«Fallt ihnen gar nicht ein! Diese Kerls kennen ihren Vorteil und werden ihn gehorig auszunutzen suchen. Welchen Gewinn konnten sie von dem Tode dieser drei Personen haben? Gar keinen. Sie wurden dadurch ganz im Gegenteile nur erreichen, da? unser Verhalten sich verscharfte. Lassen sie dieselben aber leben, um sie als Geiseln zu benutzen, so konnen sie uns Zugestandnisse erpressen, zu denen wir uns sonst nicht verstehen wurden. Pa?t auf. Jetzt ist's geschehen. Die drei sind umringt. Wir konnten das nicht andern. Erstens war die Zeit zu kurz, und zweitens sind wir im freien Felde gegen die Tramps selbst jetzt noch viel zu schwach.«

«Well, das ist richtig, Sir, «meinte der Lord.»Aber wehe den Halunken, wenn sie die Gefangenen nicht anstandig behandeln! Und — wollen wir uns wirklich irgend welche Zugestandnisse erpressen lassen? Eigentlich mu?te man sich schamen, mit solchen Menschen nur in Verhandlung zu treten!«

Old Firehand zuckte auf sehr eigentumliche Weise die Achsel, und ein selbstbewu?tes, fast verachtliches Lacheln spielte um seine Lippen, als er antwortete:»La?t mich nur machen, Sir! Ich habe noch nie etwas gethan, dessen ich mich schamen mu?te. Und von Tramps, selbst wenn es tausend waren, la?t Old Firehand sich keine Befehle erteilen. Wenn ich Euch sage, da? die drei Personen, welche jetzt da drau?en gefangen genommen worden sind, in keinerlei Gefahr schweben, so konnt Ihr meinen Worten glauben. Dennoch aber ersuche ich Euch, Ms. Butler nicht wissen zu lassen, was geschehen ist. Ich selbst hatte es im Augenblicke der Uberraschung fast verraten, und doch kann es nichts nutzen, sondern nur schaden, wenn sie es erfahrt.«

«Soll es auch sonst niemand wissen?«

«Denjenigen, welche uns naher stehen, wollen wir es mitteilen, damit wenigstens sie wissen, woran wir sind. Wollt Ihr das ubernehmen, so geht jetzt hinab zu ihnen, doch sollen sie es nicht weiter plaudern. Ich werde hier die Vagabunden weiter beobachten, und dann nach ihrem Verhalten meine Ma?regeln treffen.«

Der Lord begab sich wieder in den Hof hinab, um das Geschehene den Betreffenden bekannt zu machen. Old Firehand richtete seine Aufmerksamkeit auf die Tramps, welche ihre drei Gefangenen in die Mitte genommen hatten und nach der mehrfach erwahnten Baumgruppe ritten, um dort anzuhalten. Sie stiegen daselbst von den Pferden und lagerten sich. Der Jager sah, da? es eine sehr bewegte Unterhaltung oder Beratung zwischen ihnen gab. Er glaubte zu wissen, welches Resultat dieselbe haben werde, und dachte daruber nach, wie er sich zu demselben verhalten solle. In diesem Sinnen wurde er durch Droll gestort, welcher hastig heraufkam und in deutscher Sprache fragte:»Is es werklich wahr, was der Lord uns sage soll? Die zwee Herrn Butlers sind gefange genomme worde und das Fraulein noch derzu?«

«Allerdings, «nickte Old Firehand.

«Sollte mersch denke, da? so was moglich is. Nu werde de Tramps denke, da? se off'n gro?e Pferd sitze; se werde komme und gro?e Forderunge mache. Und wir? Was werde wir daroff antworte?«

«Nun, was raten Sie?«fragte Old Firehand, indem er einen lustig forschenden Blick auf den Kleinen warf.

«Das konne Se noch frage!«antwortete dieser.»Nischt, gar nischt wird zugeschtande. Oder wolle Se etwa gar een Losegeld gebe?«

«Sind wir nicht dazu gezwungen?«

«Nee und nee, und abermals nee! Diese Halunke konne gar nischt mache. Was wolle se thue? Etwa die Gefangene erschlage? Das wird ihne nich einfalle, denn dann hatte se unsre Rache zu furchte. Zwar werde se uns dermit drohe, wir aber gloobe es nich und lache se eenfach aus.«

«Aber wir haben, selbst wenn Ihre Vermutung richtig ist, Rucksicht auf die Gefangenen zu nehmen, deren Lage jedenfalls eine hochst unangenehme ist. Wenn man sie auch an Leib und Leben schont, so wird man ihnen doch sonst alles mogliche anthun und ihnen in der Weise mit Drohungen zusetzen, da? sie sich ganz unglucklich fuhlen.«

«Das kann ihne gar nischt schade; das musse se sich gefalle lasse. Warum sind se so unvorsichtig in den Ganseschtall gekroche! Es wird ihne in Zukunft zur Warnung diene, und ubrigens wird das Elend gar nich lange dauern. Wir sind ja da, und es mu?te mit dem Kuckuck zugehe, wenn wir nich Mittel und Wege fande, sie aus der Patsche herauszuhole.«

