Sache ziemlich sicher; die Gewi?heit ist von Tag zu Tag gewachsen, und hoffentlich fallt mir der Thater heute in die Hand.«

«Dir?«fragte der alte Blenter.»Oho! Was willst du mit ihm thun?«

«Das, was ich im Augenblick fur das beste halte.«

«Ihn etwa nach Benton schaffen?«

«Vielleicht.«

«Das la? dir nicht traumen! Es gibt Leute, welche weit mehr Recht als Du auf ihn haben. Denke an die Rechnung, welche nur allein ich mit ihm quitt zu machen habe!«

«Und ich!«rief der Schichtmeister.

«Und wir andern Rafters auch!«ertonte es von mehreren Seiten.

«Erregt euch nicht, denn wir haben ihn noch nicht!«antwortete Droll.

«Wir haben ihn!«behauptete Blenter.

«Er ist jedenfalls der Allererste, welcher den Zug besteigt.«

«Mag sein; aber ich esse keine Buffellende, wenn ich nicht vorher den Buffel geschossen habe. Ubrigens ist es mir ganz egal, wer ihn bekommt. Es ist gar nicht notwendig, da? ich ihn geschleppt bringe. Bringe ich den Nachweis seines Todes und da? ich zu demselben beigetragen habe, so ist mir die Pramie so sicher wie mein Sleeping-gowe. Fur jetzt habe ich genug gesprochen und werde ein wenig schlafen. Weckt mich, wenn die Zeit gekommen ist!«

Er stand auf um sich ein abgelegenes, dunkles Platzchen zu suchen. Die andern aber dachten nicht an Schlaf. Das Gehorte beschaftigte sie noch lange Zeit, und dann gab der zu erwartende Zusammensto? mit den Tramps ein Thema, welches gar nicht ausfuhrlich genug besprochen werden konnte. Winnetou nahm nicht teil an dieser Unterhaltung. Er hatte sich an den Felsen gelehnt und schlo? die Augen; aber er schlief keineswegs, denn zuweilen hoben sich die Lider, und dann scho? ein scharfer, forschender Blick wie ein Blitz unter denselben hervor. –

Es war um Mitternacht, als die zwanzig Arbeiter zu dem Ingenieur kamen, um das Haus desselben zu umstellen. Old Firehand begab sich zu Hartley. Dieser lag schlafend im Bette, aber neben demselben sa? Charoys Neger mit dem Revolver in der Hand. Er hatte an Stelle des Verwundeten, welcher des Schlafes bedurfte, die Bewachung der beiden Tramps ubernommen, und Old Firehand sah, da? er in dieser Beziehung keine Sorge zu haben brauchte. Er kehrte also befriedigt zu dem Ingenieur zuruck und sagte diesem, da? er nun aufbrechen werde, um dem Zuge entgegen zu gehen.

«So ist also die gefahrliche Stunde gekommen, «meinte Charoy.»Habt Ihr denn gar keine Angst, Sir?«

«Angst?«fragte der Jager erstaunt.»Hatte ich diese Angelegenheit freiwillig ubernommen, wenn ich Angst hatte?«

«Oder wenigstens Sorge?«

«Ich habe nur die eine Sorge, da? mir der Cornel entgeht.«

«Aber es ist moglich, sogar wahrscheinlich, da? man auf Euch schie?en wird!«

«Noch wahrscheinlicher ist es, da? man mich nicht treffen wird. Bekummert Euch nicht um mich, und haltet vielmehr wahrend meiner Abwesenheit hier gute Ordnung. Es ist immerhin moglich, da? der Cornel einige Leute hieher schickt, welche aufpassen sollen, ob alles regelrecht verlauft. In diesem Falle wurde er mit ihnen ein gewisses Warnungszeichen verabreden. Verhaltet Euch also ganz so, wie gewohnlich.«

Nun rief er die zwei Arbeiter herbei, welche sich an der Stelle der beiden Tramps auf die Lokomotive stellen sollten, und begab sich mit ihnen so, da? etwaige Spaher es nicht bemerken konnten, auf die Strecke. Diese Arbeiter waren auf Fursorge des Ingenieurs hin auch ziemlich wie die Tramps gekleidet.

