Pfeife hinhielt.

Dieser hatte vielleicht im stillen darauf gerechnet, da? ihm das erlassen werde. In diesem Falle hatte er sich nicht an sein Versprechen gebunden gefuhlt und, wenn nur die Wei?en erst vom Felsen herunter waren, nach seinem Gutdunken gehandelt. Doch fugte er sich ohne Widerrede, indem er die Pfeife nahm, den Rauch in derselben Weise nach den vier Richtungen blies und dann sagte:»Den vier Wei?en wird von uns nichts Boses geschehen, bis die Beratung der Alten uber ihr Schicksal beschlossen hat. Howgh!«

Nun gab er Old Shatterhand das Calumet zuruck und ging zu Knox und Hilton, welche noch genau so dalagen, wie sie niedergeschlagen worden waren.»Auf diese erstreckt sich mein Versprechen nicht, «sagte er.»Sie gehoren zu den Mordern, denn wir haben ihre Pferde als die unsrigen erkannt. Ihre Strafe wird eine schwere sein. Wohl ihnen, wenn deine Hand ihre Seelen von ihnen genommen hatte. Sie scheinen tot zu sein.«

«Nein, «antwortete Old Shatterhand, dessen scharfem Auge es wahrend der Unterredung nicht entgangen war, da? die beiden einmal leise die Kopfe erhoben hatten, um sich umzusehen.»Sie sind nicht tot; sie sind sogar nicht mehr ohnmachtig; sie stellen sich nur tot, weil sie glauben, wir werden sie hier liegen lassen.«

«So mogen die Hunde sich erheben, sonst zermalme ich sie mit dem Fu?e!«rief der Hauptling, indem er jedem der beiden einen so gewaltigen Fu?sto? versetzte, da? sowohl Knox als auch Hilton es aufgab, Bewu?tlosigkeit zu heucheln; sie standen auf. Ihre Angst war so gro?, da? es ihnen gar nicht einfiel, an Flucht oder Verteidigung zu denken.

«Ihr seid meinen Kriegern heute fruh entkommen, «sagte der Hauptling im grimmigsten Tone.»Nun hat der gro?e Manitou euch in meine Hand gegeben, und ihr sollt fur die Mordthaten, welche ihr begangen habt, am Marterpfahle heulen, da? es alle Bleichgesichter des Gebirges horen.«

Die beiden verstanden jedes Wort des Roten, da derselbe ein ziemlich gutes Englisch sprach.

«Mordthaten?«fragte Knox in der Absicht, den Versuch zu machen, sich durch Leugnen zu retten.»Davon wissen wir nichts. Wen sollen wir ermordet haben?«

«Schweig, Hund! Wir kennen euch, und auch diese Bleichgesichter hier, welche euretwegen in unsre Hande gefallen sind, wissen, was ihr gethan habt!«

Knox war ein listiger Bursche. Er sah Old Shatterhand unverletzt und unbeschadigt neben dem Roten stehen. Die Indianer hatten es nicht gewagt, sich an dem beruhmten Manne zu vergreifen. Wer in seinem Schutze stand, war gewi? ebenso sicher vor ihnen wie er selbst; darum kam dem Morder ein Gedanke, welchen er fur den einzig rettenden hielt. Old Shatterhand war ein Wei?er; er mu?te sich also der Wei?en gegen die Roten annehmen. So wenigstens dachte Knox und darum antwortete er:»Naturlich mussen sie wissen, was wir gethan haben, denn wir sind ja mit ihnen geritten und seit Wochen mit ihnen zusammengewesen.«

«Luge nicht!«

«Ich sage die Wahrheit. Frage Old Shatterhand, welcher dir erklaren und beweisen wird, da? wir gar nicht diejenigen sein konnen, fur welche wir von euch gehalten werden.«

«Irrt euch nicht, «erklarte Old Shatterhand.»Wenn ihr glaubt, da? ich eine Luge sprechen werde, um euch der verdienten Strafe zu entziehen, so mu? ich euch sagen, da? es mir unmoglich einfallen kann, mich auf gleiche Stufe mit euch zu stellen. Ihr wi?t, was ich von euch denke; ich habe es euch gesagt und meine Ansicht uber euch auch nicht geandert. «Er wendete sich von ihnen ab.

«Aber, Sir, «rief Knox,»Ihr wollt uns doch nicht etwa in dieser Gefahr verlassen! Es handelt sich um unser Leben!«

«Allerdings, nachdem es sich vorher um das Leben der von euch Gemordeten gehandelt hat. Ihr habt den Tod verdient, und ich habe gar keine Veranlassung, dagegen zu sein, da? einem jeden sein Recht werde.«

«Alle Wetter! Kommt Ihr uns so, nun, so wei? ich auch, was ich zu thun habe. Rettet Ihr uns nicht, nun, so sollt Ihr mit uns zu Grunde gehen!«Und sich von Old Shatterhand ab und zu dem Hauptlinge wendend, fuhr er fort:»Warum ergreifst du nicht auch diese vier? Sie haben sich ja auch an dem Pferderaube beteiligt und auch mit auf die Utah geschossen; gerade durch ihre Kugeln sind die meisten eurer Leute gefallen!«

Das war eine Frechheit sondergleichen. Old Shatterhand machte eine Bewegung, als ob er sich auf den unverschamten Menschen sturzen wolle, besann sich aber eines andern und blieb schweigend stehen. Dennoch folgte die Strafe sofort der That, und was fur eine Strafe. Die Augen des Hauptlings leuchteten auf; sie spruhten formlich Blitze, als er Knox andonnerte:»Feigling! Du hast nicht den Mut, die Schuld allein zu tragen und wirfst sie auf andre, gegen welche du eine stinkende Krote bist. Dafur soll die Strafe fur dich nicht erst am Marterpfahle, sondern gleich jetzt beginnen. Ich werde mir deinen Skalp nehmen, und du sollst leben und ihn an meinem Gurtel hangen sehen. Nani witsch, nani witsch!«

Diese beiden Utahworte bedeuten» mein Messer, mein Messer!«Er rief sie den am Rande der Blo?e stehenden Indianern zu.

