andern Feuer. Aber was wir mit Butlers Farm vorhaben, das wissen sie.«
«Und du meinst, da? sie es verraten?«
«Naturlich!«
«Sollten diese wilden Halunken mit Butler befreundet sein?«
«Befreundet oder nicht; sie werden es ihm melden, um sich an uns zu rachen und uns einen warmen Empfang zu bereiten.«
«Das ist freilich leicht zu denken, und da ist es allerdings geraten, uns soviel wie moglich zu sputen. Mochte nur wissen, wo die funf Kerls bleiben, welche dem fluchtigen Hauptling nach sind!«
«Mir auch unbegreiflich. Hatte er seine Zuflucht in dem Walde gesucht, so ware er schwer oder unmoglich zu finden gewesen; seine Spur fuhrte aber weit in die offene Prairie hinaus und er hatte kein Pferd. Da mussen sie ihn doch erwischt haben!«
«Jedenfalls. Aber sie sind wohl auf dem Ruckwege von der Nacht uberrascht worden und haben sich verirrt. Oder haben sie sich gelagert, um sich nicht zu verirren, und sto?en morgen fruh zu uns. Jedenfalls werden wir ihre Fahrte treffen, denn sie nahmen genau die Richtung, welche wir einhalten mussen.«
Da allerdings befand sich der Sprecher in einem Irrtum. Der Himmel oder vielmehr die Wolken sorgten dafur, da? die betreffende Spur verwischt wurde, denn es stellte sich spater ein, wenn auch leichter, aber mehrere Stunden anhaltender Regen ein, welcher alle Huf- und Fu?eindrucke verwischte.
Sechstes Kapitel
Ein Parforceritt im Finstern
Sobald sich, wie im vorigen Kapitel geschildert, vorhin bei den Pferden das Geschrei erhoben hatte, war es fur Bill, den Uncle und den Englander an der Zeit gewesen, sich in Sicherheit zu bringen. Sie waren, so schnell es die Finsternis gestattete, durch den Wald und zu ihren Pferden geeilt. Da? die letzteren nicht verfehlt wurden, war nur dem Scharfsinn der beiden Jager zu verdanken. Der Lord hatte sich wohl nicht so leicht zurecht gefunden, da ein Wellenberg und Wellenthal bei Nacht noch viel mehr als am Tage dem andern glich. Sie machten die Pferde los, stiegen auf und nahmen die ledigen an der Koppel fest.
Kaum war das geschehen, so horten sie die Indianer kommen. Der Hauptling hatte sich in der Finsternis ebenso leicht wie am hellen Tage an Ort und Stelle gefunden.
«Diese Tramps waren blind und taub, «sagte er.»Wir konnten weiter keinen von ihnen toten, denn wenn wir unsre Pferde haben wollten, durften wir uns nicht bei den Menschen verweilen; aber es werden ihrer viele in die ewigen Jagdgrunde wandern, um die Geister der Osagen zu bedienen.«
«Du willst dich rachen?«fragte Bill.
«Warum spricht mein wei?er Bruder solche Worte aus? Sind nicht heute acht Osagen gefallen, deren Tod geracht werden mu?? Sollten nicht die vier ubrigen gemartert und gemordet werden? Wir werden nach den Wigwams der Osagen reiten, um viele Krieger zu holen. Dann folgen wir der Fahrte dieser Bleichgesichter, um ihrer so viele auszuloschen, wie Manitou in unsre Hande gibt.«
«In welcher Richtung weiden jetzt die Herden der Osagen?
«Gegen Westen.«
«So mu?t ihr an Butlers Farm voruber?«
«Ja.«
«Und wie lange reitest du von dort aus, um die Deinigen zu erreichen?«
«Die ersten Herden sind schon nach einem halben Tage zu treffen, wenn man ein gutes Pferd besitzt und sich beeilt.«
«Das ist sehr gut. Wir werden uns beeilen mussen, um Butlers Farm zu retten.«
«Was sagt mein Bruder? Butler ist der Freund und Beschutzer der Osagen. Droht ihm ein Ungluck?«
«Ja. Doch sprechen wir nicht jetzt und hier davon. Wir mussen zunachst fort, um aus der Nahe der Tramps zu kommen. Diese wollen morgen die Farm uberfallen, und wir mussen hin, um den Besitzer zu warnen.«
«Uff! Meine roten Bruder mogen die ledigen Pferde fuhren, damit die wei?en Bruder mir leichter folgen konnen!«
Seine Leute gehorchten, indem sie zu den ihrigen auch noch die erbeuteten ledigen Pferde nahmen; dann ging es im Galopp zwischen die niedrigen Hugel hinein, nicht auf der Spur zuruck, welche sie selbst geritten waren, denn das ware ein Umweg nach Norden gewesen, sondern auf der Fahrte, die der Hauptling und seine Verfolger heute am Nachmittage gemacht hatten. Diese fuhrte in schnurgerader Richtung der Gegend zu, in welcher Butlers Farm lag, die der Osage hatte aufsuchen wollen.
