«Andeutungen, weiter nichts.«

«Aber aus Andeutungen kann man doch Schlusse ziehen.«

«Gewi?! So schlie?e ich zum Beispiel aus seinen Worten, da? der Cornel nicht die Absicht hat, unsre ganze Schar beisammen zu behalten. Eine so gro?e Zahl ist ihm fur seine weiteren Plane nur hinderlich. Und ich gebe ihm da ganz recht. Je mehr Personen wir sind, desto kleiner ist der Gewinn, der auf den einzelnen fallt. Ich denke, da? er sich die Besten auswahlt und mit ihnen ganz plotzlich verschwinden wird.«

«Alle Teufel! Sollten die andern etwa dann betrogen werden?«

«Wieso betrogen?«

«Nun, wenn zum Beispiel der Cornel morgen mit denen, welche er bei sich behalten wird, verschwindet?«

«Das konnte gar nichts schaden. Ich wurde mich nur daruber freuen.«

«So! Und ich mu?te mir das verbitten!«

«Du? Dummkopf! Ich habe dich fur viel kluger gehalten.«

«Inwiefern?«

«Es versteht sich ganz von selbst, da? du nicht bei denen sein wurdest, welche betrogen werden und das Nachsehen haben.«

«Kannst du mir das beweisen? Wenn nicht, so halte ich die Augen offen und schlage Alarm.«

«Der Beweis ist nicht schwer zu fuhren. Hat er dich nicht mit mir hierher geschickt?«

«Nun?«

«Nur brauchbare und zuverlassige Leute erhalten so einen Auftrag. Indem er uns mit der Beaufsichtigung dieses Ortes betraut, hat er uns das allerbeste Vertrauenszeugnis erteilt. Was folgt daraus? Wenn er wirklich die Absicht hegt, einen Haufen der Unsrigen von sich abzuschutteln, so werden wir nicht zu diesen gehoren, sondern auf alle Falle zu denen, welche er mit sich nimmt.«

«Hm! das la?t sich horen; dieses Argument ist gut und beruhigt mich vollstandig. Aber wenn du meinst, da? ich mit unter den Auserwahlten sein werde, warum haltst du da hinter dem Berge und sagst mir nicht, was Woodward dir uber seine Plane mitgeteilt hat!«

«Weil ich selbst noch nicht im klaren bin. Es handelt sich um einen Zug hinauf in die Berge.«

«Wozu in die Berge?«

«Hm! Ich wei? nicht, ob es geraten ist, davon zu sprechen; aber ich will es dir dennoch mitteilen. Da oben hat vor uralten Zeiten ein Volk gewohnt, dessen Name mir entfallen ist. Dieses Volk ist entweder nach Suden gezogen oder ausgerottet worden und hat vorher ungeheure Schatze in den See versenkt.«

«Unsinn! Wer Schatze besitzt, der nimmt sie mit wenn er fortzieht!«

«Ich sage dir ja da? es moglicherweise auch ausgerottet worden ist!«

«Worin sollten diese Schatze bestehen? In Geld?«

«Das wei? ich nicht. Ich bin kein Gelehrter und kann also nicht sagen ob fruhere Volker Munzen gepragt oder Banknoten gedruckt haben. Die letzteren hatten aber jetzt allen Wert verloren. Woodward sagte, das Volk sei heidnisch gewesen und habe ungeheure Tempel besessen mit massiv goldenen und silbernen Gotzenbildern und unzahligen ebensolchen Gefa?en. Diese Reichtumer liegen im Silbersee, welcher davon seinen Namen hat.«

«So sollen wir diesen See wohl austrinken, um diese Sachen auf dem Boden liegen zu sehen?«

«Sprich nicht unverstandig! Der Cornel wird wohl wissen, woran er ist und was er zu thun hat. Er soll eine Zeichnung besitzen, mit deren Hilfe man die betreffende Stelle genau und sicher zu bestimmen im stande sein wird.«

«So! Und wo liegt denn dieser Silbersee?«

«Das wei? ich nicht. Jedenfalls wird er erst dann davon reden, wenn er bestimmt hat, wen er mitnehmen will. Es versteht sich ganz von selbst, da? er sein Geheimnis und seine Absichten nicht vorher ausplaudern kann.«

«Naturlich! Aber gefahrlich ist diese Sache auf alle Falle.«

«Warum?«

«Der Indianer wegen.«

«Pshaw! Es wohnen dort nur zwei Rote, der Enkel und der Urenkel desjenigen Indianers, von welchem die Zeichnung stammt. Und diese sind doch mit zwei Schussen weggeputzt.«

«Wenn's so ist, so will ich's loben. Ich war noch nie droben in den Mountains und mu? mich also auf die verlassen, welche die Sache verstehen. Zunachst meine ich, da? wir unser ganzes Augenmerk auf unser heutiges Unternehmen zu richten haben. Meinst du, da? es gelingen wird?«