Es war vollstandig dunkel; aber die Arbeiter kannten die Strecke und nahmen den Jager in ihre Mitte. Wahrend sie so in der Richtung nach Carlyle fortschritten, scharfte er ihnen nochmals ein, wie sie sich in jedem einzelnen moglichen Falle zu verhalten hatten. Sie erreichten den Ort, welcher telegraphisch bestimmt worden war, und setzten sich da im Grase nieder, um die Ankunft des Zuges zu erwarten. Es war noch nicht ganz drei Uhr, als er kam und bei ihnen halten blieb. Er bestand aus der Maschine und sechs gro?en Personenwagen. Old Firehand stieg ein und durchwanderte dieselben. Sie waren leer. In dem vordersten stand ein mit Steinen gefullter, verschlossener Koffer. Ein Kondukteur war nicht vorhanden; es gab nur zwei Personen, den Maschinisten und den Heizer. Als Old Firehand die Wagen verlassen hatte, trat er zu diesen beiden und gab ihnen ihre Instruktion. Er hatte noch nicht ausgesprochen, so sagte der Heizer:»Sir, wartet einen Augenblick! Ich glaube nicht, da? es notwendig ist, Eure Befehle vollends auszusprechen. Ich habe keine Lust, dieselben zu befolgen.«

«So? Warum?«

«Ich bin Heizer und habe den Kessel zu feuern; dafur werde ich bezahlt; aber mich erschie?en zu lassen, dazu bin ich nicht angestellt.«

«Wer spricht denn von Erschie?en?«

«Ihr freilich nicht, desto mehr aber ich.«

«Kein Mensch wird schie?en.«

«Gut, dann stechen oder schlagen sie, und das ist ganz dasselbe. Es bleibt sich gleich, ob ich erschossen, erstochen, erschlagen oder erwurgt werde. Ich will auf keinem einzigen dieser Wege meinen Posten verlassen.«

«Aber haben Eure Vorgesetzten Euch denn nicht befohlen, zu thun, was wir Euch hier vorschreiben?«

«Nein; Das konnen sie nicht. Ich bin Familienvater und thue meine Pflicht. Mich mit Tramps herumzuschlagen, das gehort aber keineswegs in den Kreis meiner Verpflichtungen. Man hat mir gesagt, da? ich mit hieherfahren und dann horen solle, was von mir verlangt wird. Ob ich es auch thue, das soll ganz von meinem Ermessen abhangen, und ich thue es eben nicht.«

«Das ist Euer fester Entschlu??«

«Ja.«

«Und Ihr, Sir?«fragte Old Firehand den Maschinisten, welcher bisher ruhig zugehort hatte.

«Ich verlasse meine Maschine nicht, «antwortete der brave, furchtlose Mann.

«Aber ich halte es fur meine Pflicht, Euch zu sagen, da? Euch doch durch irgend einen unvorhergesehenen Umstand ein Schaden oder gar ein Ungluck zugefugt werden kann.«

«Euch nicht auch, Sir?«

«Allerdings.«

«Nun also! Was Ihr, der Fremde, wagt, das werde ich, der ich Beamter bin, wohl auch wagen durfen.«

«Recht so! Ihr seid ein wackerer Mann. Der Feuermann mag ruhig nach Sheridan gehen und dort unsre Ruckkehr erwarten; ich werde seine Stelle vertreten.«

«Well, ich gehe und wunsche gute Verrichtung!«brummte der Genannte, indem er sich entfernte.

Old Firehand stieg mit den beiden Arbeitern auf und vervollstandigte die Unterweisung des Maschinisten; dann schwarzte er sich das Gesicht mit Ru?. Er sah nun in seinem Leinenanzuge ganz wie ein Feuermann aus. Der Zug setzte sich in Bewegung.

Die Wagen waren nach amerikanischer Konstruktion gebaut. Man mu?te hinten beim letzten einsteigen. um in die vorderen zu gelangen; sie waren naturlich erleuchtet. Die Lokomotive war eine sogenannte Tendermaschine und mit hohen, festen Schutz- und Wetterwanden aus starkem Eisenblech umgeben. Das war ein sehr glucklicher Umstand, denn diese Wande verbargen die auf der Maschine Stehenden fast ganz und besa?en genug Festigkeit, eine Pistolen- oder Flintenkugel abzuhalten.

Der Zug erreichte nach kurzer Zeit Sheridan und hielt dort an. Es befand sich nur der Ingenieur am Platze; er wechselte mit dem Maschinisten die herkommlichen Redensarten und lie? dann den Train weitergehen.

Indessen waren die beiden Spaher, welche Old Firehand auf der Boschung belauscht hatte, an der Stelle, wo der Cornel mit den Tramps sich gelagert hatte, angekommen. Sie berichteten ihm, da? in Sheridan niemand eine Ahnung des Bevorstehenden habe, und richteten damit gro?e Freude an. Dann aber nahmen sie den Cornel beiseite und teilten ihm die Befurchtungen mit, welche sie gegeneinander ausgesprochen hatten. Er horte sie ruhig an und sagte dann:»Was ihr mir sagt, das wei? ich schon. Es fallt mir gar nicht ein, alle diese Kerle, von denen die meisten unnutze Halunken sind, bei mir zu behalten, und ebensowenig kann es mir beikommen, denen, die ich nicht brauche, einen einzigen Dollar von dieser halben Million zu geben; sie bekommen nichts.«

«So werden sie es sich nehmen.«

«Wartet es ab! Ich habe meinen Plan.«

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