mindestens einmal in der Woche. Der Chef hatte zwanzig Jahre beim franzosischen Zweig der Rothschilds gearbeitet, die Kuche war vorzuglich und der Weinkeller als der drittbeste Amerikas bekannt. Der Klub war von einem der besten Innenarchitekten ausgestattet, und man hatte gro?e Sorgfalt auf Farben und Beleuchtung verwandt, so dass die Frauen in den Glanz des Kerzenlichts getaucht waren, der ihre Schonheit noch erhohte. An jedem beliebigen Abend konnten die Gaste mit dem Vizeprasidenten, Kabinettsmitgliedern oder Vertretern des Obersten Gerichtshofs, Senatoren und machtigen Industriellen, die weltweite Wirtschaftsimperien beherrschten, Tisch an Tisch sitzen.
Fraser wartete bereits im Foyer auf Catherine, als sie ankam.
»Komme ich zu spat?« fragte sie.
»Und wenn es so ware«, sagte Fraser und blickte sie mit unverhohlener Bewunderung an. »Wei?t du, dass du phantastisch schon bist?«
»Naturlich«, antwortete sie. »Jedermann wei?, dass ich die phantastisch schone Catherine Alexander bin.«
»Ich scherze nicht, Cathy.« Sein Ton war so ernst, dass er sie verwirrte.
»Danke, Bill«, sagte sie verlegen. »Und bitte hor auf, mich so anzustarren.«
»Ich kann nicht anders«, sagte er. Er nahm ihren Arm.
Louis, der Maitre, fuhrte sie zu einer Ecknische. »Nehmen Sie hier Platz, Miss Alexander, Mr. Fraser, ich wunsche wohl zu speisen.«
Catherine liebte es, vom Maitre des Jefferson Clubs mit Namen angesprochen zu werden. Sie wusste, es war kindisch und naiv von ihr, aber es gab ihr das Gefuhl, jemand zu sein, irgendwohin zu gehoren. Jetzt lehnte sie sich entspannt und zufrieden zuruck und sah sich im Raum um.
»Mochtest du einen Drink?« fragte Fraser.
»Nein, danke«, sagte Catherine.
Er schuttelte den Kopf. »Ich muss dir noch ein paar schlechte Gewohnheiten beibringen.«
»Das hast du bereits getan«, murmelte Catherine.
Er grinste sie an und bestellte einen Scotch mit Soda.
Sie musterte ihn und dachte dabei, was fur ein reizender, liebenswerter Mann er war. Sie war sicher, dass sie ihn sehr glucklich machen konnte. Und sie ware glucklich, mit ihm verheiratet zu sein. Sehr glucklich, sagte sie sich ungestum. Frage, wen du willst. Frage die Zeitschrift TIME. Sie hasste sich, dass sie uberhaupt Zweifel haben konnte. Was um Himmels willen stimmte nicht mit ihr? »Bill«, begann sie – und erstarrte.
Larry Douglas kam auf sie zu, mit einem Lacheln des Erken-nens auf den Lippen, als er Catherine erblickte. Er trug seine Luftwaffenuniform vom Zentralbesetzungsburo. Sie sah ihn glucklich grinsend auf ihren Tisch zutreten. »Hallo ...« sagte er.
Aber das galt nicht Catherine. Er sprach Bill an, der sich erhob und seine Hand schuttelte.
»Wie schon, dich zu sehen, Larry.«
»Ich freue mich, dich zu sehen, Bill.«
Catherine starrte die beiden wie gelahmt an. Ihr Hirn versagte ihr den Dienst.
Bill Fraser sagte gerade: »Cathy, das ist Hauptmann Lawrence Douglas. Larry, das ist Miss Alexander – Catherine.«
Larry Douglas blickte auf sie nieder, seine dunklen Augen machten sich uber sie lustig. »Ich kann Ihnen nicht sagen, was fur ein Vergnugen es fur mich ist, Miss Alexander«, sagte er feierlich.
Catherine setzte zum Sprechen an, fuhlte jedoch plotzlich, dass es fur sie nichts zu sagen gab. Fraser beobachtete sie, wartete darauf, dass sie etwas sagte. Alles, was sie fertig brachte, war ein Nicken. Sie traute ihrer Stimme nicht.
»Willst du dich zu uns setzen, Larry?« fragte Fraser.
Larry blickte Catherine an und meinte bescheiden: »Wenn ich nicht store —«
»Naturlich nicht. Setz dich.«
Larry nahm neben Catherine Platz.
»Was mochtest du trinken?« fragte Fraser.
»Scotch und Soda«, erwiderte Larry.
