herwarts schauten, ob der Hauptling zu sehen sei. Haben jedenfalls die Pferde unten stehen gehabt.«
«So pa?t doppelt scharf auf, und schont die Pferde; wir brauchen sie!«
Es verging wieder einige Zeit; dann horte man den Hufschlag nahender Tiere. Im Wellenthal, das vor dem Buckeligen lag, wurden zwei nebeneinander reitende Manner sichtbar; sie waren sehr gut bewaffnet und beritten und hielten die Augen scharf auf die Fahrte des Hauptlings, welcher sie folgten, gerichtet. Gleich hinter ihnen erschienen noch zwei und dann noch einer; es waren also funf Verfolger. Als sie die Mitte des Wellenthales erreicht hatten, und sich also zwischen den vier Versteckten befanden, rief Bill ihnen zu:»Stop, Mesch'schurs! Keinen Schritt weiter, oder ihr hort meine Buchse reden!«
Sie hielten uberrascht an und schauten nach oben, ohne aber jemand zu erblicken, da der Buckelige im tiefen Grase lag. Doch gehorchten sie seinem Befehle, und der Vorderste antwortete.»Alle Teufel! Was gibt es denn hier fur einen heimlichen Wegelagerer? Zeigt Euch uns doch, und sagt, welches Recht Ihr habt, uns anzuhalten!«
«Das Recht eines jeden Jagers, welchem Fremde begegnen.«
«Wir sind auch Jager. Seid Ihr ein ehrlicher Kerl, so la?t Euch sehen!«
Die funf Tramps hatten ihre Gewehre zur Hand genommen, sie sahen keineswegs friedlich aus, dennoch antwortete der Kleine:»Ich bin ein ehrlicher Mann und kann mich wohl sehen lassen. Da habt ihr mich!«
Er sprang auf, so da? sie seine ganze Gestalt sehen konnten, hielt aber sein Auge so scharf auf sie gerichtet, da? ihm nicht die geringste ihrer Bewegungen entgehen konnte.
«Zounds!«rief einer von ihnen.»Irre ich mich nicht, so ist das der Humply-Bill!«
«So werde ich allerdings genannt.«
«Dann ist auch der Gunstick-Uncle in der Nahe; denn diese beiden trennen sich nie!«
«Kennt Ihr uns denn?«
«Will's meinen; habe von fruher her ein Wort mit Euch zu reden!«
«Ich kenne Euch aber nicht!«
«Moglich, denn Ihr habt mich blo? von weitem gesehen. Boys, dieser Kerl ist uns im Wege; ich glaube gar, er hat mit dem Roten gemeinschaftliche Sache gemacht. Holen wir ihn von da oben herunter!«
Er zielte auf den Kleinen und druckte ab. Bill sank blitzschnell, wie von der Kugel getroffen, in das Gras nieder.
«Heigh-day, das war fein gezielt!«rief der Mann.»Nun ist nur noch der Gun — «
Er konnte den Satz nicht vollenden. Bill hatte sich freiwillig niedergeworfen, um nicht getroffen zu werden; jetzt blitzte es rasch hintereinander aus seinen beiden Laufen auf, und keine Sekunde spater krachten auch die Gewehre der drei andern. Die funf Tramps sturzten von ihren Pferden, und die vier Sieger kamen von den Hugeln in das Thal herab, um die funf Pferde an der Flucht zu hindern. Die Tramps wurden untersucht.
«Nicht schlecht gemacht, «meinte Bill.»Kein einziger Fehlschu?. Der Tod ist augenblicklich eingetreten.«
Der Osagenhauptling betrachtete die beiden Manner, nach deren Stirnen er gezielt hatte. Er sah die kleinen Kugellocher hart uber den Nasenwurzeln und wendete sich an den Lord.»Das Gewehr meines Bruders ist von sehr kleinem Kaliber, aber es ist eine ausgezeichnete Gun, auf welche man sich verlassen kann.«
«Will es meinen, «nickte der Englishman.»Habe beide Gewehre extra fur die Prairie bestellt.«
«Mein Bruder mag mir dieses hier verkaufen. Ich gebe ihm hundert Biberfelle dafur.«
«Es ist mir nicht feil.«
«So gebe ich ihm hundertfunfzig!«
«Auch dann nicht!«
«Auch nicht fur zweihundert?«
«Nein, und wenn diese Biberfelle zehnmal so gro? wie Elefantenhaute waren.«
«So biete ich ihm den hochsten Preis, den es geben kann; ich tausche diese Gun gegen das beste Reitpferd der Osagen ein!«
Es war seinem Gesichte anzusehen, da? er glaubte, ein noch nie dagewesenes Gebot gemacht zu haben, doch der Lord schuttelte den Kopf und antwortete:»Lord Castlepool tauscht und verkauft nie. Was wollte ich mit dem Pferde thun, da das meinige wenigstens ebenso vortrefflich ist wie dasjenige, von welchem du sprichst.«
«Kein Pferd der Savanne kommt uber das meinige. Aber da ich meinen wei?en Bruder nicht zwingen kann, mir sein Gewehr zu verkaufen, so werde ich es ihm hiermit zuruckgeben. Diese Toten haben mehr Waffen bei sich, als ich fur mich bedarf.«
Er gab das Gewehr zuruck, machte aber dabei ein Gesicht, in welchem das gro?te Bedauern zu lesen war. Den Toten wurden alle nutzlichen Gegenstande abgenommen. Als man ihre Taschen nach solchen durchsuchte, meinte Bill:»Der Kerl hat mich gekannt; ich aber kann mich nicht erinnern, ihn jemals gesehen zu haben. Mag sein! Aus seinen Worten ging hervor, da? ich von ihm und also auch von den andern nichts Gutes zu erwarten hatte. Darum wollen wir uns ja nicht uber den Tod dieser Menschen gramen. Wer wei?, wie viele Schandthaten wir dadurch, da? sie unsre Kugeln bekamen, verhutet haben. Nun kann sich auch der Hauptling beritten machen, und es bleiben noch vier ledige Pferde ubrig, gerade ausreichend fur die Osagen, welche wir herausholen wollen.«
«Nun reiten wir sofort zu den Tramps?«fragte der Englander.
