Wieder erschallte seine laute Stimme. Seine Leute schwirrten zusammen, bildeten fur einen Augenblick einen scheinbar wirren Knauel und flogen dann wieder auseinander. Sie hatten ihre Aufstellung vollstandig verandert. Diese war vorher eine westostliche gewesen, nun aber zu einer nordsudlichen geworden. Der Osage hatte diese Veranderung getroffen, nicht weil er die Nahe seiner Verbundeten kannte, sondern um, wie ein angegriffener Bison, dem Feinde nicht die Flanke, sondern die starke, hornbewehrte Stirn zu bieten. War sie schon an und fur sich ein Meisterstuck, so hatte sie au?erdem den von ihm freilich ungeahnten Erfolg, da? die Wegelagerer sich nun ganz plotzlich zwischen Indianern und den hinter dem Buschwerke versteckten Wei?en befanden. Sie sahen ihre Absicht vereitelt und hielten an, eine Unvorsichtigkeit, welche sie augenblicklich zu bu?en hatten. Sie schienen sich in der Tragweite der Indianerwaffen zu irren und sich vor denselben sicher zu fuhlen. Einer ihrer Anfuhrer sprach auf sie ein, jedenfalls, um ihnen einen andern Plan mitzuteilen. Diese Pause benutzte der Osage. Er stie? einen Ruf aus, auf welchen seine Leute schnell vorwarts sprangen, plotzlich stehen blieben, ihre Pfeile abschossen und sich dann ebenso schnell wieder zuruckzogen. Die Geschosse erreichten ihr Ziel; es gab Tote und noch mehr Verwundete, nicht nur unter den Reitern, sondern auch unter den Pferden. Die Tiere baumten sich auf, sie wollten durchgehen und waren kaum zu bandigen. Das gab eine Verwirrung, welche Old Firehand benutzen mu?te.

«Jetzt los!«gebot er.»Aber schie?t nur auf die Kerls und nicht auf die Pferde!«

Seine Leute traten hinter den Buschen hervor, sie befanden sich im Rucken der Feinde, von denen sie nicht gesehen wurden. Als ihre Schusse krachten und ihre Kugeln in den Haufen der Tramps flogen, drehten sich die letzteren um, gerade als die zweite Salve auf sie abgegeben wurde. Sie schrieen vor Schreck auf.

«Fort!«brullte unter ihnen eine Stimme.»Wir sind umzingelt. Brecht durch die Linie der Roten!«

Diesem Befehle wurde augenblicklich Folge geleistet. Die Tramps jagten, ihre Toten und Schwerverwundeten im Stiche lassend, auf die Indianer ein, welche ihnen nur zu gern den Ausweg eroffneten und hinter ihnen ein triumphierendes Geheul erhoben.

«Da rei?en sie aus!«lachte der alte Blenter.»Die kommen nicht wieder. Wi?t ihr, wer es war, der zur Flucht aufforderte?«

«Naturlich!«antwortete der schwarze Tom.»Die Stimme kennt man genau. Der rote Cornel war's; den scheint der Satan vor unsern Kugeln in Schutz zu nehmen. Wollen wir nicht den Halunken nach, Sir?«

Er hatte diese Frage an Old Firehand gerichtet, und dieser antwortete:»Nein. Wir sind zu schwach, um es im Handgemenge mit ihnen aufzunehmen. Ubrigens erraten sie vielleicht, da? wir uns nicht ursprunglich hier befunden haben, sondern den Roten von der Farm her zu Hilfe gekommen sind. In diesem Falle ist es sehr wahrscheinlich, da? sie dorthin reiten, um wahrend unsrer Abwesenheit einzudringen. Wir mussen also schleunigst zuruck.«

«Und was geschieht mit den verwundeten Tramps und den ledig herumlaufenden Pferden?«

«Wir mussen sie den Indianern uberlassen. Doch, keine Zeit verloren, schnell jetzt zu den Pferden!«

Die Manner schwenkten ihre Hute und riefen den Roten ein donnerndes Hurra zu, welches von diesen durch ein schrilles Siegesgeschrei beantwortet wurde; dann ging es zu den Pferden, und als man diese bestiegen hatte, nach der Farm zuruck. Kein Tramp war in der Nahe derselben zu sehen, naturlich die Verwundeten ausgenommen, welche bei der Baumgruppe liegen gelassen worden waren. Old Firehand begab sich sofort auf das platte Dach des Gebaudes, um Umschau zu halten.

Da oben sa? Ms. Butler, welche in gro?er Besorgnis gewesen war, und nun zu ihrer Freude vernahm, da? der Angriff glanzvoll zuruckgewiesen worden sei.»So sind wir wohl gerettet?«fragte sie tief aufatmend.»Da die Tramps so schwere Verluste erlitten haben, darf man doch annehmen, da? ihnen der Mut zur Fortsetzung der Feindseligkeit vergangen ist.«

«Vielleicht, «antwortete der Jager nachdenklich.

