Ohren mein, und ich sie mir sofort nehmen.«

Er kniete neben dem Cornel nieder, um seine Absicht auszufuhren. Als dieser sah, da? Ernst gemacht werden solle, rief er aus:»Was fallt euch ein, Mesch'schurs! Ist das christlich? Was habe ich euch gethan, da? ihr diesem roten Heiden erlaubt, meinen Kopf zu verstummeln?«

«Von dem, was du nur mir gethan hast, werden wir nachher reden, «antwortete der Missourier kalt und ernst.

«Und was wir andern dir vorzuwerfen haben, werde ich dir gleich jetzt zeigen, «fugte Old Firehand hinzu.»Noch haben wir deine Taschen nicht untersucht; la? sehen, was sich in denselben befindet!«

Er gab Droll einen Wink, und dieser leerte die Taschen des Gefangenen aus. Da fand sich denn neben vielen andern Gegenstanden die Brieftasche des Tramps. Als sie geoffnet wurde, zeigte es sich, da? sie noch die volle Summe, welche dem Ingenieur gestohlen worden war, in Banknoten enthielt.»Ah, du hast noch nicht mit deinen Leuten geteilt!«lachelte Old Firehand.»Das ist ein Beweis, da? sie mehr Vertrauen zu dir besa?en als wir. Du bist ein Dieb, und wahrscheinlich noch mehr als das. Du verdienst keine Gnade. Der gro?e Bar mag thun, was ihm beliebt.«

Der Cornel schrie vor Entsetzen laut auf; aber der Hauptling kehrte sich nicht an sein Geschrei, fa?te ihn beim Schopfe und trennte ihm mit zwei schnellen, sicheren Schnitten die beiden Ohrmuscheln los, welche er in den Flu? warf.

«So!«sagte er,»Tonkawa sich nun geracht, also jetzt fortreiten.«

«Jetzt?«fragte Old Firehand.»Willst du nicht mit mir reiten, nicht wenigstens diese Nacht noch bei uns bleiben?«

«Tonkawa es sein ganz gleich, ob Tag oder Nacht. Seine Augen gut, aber seine Zeit sehr kurz. Er hat verloren viele Tage, um zu verfolgen Cornel; nun er reiten Tag und Nacht, um sein Wigwam zu erreichen. Er Freund der wei?en Manner; er gro?er Freund und Bruder von Old Firehand. Der gro?e Geist stets geben viel Pulver und viel Fleisch den Bleichgesichtern, welche freundlich gewesen mit Tonkawa. Howgh!«

Er schulterte sein Gewehr und schritt davon. Sein Sohn warf ebenfalls die Flinte auf die Achsel und folgte ihm in die Waldesnacht hinein.

«Wo haben sie denn ihre Pferde?«erkundigte sich Old Firehand.

«Droben an unserm Blockhause, «antwortete der Missourier.»Naturlich gehen die beiden hinauf, um sie zu holen. Aber ob sie sich des Nachts durch den Urwald finden werden, das mochte ich — «

«Habt keine Sorge, «fiel der Jager ein.»Sie wissen den Weg, sonst wurden sie geblieben sein. Der alte Bar hat, wie er sagte, viel eingekauft. Die Sachen sind unterwegs; er mu? zu seiner Karawane sto?en und hat doch so viel Zeit versaumt. Da ist es leicht erklarlich, da? er sich sputete. Lassen wir sie also reiten, und wenden wir uns unsern eigenen Angelegenheiten zu. Was soll mit den Toten und Gefangenen werden?«

«Die ersteren werfen wir einfach ins Wasser, und uber die andern halten wir nach altem Brauche Gericht. Vorher aber wollen wir uns uberzeugen, da? uns durch die Entkommenen keine Gefahr drohe.«

«O, deren sind so wenig, da? wir sie nicht zu furchten haben; sie werden so weit wie moglich gelaufen sein. Ubrigens konnen wir einige Wachen ausstellen; das ist mehr noch als genugend.«

Der Cornel lag bei seinen gefangenen Tramps und wimmerte vor Schmerzen; aber es nahm niemand Notiz davon, wenigstens zunachst noch nicht. Von der Flu?seite war nichts zu befurchten, und nach der Landseite wurden einige Wachen ausgestellt. Old Firehand lie? sein Pferd und auch diejenigen seiner bisherigen drei Gefahrten holen, dann konnte das» Savannengericht «beginnen.

Zunachst wurde uber die gewohnlichen Tramps verhandelt. Es war ihnen nicht nachzuweisen, da? einer von ihnen einem der andern Anwesenden ein Leid zugefugt habe. Fur das, was sie beabsichtigt hatten, wurden ihnen ihre jetzt empfangenen Wunden und der Verlust ihrer Pferde und Waffen als Strafe angerechnet. Heute nacht sollten sie streng bewacht und dann morgen fruh entlassen werden. Die Wunden durften sie sich gegenseitig verbinden.

