Patronen. Schnell, wir mussen fort!«
«Sehr wohl. Geht Ihr immer voran, Blenter, und nehmt noch zwei mit. Wir andern folgen mit den Pferden und Gefangenen nach. Den Weg erleuchten wir uns durch Brande, welche wir uns hier aus dem Feuer nehmen.«
Der scharfsinnige Jager hatte den roten Cornel ganz richtig beurteilt. Dieser hatte, so bald er sich im Walde befand, sich hinter einen Baum gesteckt. Er horte Droll an sich voruberlaufen und sah, da? Old Firehand zum Feuer zuruckkehrte. Da Droll eine nicht nach der Blockhutte gehende Richtung einhielt, so lag es fur den Rothaarigen nahe, sich leise nach dorthin zu entfernen. Um nicht mit dem Gesicht anzusto?en, hielt er die Hande vor und richtete seine Schritte die Anhohe empor.
Dabei kam ihm der Gedanke, welchen Vorteil ihm die Blockhutte biete. Er war schon dort gewesen und konnte sie also gar nicht verfehlen. Gewi? enthielt sie den gro?ten Teil des Eigentums der Rafter; er konnte sich an ihnen rachen. Darum beschleunigte er seine Schritte, soweit die Dunkelheit dies zulie?.
Oben angekommen, blieb er zunachst lauschend stehen. Es war ja doch moglich, da? ein Rafter oder einige hier zuruckgeblieben waren. Da alles still war, naherte er sich dem Blockhause, horchte abermals und tappte sich nach der Thur. Eben war er dabei, die Vorrichtung, durch welche dieselbe verschlossen wurde, zu untersuchen, als er plotzlich bei der Kehle gepackt und niedergerissen wurde. Mehrere Manner knieten auf ihm.
«Da haben wir wenigstens einen, und der soll es bu?en!«sagte einer dieser Manner.
Der Rote erkannte diese Stimme; es war diejenige eines seiner Tramps. Er machte eine gewaltige Anstrengung, die Kehle frei zu bekommen, und es gelang ihm, die Worte hervorzusto?en:»Woodward, bist du des Teufels! La? doch los.«
Woodward hie? der Unteranfuhrer der Tramps. Er erkannte die Stimme des Roten, lie? los, schob die andern von ihm weg und antwortete:»Der Cornel! Wahrhaftig der Cornel! Wo kommst du her? Wir hielten dich fur gefangen.«
«War es auch, «keuchte der Genannte, indem er sich aufrichtete,»bin aber entkommen. Konntet ihr denn nicht vorsichtiger sein? Habt mich mit euren Fausten beinahe umgebracht!«
«Wir hielten dich fur einen Rafter.«
«So! Und was thatet ihr hier?«
«Wir fanden uns ganz zufallig da unten zusammen, drei Personen nur; wo die andern sind, das wissen wir nicht. Wir sahen, da? die Rafters am Feuer blieben, und kamen auf den Gedanken, uns hierher zu machen und ihnen einen Streich zu spielen.«
«Das ist recht! Ganz derselbe Gedanke hat auch mich hierher gefuhrt. Ich mochte ihnen diese Bude wegbrennen.«
«Das wollten wir auch, doch nicht ohne vorher nachgesehen zu haben, was die Hutte enthalt. Vielleicht finden wir doch etwas oder einiges, was wir gebrauchen konnen.«
«Dazu gehort Licht. Diese Halunken haben mir alles, also auch mein Feuerzeug abgenommen, und da drinnen konnen wir ewig suchen und doch keines finden.«
«Du vergissest, da? wir die unsrigen bei uns haben, da wir nicht ausgeraubt worden sind.«
«Das ist wahr. Eure Waffen habt ihr auch?«
«Ja, alle.«
«Und habt ihr euch uberzeugt, da? es hier keinen Hinterhalt gibt?«
«Es ist keine Menschenseele da; die Thur geht leicht aufzuriegeln, und wir wollten eben hinein, als du kamst.«
«So macht schnell, ehe die Kerls auf den Gedanken verfallen, wieder heraufzukommen!«
«Durfen wir denn nicht erfahren, was da unten vorgefallen ist, nachdem wir fort waren?«
«Jetzt nicht, spater, wenn wir Zeit haben.«
Woodward schob den Riegel zuruck, und sie traten ein. Nachdem er die Thur hinter sich zugezogen hatte, machte er Licht und leuchtete in dem Raume umher. Uber den Lagerstatten waren Bretter angebracht, und auf denselben lagen Hirschtalglichter, wie sie von den Westmannern eigenhandig gegossen werden. Jeder der vier brannte eines fur sich an, und nun wurde in aller Eile nach brauchbaren Gegenstanden gesucht.
