glauben konnen. Nun wei? ich, da? man die Wahrheit gesagt hat.«
«So sei also vorsichtig, und uberlege wohl, was du thust! Du willst uns ergreifen und toten. Versuche es; ich habe nichts dagegen. Wenn ihr dann die Krieger zahlt, welche von meinen Kugeln getroffen sind, wird sich in eurem Dorfe das Klagegeschrei der Frauen und Kinder der Gefallenen erheben; mir aber darfst du dann die Schuld nicht geben.«
«Meinst du denn, da? wir uns treffen lassen werden? Ihr mu?t euch uns ergeben, ohne da? ein Schu? zu fallen braucht. Ihr seid umringt und habt nichts zu essen. Wir belagern euch so lange, bis der Hunger euch zwingt, die Waffen zu strecken.«
«Da kannst du lange warten. Wir haben Wasser zum Trinken und Fleisch genug zum Essen. Dort stehen ja unsre Tiere, vier Pferde, von denen wir viele Wochen lang leben konnten. Aber dazu wird es gar nicht kommen, denn wir werden uns durchschlagen. Ich gehe voran, mit meinem Zaubergewehre in der Hand, schicke euch Kugel auf Kugel zu, und wie gut ich zu treffen wei?, hast du ja gesehen.«
«Wir werden hinter den Baumen stehen!«
«Meinst du, da? euch das vor meiner Zauberflinte schutzen werde? Nimm dich in acht! Du wurdest der erste sein, auf den ich sie richte. Ich bin ein Freund der roten Manner, und so wurde es mir sehr leid thun, so viele von euch toten zu mussen. Ihr habt schon jetzt so schwere Verluste zu beklagen, und es werden, wenn der Kampf mit den wei?en Soldaten und den Navajos beginnt, noch viele, viele eurer Manner fallen. Darum solltet ihr nicht auch noch uns, eure Freunde, zwingen, den Tod in eure Reihen zu senden.«
Diese ernsten Worte verfehlten ihre Wirkung nicht. Der Hauptling starrte lange vor sich hin, unbeweglich wie eine Statue sitzend. Dann stie? er in beinahe bedauerndem Tone hervor:»Wenn wir nicht geschworen hatten, alle Bleichgesichter zu toten, so wurden wir euch vielleicht ziehen lassen; aber ein Schwur mu? gehalten werden.«
«Nein. Man kann einen Schwur zurucknehmen.«
«Aber nur, wenn die gro?e Beratung es erlaubt.«
«So beratet euch!«
«Wie kannst du mir das sagen! Ich bin der einzige Hauptling hier; mit wem soll ich mich beraten!«
Jetzt hatte Old Shatterhand den Hauptling da, wohin er ihn hatte haben wollen. Wenn derselbe schon vom Beraten sprach, so war die gro?te Gefahr bereits voruber. Der Jager kannte die Eigenart der Roten. Er hatte jetzt den beabsichtigten Erfolg errungen und wu?te es, da? es am klugsten sei, denselben nicht sofort zu verfolgen. Darum schwieg er und wartete, was der» gro?e Wolf «nun weiter sagen werde.
Dieser lie? seine Augen prufend uber die Lichtung schweifen. Er dachte jedenfalls daruber nach, ob es nicht vielleicht doch moglich sei, sich hier der vier Wei?en trotz des gefahrlichen Zaubergewehres zu bemachtigen, und nur dann, als dieses Nachgrubeln allzu lang wahrte, sagte Old Shatterhand, indem er Miene machte, aufzustehen:»Der Hauptling der Utah hat nun alles gehort, was ich ihm sagen kann; es gibt nichts Weiteres zu besprechen, und ich werde also jetzt zu meinen Gefahrten zuruckkehren. Er mag thun, was ihm beliebt.«
«Warte noch!«antwortete der Rote schnell.»Werdet ihr uns fur feig halten, wenn wir es unterlassen, hier mit euch zu kampfen?«
«Nein. Ein Hauptling darf nicht nur tapfer und mutig, sondern er mu? auch klug und vorsichtig sein. Kein Anfuhrer wird die Seinen unnutz opfern. Ich selbst habe stets nur dann den Feind angegriffen, wenn ich des Sieges sicher war. Jedermann wei?, da? der» gro?e Wolf «ein tapferer Krieger ist; aber wenn du dir hier von vier Wei?en die Halfte deiner Leute toten lie?est, wurde man an allen Lagerfeuern erzahlen, da? du unsinnig gehandelt habest und nicht mehr fahig seist, die Krieger der Utah im Kampfe anzufuhren. Bedenke, da? die Wei?en und die Navajos gegen euch schon unterwegs sind, und da? du deine Krieger brauchst, um diese Feinde zu schlagen. Es wurde also die gro?te Thorheit sein, sie hier nutzlos erschie?en zu lassen.«
«Du hast recht, «antwortete der Rote mit einem tiefen Seufzer daruber, mit zweihundert gegen nur vier Manner gezwungen zu sein, Nachgiebigkeit zu zeigen.»Ich selbst kann meinen Schwur nicht zurucknehmen; ich mu? ihn mir von der Versammlung der Alten zuruckgeben lassen. Darum werdet ihr als meine Gefangenen mit uns ziehen, um zu erfahren, was die Beratung uber euch beschlie?t.«
«Wenn wir uns nun aber weigern, dies zu thun?«
