ihr.

»Ist etwas?« fragte Fraser.

Catherine dachte an das Motelzimmer mit dem schmutzigen, gesprungenen Spiegel. Sie sah das energische, intelligente

Gesicht des Mannes an, dessen Arm sie umfasste. »Jetzt nicht«, sagte sie dankbar. Sie schluckte: »Ich muss dir etwas sagen, ich bin noch Jungfrau.«

Fraser lachelte und schuttelte verwundert den Kopf. »Es ist unglaublich«, sagte er. »Wie kam ich zu der einzigen Jungfrau in der Stadt Washington?«

»Ich versuchte, es zu andern«, sagte Catherine, »aber es hat einfach nicht geklappt.«

»Das freut mich«, sagte Fraser.

»Meinst du damit, du hast nichts dagegen?«

Er lachelte sie wieder an, ein neckendes Grinsen, das sein Gesicht aufhellte. »Kennst du dein Problem?« fragte er.

»Das kann man wohl sagen!«

»Du hast dir zuviel Sorgen daruber gemacht.«

»Das kann man wohl sagen!«

»Der Kunstgriff ist, sich zu entspannen.«

Sie schuttelte sanft den Kopf.

»Nein, Liebling. Der Kunstgriff ist, man muss lieben.«

Eine halbe Stunde spater fuhr der Wagen vor seinem Haus vor. Fraser fuhrte Catherine in die Bibliothek.

»Mochtest du etwas trinken?«

Sie sah zu ihm auf. »Gehen wir nach oben.«

Er nahm sie in die Arme und kusste sie fest. Sie hielt ihn wild an sich gepresst, wollte ihn in sich hineinziehen. Wenn heut' Nacht etwas schief geht, dachte Catherine, bring' ich mich um. Wirklich, ich bring' mich um.

»Komm«, sagte er. Er nahm Catherine an der Hand.

Bill Frasers Schlafzimmer war ein gro?er, mannlich aussehender Raum mit einer hohen spanischen Kommode an einer Wand. Am anderen Ende des Zimmers war ein Alkoven mit einem Kamin, und davor stand ein Fruhstuckstisch. An einer anderen Wand stand ein gro?es Doppelbett. Links ging es in ein Ankleidezimmer, von dem aus man ein Badezimmer betrat.

»Bist du sicher, dass du nichts trinken willst?« fragte Fraser.

»Ich brauche es nicht.«

Er schloss sie wieder in die Arme und kusste sie. Sie spurte seine mannliche Harte, und eine kostliche Erregtheit lief durch ihren Korper.

»Bin gleich wieder da«, sagte er.

Catherine sah ihn ins Ankleidezimmer verschwinden. Das war der netteste, wundervollste Mann, den sie je kennen gelernt hatte. Sie stand nachdenklich da, begriff aber dann plotzlich, warum er das Zimmer verlassen hatte. Er wollte ihr die Moglichkeit geben, sich allein auszuziehen, damit sie nicht verlegen ware. Schnell zog Catherine ihre Kleider aus. Eine Minute spater stand sie nackt da, blickte an ihrem Korper hinunter und dachte: Leb wohl, heilige Katharina. Sie ging zum Bett hinuber, zog die Decke zuruck und kroch zwischen die Laken.

Fraser kam herein. Er trug einen rotlichen MoireDressinggown. Er trat ans Bett und blickte auf sie. Ihr schwarzes Haar war facherformig uber das wei?e Kopfkissen gebreitet, umrahmte ihr schones Gesicht. Es war um so erregender, weil er wusste, dass es vollig ungeplant war.

Er schlupfte aus dem Dressinggown und legte sich neben sie ins Bett. Plotzlich erinnerte sie sich.

»Ich trage nichts«, sagte Catherine. »Glaubst du, ich werde schwanger?«

»Hoffentlich.«

Sie sah ihn verdutzt an und offnete den Mund, um ihn zu fragen, was er damit meine, aber er druckte die Lippen auf ihren Mund, und seine Hande begannen, uber ihren Leib zu streichen, sanft auskundschaftend, und sie verga? alles, au?er, was ihr geschah, ihr ganzes Bewusstsein konzentrierte sich auf nur einen Teil ihres Korpers. Sie spurte, wie er versuchte, in sie einzudringen, hart und zwingend, spurte einen Augenblick einen scharfen, unerwarteten Schmerz, dann glitt er hinein, bewegte sich schneller und immer schneller, ein fremder

Korper in ihrem Korper, der sich tief in sie sturzte und sich in einem immer rasender werdenden Rhythmus bewegte, und er sagte: »Bist du soweit?« Sie war sich nicht sicher, was er damit meinte, aber sie sagte: »Ja«, und plotzlich schrie er: »Oh, Cathy!«, stie? noch einmal zu und blieb still auf ihr liegen.

