hatte, fuhr er jetzt fort:»Bleibt noch halten, Master, sonst wurden wir schie?en! Wir sind noch nicht miteinander fertig.«
«Wollen wir wetten?«fragte der Englander hinauf.
«Was?«
«Zehn Dollar oder funfzig oder hundert Dollar, ganz wieviel euch beliebt.«
«Worauf?«
«Da? Ich euch eher erschie?e als ihr mich.«
«Dann wurdet Ihr verlieren.«
«Meint Ihr? Well, setzen wir also hundert Dollar.«
Er griff nach hinten an die eine Patronentasche, zog sie nach vorn, offnete sie und nahm einige Banknoten heraus. Die beiden Obenstehenden sahen einander erstaunt an.
«Master, «rief der Kleine,»ich glaube, Ihr macht wirklich Ernst!«
«Was denn sonst?«fragte der Englishman erstaunt.»Das Wetten ist meine Passion, das hei?t, ich wette gern und bei jeder Gelegenheit.«
«Und tragt eine ganze Tasche voll Banknoten in der Prairie herum!«
«Konnte ich wetten, wenn ich kein Geld bei mir hatte? Also hundert Dollar, sagt ihr? Oder wollt ihr noch mehr setzen?«
«Wir haben kein Geld.«
«Das thut ja gar nichts; ich schie?e es euch einstweilen vor, bis ihr mich bezahlen konnt.«
Er sagte das mit solchem Ernste, da? der Lange vor Verwunderung tief Atem holte und der Buckelige geradezu betroffen ausrief:»Uns borgen — bis wir bezahlen konnen? Ihr seid also sicher, zu gewinnen?«
«Sehr!«
«Aber, Master, um zu gewinnen, mu?tet Ihr uns eher erschie?en als wir Euch; als Tote aber konnten wir Euch nicht bezahlen!«
«Bleibt sich gleich! Ich hatte doch gewonnen und habe so viel, da? ich euer Geld nicht brauche.«
«Uncle, «meinte der Kleine kopfschuttelnd zu dem Langen,»so einen Boy habe ich weder schon gesehen, noch gehort. Wir mussen hinab zu ihm, um ihn naher zu betrachten.«
Er kam mit schnellen Schritten herab, und der Lange folgte ihm steif und in kerzengerader Haltung, als ob er eine Bohnenstange im Korper habe.
Unten im Wellenthale angekommen, sagte der Bucklige:»Steckt Euer Geld wieder ein; aus der Wette kann nichts werden. Und nehmt den Rat von mir an: La?t diese Banknotentasche niemand sehen; Ihr konntet es zu bereuen haben oder gar mit dem Leben bu?en. Ich wei? wirklich nicht, was ich von Euch denken und aus Euch machen soll. Es scheint nicht ganz richtig in Eurem Kopfe zu sein. Wir wollen Euch einmal auf den Zahn fuhlen. Kommt also mit, nur wenige Schritte weiter.«
Er streckte die Hand aus, um das Pferd des Englanders am Zugel zu fassen, da glanzten in den beiden Handen desselben zwei Revolver und er rief in kurzem, strengem Tone.»Hand weg, oder ich schie?e!«
Der Kleine fuhr erschrocken zuruck und wollte sein Gewehr heben.
«Unten lassen. Keine Bewegung, sonst drucke ich los.«
Die Haltung und das Gesicht des Englanders hatte sich plotzlich au?erordentlich verandert. Das waren nicht die dummen Zuge von vorher, und aus den Augen blitzte eine Intelligenz, eine Energie, welche den beiden andern die Worte benahm.
