von welchem sich ein breites, glitzerndes Silberband herniederschlangelte, ein Flu?chen oder starker Bach, welcher sich unten in ein ziemlich gro?es, fast seeartiges Wasserbecken ergo?. Der Abflu? dieses letzteren bildete den Wasserlauf, an dessen Ufer man in das Lager gekommen war. Busche oder Baume schien es in der Nahe nicht zu geben; die Umgebung des Sees war flach und offen.

An jedem Feuer sa?en Indianer, welche ihren mit dem Braten des Fleisches beschaftigten Frauen zusahen. Zuweilen erhob sich einer oder der andre, um, langsam an dem Zelte vorubergehend, einen Blick auf die Wei?en zu werfen. Von Knox und Hilton war nichts zu sehen und zu horen, doch durfte man vermuten, da? ihre Lage keineswegs eine fur den Augenblick so befriedigende sei, wie diejenige Old Shatterhands und seiner Gefahrten. Nach Verlauf einer Stunde kam Hobble-Frank mit der dampfenden Pfanne in das Zelt zuruck; er setzte sie den Gefahrten hin und sagte in sehr selbstbewu?tem Tone:»Hier habt ihr eure Herrlichkeet. Ich bin neugierig, was ihr fur Oogen machen werdet. Zwar fehlt das Gewurze, aber meine angeborene Talenthaftigkeet hat leicht daruber hinwegzukommen gewu?t.«

«Auf welche Weise denn?«fragte Jemmy, indem er sein kleines Naschen uber die Pfanne hielt. Das Fleisch brodelte nicht nur, sondern es rauchte, und zwar nicht wenig; das Zelt war in Zeit von einigen Augenblicken von einem scharfen, brenzlichen Geruche erfullt.

«Off eene so eenfache Weise, da? der Erfolg een wahres Wunder is, «antwortete der Kleine.»Ich habe mal gelesen, da? Holzkohle nich nur das Salz ersetzt, welches uns hier fehlt, sondern sogar ooch solchem Fleesche, welches eene ziemliche Anruchigkeet besitzt, den Hohguhgeruch benimmt. Unser Braten war mit eener sehr dissidenten Muffigkeet begabt und so habe ich denn zu dem erwahnten Mittel gegriffen und ihn in holzerne Asche geschmort, was sehr leicht war, da wir ja Holzfeuer haben. Das Feuer is mir zwar dabei een bi?chen mit in die Pfanne hineingeraten, aber gerade das wird, wie mir mein genialer Kuchenverschtand mitteelt, von derjenigen knusperigen Wirkung sein, welche eenen gefuhlvollen und wohlschmeckenden Menschen bei Tische in Exstasibilitat versetzt.«

«O weh! Elkbraten in Holzasche! Bist du denn gescheit!«

«Rede doch keenen Apfelsalat! Ich bin schtets gescheit. Das mu?t du doch nu endlich wissen. Die Asche is een chemischer Gegner aller alchimistischen Unreenlichkeet. Genie?e also diesen Elk mit dem dazu gehorigen Menschenverschtand; so wird er dir sehr gut bekommen und deiner Konschtitution diejenigen korperlichen und geistigen Krafte verleihen, ohne welche der Mensch vom schnoden Unorganismus vollschtandig verschlungen wird.«

«Aber, «meinte Jemmy kopfschuttelnd,»du sagst ja selbst, da? dir das Feuer in die Pfanne geraten ist. Das Fleisch hat gebrannt; es ist verdorben.«

«Rede nich, sondern kaue!«fuhr Frank auf.»Es is hochst ungesund, beim Essen zu singen oder zu schprechen, weil dabei die unrechte Kehle offgeklappt wird und die Schpeise in die Milz anschtatt in den Magen kommt.«

«Ja, kauen, wer soll das Zeug kauen! Da, schau her! Ist das noch Fleisch?«

Er spie?te mit dem Messer ein Stuck an, hob es empor und hielt es dem Kleinen an die Nase. Das Fleisch war schwarz gebrannt und von einer dunkeln, fettigen Aschenlage umgeben.

«Naturlich is es Fleesch. Was soll es denn sonst sein!«antwortete Frank.

«Aber schwarz, wie chinesische Tusche!«

«So bei? doch nur zu! Da wirscht du sofort dein Wunder schmecken!«

«Das glaube ich gern. Und diese Asche!«

«Die wird abgeputzt und abgewischt.«

«Das mache mir erst einmal vor!«

«Mit koniglicher Leichtigkeet!«

Er langte sich ein Stuck heraus und rieb es so lange an der ledernen Zeltwand hin und her, bis die Asche an derselben kleben geblieben war.»So mu? man's machen, «fuhr er dann fort.»Dir aber fehlt's schtets an der notigen Fingerfertigkeet und Geistesgegenwart. Und nun sollst du sehen, wie delikat das schmeckt, wenn ich jetzt so een Endchen abbei?e und zwischen der Zunge zerdrucke. Das — «

Er hielt plotzlich inne. Er hatte in das Fleisch gebissen, nahm die Zahne weit auseinander, behielt den Mund offen und sah seine drei Gefahrten einen nach dem andern betroffen an.

