregung verga? er die notige Vorsicht; er achtete nicht darauf, da? sein Kopf fast ganz aus dem Schilfe ragte.

«Nicht sehen lassen!«raunte ihm der Hauptling zu, indem er ihn fa?te und zuruckzog.

Aber es war schon zu spat, denn der Cornel hatte den Kopf gesehen. Darum unterbrach er seine Rede und war rasch aufgestanden, um den Lauscher unschadlich zu machen. Er verfuhr dabei mit gro?er Schlauheit, indem er sagte:»Es fiel mir eben ein, da? ich dort bei den Pferden noch — doch, kommt ihr beide einmal mit!«

Er winkte den zwei Mannern, welche an seiner Rechten und Linken gesessen hatten. Sie standen sogleich auf, und er flusterte ihnen zu:»Ich verstelle mich nur, denn da hinter uns liegt ein Kerl, jedenfalls ein Rafter, im Schilfe. Sieht er, da? ich es auf ihn abgesehen habe, so lauft er davon. Sobald ich mich auf ihn werfe, packt ihr ihn auch sofort. Auf diese Weise bekommen wir ihn gleich so fest, da? er sich gar nicht wehren und mich verwunden kann. Also — vorwarts!«

Bei dem Worte vorwarts, welches er nun laut ausrief, drehte er sich blitzschnell um und that einen Sprung nach der Stelle, an welcher er den Kopf gesehen hatte.

Der Tonkawahauptling war ein au?erst vorsichtiger, erfahrener und scharfsinniger Mann. Er sah den Cornel aufstehen und mit den beiden flustern; er sah, da? der eine derselben eine unwillkurliche Bewegung nach ruckwarts machte. So gering und fast unbemerkbar diese Bewegung war, dem gro?en Bar verriet sie doch, um was es sich handle. Er beruhrte den Alten mit der Hand und flusterte ihm zu.»Schnell fort! Cornel dich sehen und dich fangen. Schnell, schnell!«

Zu gleicher Zeit wendete er sich um und schnellte sich, ohne sich vom Boden zu erheben, fort und hinter den nachsten Busch. Das war das Werk von hochstens zwei Sekunden, aber schon ertonte hinter ihm das» Vorwarts «des Cornels, und als er zuruckblickte, sah er diesen sich auf den Missourier sturzen, welchem Beispiele die beiden andern Tramps augenblicklich folgten.

Der alte Blenter wurde trotz seiner geruhmten Geistesgegenwart vollstandig uberrumpelt. Die drei lagen oder knieten auf ihm und hielten ihm die Arme und Beine fest, und die Tramps sprangen vom Feuer auf und kamen schnell herbei. Der Indianer hatte sein Messer gezogen, um dem Alten beizustehen, er mu?te aber einsehen, da? er gegen diese Ubermacht nichts auszurichten vermoge. Er konnte nichts weiter thun, als sehen, was mit dem Missourier geschehen werde, und dann die Rafters benachrichtigen. Um aber nicht auch selbst entdeckt zu werden, kroch er von dem in das Schilf geschnittenen Wege fort, weit weg zur Seite, wo er sich hinter einem Busch verbarg.

Die Tramps wollten, als sie den Gefangenen erblickten, laut werden, doch der Cornel gebot ihnen Schweigen:»Still! Wir wissen nicht, ob noch andre da sind. Haltet ihn fest. Ich werde nachsehen.«

Er ging die Umgebung des Feuers ab und bemerkte zu seiner Beruhigung keinen Menschen. Dann gebot er, den Mann an das Feuer zu bringen. Dieser hatte alle seine Krafte angestrengt, sich loszumachen, doch vergebens. Er sah ein, da? er sich in sein Schicksal fugen musse. Allzu schlimm konnte dasselbe nicht sein, da er den Tramps ja bis jetzt nichts zuleide gethan hatte. Ubrigens mu?te ihn der Gedanke an den Indianer beruhigen. Dieser ging gewi? schnell fort, um Hilfe herbeizuholen.

Wahrend vier Mann den Gefangenen am Boden festhielten, beugte sich der Cornel nieder, um ihm in das Gesicht zu sehen. Es war ein langer, langer, scharf und nachdenklich forschender Blick, mit dem er dies that. Dann sagte er:»Kerl, dich mu?te ich kennen! Wo habe ich dich eigentlich schon gesehen?«

Der Alte hutete sich wohl, es ihm zu sagen, da er in diesem Falle verloren gewesen ware. Der Ha? kochte in seiner Brust, aber er gab sich Muhe, ein moglichst gleichgultiges Gesicht zu zeigen.

«Ja, ich mu? dich gesehen haben, «wiederholte der Cornel.»Wer bist du? Gehorst du zu den Rafters, welche da oberhalb arbeiten?«

«Ja, «antwortete der Gefragte.