«Naturlich. Ich kenne diese Gegend und wei?, da? wir nicht vor Abend an dem Osage-nook ankommen konnen, da wir nicht die gerade Richtung einschlagen durfen, sondern einen Bogen schlagen mussen, um den Wald hinter ihnen zu erreichen.«
«Und diese Leichen?«
«Lassen wir einfach liegen. Oder habt Ihr vielleicht Lust, diesen Halunken ein Erbbegrabnis, ein Mausoleum bauen zu lassen? Mogen sie in den Magen der Geier und Cojoten begraben werden, mehr gehort ihnen nicht!«
Das war vielleicht eine harte, eine unchristliche Rede, aber der wilde Westen hat seine eigene Art von Zartgefuhl; in einer Gegend, wo ringsum Tod und Verderben drohen, wird der Mensch gezwungen, Rucksicht zunachst nur auf sich selbst zu nehmen und alles zu vermeiden, was seine personliche Sicherheit gefahrdet. Hatten die vier Manner sich bei den Leichen verweilen wollen, um sie zu begraben und ein Gebet uber ihnen zu sprechen, so ware das eine Zeitverschwendung gewesen, welche sie sehr leicht, die gefangenen Osagen aber fast sicher, mit dem Leben hatten bezahlen mussen. Man koppelte also die ledigen Pferde zusammen, stieg auf und ritt davon, zunachst gerade nordwarts, um dann nach Osten umzubiegen. Der Hauptling machte den Fuhrer, da er den Lagerplatz der Tramps kannte. Es ging wahrend des ganzen Nachmittags uber die offene Rolling-Prairie. Keine Fahrte wurde getroffen und kein Mensch gesehen. Als die Sonne sich zur Ruste neigen wollte, erblickte man in der Ferne einen dunklen Waldstreifen, und der Osage erklarte:»Das ist die hintere Seite des Waldes. Die vordere biegt sich nach innen und bildet die Ecke oder den Winkel, welchen wir den Winkel des Mordes nennen, und dort liegen die Graber unsrer Erschlagenen.«
«Wie weit ist es, ehe man von hier aus quer durch den Wald den Winkel erreicht?«fragte der Lord.
«Haben wir den Wald betreten, so mussen wir eine Viertelstunde gehen, um an das Lager der Tramps zu gelangen, «erklarte der Rote.
Da hielt Bill sein Pferd an, stieg ab und setzte sich, ohne ein Wort zu sprechen, im Grase nieder. Der Uncle und der Indianer folgten diesem Beispiele, als ob sich das ganz von selbst verstehe. Der Englishman stieg infolgedessen auch ab, erkundigte sich aber:»Ich denke, wir durfen keine Zeit verlieren. Wie konnen wir die Osagen befreien, wenn wir uns hier niedersetzen und die Hande in den Scho? legen?«
«Das ist sehr falsch gefragt, Sir, «antwortete der Buckelige.»Fragt lieber: Wie konnen wir die Osagen befreien, wenn wir erschossen worden sind?«
«Erschossen? Wieso?«
«Meint Ihr, da? die Tramps ruhig in ihrem Lager sitzen bleiben?«
«Schwerlich!«
«Ganz gewi? nicht! Sie mussen essen und werden also jagen. Sie schwarmen im Walde umher. Dieser ist da, wo wir ihn betreten, nur eine Viertelstunde breit, und es la?t sich mit vollster Bestimmtheit erwarten, da? sich gerade dort Leute befinden, welche uns kommen sehen wurden. Wir mussen also hier warten, bis es dunkel geworden ist; dann haben sich die Kerls alle nach dem Lager zusammengezogen, und wir konnen unbemerkt den Wald erreichen. Seht Ihr das ein?«
«Well, «nickte der Lord, indem er sich nun auch niedersetzte.»Habe nicht geglaubt, da? ich noch so dumm sein kann!«