will ich selbst ihn ruhig machen. Pa?t auf!«
Er ergriff sein Gewehr und holte aus, um dem Alten einen Kolbenhieb an den Kopf zu versetzen, kam aber nicht dazu, seine Absicht auszufuhren, denn —
Kurz vor Abend waren vier Reiter, welche die Fahrte der Tramps scharf im Auge hatten, dem Ufer des Flusses aufwarts gefolgt, namlich Old Firehand, der schwarze Tom und Tante Droll mit seinem Knaben. Die Spur fuhrte unter den Baumen hin; sie war wohl leidlich zu erkennen, aber schwer nach ihrem Alter zu bestimmen. Erst als sie uber eine mit Gras bewachsene lichte Stelle ging, stieg Old Firehand vom Pferde, um sie zu untersuchen, da die Halme bessere Anhaltspunkte als das niedrige Waldmoos gaben. Als er die Eindrucke genau betrachtet hatte, sagte er:»Die Kerls sind ungefahr eine englische Meile vor uns, denn die Fahrte wurde vor einer halben Stunde getreten. Wir mussen unsre Pferde also besser ausgreifen lassen.«
«Warum?«fragte Tom.
«Um noch vor Nacht so nahe an die Tramps zu kommen, da? wir ihren Lagerplatz erfahren.«
«Ist das nicht gefahrlich fur uns?«
«Nicht, da? ich wu?te.«
«O doch! Sie lagern sich jedenfalls, noch ehe es dunkel wird, und wenn wir eilen, mussen wir gewartig sein, ihnen gerade in die Arme zu reiten.«
«Das befurchte ich nicht. Selbst wenn Ihre Voraussetzung richtig sein sollte, konnen wir sie vor der Dammerung nicht erreichen. Ich schlie?e aus verschiedenen Anzeichen, da? wir uns in der Nahe der Rafters, welche wir vor ihnen zunachst zu warnen haben, befinden. Da ist es vorteilhaft, den Ort zu kennen, an welchem die Tramps lagern. Und dazu ist eben Eile notig. Sonst uberrascht uns die Nacht, in welcher bis zum Morgen viel geschehen kann, was wir dann nicht zu verhindern vermochten. Was meinen Sie dazu, Droll?«
Die beiden hatten deutsch gesprochen. Droll antwortete also in seinem Dialekte:»Se habe da ganz meine eegne Meenung ausgeschproche. Reite mer rasch weiter, so habe mer se eher; reite mer aber langsamer, so bekomme mer se schpater und konne leicht eher und tiefer ins Dekerment gerate, als diejenigen, welche mer rette wolle. Also, meine Herre, reite mer Trab, da? de Baume wackle!«
Da die Baume nicht eng standen, konnte dieser Vorschlag selbst im Walde ausgefuhrt werden. Doch hatten auch die Tramps das Tageslicht vollstandig ausgenutzt und erst dann Halt gemacht, als sie durch die Dunkelheit dazu gezwungen wurden. Hatte Old Firehand sich nicht auf der Fahrte derselben, sondern mehr in der Nahe des Ufers gehalten, so ware er auf die Spur der beiden Tonkawaindianer gesto?en, welche einen ganz geringen Vorsprung vor ihm hatten.
Als es so dunkel wurde, da? die Hufeindrucke fast nicht mehr zu erkennen waren, stieg er abermals ab, um sie zu untersuchen. Das Resultat war:»Wir haben eine halbe Meile gut gemacht; aber leider sind die Tramps auch schnell geritten. Dennoch wollen wir versuchen, sie zu erreichen. Steigen Sie ab; wir mussen nun zu Fu? weiter und die Pferde fuhren!«
Leider war die Strecke, welche sie noch zurucklegen konnten, nicht bedeutend, da es so finster wurde, da? die Fahrte nicht mehr zu erkennen war. Die vier blieben also halten.
«Was nun?«fragte Tom.»Wir sind fast gezwungen, hier zu kampieren.«
«Nee, «antwortete Droll.»Ich kampiere nich, sondern mer laufe hubsch weiter, bis mer se finde.«
«Da horen sie uns doch kommen!«
«So mache mer sachte. Mich hore se nich, und mich kriege se nich. Meene Se nich ooch, Herr Firehand?«
«Ja, ich bin ganz Ihrer Meinung, «antwortete der Genannte.»Aber die Vorsicht verbietet uns, die Richtung der Fahrte beizubehalten. Thaten wir das, so wurde Tom recht behalten, die Tramps mu?ten uns kommen horen. Halten wir uns mehr nach rechts, vom Flusse ab, dann haben wir sie zwischen uns und dem Wasser und mussen ihr Feuer bemerken, ohne da? sie uns gewahren.«
«Und wenn sie kein Feuer haben?«bemerkte Tom.
