gegen Abend hier eingestellt hatte. Er war soeben im Sprechen, und der Humply-Bill horte ihn sagen.»Ich kann euch also einen gro?en Erfolg versprechen, denn dort ist die Hauptkasse. Ihr seid also einverstanden?«
«Ja, ja, ja, «antworteten die drei andern.
«Und wie ist's mit Butlers Farm? Wollt ihr sie auch mitnehmen? Oder soll ich das auf eigene Faust ausfuhren und ein halbes Schock eurer Leute dazu werben?«
«Wir machen naturlich mit, «erklarte einer.»Sehe nicht ein, warum wir das Geld dir in die Tasche fallen lassen sollen! Es fragt sich nur, ob es schon da ist.«
«Noch nicht. Die Rafters haben nicht sofort Pferde gehabt, wahrend ich gleich am nachsten Morgen einige gute Klepper fand. Sie konnen also noch nicht auf der Farm sein. Aber Butler ist auch ohnedies reich genug. Wir uberfallen die Farm, rauben sie aus und erwarten dann ganz ruhig die Ankunft der Rafters und der Halunken, von denen sie befehligt werden.«
«Wei?t du denn genau, da? sie dorthin kommen werden?«
«Ganz genau. Dieser Old Firehand mu? hin, eines Ingenieurs wegen, welcher sich jedenfalls schon jetzt dort befindet.«
«Welches Ingenieurs? Was ist mit ihm?«
«Nichts. Das ist eine Geschichte, welche euch ganz gleichgultig sein kann. Vielleicht erzahle ich sie euch ein andres Mal. Vielleicht engagiere ich euch noch zu einem ganz andern Coup, bei welchem das Geld in Masse zu verdienen ist.«
«Du sprichst in Ratseln! Aufrichtig gestanden, mochte ich mit diesem Old Firehand lieber nichts zu thun haben. Ich horte oft von ihm erzahlen.«
«Hast du Angst?«hohnte der Rote.
«Angst nicht, aber eine sehr triftige Abneigung gegen diese Art von Menschen.«
«Unsinn! Was sollte er uns anhaben konnen? Denke doch, da? wir vierhundert Kerls beisammen haben, welche es mit dem Teufel aufnehmen wurden!«
«Sollten die alle mit nach Butlers Farm?«
«Naturlich! Der Weg dorthin geht ja in unsrer Richtung. Wollen wir etwa wieder nach hier zuruck?«
«Nein, das ist richtig. Und wann brechen wir auf?«
«Morgen nachmittag, so da? wir die Farm am Abend erreichen. Sie ist gro? und wird ein hubsches Feuer geben, an welchem wir uns manchen Braten warmen konnen.«
Humply-Bill hatte genug gehort; er kroch zuruck zu den Gefahrten und forderte dieselben auf, sich nun an die Befreiung der Osagen zu machen. Nach seiner Meinung sollte sich jeder hinter einen derselben schleichen, aber der Hauptling fiel ihm in die Rede und sagte:»Ich habe meine wei?en Bruder nur geholt, um mir schnell Hilfe zu bringen, falls es mir nicht gelingen sollte, meine roten Bruder allein zu befreien. Was jetzt geschehen mu?, ist nicht Sache der Wei?en, sondern der roten Manner. Ich gehe allein, und meine Bruder mogen mir nur dann beispringen, wenn das, was ich thue, bemerkt wird.«
Er schlich sich wie eine Schlange auf dem Boden fort.
«Was hat er vor?«fragte der Englander leise.
«Ein Meisterstuck, «antwortete Bill.»Seid so gut und legt Euch mit uns nieder, und schaut scharf dorthin, wo die Gefangenen stehen. Geht es verkehrt, so eilen wir hin und helfen. Wir brauchen ihnen nur die Riemen zu durchschneiden und dann zu unsern Pferden zu laufen.«
Der Lord folgte der Aufforderung. Das Feuer, an welchem die vier Anfuhrer der Tramps sa?en, war vielleicht zehn Schritte von dem Rande des Waldes entfernt. An dem letzteren standen die Baume, an welche die Gefangenen in aufrechter Stellung an Handen und Fu?en gebunden waren. Neben jedem Gefangenen sa? oder lag ein bewaffneter Wachter. Der Englishman strengte seine Augen an, den Hauptling zu sehen, doch vergebens. Er sah nur, da? einer der Wachter, welcher gesessen hatte, sich jetzt umlegte und zwar mit einer so schnellen Bewegung, als ob er umgefallen sei. Auch die andern drei Wachter bewegten sich, einer nach dem andern, und sonderbarerweise so, da? ihre Kopfe in den Schatten der betreffenden Baume zu liegen kamen. Dabei war kein Laut, nicht das leiseste Gerausch zu horen gewesen.
Es verging noch eine kleine Weile und dann sah der Lord plotzlich den Hauptling zwischen sich und Bill am Boden liegen.
«Nun, fertig?«fragte der letztere.
