«Der Cornel hat es aber doch gesagt!«

«Er hat sich inzwischen anders besonnen, Bill.«

«Wie kommt Ihr auf diesen Gedanken, Sir?«

«Wo waren die gefangenen Osagen angebunden?«

«In der Nahe des Feuers, an welchem der Rote sa?.«

«Haben sie gehort, was gesprochen wurde?«

«Ja.«

«Auch da? Butlers Farm uberfallen werden soll?«

«Auch das.«

«Nun, und jetzt sind sie entflohen. Mu? da der Cornel nicht ganz notwendig auf den Gedanken kommen, da? sie zu Butler eilen werden, um ihn zu benachrichtigen?«

«Teufel, das ist richtig! Das versteht sich ja von selbst!«

«Allerdings. Um den Schaden, den ihnen das machen kann, moglichst zu verringern, werden sie also zeitiger aufbrechen. Ich wette, da? sie schon jetzt entschlossen sind, mit Tagesgrauen zu Pferde zu steigen.«

«Wetten?«rief der Lord.»Well, Ihr seid mein Mann, Sir! Ihr wettet, da? sie so fruh aufbrechen? Gut, so behaupte ich, da? sie erst morgen abend den Osage-nook verlassen. Ich setze zehn Dollar, auch zwanzig und drei?ig. Oder sind Euch funfzig lieber?«

Er zog die eine Tasche nach vorn und offnete sie, um Geld herauszunehmen.

Ein leiser, von dem Englander unbemerkter Wink des Humply-Bill genugte fur Old Firehand, zu wissen, da? er einen passionierten Wetter vor sich habe. Darum antwortete er:»Macht Eure Tasche getrost wieder zu, Sir; es kann mir nicht einfallen, das Wort vom Wetten wirklich im Ernste zu nehmen. So wichtige Sachen sind uberhaupt zum Wetten nicht geeignet.«

«Aber ich wette nun einmal gern!«behauptete der Lord.

«Ich aber nicht!«

«Das ist schade, jammerschade! Ich habe so sehr viel Gutes und schones uber Euch gehort. Jeder wahrhaftige Gentleman wettet. Da? Ihr das nicht thut, zwingt mich beinahe, meine gute Meinung uber Euch zu andern.«

«Thut da? immerhin, wenn es Euch beliebt! Es kommt dann wohl rasch die Zeit, in welcher Ihr wieder zur fruheren Ansicht zuruckkehrt. Jetzt haben wir andres und Besseres zu thun, als Wetten einzugehen. Es steht das Eigentum und Leben vieler Menschen auf dem Spiele, und es ist unsre Pflicht, dieses Unheil abzuwenden. Das thut man nicht durch Wetten.«

«Ganz recht, Sir. Ich wette auch nur so nebenbei. Wenn es zu Thaten kommt, so werdet Ihr mich sicher auf meinem Platze finden, vielleicht ebenso fest und ruhig, wie Ihr auf dem Eurigen steht. Die korperliche Starke thut es nicht allein. Merkt Euch das einmal!«

Er war in Zorn geraten und lie? einen beinahe beleidigenden Blick an der herkulischen Gestalt des Jagers herniederlaufen. Dieser schien einen Moment lang nicht zu wissen, woran er mit dem Englander sei; sein Gesicht wollte sich verfinstern, hellte sich aber schnell wieder auf, denn er erriet die Gedanken des Lords. Darum antwortete er demselben:»Nur gemach, Sir. Bevor wir uns nicht kennen gelernt haben, wollen wir uns wenigstens keine Grobheiten sagen. Ihr seid noch neu zu Lande.«

Das Wort» neu «verfehlte die beabsichtigte Wirkung nicht, denn der Lord rief noch zorniger als vorher:»Wer sagt Euch das? Sehe ich etwa wie neu aus? Ich bin mindestens so ausgerustet, wie die Prairie es erfordert; Ihr aber sitzt da, als ob Ihr soeben aus einem Klub oder gar aus einer Ladiesgesellschaft kamet!«

Also richtig, das war es! Old Firehand trug namlich noch denselben eleganten Reiseanzug wie auf dem Dampfer. Er hatte ihn noch nicht ablegen konnen, da seine Jagerausrustung auf Butlers Farm bereit lag. Dieser Anzug war zwar durch den Ritt zu den Rafters und dann hierher sehr mitgenommen worden, schien aber bei dem Scheine des kleinen, vom Regen niedergedruckten Feuers noch ganz neu zu sein. Der beruhmte Mann wurde von dem Englander nicht fur voll angesehen. Er nickte lachelnd und sagte:»Kann Euch nicht ganz unrecht geben, Sir; aber vielleicht richte ich mich noch hier im alten Westen ein; auf alle Falle aber wollen wir Freunde bleiben.«

«Wenn das Euer Ernst ist, so rasonniert nicht wieder uber das Wetten, denn an dem Einsatze erkennt man den echten, richtigen Gentleman. Ubrigens begreife ich nicht, warum Ihr hier bleiben und nicht mit sofort nach der Farm reiten wollt. Das hat mich zuerst irre an Euch gemacht.«

«Habe meinen guten Grund dazu.«

«Will mein wei?er Bruder mir wohl diesen Grund nennen?«fragte der Osage.

