nahm Platz. »Ich mag keine Schnuffeleien, Miss Alexander.«
Catherine merkte, dass sie rot wurde. »Ich – ich verstehe nicht.«
»Washington ist eine kleine Stadt. Es ist noch nicht mal eine Stadt. Es ist ein gottverdammtes Dorf. Alles, was hier vorgeht, wei? jedermann schon etwa funf Minuten spater.«
»Trotzdem verstehe«
»Der Herausgeber der Post rief mich, zwei Minuten nachdem Sie dort erschienen, an und fragte, weshalb meine Sekretarin Erkundigungen uber mich einhole.«
Catherine sa? baff da, wusste nicht, was sie sagen sollte.
»Haben Sie alles an Klatsch erfahren, was Sie wissen wollten?«
Sie merkte, wie ihre Verlegenheit sich schnell in Zorn verwandelte. »Ich habe nicht geschnuffelt«, sagte Catherine und stand auf. »Ich wollte nur Informationen uber Sie einholen, um zu wissen, bei was fur einem Mann ich arbeite.« Ihre Stimme zitterte vor Emporung. »Ich bin der Meinung, dass eine gute Sekretarin sich ihrem Chef anpassen soll, und wollte wissen, woran ich mich zu halten habe.«
Fraser sa? mit feindseligem Gesichtsausdruck da.
Catherine starrte ihn an, hasste ihn, war den Tranen nahe. »Sie brauchen sich keine Sorgen mehr daruber zu machen, Mr. Fraser. Ich gehe.« Sie drehte sich um und ging auf die Tur zu.
»Setzen Sie sich«, sagte Fraser, und seine Stimme klang wie ein Peitschenknall. Catherine drehte sich erschrocken um. »Ich kann gottverfluchte Primadonnen nicht ausstehen.«
Sie funkelte ihn an. »Ich bin keine ...«
»O. K. Tut mir leid. So, wollen Sie sich jetzt bitte setzen?« Er nahm eine Pfeife von seinem Schreibtisch und zundete sie an.
Catherine stand da und wusste nicht, was sie tun sollte, fuhlte sich gedemutigt. »Ich glaube nicht, dass es gut gehen wird«, fing sie an. »Ich ...«
Fraser zog an seiner Pfeife und schnappte das Streichholz aus. »Sie konnen jetzt nicht weglaufen. Was ich fur Muhen hatte, ein neues Madchen einzufuhren!«
Catherine sah ihn an und bemerkte ein belustigtes Glitzern in seinen hellblauen Augen. Er lachelte, und zogernd bogen sich auch ihre Lippen zu einem kleinen Lacheln. Sie lie? sich in einen Stuhl fallen.
»Das ist besser. Hat man Ihnen schon mal gesagt, dass Sie zu empfindlich sind?«
»Ich nehme an, ich bin's. Entschuldigung.«
Fraser lehnte sich in seinen Stuhl zuruck. »Oder vielleicht bin ich der Uberempfindliche. Es gibt einem einen Stich in den Arsch, wenn man der begehrenswerteste Junggeselle Amerikas genannt wird.«
Catherine wunschte, er wurde nicht solche Worte gebrauchen. Aber was storte sie am meisten? fragte sie sich. Arsch oder Junggeselle?
Vielleicht hatte Fraser recht. Vielleicht war ihr Interesse an ihm nicht so unpersonlich, wie sie glaubte. Im Unterbewusstsein vielleicht ...
»… Zielscheibe fur jedes gottverdammte idiotische unverheiratete Weib in der Welt«, sagte Fraser. »Sie wurden's nicht glauben, wenn ich Ihnen erzahlte, wie aufdringlich Frauen sein konnen.«
Nein? Versuchen Sie unsere Kassiererin. Catherine wurde rot, als sie daran dachte.
»Es konnte einen Mann glatt zum Schwulen machen«, seufzte Fraser. »Da dies die allgemeine Auskunftswoche zu sein scheint, erzahlen Sie mir etwas von sich. Boyfriends?«
»Nein«, sagte sie. »Das hei?t, keinen besonderen«, fugte sie schnell hinzu.
Er sah sie spottisch an. »Wo wohnen Sie?«
»Ich habe eine kleine Wohnung zusammen mit einer fruheren College-Kameradin.«
»Northwestern.«
Sie sah ihn uberrascht an, begriff aber dann, dass er sich das von ihr ausgefullte Personalformular angesehen haben musste.
»Ja, Sir.«
»Ich werde Ihnen jetzt etwas von mir erzahlen, was Sie nicht im Zeitungsarchiv gefunden haben. Ich bin ein schwieriger Arbeitgeber. Sie werden feststellen, dass ich fair bin, aber ich bin ein Perfektionist. Mit unsereinem lasst es sich schwer auskommen. Glauben Sie, dass Sie es schaffen?«
»Ich werde es versuchen«, sagte Catherine.
»Gut. Sally wird Sie in die Routine-Arbeit hier einfuhren. Das Wichtigste, was Sie nie vergessen durfen: Ich bin ein Ketten-Kaffeetrinker. Schwarz und hei?.«
»Ich werd's nicht vergessen.« Sie stand auf und ging auf die Tur zu.
