ihm sagen, sich zu den Pferden zu begeben und jeden Tramps niederzuschie?en, der etwa aufsteigen und entfliehen wollte; aber kaum war das erste fort uber seine Lippen, so ertonte vor ihnen ein lauter, durchdringender Schrei. Es war der bereits erwahnte Hilferuf des alten Missouriers.
«Sie morden ihn!«sagte Old Firehand, aber noch immer in gedampftem Tone.
«Schnell drauf, mitten unter sie hinein. Keine Schonung gegen den, der sich wehrt!«
Er erhob sich und sprang nach dem Feuer zu und warf drei, vier Tramps zur Seite, um zu dem Roten zu kommen, welcher eben, wie schon berichtet, zum Schlage ausholte. Er kam gerade noch zur rechten Zeit und hieb den Cornel mit dem Kolben nieder. Zwei, drei Tramps, welche beschaftigt waren, den Missourier zu binden und zu knebeln, um ihn dann in den Flu? zu werfen, fielen unter seinen nachsten Streichen. Dann zog er, das noch nicht abgeschossene Gewehr wegwerfend, die Revolver und feuerte auf die ubrigen Feinde. Dabei sagte er kein Wort. Es war seine Gewohnheit, im Kampfe zu schweigen, au?er wenn er gezwungen war, Befehle zu erteilen.
Desto lauter waren die drei andern. Der schwarze Tom war auch wie ein Wetter unter die Tramps gefahren und arbeitete sie mit dem Kolben nieder, indem er ihnen die kraftigsten Schimpf-, Spott- und Drohnamen zurief. Der sechzehnjahrige Fred hatte erst die Flinte auf sie abgeschossen, sie weggeworfen, und die Revolver gezogen. Er gab Schu? auf Schu? ab und schrie dabei aus Leibeskraften, um ihren Schreck zu erhohen.
Am lautesten aber lie? sich die kreischende Fistelstimme der Tante Droll horen. Der wundersame Jager schrie und wetterte geradezu fur hundert Personen. Seine Bewegungen waren so ungemein schnell, da? keiner der Feinde mit Sicherheit auf ihn zu schie?en vermocht hatte. Aber es gab auch keinen, der dies beabsichtigte. Die Tramps waren vor Schreck uber den unerwarteten Uberfall so verblufft, da? sie zunachst gar nicht an Widerstand dachten, und als sie zu sich kamen, sahen die Unverletzten von ihnen so viele ihrer Kameraden tot oder verwundet oder betaubt am Boden liegen, da? sie es fur das klugste hielten, die Flucht zu ergreifen. Sie rannten davon, ohne sich Zeit genommen zu haben, die Angreifer zu zahlen, deren sie infolge von Tante Drolls Geschrei eine gro?e Anzahl vorhanden glaubten. Von dem Augenblicke, an welchem Old Firehand den ersten Streich gefuhrt hatte, bis zur Flucht der unverwundeten Tramps war nicht eine ganze Minute vergangen.
«Ihnen nach!«rief Old Firehand.»Ich halte den Platz. La?t sie nicht zu den Pferden!«
Tom, Droll und Fred rannten unter gro?em Geschrei nach dem Platze, an welchem sie die Tiere gesehen hatten. Diejenigen Tramps, welche dorthin geflohen waren, um sich in den Sattel zu retten, kamen vor Angst nicht dazu, diesen Vorsatz auszufuhren; sie fluchteten sich weiter in den Wald hinein.
Indessen hatten die Rafters oben in ihrer Blockhutte auf die Ruckkehr der beiden Kundschafter, des Missouriers und des Tonkawahauptlings, gewartet. Als sie die Schusse unten am Flusse fallen horten, glaubten sie diese beiden in Gefahr. Um sie womoglich zu retten, griffen sie zu den Waffen, verlie?en das Haus und rannten, so gut die Finsternis es ihnen gestattete, der Gegend zu, in welcher die Schusse gefallen waren. Dabei schrieen sie aus Leibeskraften, um dadurch die Tramps von den Bedrohten abzuschrecken. Ihnen voran lief der junge Bar, da er die Stelle, an welcher die Tramps lagerten, genau kannte. Er lie? von Zeit zu Zeit seine Stimme horen, um die Rafters in der rechten Richtung zu erhalten. Sie hatten kaum die Halfte des Weges zuruckgelegt, als vor ihnen noch eine andre Stimme erschallte, namlich diejenige des alten Baren.
«Rasch kommen!«rief er.»Old Firehand da sein und auf Tramps schie?en. Er nur drei Mann mit; ihm helfen.«
Nun ging es mit vermehrter Schnelligkeit zu Thale. Das Schie?en hatte aufgehort, und man wu?te also nicht, wie die Angelegenheit stand. Das Geschrei der Rafters hatte zur Folge, da? die fliehenden Tramps in ihrer Flucht nicht inne hielten, sondern sich die gro?te Muhe gaben, soweit wie moglich zu entkommen. Die ersteren hatten es ebenso eilig. Mancher rannte an einen Baum und verletzte sich, ohne es aber zu beachten.