Im Galopp! Und zwar in dieser Finsternis! Und doch war es so. Schon am Tage war es nur dem Kundigen moglich, sich ohne Irrung in dieser Rolling- Prairie zurecht zu finden; aber bei Nacht sich nicht zu verirren, das konnte fast als ein Wunder gelten. Als der Englander dem kleinen Bill, neben welchem er ritt, eine darauf bezugliche Bemerkung machte, antwortete dieser:»Ja, Sir, ich habe zwar schon bemerkt, da? auch Ihr nicht auf den Kopf gefallen seid; aber Ihr werdet hier noch manches sehen, horen und auch selbst erleben, was Ihr vorher nicht fur moglich hieltet.«
«So wurdet auch Ihr Euch hier nicht verirren?«
«Ich! Hm! Wenn ich aufrichtig sein will, so mu? ich Euch sagen, da? es mir nicht einfallen wurde, so zwischen diese welligen Hugel hineinzusturmen. Ich wurde hubsch langsam reiten und die Krummung jedes einzelnen Thales, dem ich folgen mu?, genau prufen. Dennoch aber wurde ich morgen fruh an einer ganz andern Stelle als derjenigen sein, an welche ich gelangen will.«
«So kann das dem Hauptling doch auch passieren.«
«Nein. So ein Roter riecht die Richtung und den Weg formlich. Und, was die Hauptsache ist, jetzt hat er sein eigenes Pferd wieder. Dieses Tier weicht sicher keinen Schritt von der Fahrte ab, welche sein Herr heute gelaufen ist. Darauf konnt Ihr Euch verlassen. Der Himmel ist so schwarz wie ein Sack voll Ru?, und von der Erde sehe ich nicht so viel, wie ich auf einen Fingernagel legen konnte, dennoch galoppieren wir wie am hellen Tage und auf ebener Stra?e, und ich wette, da? wir, ehe sechs Stunden voruber sind, unsre Pferde gerade vor der Thure von Butlers Farm anhalten werden.«
«Wie? Was?«rief der Englander erfreut.»Ihr wollt wetten? Das ist ja herrlich! Also Ihr behauptet das? So behaupte ich das Gegenteil und setze funf Dollar, oder auch zehn. Oder wollt Ihr hoher wetten? Ich bin sofort dabei!«
«Danke, Mylord! Das von der Wette war nichts als eine Redensart. Ich wiederhole, da? ich niemals wette. Behaltet Euer Geld! Ihr braucht es anderwarts. Denkt, was Ihr mir und dem Uncle nur schon fur heute zu zahlen habt!«
«Hundert Dollar. Funfzig fur die vier erschossenen Tramps und funfzig fur die befreiten Osagen.«
«Und bald wird es noch mehr sein.«
«Allerdings, denn der Uberfall der Farm, den wir abschlagen werden, ist wieder ein Abenteuer, welches funfzig kostet.«
«Ob uns das Abweisen des Uberfalles gluckt, ist noch unbestimmt; es ist auch im Gegenfalle ein Abenteuer, welches Euch funfzig Dollar kostet, namlich wenn wir leben bleiben. Aber wie war es denn eigentlich mit Old Shatterhand, Winnetou und Old Firehand? Wieviel wollt Ihr zahlen, falls Euch einer dieser drei Manner zu Gesicht kommt?«
«Hundert Dollar, wenn es Euch recht ist.«
«Sehr recht sogar, denn es ist wahrscheinlich, da? wir morgen oder ubermorgen Old Firehand begegnen.«
«Wirklich? Wirklich?«
«Ja. Er will namlich auch nach Butlers Farm kommen.«
Der voranreitende Hauptling hatte diese Worte gehort. Er drehte, ohne den Lauf seines Pferdes zu ma?igen, sich um und fragte:»Old Firehand, dieses beruhmte Bleichgesicht, will kommen?«
«Ja. Der rote Cornel sagte es.«
«Der rothaarige Mann, welcher die lange Rede hielt? Woher wei? er es? Hat er den gro?en Jager gesehen oder gar gesprochen?«