«Nun, «erinnerte Jemmy,»so bei?e doch!«

«Bei?en — wie? Wee? der Kuckuck, das schnorpst und prasselt gerade wie — wie — wie, na, wie gebratene Scheuerburschte. Sollte man das fur menschenmoglich halten!«

«Das war vorauszusehen. Ich glaube, die alte Pfanne ist weicher als das Fleisch. Jetzt kannst du die Schopfung deines Geistes selbst verzehren!«

«Oho! Es soll nich von mir gesagt werden, da? ihr meinetwegen hungern mu?t. Wie warsch denn, wenn mir's klopften?«

«Versuche es!«lachte Old Shatterhand.»Ich aber will sehen, ob wirklich alles verdorben ist.«

«Na, vielleicht is een Schtuck da, welches noch nich ganz zu gar so gro?er Charakterfestigkeet gediehen is. Lassen Sie mich nur suchen; ich wisch die Asche ab!«

Es gab glucklicherweise einige Stucke, welche noch leidlich genie?bar waren und fur die vier Personen ausreichten; aber Frank war sehr kleinlaut geworden; er zog sich an eine dunkle Stelle zuruck und that, als ob er schliefe. Doch horte er alles, was gesprochen wurde und sah auch, was drau?en im Lager vorging.

Morgen sollten Knox und Hilton am Marterpfahle sterben und die andern Wei?en vielleicht ein gleiches Schicksal erfahren. Das gab fur die Roten ein gro?es Fest, zu welchem sie zeitig gerustet sein mu?ten. Darum legten sie sich nach dem spaten Essen zur Ruhe; die Feuer verloschten bis auf zwei, namlich dasjenige an dem Zelte, in welchem sich Old Shatterhand mit seinen drei Gefahrten befand, und dasjenige, an welchem Knox und Hilton mit ihren Wachtern lagen. Um das erstere hatte sich ein dreifacher Kreis von Roten gelagert und drau?en vor dem Dorfe standen zahlreiche Posten. Ein Entkommen ware, wenn nicht unmoglich, so doch schwer und sehr gefahrlich gewesen.

Old Shatterhand hatte, um nicht wahrend der ganzen Nacht die Augen der Roten auf sich zu haben, die Matte am Eingange herabgelassen. Nun lagen die Wei?en im Dunkeln und gaben sich vergeblich Muhe, einzuschlafen.

«Wie wird es morgen um diese Zeit mit uns stehen!«meinte Davy.

«Vielleicht haben uns da die Roten in die ewigen Jagdgrunde befordert.«

«Wenigstens einen oder zwei oder drei von uns, «antwortete Jemmy.

«Warum das?«fragte Old Shatterhand.

«Ich denke, sie werden sich nicht an Sie wagen.«

«Also nur an euch? Hm! Was denkst du da von mir! Wir gehoren zusammen und keiner von uns darf denken, sich von dem Schicksale der andern ausschlie?en zu konnen. Solltet ihr fur den Tod bestimmt werden, so kann es mir nicht einfallen, mir das Leben bieten zu lassen. Wir wurden in diesem Falle kampfen bis auf den letzten Mann.«

«Aber Ihr habt ja versprochen, Euch nicht zu wehren.«

«Allerdings, und dieses Versprechen halte ich wortlich. Aber ich habe nicht versprochen, nicht zu fliehen. Zu diesem letzteren wurden wir wenigstens den Versuch machen und wer sich uns da in den Weg stellt, der tragt dann selbst die Schuld daran, da? er weggeraumt wird. Ubrigens sind meine Sorgen ganz andrer Art, denn ich vermute, da? die Roten nicht direkt unsern Tod beschlie?en werden.«

«Sondern, da? sie uns freigeben?«

«Auch das nicht. Ihre Erbitterung gegen die Wei?en ist so gro? und, wie ich eingestehen mu?, so gerecht, da? sie keinem gefangenen Bleichgesichte so mir nichts dir nichts die Freiheit schenken werden. Aber unsre Namen haben einen guten Klang bei ihnen, und au?erdem haben sie Angst vor meinem Stutzen, den sie so furchten, da? sie sich nicht einmal getrauen, ihn anzugreifen. Ich halte es also nicht nur fur moglich, sondern sogar fur wahrscheinlich, da? sie eine Ausnahme mit uns machen werden. Das hei?t, sie werden uns nicht Leben und Freiheit schenken, sondern uns um dieselben kampfen lassen.«

«Alle Teufel! Das ware ja wunderbar schon. Das ware ganz genau so, als ob sie uns direkt ermordeten, denn sie wurden die Bedingungen so stellen, da? wir untergehen mu?ten.«

«Allerdings. Aber wir brauchen den Mut dennoch nicht zu verlieren. Der Wei?e ist bei dem Roten in die Schule gegangen; er besitzt ebensoviel List und Gewandtheit wie dieser, und in Beziehung auf die Ausdauer ist er ihm uberlegen. Diese Erfahrung haben wir alle gemacht, und sie wird uns nicht tauschen. Soll ich die Summa

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