Und es war alles vorbei, und er sagte: »War es schon fur dich?«, und sie sagte: »Ja, es war schon«, und er sagte: »Es wird im Laufe der Zeit besser«, und sie war von Wonne erfullt, dass sie ihm dieses Gluck schenken konnte, und versuchte, sich uber die Enttauschung keine Gedanken zu machen. Vielleicht war es wie bei Oliven. Man musste Geschmack daran gewinnen. Sie lag in seinen Armen, lie? das Gerausch seiner Stimme uber sich spulen, die sie trostete, und sie dachte: Das ist das Wichtige, dass zwei Menschen zusammen sind, sich lieben und sich gegenseitig angehoren. Sie hatte zu viele gluhende Romane gelesen, hatte zu viele verhei?ungsvolle Liebeslieder gehort. Mit anderen Worten, sie hatte zuviel erwartet. Oder vielleicht – und wenn es wahr ware, musste sie der Tatsache ins Auge sehen – war sie frigide. Als ob er in ihr lase, zog Fraser sie enger an sich und sagte: »Mach dir keine Gedanken, wenn du enttauscht bist, Liebling. Das erste Mal ist immer traumatisch.«

Als Catherine nicht antwortete, hob Fraser sich auf einen Ellbogen, sah sie besorgt an und fragte: »Wie fuhlst du dich?«

»Gro?artig«, sagte sie schnell. »Du bist der beste Liebhaber, den ich je hatte.«

Sie kusste ihn und hielt ihn an sich, fuhlte sich warm und sicher, bis sich endlich der harte Knoten in ihr aufzulosen begann und ein Gefuhl der Entspannung sie erfullte, und sie war zufrieden.

»Mochtest du einen Brandy haben?« fragte er.

»Nein, danke.«

»Ich glaube, ich schenke mir einen ein. Nicht jede Nacht geht ein Mann mit einer Jungfrau ins Bett.«

»Hat es dir etwas ausgemacht?« fragte sie.

Er sah sie mit jenem seltsamen, wissenden Blick an, wollte etwas sagen, lie? es aber dann. »Nein«, sagte er. In seiner Stimme lag ein Unterton, den sie nicht verstand.

»War ich -?« Sie schluckte. »Du wei?t schon – in Ordnung?«

»Du warst reizend«, sagte er.

»Ehrlich?«

»Ehrlich.«

»Wei?t du, warum ich beinahe nicht mit dir ins Bett ging?« fragte sie.

»Nun?«

»Ich furchtete, du wurdest mich danach nicht mehr sehen wollen.«

Er lachte laut. »Das ist eine alte, von nervosen Muttern, die ihre Tochter rein erhalten wollen, genahrte Ehefrauengeschichte. Sex treibt die Menschen nicht auseinander, Catherine. Es bringt sie im Gegenteil enger zusammen.« Und es stimmte. Sie hatte sich noch nie jemandem so nahe gefuhlt. Au?erlich mochte sie noch gleich aussehen, aber Catherine wusste, dass sie sich verandert hatte.

Das junge Madchen, das am Abend in sein Haus gekommen war, war fur immer verschwunden, und an seiner Stelle war eine Frau. William Frasers Frau. Sie hatte endlich den geheimnisvollen heiligen Gral gefunden, den sie gesucht hatte. Die Suche war vorbei.

Jetzt ware sogar das FBI zufrieden.

Noelle

Paris 1941

Fur manche war das Paris von 1941 ein Fullhorn von Reichtumern und gunstigen Gelegenheiten; fur andere war es eine wahre Holle. Der Name Gestapo war zu einem gefurchteten Wort geworden, und die Berichte uber ihre Tatigkeit wurden zu einem – wenn auch geflusterten – Hauptthema der Unterhaltung. Die Angriffe auf die

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