zu Zeit erneuerte. Er war zum Tode matt und fuhlte einen wutenden Hunger, den er mit Wurzeln zu stillen suchte, die er nicht kannte, aber doch a?. So schleppte er sich weiter, bis er gegen Abend ein einsames Kamp erreichte, dessen Bewohner ihn gastlich aufnahmen. Er war so schwach, da? er ihnen nicht erzahlen konnte, was er erlebt hatte; er brach bewu?tlos zusammen. Als er erwachte, lag er in einem alten Bette und wu?te nicht, wie er hineingekommen sei. Dann erfuhr er, da? er fast zwei Wochen lang im Fieber gelegen und nur von Mord, Blut, Flucht und Wasser phantasiert habe. Nun erst erzahlte er sein Abenteuer und erfuhr, da? der Cow-boy einen rothaarigen Mann getroffen habe, welcher sich erkundigt hatte, ob vielleicht ein Fremder auf dem Kamp eingekehrt sei. Der Boy hatte diesen Mann einmal in Colorado Springs gesehen und wu?te, da? er Brinkley hei?e; er hielt ihn nicht fur einen vertrauenswurdigen Menschen und verneinte die Frage. So erfuhr Engel den Namen des Morders; denn er nahm an, da? derselbe sich ihm gegenuber eines falschen bedient habe. Die Wunde kam ins Heilen, und dann wurde er bei einer Gelegenheit mit nach Las Animas genommen.«

«Also nicht nach Puebla, «meinte der Schichtmeister,»sonst hatte ich, als ich spater dorthin kam, seine Spur vielleicht gefunden. Was that er dann?«

«Er schlo? sich als Fuhrmann einem Handelszug an, welcher nach alter Weise auf dem Arkansaswege nach Kansas City ging. Als er dort seinen Lohn empfing, hatte er die Mittel, seinen Bruder aufzusuchen. In Russelville angekommen, horte er, da? dieser fortgegangen sei, doch erhielt er von dem Nachbar einen fur ihn zuruckgelassenen Brief, in welchem stand, da? er ihn in Benton, Arkansas, finden werde.«

«Ah, dort! Und gerade Benton ist einer der wenigen Orte, wohin ich nicht gekommen bin!«sagte Watson.»Wie aber stand es mit der Zeichnung, welche er bei sich trug?«

«Die hatte im Wasser des Orforkes gelitten, und Engel mu?te sie kopieren. Naturlich erzahlte er seinem Bruder alles, und dieser war gern bereit, den Ritt mit ihm zu unternehmen. Leider aber stellte es sich bald heraus, da? jenes Erlebnis nicht so folgenlos sei, wie man angenommen hatte. Engel begann zu husten und zehrte rasch ab. Der Arzt erklarte, da? er an der galoppierenden Schwindsucht leide, und acht Wochen nach seinem Eintreffen beim Bruder war er eine Leiche. Das lange Stehen im kalten Fruhjahrswasser hatte ihn zum Todeskandidaten gemacht.«

«Also hat dieser Cornel doch sein Leben auf dem Gewissen.«

«Wenn er weiter nichts zu tragen hatte! Hier unter uns gibt es mehrere, welche mit diesem vielfachen Morder abzurechnen haben. Aber hort, was weiter geschehen ist! Engel, der Bruder namlich, war ein wohlhabender Mann, der sein Feld baute und nebenbei einen eintraglichen Handel trieb. Er hatte zwei Kinder, einen Knaben und ein Madchen. Die Familie bestand aus den Eltern, diesen beiden Kindern und einem Burschen fur alles, welcher, wenn es not that, auch die Arbeit einer Magd verrichtete. Eines Tages nun ist ein Fremder zu Engel gekommen und hat demselben einen so lukrativen Handelsantrag gemacht, da? dieser ganz entzuckt davon gewesen ist. Der Fremde hat sich fur einen Kanalbootunternehmer ausgegeben und gesagt, da? er als Goldsucher sein Gluck gemacht habe. Bei dieser Gelegenheit ist zur Sprache gekommen, da? er damals einen Jager kennen gelernt habe, Namens Engel, der auch ein Deutscher gewesen sei. Damit war naturlich der Bruder gemeint, und es ist soviel zu erzahlen gewesen, da? der Nachmittag und der Abend vergangen sind, ohne da? der Fremde an den Aufbruch gedacht hat. Naturlich wurde er gebeten, uber Nacht zu bleiben, was er nach einigem Zureden auch annahm. Engel hat schlie?lich den Tod seines Bruders und die Ursache desselben erzahlt und die Zeichnung aus dem kleinen Wandschrankchen geholt. Spater ging man zur Ruhe. Die Familie schlief eine Treppe hoch in einer nach hinten gelegenen Stube und der Bursche ebendaselbst, aber auf der andern Seite, in einer kleinen Kammer. Dem Gaste hatte man das gute Zimmer, welches nach vorn lag, angewiesen. Unten war alles verschlossen worden, und Engel hatte, wie es stets zu geschehen pflegte, die Schlussel mit hinaufgenommen. Nun war kurz vorher der Geburtstag des Knaben Fred gewesen, an welchem er ein zweijahriges Fohlen als Geschenk erhalten hatte. Noch mochte er nicht lange geschlafen haben, als er wieder erwachte. Es fiel ihm ein, da? er heute abend infolge der vielen und interessanten Abenteuer, welche erzahlt worden waren, vergessen hatte, das Pferd zu futtern. Er stand also wieder auf und verlie? ganz leise, um niemand zu wecken, das Schlafzimmer. Unten schob er den Riegel von der Hinterthur und ging uber den Hof in den Stall. Licht mitzunehmen, hatte er nicht fur notig gehalten, auch war die Kuche, in welcher sich die Laterne befand, verschlossen. Er mu?te also im Finstern futtern, weshalb er langer als gewohnlich zubrachte. Noch war er nicht fertig, als er glaubte, einen Schrei gehort zu haben. Er trat aus dem Stalle in den Hof und sah Licht in der Schlafstube. Dieses verschwand und erschien gleich darauf in der Kammer des Knechtes. Dort erhob sich ein gro?er Larm. Der Knecht schrie, und Mobel krachten. Fred rannte zur Mauer und kletterte am Weinspalier bis zum Fenster empor. Als er durch dasselbe blickte, sah er, da? der Bursche am Boden lag; der Fremde kniete auf ihm, hielt ihm mit der Linken die Gurgel zu und mit der Rechten einen Revolver an den Kopf. Zwei Schusse knallten. Fred hatte schreien wollen, aber keinen Ton hervorgebracht. Er lie? vor Schreck das Spalier aus den Handen und sturzte, eben als die Schusse krachten, auf die Steine des gepflasterten Hofes hinab. Er war mit dem Kopfe aufgeschlagen und hatte die Besinnung verloren. Als er wieder zu sich kam, fragte er sich, was zu thun sei. Der Morder befand sich wohl noch im Hause; darum durfte er sich nicht hineinwagen. Aber Hilfe mu?te geschafft werden. Er sprang also uber die Fenz, wobei er aus Leibeskraften schrie, um den Mann zu verjagen und von den Eltern abzuhalten, und rannte der Wohnung des nachsten Nachbars zu. Diese lag ebenso wie Engels Haus eine Strecke vom Orte entfernt. Die Leute horten die Hilferufe, waren schnell munter und kamen aus dem Hause. Als sie horten, was geschehen sei, bewaffneten sie sich und folgten dem zuruckkehrenden Knaben. Noch hatten sie das Haus nicht erreicht, so sahen sie, da? es im Stockwerke desselben brannte. Der Fremde hatte Feuer angelegt und war dann entwichen. Die Flammen hatten so rasch um sich gegriffen, da? man schon nicht mehr nach oben konnte; was in den untern Raumen stand und lag, wurde meist geborgen. Das Wandschrankchen stand offen und war leer. Die Leichen, zu denen man unmoglich gelangen konnte, mu?ten verbrennen.«