Viertes Kapitel
Der Vergeltung entronnen
Als die Rafter dann unten am Feuer erschienen, sa?en Old Firehand, Tom, Droll, der Missourier und Fred so ruhig an demselben, als ob es fur sie angebrannt worden und gar nichts Ungewohnliches geschehen sei. Auf der einen Seite lagen die Leichen der getoteten, und auf der andern die gefesselten Korper der verwundeten und gefangenen Tramps, unter den letzteren der rote Cornel.
«Alle Wetter!«rief der erste der Ankommenden dem alten Missourier zu.
«Wir glaubten dich in Gefahr, und da sitzest du gerade wie in Abrahams Scho?!«
«War auch so!«antwortete der Alte.»Sollte in Abrahams Scho? befordert werden. Der Gewehrkolben des Cornel schwebte schon uber mir; da kamen diese vier Mesch'schurs und arbeiteten mich heraus. Schnelle und gute Arbeit! Konnt' was von ihnen lernen, Boys!«
«Und — ist Old Firehand wirklich dabei?«
«Ja, da sitzt er. Seht ihn Euch an, und druckt ihm die Hand! Er hat es verdient. Denkt Euch, nur vier Mann werfen sich auf zwanzig und machen, ohne da? ihnen auch nur die Haut geritzt wird, neun Tote und sechs Gefangene, die Kugeln und Hiebe gar nicht gerechnet, welche die paar Entkommenen jedenfalls auch erhalten haben! Und eigentlich sind es nur drei Manner und ein Knabe. Konnt Ihr Euch das denken?«
Er war bei diesen Worten vom Feuer aufgestanden. Auch die andern erhoben sich. Die Rafters blieben ehrerbietig in einiger Entfernung stehen, die Blicke auf die Riesengestalt Old Firehands gerichtet. Er forderte sie auf, naher zu kommen, und druckte jedem einzelnen von ihnen die Hand. Die beiden Tonkawa bewillkommnete er mit besonderer Auszeichnung, indem er zu ihnen sagte:»Meine roten Bruder haben in der Verfolgung der Tramps ein Meisterstuck geliefert, welches es mir sehr leicht gemacht hat, nachzukommen. Auch wir haben uns von Indianern Pferde gekauft, um Euch womoglich noch vor dem Zusammentreffen mit den Tramps einzuholen.«
«Das Lob meines wei?en Bruders ehrt mich mehr, als ich verdiene, «antwortete der alte Bar bescheiden.»Die Tramps haben machen eine Fahrte, so tief und breit wie Herde Buffel. Wer sie nicht sehen, der blind. Aber wo sein Cornel? Er auch tot?«
«Nein, er lebt. Mein Kolbenhieb hat ihn nur betaubt. Nun ist er wieder zu sich gekommen, und wir haben ihn gebunden. Da liegt er.«
Er deutete mit der Hand nach der Stelle, wo der Cornel lag. Der Tonkawa ging hin, zog das Messer und sagte:»Wenn er nicht gestorben von Hieb, dann er sterben von Messer. Er mich geschlagen, nun ich nehmen sein Blut!«
«Halt!«rief da der alte Missourier, indem er den mit dem Messer erhobenen Arm des Hauptlings ergriff.»Dieser Mann gehort nicht dir, sondern er ist mein.«
Der alte Bar drehte sich um, blickte ihm ernst ins Gesicht und fragte:»Du auch Rache gegen ihn?«
«Ja, und was fur eine!«
«Blut?«
«Blut und Leben.«
«Seit wann?«
«Seit vielen, vielen Jahren. Er hat mir mein Weib und meine beiden Sohne totpeitschen lassen.«
«Du dich nicht irren?«fragte der Indianer, dem es schwer wurde, seine Rache aufzugeben, wozu er nach den Gesetzen der Prairie doch nun gezwungen war.
«Nein, es ist kein Irrtum moglich. Ich habe ihn sofort erkannt. Ein solches Gesicht kann man nicht vergessen.«
«Du ihn also toten?«
«Ja, ohne Gnade und Barmherzigkeit.«
«Dann ich zurucktreten, aber nicht ganz. Er mir geben Blut und dir geben Leben. Tonkawa ihm nicht ganz darf schenken Strafe; er ihm also nehmen die Ohren. Du einverstanden?«
«Hm! Wenn ich nun nicht einverstanden bin?«
«Dann Tonkawa ihn sofort toten!«
«Gut, so nimm ihm die Ohren! Mag es nicht christlich sein, da? ich das zugebe; wer die Qualen erlebt hat, die er mir bis heute bereitete, der halt es mit dem Gesetze der Savanne, und nicht mit der Milde, die selbst einen solchen Bosewicht verschont.«
«Wer vielleicht noch sprechen mit Tonkawa?«fragte der Hauptling, indem er sich im Kreise umsah, ob vielleicht noch jemand widersprechen wolle. Als aber niemand ein Wort dagegen sagte, fuhr er fort.»So, also