herbeila?t, einen zu beachten.«
«Man soll und wird mich beachten! Ich bin Lord Castlepool, und was ich will, das will ich! Fur jeden von diesen drei Jagern, dem wir begegnen, zahle ich euch hundert Dollar.«
«Alle Teufel! Habt Ihr denn gar so viel Geld bei Euch, Mylord?«
«Ich habe, was ich unterwegs brauche. Das Geld bekommt ihr erst in Frisco bei meinem Bankier. Seid ihr das zufrieden?«
«Ja, ganz gern. Hier unsre Hande darauf. Wir konnen ja gar nichts Besseres thun, als auf Eure Vorschlage eingehen.«
Beide reichten ihm die Hand. Dann zog er die zweite Tasche von hinten nach vorn, offnete sie und nahm ein Buch heraus.
«Das ist mein Notizbuch, in welches alles eingetragen wird, «erklarte er.»Ich werde jedem von euch ein Conto eroffnen und seinen Kopf und Namen darubersetzen.«
«Seinen Kopf?«fragte der Buckelige verwundert.
«Ja, seinen Kopf. Bleibt einmal unbeweglich so sitzen wie jetzt!«
Er schlug das Buch auf und nahm den Stift zur Hand. Sie sahen da? er abwechselnd sie anblickte, dann wieder auf das Papier niederschaute und dabei den Stift bewegte. Nach wenigen Minuten zeigte er ihnen, was er gezeichnet hatte; sie erkannten ihre wohlgetroffenen Kopfe und die Namen darunter.
«Auf diese Blatter wird eingetragen, was ich euch nach und nach schulden werde, «erklarte er ihnen.»Verunglucke ich, so nehmt ihr das Buch mit nach Frisco und zeigt es dem Bankier, dessen Namen ich euch spater nenne; er wird euch die betreffende Summe sofort und unbeanstandet auszahlen.«
«Das ist ja eine ganz prachtige Einrichtung, Mylord, «meinte Humply;»Wir wollen zwar nicht wunschen, da? — behold, Uncle, sieh einmal unsre Pferde an. Sie wedeln mit den Ohren und offnen die Nustern. Es mu? etwas Fremdes in der Nahe sein. Die Rolling Prairie ist gefahrlich. Steigt man auf die Hugel, so wird man gesehen, und bleibt man unten, so kann man das Nahen eines Feindes nicht bemerken und also sehr leicht uberrascht werden. Will doch einmal nach oben steigen.«
«Ich steige mit, «erklarte der Lord.
«Bleibt lieber unten, Sir. Ihr konntet mir die Sache verderben.«
«Pshaw! Ich verderbe nichts.«
Die beiden stiegen aus dem Wellenthale nach der Spitze des Hugels empor. Als sie diesen beinahe erreicht hatten, legten sie sich nieder und krochen vorsichtig vollends hinauf. Das Gras verdeckte ihre Korper, und die Kopfe erhoben sie nur so weit, als notig war, Umschau zu halten.»Hm, Ihr fangt die Sache fur einen Neuling gar nicht so ubel an, Sir, «lobte Humply.»Ich konnte es wirklich selbst kaum besser machen. Aber seht Ihr dort den Mann auf dem zweiten Wellenhugel, geradeaus von uns?«
«Yes! Ein Indianer, wie es scheint?«
«Ja, es ist ein Roter: Hatte ich — ah, Sir, lauft doch einmal hinab und holt Euer Fernrohr herbei, damit ich das Gesicht des Mannes erkennen kann.«
Der Lord folgte dieser Aufforderung.
Der Indianer lag auf dem erwahnten Hugel im Grase und schaute aufmerksam nach Osten, wo aber gar nichts zu sehen war. Er richtete einigemal seinen Oberkorper weiter auf, um seinen Gesichtskreis zu vergro?ern, lie? ihn aber stets schnell wieder niederfallen. Wenn er jemand erwartete, dann gewi? nur ein feindliches Wesen.
Jetzt brachte der Lord sein Rohr, stellte es und reichte es dem Buckeligen hin. Eben als derselbe den Indianer vor das Glas bekam, sah dieser fur einen Augenblick nach ruckwarts, so da? sein Gesicht zu erkennen war. Sofort legte Humply das Rohr weg, sprang vollstandig auf, so da? seine ganze Gestalt vom Standpunkte des Roten aus zu erkennen war, hielt die Hande an den Mund und rief mit lauter Stimme:»Menaka schecha, Menaka schecha! Mein Bruder mag zu seinem wei?en Freunde kommen!«
Der Indianer fuhr schnell herum, erkannte die buckelige Gestalt des Rufenden und glitt augenblicklich von der Spitze des Hugels herab, so da? er im Wellenthale verschwand.
«Jetzt, Mylord, werdet Ihr wohl sehr bald die ersten funfzig Dollar einzahlen mussen, «sagte Humply zu dem Englander, indem er sich wieder niederduckte.
