»Verlassen Sie sich ganz auf mich«, hatte Toby lachelnd gesagt.
Das Geschirr war bereits von den Tischen abgeraumt, und Downey stand vor dem Mikrophon. »Herr Prasident, verehrte Gaste, ich habe das Vergnugen, Ihnen unseren Conferencier vorzustellen, einen der intelligentesten jungen Komiker, Mr. Toby Temple!«
Es gab hoflichen Applaus, als Toby aufstand und zum Mikrophon ging. Sein Blick glitt uber das Publikum und dann zum Prasidenten der Vereinigten Staaten hin.
Der Prasident war ein schlichter, geradliniger Mann. Er hatte nichts ubrig fur das, was er Zylinder- Diplomatie nannte. »Von Mensch zu Mensch«, hatte er in einer Rede an die Nation gesagt, »das brauchen wir. Wir mussen aufhoren, uns auf Computer zu verlassen, und wieder anfangen, unseren Instinkten zu vertrauen. Wenn ich mich mit den Fuhrern auslandischer Machte zusammensetze, mochte ich auf meinem Hosenboden verhandeln.« Der Satz war immer wieder zitiert worden.
Jetzt sah Toby den Prasidenten der Vereinigten Staaten an und sagte mit stolzerfullter Stimme: »Mr. Prasident, ich kann Ihnen nicht sagen, was es fur mich bedeutet, hier oben auf demselben Podium mit dem Mann zu stehen, der die ganze Welt an seinem Hintern hat.«
Es folgte eine erschrockene, lange Stille, dann grinste der Prasident, lachte laut, und das Publikum brach plotzlich in schallendes Gelachter aus und applaudierte. Von diesem Augenblick an konnte Toby nichts mehr falsch machen. Er attackierte die anwesenden Senatoren, den Obersten Gerichtshof, die Presse. Sie waren begeistert. Sie schrieen und johlten, weil sie wussten, dass Toby kein Wort von dem, was er sagte, ernst meinte. Es war uberwaltigend komisch, diese Beleidigungen von einem Mann mit einem so jungenhaften, unschuldigen Gesicht zu horen.
An diesem Abend waren auch auslandische Minister anwesend, und Toby wandte sich mit einer unglaublichen Mischung aus ihren Landessprachen an sie, die so echt klang, dass sie zustimmend nickten.
Sie brachten ihm stehend Ovationen dar. Der Prasident kam auf Toby zu und sagte: »Das war brillant, absolut brillant. Wir geben am Montag ein kleines Abendessen im Wei?en Haus, Toby, ich wurde mich sehr freuen, wenn…«
Am nachsten Tag berichteten alle Zeitungen uber Toby Temples Triumph. Seine Bemerkungen wurden uberall zitiert. Er wurde als Entertainer ins Wei?e Haus eingeladen. Das machte ihn zu einer noch gro?eren Sensation. Er erhielt Angebote aus der ganzen Welt. Toby trat im Palladium in London auf, gab eine Privatvorstellung fur die Konigin, wurde gebeten, Wohltatigkeitskonzerte zu dirigieren und sich fur das National Arts Committee zur Verfugung zu stellen. Er spielte haufig mit dem Prasidenten Golf und wurde immer wieder ins Wei?e Haus eingeladen. Toby lernte Kongressabgeordnete, Gouverneure und die Direktoren von Amerikas gro?ten Wirtschaftsunternehmen kennen. Er beleidigte sie alle, und je mehr er sie attackierte, desto entzuckter waren sie. Sie rissen sich um ihn, damit er seinen bissigen Humor uber ihre Gaste ausschuttete. Mit Toby befreundet zu sein wurde zum Prestige-Symbol fur die feine Gesellschaft.
Die Angebote, die nun kamen, waren phanomenal. Clifton Lawrence war ebenso begeistert daruber wie Toby, und Cliftons Begeisterung hatte nichts mit Geschaft oder Geld zu tun. Toby Temple war das Wunderbarste, was sich seit Jahren in seinem Leben ereignet hatte, und er hatte das Gefuhl, als ware Toby sein eigener Sohn. Er hatte mehr Zeit auf Tobys Karriere verwandt als auf die irgendeines anderen seiner Klienten, aber es hatte sich gelohnt. Toby hatte hart gearbeitet, hatte sein Talent weiterentwickelt, bis es wie ein Diamant funkelte. Und er erwies sich als dankbar und sehr gro?zugig, was in dieser Branche selten ist.