Es gab da einige Gewehre, gefullte Pulverhorner, Axte, Beile, Sagen, Messer, Pulver, Kartons mit Patronen, Fleisch und andern Proviant. Jeder nahm davon zu sich, was er brauchte und was ihm gefiel; dann wurden die brennenden Lichter in das Schilfrohr gesteckt, aus welchen die Lagerstatten bestanden. Diese fa?ten im Nu Feuer, und die Brandstifter eilten hinaus. Sie lie?en die Thur offen, damit der notige Zug vorhanden sei, und blieben drau?en stehen, um zu lauschen. Es war nichts zu horen, als das Knistern des Feuers und das Rauschen der Luft in den Wipfeln der Baume.
«Sie kommen noch nicht, «sagte Woodward.»Was nun?«
«Fort naturlich, «antwortete der Cornel.
«Aber wohin? Die Gegend ist uns unbekannt.«
«Man wird morgen fruh unsre Spur suchen und ihr folgen. Wir durfen also keine Fahrte machen.«
«Das ist unmoglich, au?er im Wasser.«
«So fahren wir«
«Womit oder worin?«
«Im Boote naturlich. Wei?t du denn nicht, da? sich jede Raftergesellschaft ein oder mehrere Boote anfertigen mu?, welche zu dem Geschafte ganz notwendig sind? Ich wette, sie liegen unten am Flo?platze.«
«Den kennen wir nicht.«
«Er wird zu finden sein. Da seht, hier fuhrt die Rutschbahn hinab. Wollen untersuchen, ob wir hinab konnen.«
Soeben schlug die Flamme durch das Dach und erleuchtete den ganzen Platz. Am Rande des Waldes, nach dem Flusse zu, war eine Lucke zwischen den Baumen zu bemerken. Die Tramps eilten auf dieselbe zu und sahen, da? ihr Anfuhrer ganz richtig vermutet hatte. Es fuhrte eine gerade, steile, schmale Bahn hinab, neben welcher ein Seil befestigt war, an welchem man sich halten konnte. Die drei lie?en sich hinab.
Als sie unten am Flu?ufer ankamen, horten sie von ferne das Geschrei dreier Stimmen, welches von dem alten Missourier und dessen beiden Begleitern, die nach dem Blockhause vorangegangen waren, herruhrte.
«Sie kommen, «sagte der Cornel.»Nun schnell, da? wir ein Boot finden!«
Sie brauchten nicht lange zu suchen, denn gerade da, wo sie standen, lagen drei Fahrzeuge angebunden. Es waren auf indianische Weise aus Baumrinde gebaute und mit Harz gedichtete Kanoes, jedes vier Personen fassend.»Hangt die beiden andern hinten an, «gebot der Rothaarige.»Wir mussen sie mitnehmen und spater vernichten, damit wir nicht verfolgt werden konnen.«
Man gehorchte ihm. Dann stiegen die vier in das erste Kanoe, griffen zu den darin liegenden Rudern und arbeiteten sich vom Ufer ab. Der Cornel sa? hinten und steuerte. Einer seiner Leute that einen Ruderschlag, als ob er flu?aufwarts wolle.
«Falsch!«sagte ihm der Anfuhrer.»Wir gehen abwarts.«
«Aber wir wollen doch weiter ins Kansas hinein, zum gro?en Tramp-Meeting!«antwortete der Mann.
«Allerdings. Aber das wird dieser Old Firehand erfahren, denn er pre?t es den Gefangenen sicher aus. Er wird uns also morgen flu?aufwarts suchen; wir mussen deshalb abwarts, um ihn irre zu fuhren.«
«Ein gewaltiger Umweg.«
«Gar nicht. Wir fahren bis zur nachsten Prairie, welche wir am Morgen erreichen. Wir versenken die Boote und stehlen uns Pferde bei den dortigen Indianern. Dann geht es rasch nach Norden, und wir holen diese kleine Versaumnis in einem Tage ein, wahrend die Rafters langsam, muhselig und vergeblich nach unsrer Fahrte suchen.«
Die Boote wurden im Schatten des Ufers gehalten, damit der Schein des oben brennenden Feuers sie nicht treffen konnte. Dann, als sie die Grenze desselben unten erreicht hatten, steuerte der Cornel nach der Mitte des Flusses, gerade als die Rafters mit den Pferden und Gefangenen die brennende Hutte erreichten.
Diese erhoben kein geringes Klagen, als sie ihre Habe im Feuer zu Grunde gehen sahen. Es gab hundert Fluche und kraftige Wunsche, welche den Brandstiftern galten. Old Firehand aber beruhigte sie, indem er ihnen sagte:»Ich habe es gedacht, da? der Cornel so etwas anstiften werde. Leider sind wir zu spat gekommen. Aber la?t es euch nicht zu Herzen gehen. Wenn ihr den Vorschlag, welchen ich euch machen will, annehmt, so werdet ihr bald mehr als vollen Ersatz fur das Verlorene erhalten.«
«Wieso?«fragte der Missourier.