«Wird es ein Abenteuer geben?«
«Sehr wahrscheinlich, denn der Hauptling blickte jedenfalls nach Feinden aus.«
«Ein Hauptling ist er?«
«Ja, ein tuchtiger Kerl, Osagenhauptling.«
«Und ihr kennt ihn?«
«Wir kennen ihn nicht nur, sondern wir haben mit ihm die Pfeife des Friedens und der Bruderschaft geraucht und sind verpflichtet, ihm in jeder Lage beizustehen, so wie er uns auch.«
«Well, so wunsche ich, da? er nicht nur einen, sondern moglichst viele Gegner erwartet!«
«Malt den Teufel nicht an die Wand! Derartige Wunsche sind gefahrlich, da sie nur allzuleicht in Erfullung gehen. Kommt mit hinab! Der Uncle wird erfreut, aber auch erstaunt daruber sein, da? der Hauptling sich in dieser Gegend befindet.«
«Wie nanntet Ihr den Roten?«
«In der Osagensprache Menaka schecha; d.h. die gute Sonne oder die gro?e Sonne. Er ist ein sehr tapferer und erfahrener Krieger und dabei kein eigentlicher Feind der Wei?en, obgleich die Osagen zu den Volkerschaften der noch ungezahmten Sioux gehoren.«
Unten angekommen, fanden sie den Uncle in einer steifen, theatralischen Pose. Er hatte alles gehort und diese Haltung angenommen, um seinen roten Freund moglichst wurdevoll zu begru?en.
Nach kurzer Zeit begannen die Pferde zu schnauben, und gleich darauf sah man den Indianer kommen. Er befand sich in den besten Mannesjahren und trug die gewohnliche indianische Lederkleidung, welche an einigen Stellen zerrissen und an andern mit frischem Blute befleckt war. Waffen hatte er keine. Auf jede seiner Wangen war eine Sonne tattowiert; an seinen beiden Handgelenken war die Haut aufgeschunden. Er mu?te gebunden gewesen sein und die Fesseln gesprengt haben. Jedenfalls befand er sich auf der Flucht und wurde verfolgt.
Trotz der Gefahr, die dem Indianer drohte und ihm sehr nahe sein konnte, kam er sehr langsam herbei, reichte, ohne zunachst den Englander zu beachten, den beiden Jagern die Rechte und sagte im ruhigsten Tone und sehr gelaufigem Englisch:»Ich habe die Stimme und Gestalt meines Bruders und Freundes sogleich erkannt und freue mich, euch begru?en zu konnen.«
«Wir freuen uns desgleichen; das wirst du uns glauben, «antwortete Humply.
Der lange Uncle hielt beide Hande ausgestreckt uber den Kopf des Roten, als ob er ihn segnen wolle, und rief aus:»Sei gegru?t im Erdenthale — viele, viele tausendmale — gro?er Hauptling, edler Schatz — nimm bei deinen Freunden Platz — und verzehr in aller Eile — diesen Rest der Reheskeule!«
Bei den letzten Worten deutete er in das Gras, wo das lag, was der Lord von der Keule ubrig gelassen hatte, namlich der Knochen mit einigen harten Fleischfasern, welche dem Messer nicht hatten weichen wollen.
«Still, Uncle. «gebot Humply,»es ist jetzt wahrhaftig keine Zeit fur deine Gedichte. Siehst du denn nicht, in welchem Zustande sich der Hauptling befindet?«
«Gebunden, doch entkommen — hat er zu seinem Frommen — die Flucht hierher genommen, «antwortete der Gescholtene deklamierend.
Der Buckelige wendete sich von ihm ab, deutete auf den Lord und sagte zu dem Osagen:»Dieses Bleichgesicht ist ein Meister im Schie?en und ein neuer Freund von uns. Ich empfehle ihn dir und deinem Stamme.«
Da gab der Rote dem Englander nun auch die Hand und antwortete:»Ich bin der Freund eines jeden guten und ehrlichen Wei?en; die Diebe, Morder und Leichenschander aber sollen vom Tomahawk gefressen werden!«
«Bist du so schlimmen Leuten begegnet?«erkundigte sich Humply.
«Ja. Meine Bruder mogen ihre Gewehre bereit halten, denn diejenigen, welche mir nachjagen, konnen jeden Augenblick hier sein, obgleich ich sie nicht gesehen habe. Sie werden zu Pferde sitzen und ich mu?te gehen; aber die Fu?e der» guten Sonne «sind so schnell und ausdauernd wie die Laufe des Hirsches, den kein Ro? erreicht. Ich bin viele Bogen und Kreise gegangen, auch habe ich mich oft ruckwarts bewegt, mit den Fersen voran, um sie aufzuhalten und irre zu fuhren. Sie trachten nach meinem Leben.«
«Das sollen sie bleiben lassen! Sind ihrer viele?«