«So werden wir gezwungen sein, den Kampf zu beginnen und euch mit Kugeln uberschutten.«
«Es wird keine einzige treffen. Die Felsen haben Locher und Lucken genug, welche uns als Verstecke dienen. Wir aber konnen von da droben aus nach allen Seiten sicher auf euch zielen und jede unsrer Kugeln wird ihren Mann nehmen.«
«So warten wir, bis es dunkel ist und ihr nichts sehen konnt. Dann schleichen wir uns zu den Felsen, um Holz hinzuschaffen, welches wir anbrennen. Fruh, wenn die Sonne aufgeht, werden wir dann sehen, ob ihr erstickt seid oder noch lebt.«
Er sagte das in einem sehr zuversichtlichen Tone, doch Old Shatterhand antwortete lachelnd:»Das ist nicht so leicht, wie du zu denken scheinst. Wir werden, sobald es dunkel geworden ist, vom Felsen steigen. Jeder legt sich an eine Seite desselben, und wehe dann dem roten Krieger, welcher sich zu nahern wagte! Er wurde weggeschossen. Du siehst, da? wir auf alle Falle im Vorteil sind; aber eben weil ich die roten Manner lieb habe und nicht gern auch nur einen einzigen von ihnen toten will, bin ich bereit, auf alle diese Vorteile zu verzichten. Ich bin dein Freund, und du sollst nicht in der schlimmen Lage bleiben, in welcher du dich jetzt befindest. Ich will mit meinen Gefahrten sprechen. Vielleicht sind sie bereit, mit euch zu reiten. Nur fragt es sich, welche Bedingungen du stellst. Gefangen kann doch nur derjenige sein, welcher ergriffen worden ist. Wollt ihr uns fangen, nun, so versucht es getrost; ich habe nichts dagegen; aber das wurde ja eben der Kampf sein, welchen du vermeiden willst.«
«Uff!«stie? der Hauptling hastig hervor.»Deine Worte treffen gerade so genau wie deine Kugeln. Old Shatterhand ist nicht nur ein Held des Kampfes, sondern auch ein Meister der Rede.«
«Ich spreche nicht nur zu meinem, sondern auch zu deinem Nutzen. Warum sollen wir Feinde sein? Ihr habt die Tomahawks gegen die Soldaten und die Navajos ausgegraben; wurde es nicht von gro?em Nutzen fur euch sein, wenn Old Shatterhand euer Verbundeter ware, anstatt euer Feind sein zu mussen?«
Der Hauptling war klug genug, einzusehen, da? der Jager recht hatte. Aber sein Schwur band ihm die Hande. Darum erklarte er:»Ich mu? euch als Feinde betrachten, bis die Versammlung gesprochen hat. Bist du nicht damit einverstanden, so mussen die Waffen sprechen.«
«Ich bin einverstanden; ich werde mit meinen Gefahrten reden, und ich denke, da? sie sich bereit zeigen werden, mit euch zu reiten, aber als Gefangene nicht.«
«Als was denn sonst?«
«Als Begleiter.«
«So wollt ihr nicht eure Waffen ausliefern und euch auch nicht binden lassen?«
«Nein, auf keinen Fall!«
«Uff! So will ich dir das Letzte sagen. Gehst du nicht mit darauf ein, so belagern wir euch hier trotz deines Zaubergewehres. Ihr brecht jetzt mit uns nach unserm Dorfe auf; ihr behaltet eure Waffen, eure Pferde und werdet auch nicht gefesselt. Wir werden ganz so thun, als ob wir im Frieden mit euch lebten; dafur aber schwort ihr uns zu, da? ihr euch ohne Gegenwehr dem Beschlusse der Beratung fugen wollt. Ich habe gesprochen. Howgh!«
Dieses letztere Wort war der Beweis, da? er nun auf keinen Fall weiter nachgeben werde; aber Old Shatterhand war mit diesem Ergebnisse der Unterredung auch vollstandig zufrieden. Wenn die Roten jetzt Ernst mit dem Angriffe machten, so war es vollstandig unmoglich, ihnen heiler Haut zu entgehen. Es war ein gro?es Gluck, da? sie einen solchen Respekt vor dem Zaubergewehre besa?en; dadurch war jetzt erreicht worden, was zu erreichen uberhaupt in der Moglichkeit lag. Jedenfalls mu?te dieser Respekt auch auf den Beschlu? der Versammlung der Alten einwirken. Darum antwortete Old Shatterhand:»Der» gro?e Wolf «soll erkennen, da? ich sein Freund bin. Ich will gar nicht erst mit meinen Genossen sprechen, sondern dir gleich jetzt in ihrem und meinem Namen mein Wort geben. Wir werden uns ohne Gegenwehr in den Beschlu? fugen.«
«So nimm dein Calumet, und beschwore, da? du so handeln wirst.«
Old Shatterhand loste die Friedenspfeife von der Schnur, that ein wenig Tabak in den Kopf und steckte denselben mittels des Punks in Brand. Dann stie? er den Rauch gegen den Himmel, gegen die Erde, nach den vier Richtungen aus und sagte:»Ich verspreche, da? wir an keine Gegenwehr denken werden!«
«Howgh!«nickte der Hauptling.»Jetzt ist es gut.«
«Nein, denn auch du mu?t dein Versprechen besiegeln, «erklarte Old Shatterhand, indem er dem Roten die