und mag also mit dem alten romischen Elysium nischt zu thun haben. Da? nun gerade immer diejenigen Menschen am klugsten thun, welche den kleensten Verschtand besitzen! Es is aber immer so gewesen, da? die gro?ten Kartoffeln am seefigsten sind!«

Er hatte seinem Arger uber die erfahrene Verbesserung wohl noch ferner Luft gemacht, wenn er die Zeit dazu gehabt hatte. Die gab es aber nicht, denn der Augenblick des Empfanges war gekommen. Die Bewohner des Dorfes hatten sich aufgemacht, die zuruckkehrenden Krieger zu begru?en. Sie kamen ihnen in hellen Haufen entgegen, voran die Manner und Knaben, hinter diesen die Frauen und Madchen, alle aus Leibeskraften schreiend und brullend, da? es klang, als ob die Schar aus lauter wilden Tieren bestehe.

Old Shatterhand hatte erwartet, ein gewohnliches Zeltdorf zu finden, mu?te aber zu seiner Enttauschung erkennen, da? er in einem Irrtum befangen gewesen war. Die gro?e Anzahl der Feuer bewies, da? viel, viel mehr Krieger vorhanden waren, als die Zelte zu fassen vermochten. Es hatten sich die Bewohner vieler andrer Utahdorfer hier versammelt, um den Rachezug gegen die Wei?en zu beraten. Die vorausgesandten Boten hatten erzahlt, da? der Hauptling sechs Bleichgesichter mitbringe, und die Roten gaben jetzt ihrem Entzucken uber diese Botschaft einen Ausdruck, dessen eben nur wilde Volkerschaften fahig sind. Sie schwangen ihre Waffen und schrieen aus Leibeskraften, indem sie die entsetzlichsten Drohungen ausstie?en.

Als das Lager erreicht worden war, sah Old Shatterhand, da? dasselbe aus Buffelhautzelten und aus mittels Zweigen schnell errichteter Hutten bestand, welche einen weiten Kreis bildeten, in dessen Innerem der Zug halten blieb. Hier wurden die beiden Gefesselten von den Pferden losgebunden und auf die Erde geworfen. Das gra?liche Stohnen des verwundeten Knox wurde von dem Geheul der Roten vollig verschlungen. Dann fuhrte man die andern vier zu diesen beiden. Die Krieger bildeten einen weiten Kreis um sie, und dann traten die Frauen und Madchen vor, um die Wei?en kreischend zu umtanzen.

Das war eine der gro?ten Beleidigungen, welche es gab. Es ist eine Mut- und Ehrlosigkeitserklarung, Gefangene von den Weibern umtanzen zu lassen. Wer sich das widerstandslos gefallen la?t, wird fur tiefer stehend als ein Hund gehalten. Man hatte den vier Jagern bis jetzt die Waffen gelassen. Old Shatterhand rief seinen Gefahrten einige Worte zu, worauf dieselben niederknieten und ihre Gewehre anlegten. Er selbst scho? den Barentoter ab, dessen Knall das Geheul ubertonte, und legte dann den Stutzen an die Wange. Sofort trat tiefes Schweigen ein.

«Was ist das?«rief er so laut, da? alle es horten.»Sind wir gezwungen worden, mit euch zu reiten, oder haben wir es freiwillig gethan? Wie konnen die roten Manner uns als Gefangene behandeln? Ich habe mit dem» gro?en Wolfe «die Pfeife der Beratung geraucht und bin einverstanden gewesen, da? die Krieger der Utahs sich miteinander besprechen, ob wir als Feinde oder Freunde behandelt werden sollen. Diese Besprechung hat noch nicht stattgefunden. Selbst wenn die Utahs uns als Feinde betrachten wollten, sind wir doch nicht ihre Gefangenen. Und selbst wenn wir gefangen waren, wurden wir nicht dulden, da? man die Frauen und Madchen um uns wie um feige Coyoten tanzen la?t. Wir sind nur vier Krieger, und die Manner der Utahs zahlen nach Hunderten; dennoch frage ich, welcher von euch es wagen will, Old Shatterhand zu beleidigen. Er mag vortreten und mit mir kampfen, wenn ich ihn nicht fur einen Feigling halten soll! Nehmt euch in acht! Ihr habt mein Gewehr gesehen und wi?t, wie es schie?t. Sobald es den Frauen einfallt, den Tanz der Beleidigung wieder zu beginnen, werden wir unsre Flinten sprechen lassen, und dieser Platz wird von dem Blute derer gerotet werden, welche so treulos sind, die Pfeife der Beratung, welche allen tapfern roten Kriegern heilig ist, nicht zu achten!«

Der Eindruck dieser Worte war ein gro?er. Da? der beruhmte Jager es wagte, einer solchen Ubermacht gegenuber Drohungen auszusprechen, erschien den Roten ganz und gar nicht als ein wahnsinniges Beginnen; es imponierte ihnen. Sie wu?ten, da? seine Worte nicht leere Reden seien, sondern da? er sie zur Wahrheit machen werde. Die Frauen und Madchen zogen sich, ohne einen Befehl dazu erhalten zu haben, zuruck. Die Manner flusterten einander halblaute Bemerkungen zu, wobei am deutlichsten die Worte» Old Shatterhand «und» das Gewehr des Todes «zu horen waren. Es traten einige mit Federn geschmuckte Krieger zu dem» gro?en Wolfe «und sprachen mit ihm; dann naherte sich dieser der noch immer im Anschlage sich befindenden Gruppe der vier Jager und sagte in der Sprache der Utahs, deren sich Old Shatterhand auch bedient hatte:»Der Hauptling der Yampa-Utahs ist nicht treulos; er achtet das Calumet der Beratung und wei?, was er versprochen hat. Morgen, wenn es Tag geworden ist, wird uber das Schicksal der vier Bleichgesichter entschieden werden, und bis dahin sollen sie in dem Zelte bleiben, welches ich ihnen jetzt anweisen werde. Die beiden andern aber sind Morder und haben mit meinem Versprechen nichts zu thun; sie werden sterben, wie sie gelebt haben — triefend vom Blute. Howgh! Ist Old Shatterhand mit diesen meinen Worten einverstanden?«