«Ja. Es genugt, wenn du nach der Farm reitest und Butler benachrichtigst. Er ist ganz der Mann, die richtigen Vorbereitungen zu treffen. Ich bleibe mit meinen Rafters hier und halte die Tramps so in Schach, da? sie nur langsam vorwarts kommen und gewi? nicht eher bei der Farm anlangen, als bis man dort zu ihrem Empfange bereit ist.«

«Mein Bruder hat stets den besten Gedanken; das wurde auch dieses Mal der Fall sein, aber Butler ist nicht in seinem Wigwam.«

«Nicht?«fragte Firehand uberrascht.

«Nein. Als ich nach dem Osage-nook ritt, kam ich an der Farm voruber und kehrte ein, um ein Calumet mit meinem wei?en Bruder Butler zu rauchen. Ich traf ihn nicht daheim. Er hatte den Besuch seines fernen Bruders und dessen Tochter erhalten und war mit ihnen beiden nach Fort Dodge geritten, um Kleider fur die wei?e Tochter einzukaufen.«

«So ist der Bruder also schon angekommen! Wei?t du, wie lange Butler in Fort Dodge bleiben will?«

«Noch einige Tage.«

«Und wann warst du auf der Farm?«

«Vorgestern des Morgens.«

«So mu? ich hin, unbedingt hin, «rief Old Firehand, indem er aufsprang.

«Wie lange wahrt es, bis du deine Osagen zur Hilfe bringen konntest?«

«Wenn ich jetzt sofort reite, so sind wir um nachste Mitternacht an der Farm.«

«Das ist viel, viel zu spat. Sind die Osagen jetzt mit den Sheyennes und Arapahoes befreundet?«

«Ja. Wir haben die Beile des Krieges in die Erde gegraben.«

«Diese beiden Stamme wohnen jenseits des Flusses und sind von hier aus in vier Stunden zu erreichen. Will mein Bruder in diesem Augenblicke aufbrechen, um ihnen eine Botschaft von mir zu uberbringen?«

Der Hauptling sagte kein Wort; er trat zu seinem Pferde und stieg in den Sattel.

«Reite hin, «fuhr Old Firehand fort,»und sage den beiden Hauptlingen, da? ich sie bitte, so schnell wie moglich mit je hundert Mann nach Butlers Farm zu kommen!«

«Ist das die ganze Botschaft?«

«Ja.«

Der Osage schnalzte mit der Zunge, gab seinem Pferde die Fersen und war einen Augenblick spater im Dunkel der Nacht verschwunden. Der Lord schaute hochst verwundert drein. Gehorchte so ein Krieger wirklich so unbedingt und fraglos dem Manne mit dem Salonrocke? Aber dieser letztere sa? auch bereits im Sattel.

«Mesch'schurs, wir durfen keine Minute verlieren, «sagte er.»Unsre Pferde sind zwar ermudet, aber bis zur Farm mussen sie es noch aushalten. Vorwarts!«

Im Nu bildete sich der Zug. Voran Old Firehand mit seinen naheren Bekannten und Jagern, dann die Rafters und endlich die wenigen Osagen mit den Pferden. Das Feuer wurde verloscht, und dann setzten sich die Reiter in Bewegung.

Erst ritt man langsam, dann im Trab, und als die Augen sich von dem Lagerfeuer weg an die Dunkelheit gewohnt hatten, im Galopp. Der Lord machte sich an Bill und fragte.»Wird sich Old Firehand nicht etwa verirren?«

«O, noch viel weniger als der Osagenhauptling. Man behauptet sogar, er konne des Nachts sehen wie eine Katze.«

«Und hat einen Gesellschaftsanzug an. Sonderbarer Heiliger!«

«Wartet nur, bis Ihr ihn im ledernen Buffelrock seht! Da bildet er eine ganz andre Figur.«

«Nun, Figur hat er auch so schon genug. Aber wer ist denn eigentlich die Frau, welche sich an Euch vergriffen hatte?«

«Frau? O, diese Lady ist ein Mann.«

«Wer es glaubt!«

Вы читаете Der Schatz im Silbersee
Добавить отзыв
ВСЕ ОТЗЫВЫ О КНИГЕ В ИЗБРАННОЕ

0

Вы можете отметить интересные вам фрагменты текста, которые будут доступны по уникальной ссылке в адресной строке браузера.

Отметить Добавить цитату