«Jedenfalls. Schau nur, wie ruhig alles im Orte ist! Kein Mensch hat dort unten eine Ahnung von unsrer Anwesenheit und unsrem Vorhaben. Und zwei unsrer besten und listigsten Leute sind schon hier, um uns vorzuarbeiten. Wer konnte da an ein Mi?lingen denken!«

«Well! Wenn diese Arbeiter nur klug genug sind, sich nicht in die Angelegenheit zu mischen; sie wurden uns sonst zwingen, zu den Gewehren zu greifen.«

«Das wird und kann ihnen gar nicht in den Sinn kommen, denn sie wissen eben nichts davon. Der Zug kommt hier an, halt funf Minuten lang und fahrt dann weiter. Eine Wegsstunde von hier brennt unser Feuer. Dort halten unsre zwei Genossen, welche sich auf der Lokomotive befinden, dem Maschinisten die Revolver vor und zwingen ihn, den Zug zu stoppen. Wir umringen diesen; der Cornel steigt auf und nimmt — «

«Oho!«unterbrach ihn der andre.»Wer steigt auf? Etwa der Cornel allein? Oder nur mit wenigen, mit denen er dann ganz gemutlich davondampft? Spater la?t er halten, steigt aus, nimmt die halbe Million und verschwindet? Und die andern sitzen hier und haben nichts und sehen nichts als ihre eigenen verblufften Gesichter? Nein, so wird nicht gewettet!«

«Was du denkst!«erklang es argerlich.»Ich habe dir ja gesagt: Wenn der Cornel wirklich eine solche Absicht hegte, so befanden wir beide uns unter denen, welche den Zug besteigen durfen.«

«Wenn du das fur so gewi? annimmst, so glaube ich es und will es abwarten; aber ich habe auch gehort, was andre sagen. Man traut dem Cornel nicht, und ich bin uberzeugt, da?, wenn der Zug halt, ein jeder sich in die Wagen drangen wird.«

«Meinetwegen! Ich habe nicht die Absicht, einen Kameraden zu ubervorteilen, und werde den Cornel warnen, dies zu versuchen. Wenn der Silbersee uns so ungeheure Schatze bietet, so haben wir nicht notig, gegen unsre hiesigen Genossen unehrlich zu sein. Wir teilen; ein jeder erhalt sein Geld, und dann mag der Cornel sich diejenigen aussuchen, welche er mit in das Gebirge nehmen will. Basta! Sprechen wir nicht weiter davon! Jetzt mochte ich nur wissen, was die Lokomotive soll, welche da unten steht. Das Feuer brennt unter dem Kessel; also steht sie zur Fahrt bereit. Wohin?«

«Vielleicht ist es die Probiermaschine, welche der Sicherheit wegen dem Geldzuge vorangehen soll?«

«Nein. Da wartete sie nicht schon jetzt. Der Zug kommt ja erst nachts drei Uhr. Diese Maschine kommt mir nicht geheuer vor, und ich bin begierig, zu erfahren, welche Absicht man mit ihr verfolgt.«

Der Mann sprach da einen Verdacht aus, welcher sehr zu berucksichtigen war. Old Firehand sah ein, da? die Maschine nicht stehen bleiben durfte. Es war eine gewohnliche kleine Bauzuglokomotive, an welche Wagen, in denen Erde transportiert zu werden pflegte, angehangt waren. In diesen Wagen sollten die Arbeiter transportiert werden. Damit durfte man nun nicht bis gegen Mitternacht warten sondern es mu?te, um den Verdacht des Kundschafters zu zerstreuen, gleich geschehen. Old Firehand kroch also zuruck und schlich sich nach dem Hause des Ingenieurs, welchem er sagte, was er gehort hatte.

«Well!«meinte dieser.»So mussen wir die Leute gleich fortschaffen. Aber die Spaher werden sie einsteigen sehen!«

«Nein. Geben wir den Arbeitern den Befehl, sich ungesehen fortzuschleichen; sie mogen ungefahr eine Viertelstunde weit gehen und dann an der Strecke warten, bis der leere Zug kommt; dieser wird sie aufnehmen, und da der Schall nicht so weit tragt und die Bahn eine Krummung macht, werden die Spione weder sehen noch horen, da? der Zug dort halt.«

«Und wie viele Leute behalte ich hier zuruck?«

«Zwanzig genugen vollstandig zum Schutze Eures Hauses und zur Sicherung der beiden Gefangenen. Eure Ma?regeln konnen binnen einer halben Stunde getroffen sein; dann geht der Bauzug ab. Ich schleiche mich wieder zu den Spahern, um zu horen, was sie sagen.«

Bald lag er wieder hinter den beiden Mannern, welche sich jetzt schweigend verhielten. Er konnte ebensogut wie sie das vor ihm liegende Terrain uberblicken und gab sich alle mogliche Muhe, eine Bewegung der Bewohner

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