«Was hast du dich hier herumzuschleichen? Warum belauschest du uns?«

«Sonderbare Frage? Ist es hier im Westen etwa verboten, sich die Leute anzusehen? Ich meine vielmehr, da? es ein Gebot der Notwendigkeit ist, dies zu thun. Es gibt da Leute genug, vor denen man sich in acht nehmen mu?.«

«Zahlst du vielleicht auch uns zu denselben?«

«Unter welche Sorte von Menschen ihr gehort, das mu? sich erst zeigen. Ich kenne euch ja nicht.«

«Das ist eine Luge. Du hast gehort, was wir gesprochen haben und wirst also wissen, wer und was wir sind.«

«Nichts habe ich gehort. Ich war unten am Flusse und wollte nach unserm Lager, da sah ich euer Feuer und schlich naturlich herbei, um zu sehen, wer hier lagert. Ich fand gar nicht Zeit, zu horen, was gesprochen wurde, denn ich war zu unvorsichtig und wurde in dem Augenblicke, an welchem ich mich zum Lauschen anschickte, von euch gesehen.«

Er hoffte, da? nur der getotete Tramp ihn oben an der Blockhutte gesehen habe, da er sein Gesicht derselben zugewendet gehabt hatte; aber er irrte sich, denn der Rothaarige antwortete:»Das ist lauter Schwindel. Ich sah dich vorhin nicht nur bei den Rafters sitzen, sondern ich horte dich auch sprechen und erkenne dich wieder. Willst du das eingestehen?«

«Kann mir nicht einfallen! Was ich sage, ist wahr; du verkennst mich also.«

«So bist du wirklich allein hier gewesen?«

«Ja.«

«Und behauptest, wirklich nichts von unsrer Unterhaltung gehort zu haben?«

«Kein Wort.«

«Wie hei?est du?«

«Adams, «log der Missourier, welcher allen Grund zu haben glaubte, seinen wirklichen Namen nicht zu nennen.

«Adams, «wiederholte der Cornel nachdenklich.»Adams! Habe niemals einen Adams gekannt, der dein Gesicht gehabt hatte. Und doch ist es mir, als ob wir einander schon gesehen hatten. Kennst du mich? Wei?t du, wie ich hei?e?«

«Nein, «behauptete der Alte, abermals wahrheitswidrig.»Nun aber la?t mich los! Ich habe euch nichts gethan und hoffe, da? ihr ehrliche Westmanner seid, welche andre ehrliche Leute in Ruhe lassen.«

«Ja, wir sind allerdings ehrliche Manner, sehr ehrliche Manner, «lachte der Rote;»aber ihr habt vorhin einen von uns erstochen, und nach den Gesetzen des Westens schreit das nach Rache. Blut um Blut, Leben um Leben. Magst du sein, wer du willst, es ist aus mit dir.«

«Wie? Ihr wollt mich ermorden?«

«Ja, gerade so, wie ihr unsern Kameraden ermordet habt. Es handelt sich nur darum, ob du, gerade so wie er, durch das Messer stirbst oder ob wir dich da im Flusse ersaufen. Gro?e Zeremonien aber werden keinesfalls gemacht. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Stimmen wir schnell ab. Bindet ihm den Mund zu, da? er nicht schreien kann. Wer von euch dafur ist, da? wir ihn in das Wasser werfen, der hebe den Arm empor.«

Diese Aufforderung war an die Tramps gerichtet, deren Mehrzahl sofort das erwahnte Zeichen gab.

«Also ersaufen!«meinte der Cornel.»Bindet ihm Arme und Beine fest zusammen, damit er nicht schwimmen kann; dann schnell in das Wasser, und nachher fort mit uns, ehe seine Leute kommen!«

Der alte Missourier war wahrend des Verhores von mehreren Mannern festgehalten worden. Jetzt sollte ihm zunachst der Mund zugebunden werden. Er wu?te, da? der Indianer unmoglich schon die Rafters erreicht haben konne; auf Hilfe war also nicht zu rechnen; dennoch that er das, was jeder andre auch gethan haben wurde; er wehrte sich mit Anstrengung aller seiner Krafte und schrie um Hilfe. Der Ruf drang weit in die Stille der Nacht hinaus.

«All lightnings!«zurnte der Rote.»La?t ihn doch nicht so schreien. Wenn ihr nicht mit ihm fertig werdet, so

Вы читаете Der Schatz im Silbersee
Добавить отзыв
ВСЕ ОТЗЫВЫ О КНИГЕ В ИЗБРАННОЕ

0

Вы можете отметить интересные вам фрагменты текста, которые будут доступны по уникальной ссылке в адресной строке браузера.

Отметить Добавить цитату