»Es gibt kein Hotel in Las Vegas, das nicht hinter Ihnen her ware«, sagte Clifton Lawrence zu Toby. »Geld spielt dabei keine Rolle. Man will Sie haben, Punkt. Auf meinem Schreibtisch stapeln sich Drehbucher von Fox, Universal, Pan-Pacific – alles Hauptrollen. Sie konnen auf eine Europa-Tournee gehen, jede Gastrolle steht Ihnen frei, und Sie konnen bei jeder beliebigen Fernsehgesellschaft eine eigene Fernsehshow haben. Das wurde Ihnen immer noch Zeit fur Las Vegas und einen Film pro Jahr lassen.«
»Wieviel konnte ich mit einer eigenen Fernsehshow verdienen, Cliff?«
»Ich glaube, ich kann sie auf zehntausend pro Woche fur eine einstundige Vorstellung heraufdrucken, und sie mussten fur zwei Jahre fest abschlie?en, vielleicht sogar fur drei. Wenn sie scharf genug auf Sie sind, werden sie es akzeptieren.«
Toby lehnte sich triumphierend auf der Couch zuruck. Zehntausend fur eine Vorstellung, sagen wir, vierzig Vorstellungen. In drei Jahren wurden das uber eine Million Dollar sein dafur, dass er der Welt sagte, was er von ihr hielt! Er blickte zu Clifton hinuber. Der kleine Agent versuchte, sich gelassen zu geben, aber Toby konnte sehen, dass er sehr gespannt war. Er wollte, dass Toby den Fernseh-Vorschlag annahm. Warum nicht? Clifton konnte eine Provision von 120 000 Dollar fur Tobys Talent und Schwei? kassieren. Verdiente Clifton dieses Geld? Er hatte sich nie in dreckigen kleinen Nachtbars abschinden, sich nie von einem betrunkenen Publikum leere Bierflaschen an den Kopf werfen lassen oder zu geldgierigen Quacksalbern in namenlosen Dorfern gehen mussen, um einen Tripper behandeln zu lassen, weil die verkommenen Huren im Umkreis der »Klo-Tour« die einzigen Madchen gewesen waren, die man haben konnte. Was wusste Clifton Lawrence von den Zimmern, die von Kuchenschaben wimmelten, und von dem widerlichen Fra? und der endlosen Folge von Nachtfahrten mit dem Bus von einem Hollenloch zum anderen? Er wurde das nie verstehen konnen. Ein Kritiker hatte Toby einen Ubernachterfolg genannt, und Toby hatte laut herausgelacht. Jetzt, in Clifton Lawrences Buro, sagte er: »Ich mochte meine eigene Fernsehshow.«
Sechs Wochen spater war der Vertrag mit Consolidated Broadcasting unterzeichnet.
»Die Fernsehleute wollen, dass eine Filmgesellschaft eine Ausfallburgschaft ubernimmt«, sagte Clifton Lawrence zu Toby. »Mir gefallt der Gedanke, weil ich vielleicht ein Filmgeschaft daraus machen kann.«
»Welche Gesellschaft?«
»Pan-Pacific.«
Toby runzelte die Stirn. »Sam Winters?«
»Richtig. Wenn Sie mich fragen, er ist der beste Studioleiter in der Branche. Au?erdem besitzt er die Rechte an einer Sache, an der ich fur Sie interessiert bin. The Kid Goes West.«
Toby sagte: »Ich war mit Winters in der Armee. Okay. Aber er schuldet mir was. Das soll er zu spuren bekommen!«
Clifton Lawrence und Sam Winters waren in der Sauna des Gymnastikraums der Pan-Pacific-Studios und atmeten den Eukalyptusgeruch der hei?en Luft ein.
»Das ist das Leben«, seufzte der kleine Agent. »Wer braucht schon Geld?«
Sam grinste: »Warum reden Sie nicht so, wenn wir verhandeln, Cliff?«
»Ich mochte Sie nicht zu sehr verwohnen, mein Lieber.«
»Wie ich hore, haben Sie bei der Consolidated Broadcasting einen Vertrag fur Toby Temple unterzeichnet.«
»O ja. Das gro?te Geschaft, das die je gemacht haben.«
»Wo kriegen Sie die Ausfallburgschaft fur die Show her?«
»Warum, Sam?«
»Wir waren eventuell daran interessiert. Ich konnte Ihnen sogar zusatzlich einen Filmabschluss bieten. Ich habe gerade die Filmrechte an einer Komodie mit dem Titel The Kid Goes West erworben. Das ist in der Branche noch nicht bekannt. Toby ware die Idealbesetzung dafur.«
Clifton Lawrence runzelte die Stirn und sagte: »So ein Pech! Schade, dass ich das nicht fruher gewusst habe, Sam. Ich habe bereits eine Vereinbarung mit MGM getroffen.«
»Haben Sie fest abgeschlossen?«
»Nun ja, praktisch so gut wie. Ich habe ihnen mein Wort gegeben…«
Zwanzig Minuten spater hatte Clifton Lawrence einen lukrativen Vertrag fur Toby Temple ausgehandelt, nachdem Pan-Pacific-Studios »Die Toby-Temple-Show« produzieren und ihn als Star in The Kid Goes West herausbringen wurden.
Die Verhandlungen hatten an sich langer dauern konnen, wenn es in der Sauna nicht so unertraglich hei? geworden ware.
Eine Klausel in Toby Temples Vertrag besagte, dass er nicht an den Proben teilnehmen musste. Tobys Double arbeitete mit den Gast-Stars in den Sketchen und Tanzszenen, und Toby erschien erst zur Schlussprobe und fur die Aufnahmen. Auf diese Weise konnte er seinen Part frisch und spontan darbieten.
Am Nachmittag des Premierentags im September 1956 betrat Toby das Theater an der Vine Street, wo die Aufnahmen fur die Show gemacht werden sollten, und beobachtete den Ablauf der Probe. Als sie vorbei war,