»Fur mich das gleiche«, sagte Catherine verwegen. »Einen Doppelten.«
Fraser blickte sie erstaunt an. »Nicht zu glauben.«
»Du wolltest mir doch ein paar schlechte Gewohnheiten beibringen«, sagte Catherine. »Und ich glaube, ich fange jetzt damit an.«
Als Fraser die Drinks bestellt hatte, wandte er sich an Larry und sagte: »General Terry hat mir von deinen Heldentaten erzahlt – in der Luft und auf dem Boden.«
Catherine starrte Larry an, ihre Gedanken drehten sich im Kreise, sie versuchte mitzukommen. »Diese Orden ...«, sagte sie.
Er blickte sie unschuldig an.
»Ja?«
Sie schluckte. »Ah – wo haben Sie die her?«
»Ich habe sie auf dem Karneval gewonnen«, erwiderte er ernsthaft.
»Und was fur ein Karneval«, sagte Fraser lachend. »Larry ist in der RAF geflogen. Er war der Fuhrer der amerikanischen Staffel. Nun hat man ihn uberredet, einen Jagdfliegerhorst in Washington zu leiten, um einige unserer Jungen fur den Kampf auszubilden.«
Catherine drehte sich zu Larry um und starrte ihn an. Er lachelte ihr wohlwollend zu, seine Augen glitzerten. Wie bei der Wiederauffuhrung eines alten Films erinnerte sich Catherine an jedes Wort ihrer ersten Begegnung. Sie hatte ihm befohlen, seine Hauptmannsschulterstucke und seine Orden abzunehmen, und er hatte ihr gut gelaunt den Gefallen getan. Sie war eingebildet und anma?end gewesen – sie hatte ihn einen Feigling genannt! Am liebsten hatte sie sich unter den Tisch verkrochen.
»Ich wunschte, du hattest mich wissen lassen, dass du nach Washington kommst«, sagte Fraser. »Wir hatten ein Kalb geschlachtet und eine gro?e Party gegeben, um deine Ruckkehr zu feiern.«
»So hab' ich's lieber«, sagte Larry. Er blickte zu Catherine hinuber, und sie wandte sich ab, unfahig, ihm in die Augen zu sehen. »In der Tat«, fuhr Larry unschuldig fort, »habe ich nach dir Ausschau gehalten, als ich in Hollywood war, Bill. Ich horte, du produziertest einen Lehrfilm fur die Luftwaffe.«
Er hielt inne, um sich eine Zigarette anzuzunden, und blies sorgfaltig das Zundholz aus. »Ich ging ins Studio hinuber, aber du warst nicht da.«
»Ich musste nach London fliegen«, erwiderte Fraser. »Catherine war dort. Ich wundere mich, dass ihr euch nicht begegnet seid.«
Catherine blickte zu Larry auf, und er beobachtete sie belustigt. Jetzt war die Zeit gekommen, das Geschehene zu erwahnen. Sie wurde Fraser alles erzahlen, und sie wurden lachend das Ganze als amusante Anekdote abtun. Aber ihr blieb das Wort in der Kehle stecken.
Larry lie? ihr einen Augenblick Zeit, dann sagte er: »Das Studio war reichlich uberfullt. Ich nehme an, wir haben einander verfehlt.«
Sie hasste ihn dafur, dass er ihr aus der Klemme half, dass er sie zu gemeinsamen Verschworern gegen Fraser machte.
Als die Drinks kamen, goss Catherine den ihren schnell hinunter und bestellte noch einen. Das wurde der schrecklichste Abend ihres Lebens sein. Sie konnte es kaum erwarten, aus dem Klub herauszukommen, weg von Larry Douglas.
Fraser fragte ihn uber seine Kriegserlebnisse aus, und Larry lie? sie als leicht und amusant erscheinen. Er nahm offensichtlich nichts ernst. Er war ein »Leichtgewicht«. Und trotzdem, um ihm Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, musste Catherine widerwillig zugeben, dass ein »Leichtgewicht« sich nicht als Freiwilliger zur RAF meldet und ein Held im Kampf gegen die deutsche Luftwaffe wird. Absurderweise hasste sie ihn noch mehr, weil er ein Held war. Ihre Haltung erschien ihr sinnlos, und sie brutete daruber bei ihrem dritten Scotch. Was machte es schon aus, ob er ein Held oder ein Windhund war? Und dann begriff sie: Solange sie ihn fur einen Windhund hielt, konnte sie ihn schon sauber in ein Fach einordnen, und er machte ihr auf diese Weise nicht mehr zu schaffen. Vom Alkohol leicht benebelt, sa? sie zuruckgelehnt da und horte der Unterhaltung der beiden Manner zu. Larry strahlte eine Begeisterung aus, wenn er sprach, eine greifbare Vitalitat, die sie erreichte und beruhrte. Er schien ihr jetzt der lebendigste Mann zu sein, dem sie je begegnet war. Catherine hatte das