«Um Gottes willen!«schrie der Bedrohte auf.»Bei lebendigem Leibe skalpieren, nein, nein!«

Er that einen Sprung, um zu fliehen; aber der Hauptling war ebenso schnell wie er, scho? ihm nach und ergriff ihn beim Halse; ein Druck seiner starken Hand und Knox hing in derselben, schlaff wie ein Lappen. Ein Indianer kam gerannt, um dem Hauptling das Messer zu bringen. Dieser nahm es, warf den halb Erstickten auf den Boden, kniete auf ihn — drei schnelle Schnitte, ein Ruck am Haare, ein entsetzlicher Schrei des unter ihm Liegenden, und er erhob sich, den blutigen Skalp in der linken Hand. Knox bewegte sich nicht; er war wieder ohnmachtig geworden; sein Schadel bot einen entsetzlichen Anblick dar.

«So mu? es jedem Hund ergehen, welcher die roten Manner zerrei?t und dann Unschuldige vernichten will!«rief der» gro?e Wolf«, indem er den Skalp in den Gurtel steckte.

Hilton hatte mit Grauen gesehen, was seinem Gefahrten geschehen war. Der Schreck machte ihn fast unbeweglich; er sank langsam neben dem Skalpierten nieder und blieb dort sitzen, ohne ein Wort zu sagen.

Der Hauptling gab ein Zeichen, auf welches die Roten herbeikamen; bald wimmelte die Lichtung von ihnen. Hilton und Knox wurden mit Riemen gefesselt.

Old Shatterhand war, sobald der» gro?e Wolf «vom Skalpieren gesprochen hatte, auf den Felsen gestiegen, um nicht Zeuge der grausigen Scene sein zu mussen, sondern seinen Gefahrten mitzuteilen, welches Resultat er erzielt habe.

«Das ist schlimm, «meinte Jemmy.»Konnten Sie uns denn nicht ganz frei bringen?«

«Nein; das war unmoglich.«

«Vielleicht ware es besser gewesen, wenn Sie es hatten zum Kampfe kommen lassen!«

«Ganz gewi? nicht. Es hatte uns jedenfalls das Leben gekostet.«

«Oho! Wir hatten uns gewehrt. Und bei der Angst, welche die Roten vor dem Stutzen haben, hatten wir nicht zu verzweifeln gebraucht. Sie hatten es sicher nicht gewagt, uns nahe zu kommen.«

«Das ist wahrscheinlich; aber sie hatten uns ausgehungert. Ich habe zwar davon gesprochen, da? wir unsre Pferde verzehren wurden, aber ich ware lieber vor Hunger gestorben, als da? ich meinen Rappen getotet hatte.«

«Das hatten Sie gar nicht zu thun gebraucht. Bei der Eroffnung der Feindseligkeiten ware es fur die Roten das erste gewesen, unsre Pferde zu erschie?en.«

«Aber gerade dadurch waren wir des besten Mittels, zu entkommen, beraubt gewesen.«

«Fort mit den Pferden! Wir selbst hatten uns gerettet. Zweihundert Mann rund um die Blo?e! Die Roten stehen also nicht dicht bei- oder gar hintereinander. Wir hatten uns, sobald es dunkel wurde, von den Felsen fortgeschlichen, vier Personen gerade auf einen Punkt. Vielleicht waren wir auf eine Lucke gesto?en und durch dieselbe entkommen; keinesfalls aber hatten wir es mit mehr als einem oder hochstens zwei Roten zu thun gehabt — zwei Schusse oder zwei Stiche und wir waren durchgebrochen.«

«Aber was dann? Du stellst dir die Sache ganz anders vor, als sie geworden ware. Die Roten hatten rundum Feuer angebrannt und unsre Absicht, zu entfliehen, sofort bemerkt. Und selbst wenn es uns gelungen ware, ihre Reihe zu durchbrechen, so hatten wir gar nicht sehr weit kommen konnen, ohne sie auf unsrer Spur zu haben. Wir hatten einige von ihnen toten mussen und dann nicht die mindeste Aussicht auf Schonung gehabt.«

«Das is sehr richtig, «stimmte der Hobble-Frank bei.»Ich wee? gar nich, wie es so eenem dicken Jemmy Pfefferkorn nur beikommen kann, gescheiter als unser Old Shatterhand sein zu wollen. Du bist immer und schtets das Ganseei, welches kluger als die Henne sein will. Old Shatterhand hat sein moglichstes gethan, und ich gebe ihm dafur die erschte Zensur mit der Eens und eenem Schternchen hintendran, und ich gloobe sehr beschtimmt, da? der Davy ganz derselbigen Ansicht is.«

«Das versteht sich ganz von selbst, «antwortete dieser.»Der Kampf hatte zu unserm sichern Untergang gefuhrt.«

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