Die Vorzimmerdame hob den Horer und wahlte die Auskunft. »Die Nummer des Time-Life-Buros«, sagte sie. Es wurde still im Raum, die Madchen beobachteten sie. »Danke.« Sie legte auf, nahm den Horer wieder ab und wahlte. »Hallo. Hier ist Mr. William Frasers Buro im State Department. Mr.
Fraser braucht sofort eine alte Nummer von Life. Die mit Stalin auf dem Titelblatt... Sie haben keine alten Nummern da? An wen konnte ich mich wenden? ... Ach so, danke.« Sie legte auf.
»Pech, Su?e«, sagte eines der Madchen.
Eine andere: »Was die so alles wollen! Wenn er heute Abend zu mir kommen will, les' ich ihm vor.« Gelachter.
Die Sprechanlage summte. Sie druckte die Taste.
»Die zwei Minuten sind um«, sagte Frasers Stimme. »Wo bleibt das Magazin?«
Die Vorzimmerdame holte tief Atem. »Ich habe gerade mit dem Time-Life-Buro gesprochen, Mr. Fraser, und dort sagte man mir, es sei unmoglich, es ...«
Die Tur ging auf, und Catherine eilte herein. In ihrer Hand hielt sie eine Nummer von Life mit Stalins Bild auf der Titelseite. Sie schob sich zum Schreibtisch durch und reichte der Vorzimmerdame das Magazin. Die sah es unglaubig an. »Ich habe eine Nummer hier, Mr. Fraser. Ich bringe sie Ihnen sofort hinein.« Sie stand auf, lachelte Catherine dankbar an und eilte ins Innenburo. Die anderen Madchen starrten Catherine plotzlich giftig an.
Funf Minuten spater offnete sich die Tur zu Frasers Buro, und Fraser und die Vorzimmerdame erschienen. Die Vorzimmerdame zeigte auf Catherine. »Das ist sie.«
William Fraser sah Catherine forschend an. »Wollen Sie bitte hereinkommen?«
»Ja, Sir.« Catherine folgte Fraser in sein Buro und spurte die durchbohrenden Blicke der anderen Madchen im Rucken. Fraser schloss die Tur.
Sein Buro war die typische burokratische Washingtoner Angelegenheit, aber er hatte es stilvoll eingerichtet und ihm seinen personlichen Stempel an Mobeln und Kunstgegenstanden aufgedruckt.
»Setzen Sie sich, Miss ...«
»Alexander, Catherine Alexander.«
»Sally sagte mir, Sie hatten das Magazin Life gebracht.«
»Ja, Sir.«
»Ich nehme an, Sie hatten nicht zufallig eine drei Wochen alte Nummer in Ihrer Handtasche?«
»Nein, Sir.«
»Wie haben Sie es dann so schnell aufgetrieben?«
»Ich ging ins Friseurgeschaft hinunter. Bei Friseuren und Zahnarzten liegen immer alte Nummern herum.«
»Aha.« Fraser lachelte, und sein schroffes Gesicht schien weniger furchterregend. »Das ware mir, glaube ich, nicht eingefallen«, sagte er. »Sind Sie in allen Dingen so gescheit?«
Catherine dachte an Ron Peterson. »Nein, Sir«, erwiderte sie.
»Suchen Sie eine Anstellung als Sekretarin?«
»Nicht eigentlich.« Catherine sah seinen erstaunten Blick. »Ich nehme sie naturlich«, fugte sie eilig hinzu. »An sich mochte ich Ihre Assistentin werden.«
»Wie war's, wenn Sie heute als Sekretarin anfingen?« meinte Fraser trocken. »Und morgen konnen Sie dann meine Assistentin werden.«
Sie sah ihn hoffnungsvoll an. »Sie meinen, ich bekomme die Anstellung?«
»Auf Probe.« Er druckte die Taste der Sprechanlage herunter und beugte sich vor. »Sally, wurden Sie sich bitte bei den jungen Damen bedanken? Sagen Sie ihnen, der Posten ist besetzt.«
»Jawohl, Mr. Fraser.«
Er druckte die Taste zuruck. »Sind Sie mit drei?ig Dollar die Woche einverstanden?«
»O ja, Sir. Danke, Mr. Fraser.«
»Morgen fruh, neun Uhr, konnen Sie anfangen. Lassen Sie sich von Sally ein Personalformular zum Ausfullen geben.«
Als Catherine das Buro verlie?, ging sie zur Washington Post hinuber. Der Polizist am Empfangspult in der Halle hielt sie an.