«Nur vielleicht?«

«Leider! An die Herden werden sie sich zwar nicht wieder wagen, weil sie annehmen mussen, da? dieselben nicht nur von Indianern, sondern auch durch eine hinreichende Anzahl von Wei?en bewacht werden. Anders aber steht es hier mit dem Hause. Die Kerls werden freilich eingesehen haben, da? am Tage nichts gegen dasselbe zu unternehmen ist, doch konnen sie das Eindringen im Dunkel der Nacht fur moglich halten. Jedenfalls mussen wir auf einen nachtlichen Angriff vorbereitet sein.«

«Aber am Tage werden sie sich sicher nicht mehr sehen lassen?«

«O doch! Da drau?en bei den Baumen liegen ihre Verwundeten, deren sie sich annehmen mussen. Ich bin uberzeugt, da? wir sie bald dort sehen werden. Sie sind in westlicher Richtung geflohen, und von dorther werden sie kommen.«

Er blickte in der angegebenen Richtung durch das Fernrohr und fuhr schon nach kurzer Zeit fort:»Ganz richtig, dort sind sie! Sie haben einen Bogen geschlagen und kehren nun zu den Blessierten zuruck. Es ist anzunehmen, da? — «

Er hielt inne. Noch immer durch das Rohr sehend, hatte er demselben eine nordliche Richtung gegeben.

«Was ist's?«fragte die Dame.»Warum sprecht Ihr nicht weiter, Sir? Warum zeigt Ihr plotzlich ein so bedenkliches Gesicht?«

Er sah noch eine Weile durch das Rohr, setzte dasselbe dann ab und antwortete:»Weil jetzt wahrscheinlich etwas geschieht, was unsre Lage nicht zu verbessern geeignet ist.«

«Was meint Ihr? Was soll geschehen?«fragte sie in angstlichem Tone.

Er uberlegte, ob er ihr die Wahrheit sagen solle. Glucklicherweise wurde seiner Verlegenheit dadurch ein Ende gemacht, da? der Lord auf dem Dache erschien, um sich, zu erkundigen, ob die Tramps zu sehen seien. Dies benutzte Old Firehand, der Dame zu antworten:»Es ist nichts, was uns besonders Angst zu machen braucht, Mylady. Ihr konnt ohne Sorgen hinabgehen, um den Leuten, welche durstig sind, einen Trunk verabreichen zu lassen.«

Sie folgte beruhigt dieser Aufforderung, doch als sie verschwunden war, sagte der Jager zu dem Lord, welcher sein Riesenteleskop mitgebracht hatte.»Ich hatte einen guten Grund, die Dame jetzt zu entfernen. Nehmt Euer Rohr zur Hand, Mylord, und schaut gerade westlich. Wer ist da zu sehen?«

Der Englander folgte dieser Aufforderung und antwortete dann:»Die Tramps. Ich sehe sie deutlich. Sie kommen.«

«Kommen sie wirklich?«

«Naturlich. Was sollen sie sonst thun?«

«So scheint mein Rohr besser zu sein als das Eurige, obgleich es viel kleiner ist. Seht Ihr denn die Tramps in Bewegung?«

«Nein, sie halten.«

«Mit den Gesichtern wohin gewendet?«

«Nach Nord.«

«So folgt einmal mit dem Rohre dieser Richtung! Vielleicht seht Ihr dann, weshalb die Kerls angehalten haben.«

«Well, Sir, werde schauen!«Und nach einigen Augenblicken fuhr er fort:»Dort kommen drei Reiter, ohne die Tramps zu bemerken.«

«Reiter? Wirklich?«

«Yes! Doch nein; es scheint eine Lady dabei zu sein. Richtig, es ist eine Dame. Ich sehe das lange Reitkleid und den wehenden Schleier.«

«Und wi?t Ihr, wer diese drei sind?«

«Nein. Wie konnte ich wissen — heighho, es werden doch nicht etwa —?«

«Allerdings, «nickte Old Firehand ernst.»Sie sind es; der Farmer und sein Bruder nebst dessen Tochter. Der Bote, den wir ihnen entgegenschickten, um sie zu warnen, hat sie nicht getroffen.«

Der Lord schob sein Rohr zusammen und rief:»So mussen wir schnell zu Pferde und hinaus, sonst fallen sie den Tramps in die Hande!«

Er wollte fort. Der Jager hielt ihn beim Arme fest und sagte:»Bleibt, Sir, und macht keinen Larm! Die Lady braucht jetzt nichts zu erfahren. Wir konnen weder warnen noch helfen, denn es ist bereits zu spat. Seht, seht!«

Der Lord setzte sein Rohr wieder an und sah, da? die Tramps sich in Bewegung setzten und den dreien im Galopp entgegenritten.

«All devils!«rief er aus.»Sie werden sie umbringen!«

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