«So rieche mer ihre Pferde, «antwortete Droll.»Im Walde schnuppert mer de Pferde viel leichter aus als drau?e im freie Felde. Meine Nase hat mich da noch nich im Schtich gelasse. Schteige mer also weiter, nach rechts nebber!«
Old Firehand schritt, sein Pferd am Zugel fuhrend, voran, und die andern folgten hintereinander. Leider aber machte der Flu? hier einen ziemlich weiten Bogen nach links. Die Folge war, da? sie zu weit von demselben abkamen. Old Firehand bemerkte das an der verminderten Feuchtigkeit des Bodens und der Umgebung und wendete sich darum mehr nach links. Aber der Umweg war nicht ungeschehen zu machen, zumal man im finstern Walde nur sehr langsam gehen konnte. Die vier kamen zu der Ansicht, einen Fehler gemacht zu haben, und hielten es fur geraten, vor allen Dingen nach dem Flusse zuruckzukehren. Sie wu?ten nicht, da? sie den Lagerplatz der Tramps umgangen hatten und sich nun zwischen demselben und demjenigen der Rafters befanden. Glucklicherweise spurte Old Firehand den Geruch des Rauches und blieb stehen, um zu prufen, woher derselbe komme. Hinter ihm schnoberte Droll in der Luft herum und meinte dann:»Das is Rooch; er kommt von da druben rebber; also musse mer dort nebber. Aber nehme mer uns in acht; mer scheint's, als ob's dort heller werde wolle. Das kann nur vom Feuer sein.«
Er wollte den Fu? weiter setzen, hielt aber inne, denn sein scharfes Ohr vernahm nahende Schritte. Old Firehand vernahm sie auch und zugleich das hastige Atmen des Kommenden. Er lie? den Zugel seines Pferdes los und trat einige Schritte vor. Sein Gehor sagte ihm, da? der Mann da voruberkomme. Im Dunkel der Nacht und des Waldes, selbst dem Auge des beruhmten Jagers kaum erkennbar, tauchte vor demselben eine Gestalt auf, welche schnell weiter huschen wollte. Old Firehand griff mit beiden Handen zu.
«Halt!«gebot er, doch mit unterdruckter Stimme, um nicht zu weit gehort zu werden.»Wer bist du?«
«Schai nek-enokh, schai kopeia — ich wei? es nicht, niemand, «antwortete der Gefragte, indem er sich loszurei?en versuchte.
Selbst der furchtloseste Mann wird erschrecken, wenn er, sich des Nachts im Walde allein wahnend, plotzlich von zwei starken Fausten gepackt wird. In solchen Augenblicken des Schreckens bedient sich fast jeder, der auch in andern Zungen spricht, ganz unwillkurlich der Muttersprache. So auch der Mann, welcher von Firehand festgehalten wurde. Dieser letztere verstand die Worte und sagte uberrascht.»Das ist Tonkawa! Der gro?e Bar ist mit seinem Sohne vor uns. Solltest du — sag, wer bist du?«
Jetzt horte der Mann auf, zu widerstehen; er hatte die Stimme des gro?en Jagers erkannt und antwortete hastig in seinem gebrochenen Englisch:»Ich Nintropan-hauey; du Old Firehand. Das sehr gut, sehr gut! Noch mehr Manner bei dir?«
«Also der gro?e Bar! Das ist ein glucklicher Zufall. Ja, ich bin Old Firehand. Es sind noch drei Personen bei mir, und wir haben Pferde mit. Was treibst du hier? Die Tramps sind in der Nahe. Nimm dich in acht!«
«Habe sie sehen. Haben gefangen nehmen alt Missourier-Blenter. Wollen ihn wahrscheinlich toten. Ich laufen zu Rafters nach Hilfe; da mich Old Firehand festhalten.«
«Sie wollen einen Rafter toten? Da mussen wir Einhalt thun. Wo sind sie?«
«Dort hinter mir, wo zwischen den Baumen hell werden.«
«Ist der rote Cornel bei ihnen?«
«Ja, er dort sein.«
«Wo haben sie ihre Pferde?«
«Wenn Old Firehand zu ihnen, dann Pferde stehen rechts, ehe an Feuer kommen.«
«Und wo befinden sich die Rafters?«
«Oben auf Berg. Der alte Bar schon bei ihnen gewesen und mit ihnen gesprochen.«
Er erzahlte in fliegender Eile, was geschehen war, worauf Old Firehand antwortete:»Wenn ein Tramp getotet worden ist, so werden sie dafur den Missourier ermorden wollen, und zwar gleich, um keine Zeit zu verlieren, da sie fliehen mussen, weil ihre Anwesenheit verraten ist. Wir vier werden unsre Pferde hier anbinden und uns schleunigst nach dem Feuer begeben, um den Mord zu verhindern. Du aber lauf zu den Rafters, um sie herbeizuholen! Wir furchten uns zwar nicht vor diesen, aber es ist immerhin besser, wenn die Holzfaller schnell nachkommen.«
Der Indianer rannte fort. Die vier befestigten die Zugel ihrer Pferde an die Baume und schritten dann so schnell wie moglich dem Lager der Tramps zu. Schon nach kurzer Zeit wurde es vor ihnen heller, und bald sahen sie das Feuer zwischen den Stammen der Baume leuchten. Rechts erblickten sie auf der Lichtung die Pferde.
Sie hatten sich bis jetzt keine Muhe gegeben, nicht gehort und gesehen zu werden. Nun aber legten sie sich nieder und naherten sich dem Feuer kriechend. Dabei wendete Old Firehand sich zu dem Knaben Fred. Er wollte