«Ja, «antwortete der Gefragte.»Doch verlange ich, da? unsre Pferde in der Nahe unsres Zeltes bleiben.«

«Auch das will ich erlauben, obgleich ich nicht einsehe, aus welchem Grunde Old Shatterhand diesen Wunsch ausspricht. Denkt er etwa, entfliehen zu konnen? Ich sage ihm, da? ein vielfacher Ring von Kriegern sein Zelt umgeben wird, so da? er unmoglich entkommen kann.«

«Ich habe versprochen, das Ergebnis eurer Beratung abzuwarten; du brauchst uns also keine Wachter zu stellen. Wenn du es dennoch thun willst, so habe ich nichts dagegen.«

«So kommt!«

Als die vier dem Hauptlinge nun folgten, bildeten die Indianer eine Gasse und betrachteten, als Old Shatterhand durch dieselbe schritt, ihn mit scheuen, ehrfurchtsvollen Blicken. Das Zelt, welches den Wei?en angewiesen wurde, war der gro?ten eines. Mehrere Lanzen steckten zu beiden Seiten des Einganges in der Erde, und die drei Adlerfedern, welche die Spitzen schmuckten, lie?en vermuten, da? es eigentlich die Wohnung des» gro?en Wolfes «sei.

Die Thur wurde durch eine breite Matte gebildet, welche jetzt zuruckgeschlagen war. Kaum funf Schritte von ihr entfernt brannte ein Feuer, welches das Innere erleuchtete. Die Jager traten hinein, legten ihre Gewehre ab und setzten sich nieder. Der Hauptling entfernte sich, doch schon nach kurzer Zeit kamen mehrere Rote, welche sich in angemessener Entfernung so um das Zelt niederlie?en, da? keine Seite desselben ohne scharfe Beobachtung blieb.

Nach wenigen Minuten trat eine junge Frau herein, welche zwei Gefa?e vor den Wei?en niedersetzte und sich dann wortlos entfernte. Das eine war ein alter Topf mit Wasser und das andre eine gro?e, eiserne Pfanne, in welcher mehrere Fleischstucke lagen.

«Oho!«schmunzelte der Hobble-Frank.»Das wird wohl unser Suppeh sein sollen. Een Wassertopp, das is nobel! Die Kerle schneiden off. Wir sollen vor Erschtaunen uber ihre zivilisatorischen Kuchengeratschaften die Hande uber dem Koppe zusammenschlagen. Und Buffelfleesch, wenigstens acht Pfund! Sie werden's doch nich etwa gar mit Rattengift eingerieben haben?«

«Rattengift!«lachte der Dicke.»Woher sollten die Utahs solches Zeug bekommen? Ubrigens ist das Fleisch von einem Elke und nicht von einem Buffel.«

«Wee?t du's schon wieder besser als ich? Ich kann doch machen und sagen, was ich will, so kommst du mir derquere. Das hat niemals keene Besserung nich. Ich will mich aber heute nich mit dir schtreiten, sondern dir hiermit nur eenen extemporierten Blick zuwerfen, aus welchem du ersehen kannst, wie unendlich ich meine Personlichkeit uber deiner Pigmentgeschtalt erhaben fuhle.«

«Pygmaengestalt, «verbesserte Jemmy.

«Wirst du wohl gleich zwolf Sechsachtelakte schweigen!«gebot der Kleine.»Bringe meine Galle nich in pneumatische Anschwellung, sondern widme mir die Hochachtung, welche ich infolge meines au?erordentlichen Lebenslaufes mit vollem Rechte zu beanschpruchen habe! Denn nur unter dieser Bedingung kann ich mich so popular machen, diesem Braten den Segen meiner unleugbaren Kochkunstfertigkeet angedeihen zu lassen.«

«Ja, brate nur, «nickte Old Shatterhand, um den Arger des Kleinen abzulenken.

«Das is freilich bald gesagt. Wo aber nehme ich die Zwiebeln und die Lorbeerblatter her. Ubrigens wee? ich noch nich, ob ich mit der Pfanne hinaus an das Feuer darf.«

«Versuche es.«

«Ja, versuchen! Wenn die Kerle es nich leiden wollen und mir eene Kugel in die Magengegend schicken, so is es fur mich ganz egal, ob das Fleesch unter der Haut eenes Elkes oder Buffels gewachsen is. Aber Furcht gibt's nich, solange man sich bei der richtigen Herzhaftigkeet befindet; feni, fidi, fidschi — ich gehe 'naus!«

Er trug die Pfanne mit dem Fleische an das Feuer und machte sich an demselben als Koch zu schaffen, ohne von den Wachtern gestort zu werden. Die andern blieben im Zelte sitzen und beobachteten durch die offene Thur das rege Thun und Treiben der Indianer.

Der Mond verbreitete jetzt fast Tageshelle. Sein Licht fiel auf einen nahen, dunkel bewaldeten Bergstock,

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