»Und, Catherine!«
»Ja, Mr. Fraser?«
»Wenn Sie heut' Abend nach Hause kommen, stellen Sie sich vor den Spiegel und uben Sie ein paar lasterliche Ausdrucke ein. Wenn Sie jedes Mal zusammenzucken, wenn ich ein VierBuchstaben-Wort ausspreche, geh' ich die Wande hoch.«
Wieder diese Bevormundung, als ob sie ein Kind ware. »Ja, Mr. Fraser«, sagte sie kalt. Wutend sturmte sie aus dem Zimmer, hatte beinahe die Tur hinter sich zugeschlagen.
Das Treffen war keineswegs so verlaufen, wie Catherine es erwartet hatte. Sie mochte William Fraser nicht mehr. Sie hielt ihn fur einen selbstgefalligen, herrischen, arroganten Flegel. Kein Wunder, dass seine Frau sich von ihm hatte scheiden lassen. Nun, sie war hier und wurde anfangen, aber sie beschloss, sich nach einer anderen Stelle umzusehen, einer Stelle bei einem Menschen statt bei einem Despoten.
Als Catherine hinausgegangen war, lehnte Fraser sich in seinen Stuhl zuruck und lachelte. Waren die Madchen immer noch so schmerzhaft jung, so ernst und engagiert? In ihrem Zorn, mit den blitzenden Augen und zitternden Lippen, hatte Catherine so hilflos geschienen, dass Fraser sie am liebsten schutzend in die Arme genommen hatte. Gegen sich selbst, gab er traurig zu. Sie hatte etwas Altmodisch-Sauberes an sich, dessen Vorhandensein er bei Madchen beinahe vergessen hatte. Sie war reizend und intelligent, und sie hatte ihren eigenen Kopf. Sie wurde die gottverdammt beste Sekretarin werden, die er je gehabt hatte. Und eine Ahnung sagte Fraser, dass sie mehr als das sein wurde. Wie viel mehr, daruber war er sich noch nicht im klaren. Er hatte sich schon so oft die Finger verbrannt, dass sich ein Warnsystem automatisch in dem Augenblick einschaltete, in dem er sich von einer Frau angeruhrt fuhlte. Solche Augenblicke waren sehr selten gewesen. Seine Pfeife war ausgegangen. Er zundete sie wieder an, und das Lacheln lag immer noch auf seinem Gesicht. Als Fraser Catherine etwas spater zum Diktat kommen lie?, war sie hoflich, aber kuhl. Sie wartete darauf, dass Fraser etwas Personliches sagen wurde, damit sie ihm zeigen konnte, wie zuruckhaltend sie war, aber er verhielt sich distanziert und geschaftsma?ig. Er hatte offensichtlich den Vorfall von heute morgen aus seinen Gedanken verbannt, dachte Catherine. Wie gefuhllos konnte ein Mann sein!
Trotz allem fand Catherine den neuen Job faszinierend. Das Telefon lautete ununterbrochen, und die Namen der Anrufer erregten sie ungeheuer. In der ersten Woche rief der Vizeprasident der Vereinigten Staaten zweimal an, dann waren ein halbes Dutzend Senatoren, der Secretary of State und eine beruhmte Schauspielerin am Apparat, die in der Stadt war, um fur ihren neuesten Film Reklame zu machen. Der Hohepunkt der Woche war ein Anruf von Prasident Roosevelt, und Catherine war so nervos, dass sie den Horer fallen lie? und die Verbindung mit seiner Sekretarin unterbrach.
Zusatzlich zu den Telefonanrufen hatte Fraser eine ununterbrochene Folge von Verabredungen im Buro, in seinem Country Club oder in einem der bekannteren Restaurants. Schon nach wenigen Wochen lie? Fraser Catherine seine Verabredungen arrangieren und die Vorbestellungen machen. Sie wusste allmahlich, wen Fraser sehen wollte und wen nicht. Ihre Arbeit nahm sie derart in Anspruch, dass sie am Ende des Monats ganz vergessen hatte, sich nach einer anderen Stellung umzusehen.
Catherines Beziehung zu Fraser lag immer noch auf einer sehr unpersonlichen Ebene, aber inzwischen kannte sie ihn gut genug, um zu begreifen, dass seine Zuruckhaltung nicht Unfreundlichkeit bedeutete. Es war Wurde, ein Wall der Reserve, der ihm als Schild gegen die Welt diente. Catherine hatte das Gefuhl, dass Fraser in Wirklichkeit sehr einsam war. Seine Stellung verlangte Geselligkeit von ihm, aber sie spurte, dass er von Natur ein einsiedlerischer Mann war. Au?erdem spurte sie, dass William Fraser nicht zu ihr passte. Im ubrigen die meisten amerikanischen Manner auch nicht, dachte sie.
Hin und wieder traf sie gemeinsam mit Susie Verabredungen mit Mannern, aber die meisten ihrer Begleiter waren verheiratete Sexprotze, und sie zog es vor, allein ins Kino oder ins Theater zu gehen. Sie sah Gertrude Lawrence und einen neuen Komiker namens Danny Kaye in Lady in the Dark und Life with Father und Alice in Arms