«Meint ihr wirklich, da? ich verruckt bin?«fuhr er fort.»Und haltet ihr mich wirklich fur einen Menschen, vor welchem ihr euch gebarden konnt, als ob die Prairie nur euer Eigentum sei? Da irrt ihr euch. Bisher habt ihr mich gefragt, und ich antwortete euch. Nun aber will auch ich wissen, wen ich vor mir habe. Wie hei?t ihr, und was seid ihr?«
Diese Fragen waren an den Kleinen gerichtet; er sah in die scharf forschenden Augen des Fremden, die einen ganz eigenartigen Eindruck auf ihn machten, und antwortete halb argerlich und halb verlegen:»Ihr seid hier fremd; darum wi?t Ihr es nicht; aber man kennt uns vom Mississippi an bis hinuber nach Frisco als ehrliche Jager und Fallensteller. Wir sind jetzt unterwegs nach den Bergen, um eine Gesellschaft von Bibermannern zu suchen, der wir uns anschlie?en konnen.«
«Well! Und eure Namen?«
«Unsre eigentlichen Namen konnen Euch nichts nutzen. Mich nennt man den Humply-Bill, weil ich leider buckelig bin, woruber ich aber noch lange nicht Lust habe, vor Gram zu sterben, und mein Kamerad hier ist nur als Gunstick-Uncle bekannt, weil er stets so steif in der Welt herumlauft, als ob er einen Ladstock verschluckt hatte. So, nun kennt Ihr uns und werdet uns auch uber Euch die Wahrheit sagen, ohne dumme Witze zu machen.«
Der Englander betrachtete sie mit einem durchdringenden Blicke, als ob er ihnen bis tief in das Herz zu sehen wunsche; dann nahmen seine Zuge einen freundlichen Ausdruck an; er nahm ein Papier aus der Banknotentasche, faltete es auseinander, reichte es den beiden hin und antwortete:»Ich habe nicht gescherzt. Da ich euch fur brave und ehrliche Leute halte, so sollt ihr diesen Pa? ansehen.«
Die beiden sahen und lasen, blickten einander an, dann ri? der Lange die Augen und den Mund moglichst weit auf, und der Kleine sagte, diesmal in einem sehr hoflichen Tone:»Wirklich ein Lord, Lord Castlepool. Aber, Mylord, was wollt Ihr in der Prairie? Das Leben steht Euch — «
«Pshaw!«unterbrach ihn der Lord.»Was ich will? Die Prairie und das Felsengebirge kennen lernen und dann nach Frisco gehen. War schon uberall in der Welt, nur in den Vereinigten Staaten noch nicht. Doch, jetzt sind wir einander vorgestellt und brauchen nicht mehr fremd zu thun. Kommt also zu euren Pferden! Ich meine namlich, da? ihr Pferde habt, obgleich ich sie noch nicht gesehen habe.«
«Freilich haben wir welche; sie stehen da hinter dem Hugel, wo wir anhielten, um auszuruhen.«
«So folgt mir hin!«
Seinem Tone nach war er jetzt derjenige, welcher ihnen, anstatt sie ihm, Vorschriften zu machen hatte. Er stieg vom Pferde und schritt ihnen voran, in dem Wellenthale weiter, bis hinter den Wellenberg, wo zwei Pferde grasten, welche zu derjenigen Sorte zu gehoren schienen, welche im Vulgardeutsch Klepper, Ziegenbock oder gar Kracke genannt zu werden pflegen. Sein Pferd war ihm dabei wie ein Hund nachgelaufen. Die beiden Pferde kamen auf dasselbe zu; es wieherte aber zornig und schlug gegen sie aus, um sie von sich zu treiben.
«Eine giftige Krote!«meinte Humply-Bill dazu.»Scheint ungesellig zu sein.«
«O nein, «antwortete der Lord.»Es wei? blo?, da? ich noch nicht nahe verwandt mit euch bin und will also mit euren Pferden einstweilen auch fremd bleiben.«
«Ware es wirklich so klug? Man sieht es ihm nicht an. Scheint ein Ackerpferd gewesen zu sein.«
«Oho! Es ist ein echter kurdischer Husahn, wenn ihr gutigst erlaubt.«
«So! Wo liegt denn dieses Land?«
«Zwischen Persien und der Turkei. Habe ihn selbst dort gekauft und mit nach Hause genommen.«
Er sagte das in einem so gleichgultigen Tone, als ob es ebenso leicht sei, ein Pferd aus Kurdistan nach England und von da wieder hinuber nach den Vereinigten Staaten zu transportieren, wie einen Kanarienvogel von dem Harze nach dem Thuringer Walde zu bringen. Die beiden Jager warfen einander verstohlenen Blicke zu. Er aber setzte sich ganz ungeniert in das Gras, wo sie vorher gesessen hatten. Dort lag eine angeschnittene, gestern gebratene Rehkeule. Er zog sein Messer, schnitt ein tuchtiges Stuck herunter und begann zu essen, als ob das Fleisch nicht den andern, sondern ihm gehore.
«So ist's recht!«meinte der Buckelige.»Nur keine Umstande machen in der Prairie.«
«Mache sie auch nicht, «antwortete er.»Habt gestern ihr Fleisch geschossen, so schie?e heute oder morgen ich welches, naturlich auch fur euch mit.«
«So? Meint Ihr denn, Mylord, da? wir morgen noch beisammen sein werden?«
«Morgen und noch viel langer. Wollen wir wetten? Ich setze zehn Dollar und auch mehr, wenn ihr wollt.«
Er griff nach der Geldtasche.
«La?t Eure Banknoten hinten, «antwortete Humply.»Wir wetten nicht mit.«
«So setzt euch her zu mir! Will es euch erklaren.«
Sie lie?en sich ihm gegenuber nieder. Er musterte sie nochmals mit einem scharfen Blicke und sagte dann:»Bin den Arkansas heraufgekommen und in Mulvane ausgestiegen. Wollte dort einen Fuhrer engagieren oder zwei; fand aber keinen, der mir gefiel. War lauter Schund, die Kerls. Bin also fortgeritten, weil ich mir sagte, da? echte Prairiemanner wohl nur in der Prairie zu finden sind. Treffe jetzt euch, und ihr gefallt mir. Wollt ihr