«Wie wollen wir das anfangen? Haben Sie einen Plan?«

«Nee, noch nich; is ooch gar nich notig. Zunachst musse mer abwarte, was weiter geschieht; dann erscht konne mer handle. Es is mer ganz und gar nich angst, wenigstens nich um mich denn ich kenne mich. Is der richtige Oogenblick da, so wird mer sicher ooch der richtige Verschtand komme. Warte mer nur de Nacht ruhig ab, und passe mer off, wo se Lager mache. Da werde ich mich so successive hineinschlangle, um de Gefangene herauszuhole.«

«Ich traue Ihnen dieses Wagnis ganz gerne zu, aber es ist hochst gefahrlich!«

«Papperlapapp! Sie und ich habe schon ganz andre Dinge unternomme. Mer sind alle beede nich off de Kopp gefalle. Een altes Altenburger Sprichwort sagt: ›Mache konne mersch, denn habe thune mersch.‹ So is es ooch hier. Wersch im Koppe hat, namlich de angeborene Intelligenzigkeet, bei dem kann's in der Ausfuhrung gar nich fehle. Mer werde uns doch nich vor solche Heiducke furchte, wie diese Tramps sind, die noch gar nich dahin geroche habe, wo Barthel den Most gefunde hat. Ich denke, da? — halt!«unterbrach er sich.»Passe Se off! Jetzt komme se. Zwee Kerls, grad offs Haus zu. Se schwenke de Tucher in de Fingersch, damit mer sehe solle, da? se als Parlamentarsch reschpektiert werde musse. Werde Se mit ihne rede?«

«Naturlich! Um der Gefangenen willen mu? ich wissen, was man von uns fordert. Kommen Sie!«

Die beiden begaben sich in den Hof, wo die Besatzung an den Schie?scharten stand, um die zwei Unterhandler zu beobachten. Diese blieben au?erhalb Schu?weite stehen und winkten mit den Tuchern. Old Firehand offnete das Thor, trat hinaus und gab ihnen ein Zeichen, herbei zu kommen, welcher Aufforderung sie folgten. Als sie ihn erreicht hatten, gru?ten sie hoflich, gaben sich aber Muhe, moglichst zuversichtliche Gesichter zu zeigen.

«Sir, wir kommen als Abgesandte, «sagte der eine,»um unsre Forderungen zu stellen.«

«So!«antwortete der Jager in ironischem Tone.»Seit wann wagen es die Prairiehasen, zum Grislybaren zu gehen, um ihm Befehle zu erteilen?«Der Vergleich, dessen er sich bediente, war gar nicht so ubel. Er stand vor ihnen so hoch, so breit und machtig und aus seinen Augen scho? ein Blick auf sie, da? sie unwillkurlich einen Schritt zuruckwichen.

«Wir sind keine Hasen, Sir!«erklarte der Sprecher.

«Nicht? Nun, dann wohl feige Prairiewolfe, welche sich mit Aas begnugen? Ihr gebt euch fur Parlamentare aus. Rauber seid ihr, Diebe und Morder, welche sich au?erhalb des Gesetzes gestellt haben, und auf die jeder ehrliche Mann also nach Belieben schie?en kann!«

«Sir, «fuhr der Tramp auf,»ich mu? mir solche Beleidigungen — «

«Schweig, Halunke!«donnerte Old Firehand ihn an.»Spitzbuben seid ihr, weiter nichts! Es ist eigentlich eine Schande fur mich, da? ich mit euch rede. Ich habe euch die Annaherung auch nur aus dem Grunde gestattet, um einmal zu sehen, wie weit solches Gelichter die Frechheit zu treiben vermag. Ihr habt zu horen, was ich sage, und nicht daruber zu mucksen. Sagt noch ein einziges Wort, welches mir nicht gefallt, und ich schlage euch sofort zu Boden. Wi?t ihr, wer ich bin?«

«Nein, «antwortete der Mann, eingeschuchtert und kleinlaut.

«Man nennt mich Old Firehand. Sagt das denen, die euch gesandt haben; sie werden vielleicht wissen, da? ich nicht der Mann bin, mit welchem sich Narretei treiben la?t; sie haben es ja heute schon fuhlen und erfahren mussen. Und nun kurz, welchen Auftrag habt ihr auszurichten?«

«Wir sollen melden, da? der Farmer mit seinem Bruder und seiner Nichte in unsre Hande gefallen ist.«

«Wei? es schon!«

«Diese drei Personen mussen sterben — «

«Pshaw!«unterbrach ihn der Jager.

«— wenn Ihr nicht auf unsre Bedingungen eingeht, «fuhr der Parlamentar fort.

«Old Firehand la?t sich niemals Bedingungen machen, am allerwenigsten von Leuten eures Schlages. Uberdies seid ihr die Besiegten, und hatte jemand Bedingungen zu stellen, so wurde nur ich der Betreffende sein.«

«Aber, Sir, wenn Ihr mich nicht anhort, so werden die Gefangenen vor Euren Augen dort an den Baumen aufgeknupft!«

«Thut das immerhin! Es gibt hier auf der Farm auch fur euch Stricke genug.«

Das hatte der Tramp nicht erwartet. Er wu?te wohl, da? man es nicht wagen werde, seine Drohung auszufuhren. Er blickte verlegen vor sich nieder und meinte dann:»Bedenkt, drei Menschenleben!«

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