»Ich bin William Frasers Privatsekretarin«, sagte sie von oben herab, »druben im State Department. Ich brauche einige Informationen aus Ihrem Archiv.«
»Was fur Informationen?«
»Uber William Fraser.«
Er sah sie einen Augenblick prufend an und sagte: »Das ist die sonderbarste Bitte, die ich in dieser Woche gehort habe. Hat Ihr Chef Sie belastigt oder so was?«
»Nein«, sagte sie entwaffnend. »Ich beabsichtige, ein Expose uber ihn zu schreiben.«
Funf Minuten spater fuhrte ein Angestellter sie ins Archiv. Er zog die Akte uber Fraser heraus, und Catherine begann zu lesen.
Eine Stunde spater war Catherine eine der uber William Fraser bestinformierten Personen. Er war funfundvierzig, hatte an der Princeton Universitat summa cum laude promoviert, hatte eine Werbeagentur aufgemacht, Fraser Associates, die eine der erfolgreichsten Agenturen in der Branche geworden war, und hatte auf Ersuchen des Prasidenten ein Jahr Urlaub genommen, um fur die Regierung zu arbeiten. Er war mit Lydia Campion, einer Angehorigen der oberen Zehntausend, verheiratet gewesen. Sie waren seit vier Jahren geschieden. Keine Kinder. Fraser war Millionar und hatte ein Haus in Georgetown und einen Sommersitz in Bar Harbor, Maine. Seine Hobbies waren Tennis, Rudern und Polo. In mehreren Zeitungsartikeln wurde er als »einer der begehrenswertesten Junggesellen Amerikas« bezeichnet.
Als Catherine nach Hause kam und Susie ihre guten Neuigkeiten mitteilte, bestand Susie darauf, dass sie ausgingen und feierten. Zwei reiche Kadetten aus Annapolis waren in der Stadt.
Catherines Partner war ein ganz netter Junge, doch den ganzen Abend verglich sie ihn in Gedanken mit William Fraser, und mit Fraser verglichen, schien der Junge unreif und langweilig. Catherine fragte sich, ob sie sich in ihren neuen
Chef verlieben wurde. Als sie bei ihm gewesen war, hatte sie kein prickelndes, madchenhaftes Gefuhl gehabt, aber etwas anderes war da, Sympathie fur ihn als Mensch und Achtung. Sie kam zu dem Schluss, dass das prickelnde Gefuhl wahrscheinlich nur in franzosischen Romanen existierte.
Die Kadetten fuhrten die Madchen in ein kleines italienisches Restaurant am Stadtrand von Washington, wo sie ausgezeichnet a?en, dann sahen sie sich den Film Arsen und Spitzenhaubchen an, der Catherine sehr gefiel. Am Schluss des Abends brachten die Jungen sie nach Hause, und Susie lud sie noch zu einem Schlummertrunk ein. Als es Catherine schien, dass sie die Nacht uber dableiben wollten, entschuldigte sie sich und sagte, sie musse zu Bett gehen.
Ihr Partner protestierte. »Wir haben noch nicht mal angefangen«, sagte er. »Schauen Sie sich die da an.«
Susie und ihr Begleiter sa?en leidenschaftlich umschlungen auf der Couch:
Catherines Begleiter packte sie am Arm. »Es kann bald Krieg geben«, sagte er dringend. Ehe Catherine ihn hindern konnte, nahm er ihre Hand und legte sie auf die Harte zwischen seinen Beinen. »Sie konnen einen Mann doch nicht in diesem Zustand an die Front schicken, nicht wahr?«
Catherine zog ihre Hand zuruck, kampfte dagegen an, nicht wutend zu werden. »Ich habe oft daruber nachgedacht«, sagte sie ruhig, »und habe beschlossen, nur mit Leichtverwundeten zu schlafen.« Sie drehte sich um und ging in ihr Schlafzimmer, schloss die Tur hinter sich ab. Doch sie konnte schwer einschlafen. Sie lag im Bett und grubelte uber William Fraser, ihre neue Stelle und die mannliche Harte des Jungen aus Annapolis nach. Eine Stunde nachdem sie sich hingelegt hatte, horte sie Susies Matratzenfedern wild quietschen. Von da an war an Schlaf nicht mehr zu denken.
Catherine war am nachsten Morgen um acht Uhr drei?ig in ihrem neuen Buro. Die Tur war unverschlossen, und das Licht
im Vorzimmer war an. Aus dem Innenburo horte sie eine Mannerstimme, und sie ging hinein. William Fraser sa? an seinem Schreibtisch und sprach in ein Diktaphon. Als Catherine eintrat, blickte er auf und knipste das Gerat aus. »Sie sind fruh dran«, sagte er.
»Ich wollte mich umsehen und mich orientieren, ehe ich mit der Arbeit beginne.«
»Setzen Sie sich.« Es lag etwas in seinem Ton, was Catherine verdutzte. Er schien bose zu sein. Catherine