«Ja, «antwortete der Rote.
«Aber deine Osagen sind ja noch gefesselt!«flusterte der Lord ihm zu.
«Nein; sie sind nur stehen geblieben, bis ich mit euch gesprochen habe. Mein Messer traf die Wachter mitten in das Herz, und dann habe ich ihnen die Skalps genommen. Jetzt schleiche ich mich wieder hin, um mit meinen roten Brudern zu den Pferden zu gehen, bei denen sich auch die unsrigen noch befinden. Da alles so gut gegangen ist, werden wir nicht fortgehen, ohne unsre Pferde zu holen.«
«Warum euch noch in diese Gefahr begeben?«warnte Bill.
«Mein wei?er Bruder irrt sich. Es ist jetzt keine Gefahr mehr vorhanden. Sobald ihr die Osagen von ihren Baumen verschwinden seht, konnt ihr Euch fortbegeben. Bald werdet ihr das Stampfen der Pferde horen und das Geschrei der Tramps, welche dort wachen. Dann kommen wir zu der Stelle, an welcher wir vorhin abgestiegen sind, howgh!«
Mit diesem letzten Bekraftigungsworte wollte er andeuten, da? jeder Einwand nutzlos sei, dann war er plotzlich nicht mehr zu sehen. Der Lord fixierte die Gefangenen; sie lehnten steif aufgerichtet an ihren Baumen, dann waren sie in einem Nu fort, wie in die Erde hinein verschwunden.
«Wonderful!«flusterte er dem Buckeligen begeistert zu.»Ganz, wie man es in Romanen gelesen hat!«
«Hm!«antwortete der Kleine.»Ihr werdet bei uns noch manchen Roman erleben; das Lesen ist freilich leichter, als das Mitmachen.«
«Wollen wir fort?«
«Noch nicht. Ich mochte die Gesichter sehen, welche die Kerls machen, wenn die Geschichte losgeht. Wartet noch einige Augenblicke.«
Es verging keine lange Zeit, so ertonte von jenseits des Lagers ein lauter Schreckensruf; ein zweiter antwortete; darauf folgten mehrere schrille Schreie, denen man es anhorte, da? sie aus Indianerkehlen kamen — und nun ein Schnauben und Stampfen, ein Wiehern und Drohnen, unter welchem die Erde zu zittern schien.
Die Tramps waren aufgesprungen. Jeder rief, schrie und fragte, was geschehen sei. Da ertonte die Stimme des roten Cornels:»Die Osagen sind fort. Alle Teufel, wer hat sie — «
Er hielt entsetzt mitten in der Rede inne. Er war, wahrend er sprach, zu den Wachtern gesprungen und hatte den ihm nachsten derselben gepackt, um ihn emporzuzerren. Er sah die verglasten Augen und den haarlosen, blutigen Schadel desselben. Er ri? den zweiten, dritten und vierten in den Schein des Feuers und schrie dann entsetzt:»Tot! Skalpiert, alle vier! Und die Roten sind fort! Wohin?«
«Indianer, Indianer!«rief es in diesem Augenblicke von der Seite her, an welcher sich die Pferde befunden hatten.
«Zu den Waffen, zu den Pferden!«brullte der rote Cornel. Wir sind uberfallen. Man will uns die Pferde stehlen!«
Es gab eine Scene ganz unbeschreiblicher Verwirrung. Alles rannte durcheinander, aber es war kein Feind zu sehen, und erst als man sich nach langerer Zeit einigerma?en beruhigt hatte, stellte es sich heraus, da? nur die erbeuteten Indianerpferde fehlten. Nun erst, nachdem das Ungluck geschehen war, wurden Posten ausgestellt und man durchsuchte die Umgebung des Lagers, doch ohne allen Erfolg. Man kam zu der Meinung, da? noch andre als nur die gefangenen Osagen im Walde gewesen seien und sich herbeigeschlichen hatten, um ihre Kameraden zu befreien. Sie hatten dabei die Wachter von hinten erstochen und skalpiert und sich dann der Indianerpferde bemachtigt. Unbegreiflich war es den Tramps, da? die Ermordung der Wachter so vollstandig lautlos hatte vor sich gehen konnen. Wie hatten sie sich aber gewundert, wenn sie gewu?t hatten, da? es nur ein einziger gewesen war, der dieses indianische Meisterstuck fertig gebracht hatte.
Als dann die Anfuhrer wieder an ihrem Feuer beisammensa?en, sagte der Cornel:»Dieses Ereignis ist zwar kein gro?es Ungluck fur uns, aber es zwingt uns zur Anderung unsres Planes fur morgen. Wir mussen schon sehr fruhzeitig von hier aufbrechen.«
«Warum?«wurde er gefragt.
«Weil die Osagen alles gehort haben, was wir gesprochen haben. Ein wahres Gluck ist es, da? sie von unsrer Absicht auf den Eagle-tail nichts wissen, denn davon sprachen wir nicht hier, sondern vorher druben beim