Nun kam die Reihe an den Hauptthater, den Cornel. Er hatte bisher im Schatten gelegen und wurde nun nahe an das Feuer gebracht. Kaum fiel der Schein der Flamme auf sein Gesicht, so stie? Fred, der Knabe, einen lauten Schrei aus, sprang auf ihn zu, buckte sich uber ihn, betrachtete ihn, als ob er ihn mit den Augen verschlingen wolle und rief dann, zur Tante Droll gewendet, aus:»Er ist's, er ist's, der Morder. Ich erkenne ihn. Wir haben ihn!«

Droll schnellte sich sofort auch wie elektrisiert herbei und fragte:»Irrst du dich nicht? Er kann es ja gar nicht sein; es ist nicht moglich.«

«O ja, er ist's, er ist's gewi?!«behauptete der Knabe.»Schau die Augen an, welche er macht. Liegt da nicht die Angst des Todes darin? Er sieht sich entdeckt und mu? nun alle Hoffnung auf Rettung aufgeben.«

«Aber wenn er es ware, mu?test du ihn schon auf dem Schiffe, auf dem Steamer, erkannt haben.«

«Da habe ich ihn gar nicht gesehen. Die Tramps sah ich wohl, ihn aber nicht. Er mu? stets so gesessen haben, da? die andern ihn verbargen.«

«Das war allerdings der Fall. Aber noch eins: du hast mir den Thater als schwarz und lockenhaarig beschrieben, der Cornel hier aber hat steifes und kurzes rotes Haar.«

Der Knabe antwortete nicht sofort. Er griff sich an die Stirn, schuttelte den Kopf, trat einen Schritt zuruck und sagte dann im Tone horbarer Ungewi?heit:»Das ist freilich wahr! Sein Gesicht ist's ganz; aber das Haar ist vollig anders.«

«Es wird eine Verwechselung sein, Fred. Menschen sehen einander ahnlich; ein schwarzes Haar aber kann nicht rot werden.«

«Das zwar nicht, «fiel der alte Missourier ein;»aber man kann sich dunkle Haare abrasieren und dann eine rote Perucke tragen.«

«Ah! Sollte das hier —?«fragte Droll, ohne da? er den Satz vollstandig aussprach.

«Naturlich! Ich habe mich von dem roten Haare nicht irre machen lassen. Der Mann, nach welchem ich so lange Zeit gesucht habe, der Morder meines Weibes und meiner Kinder, hatte auch schwarzes, lockiges Haar; dieser Kerl hier hat einen roten Kopf; aber ich behaupte dennoch, da? er der Gesuchte ist. Er tragt eine Perucke.«

«Unmoglich!«meinte Droll.»Habt ihr denn nicht gesehen, wie der Indianer ihn vorhin beim Schopfe nahm, als er ihm die Ohren abschnitt? Truge der Kerl eine falsche Haartour, so ware sie ihm vom Kopfe gezogen worden.«

«Pshaw! Sie ist gut gearbeitet und vortrefflich befestigt. Ich werde es sofort beweisen.«

Der Cornel lag mit gefesselten Armen und Beinen lang ausgestreckt auf dem Boden. Seinen Ohren entstromte noch immer Blut; sie mu?ten ihm gro?en Schmerz verursachen, er aber achtete nicht darauf. Seine ganze Aufmerksamkeit war auf die Worte der beiden Sprecher gerichtet. Hatte er erst ziemlich trostlos darein geschaut, so war der Ausdruck seines Gesichtes jetzt ein ganz andrer geworden. Die Angst war der Hoffnung, die Furcht dem Hohne, die Verzagtheit der Siegessicherheit gewichen. Der alte Missourier war vollstandig uberzeugt, da? der Cornel eine falsche Haartour trage. Er richtete ihn in sitzende Stellung auf, ergriff ihn beim Haare und zog an demselben, um die Perucke vom Kopfe zu rei?en. Zu seinem gro?ten Erstaunen wollte das nicht gelingen, das Haar hielt fest, es war wirklich eignes Haar.

«All devils, der Halunke hat wirklich Haare auf seiner Glatze!«rief er erstaunt aus und machte dabei ein so besturztes Gesicht, da? die andern gewi? uber dasselbe gelacht hatten, wenn die Situation nicht eine so ernste gewesen ware.

Das Gesicht des Cornels verzog sich zu einem hohnischen Grinsen, und er rief im Tone grenzenlosen Hasses:»Nun, du Lugner und Verleumder, wo ist denn die Perucke? Es ist leicht, einen Menschen wegen einer Ahnlichkeit, die er mit einem andern hat, falsch anzuschuldigen. Beweise doch, da? ich derjenige bin, fur den du mich ausgeben willst!«

Der alte Missourier blickte bald auf ihn, bald auf Old Firehand, und sagte ratlos zu dem letzteren:»Sagt mir doch, Sir, was Ihr davon denkt! Derjenige, den ich meine, war wirklich schwarz und lockig; dieser aber ist schlicht und rot. Und dennoch will ich tausend Eide schworen, da? er es ist. Meine Augen konnen mich unmoglich tauschen.«

«Ihr konnt' Euch dennoch irren, «antwortete der Jager.»Wie es scheint, gibt es hier eine Ahnlichkeit, welche Euch tauscht.«

«Dann darf ich meinen alten, guten Augen nicht mehr trauen!«

«Mach sie besser auf!«hohnte der Cornel.»Der Teufel soll mich holen, wenn ich etwas davon wei?, da?

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