«Gra?lich — schrecklich!«rief es rundum, als der Erzahler jetzt eine Pause machte. Fred Engel sa? am Feuer, hielt das Gesicht in die Hande und weinte leise.

«Ja, gra?lich!«nickte Droll.»Der Fall erregte Aufsehen. Es wurde geforscht nach allen Richtungen, doch vergeblich. Die beiden Bruder Engel hatten in St. Louis eine Schwester, die Frau eines reichen Flu?reeders. Sie bot zehntausend Dollar Pramie auf das Ergreifen des Raub- und Brandmorders; auch das fruchtete nichts. Da kam sie auf den Gedanken, sich an das Privatdetektivbureau von Harris und Blother zu wenden, und das hat Erfolg gehabt.«

«Erfolg?«fragte Watson.»Der Morder ist ja noch frei! Ich nehme naturlich an, da? es der Cornel ist.«

«Ja, er ist noch frei, «antwortete Droll,»aber schon so gut wie abgethan. Ich begab mich nach Benton, um dort die Augen einmal besser aufzumachen, als andre es gethan hatten, und — «

«Ihr? Warum Ihr?«

«Um mir die Funftausend zu verdienen.«

«Es waren doch Zehntausend!«

«Das Honorar wird geteilt, «bemerkte Droll.»Die eine Halfte bekommt Harris und Blother, die andre der Detektiv.«

«Ja, seid denn Ihr, Sir, ein Polizist?«

«Hm! Ich denke, da? ich es hier mit lauter ehrlichen Leuten zu thun habe, unter denen es keinen gibt, dem man auch einmal auf die Fersen gesetzt wird, und so will ich sagen, was ich bisher verschwiegen habe: Ich bin Privatpolizeiagent und zwar fur gewisse Distrikte des fernen Westens. Ich habe schon manchen Mann, der sich ganz sicher fuhlte, an Master Hanf geliefert und denke, dies auch weiter fortzuuben. So, nun wi?t Ihr es, und nun kennt Ihr auch den Grund, warum ich nicht von mir zu sprechen pflege. Der alte Droll, uber den schon viele Hunderte gelacht haben, ist, wenn man ihn kennt, kein so sehr lacherlicher Kerl. Doch das gehort nicht hieher; ich habe von dem Morde zu sprechen.«

Hatte man vorhin uber den sonderbaren Namen der Tante gelacht, so sah man jetzt Droll mit ganz andern Augen an. Sein Gestandnis, da? er Detektiv sei, warf einen erklarenden Schein auf seine ganze Personlichkeit, auf alle seine angenommenen Eigenheiten. Er versteckte sich hinter sein drolliges Wesen, um seine Hande desto sicherer nach dem, den er fassen wollte, ausstrecken zu konnen.

«Also, «fuhr er fort,»ich machte mich vor allen Dingen an Fred und fragte ihn aus. Ich erfuhr, was erzahlt und gesprochen worden war. Das Wandschrankchen war von dem Morder geoffnet worden. Er hatte es nicht aufbrechen durfen, weil durch das dabei verursachte Gerausch die Bewohner des Hauses aufgeweckt worden waren; er hatte dieselben ermordet, um zu der Zeichnung zu kommen. Er wollte dieselbe naturlich benutzen, folglich hegte er die Absicht, nach dem Silbersee zu gehen. Ich mu?te ihm nach und nahm Fred mit, der ihn gesehen hatte, und also erkennen wurde. Schon auf dem Steamer, als ich die Tramps erblickte, war ich meiner

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